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28.03.2024 | (rsn) – Eine so lange Zusammenarbeit wie die zwischen Joshua Huppertz und Teamchef Florian Monreal gibt es im Kontinental-Bereich sehr selten. Seit August 2014 steht der mittlerweile 29-Jährige Aachener bei Lotto – Kern Haus – PSD Bank unter Vertrag; damals hieß das Team noch Kuota. Zudem war Huppertz` Vater Frank bereits für den weit entfernten Vorgänger Comnet - Senges aktiv.
So ist Huppertz auch schon früh zum Radsport gekommen. Seine ersten Erfahrungen auf dem Rennrad machte Huppertz bereits mit sieben Jahren, danach durchlief er die Altersklassen von U11 bis U23 – und immer unterstützt von seinen Eltern.
“Man muss klar sagen, zu den Anfangszeiten U11 und U13 war mein Vater sehr dahinter. Die Eltern und deren Kinder, die damals mit mir gefahren sind, werden noch meinen schreienden Vater vom Straßenrand in Erinnerung haben. Rückblickend kann man sich darüber amüsieren“, so Huppertz zu radsport-news.com.
Dabei habe Frank Huppertz durch ihn allerdings nicht Verpasstes nachholen wollen, wie der Sohn betonte. “Mein Vater ist noch immer mit Herzblut dabei, unterstützt mich bestmöglich. Aber er hat nicht versucht, seinen verpassten Profitraum nachzuholen“, meinte Joshua Huppertz.
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Obwohl die Profikarriere immer sein Ziel war, genoss der Radsport bei Huppertz vor allem in seiner frühen U23-Zeit nicht die höchste Priorität. “In den ersten beiden Jahren hatte ich außer Radsport noch andere Dinge im Kopf, da hat sich der Traum etwas verschoben“, so Huppertz, der seine U23-Zeit zunächst unter den Fittichen von Wolfgang Oschwald beim NRW Team Rose absolvierte.
Vor der Saison 2014 – Florian Monreal hatte gerade das Team Kuota neu gegründet – traf Frank Huppertz den jungen Teamchef, der zu dieser Zeit auch noch im Rennsattel saß, im Trainingslager auf Mallorca. Im Hotel wies er Monreal darauf hin, dass sein Sohn gar nicht so schlecht wäre und fragte, ob er ihm die Ergebnislisten zukommen lassen könnte.
Joshua Huppertz begann seine U23-Karriere beim NRW Rose Team. Foto: Cor Vos
Seitdem hatte ihn Monreal auf dem Schirm und im Gespräch mit Oschwald wurde vereinbart, dass Huppertz ab August als Stagiaire für das Team Kuota fahren würde. “Da habe ich wohl vernünftige Leistungen gezeigt und habe für die Saison darauf einen normalen Vertrag bekommen“, erinnerte sich Huppertz, der seine letzten beiden U23-Jahre als KT-Fahrer unterwegs war.
Vor allem in seiner finalen U23-Jahr-Saison zeigte dann die Leistungs- und Ergebniskurve deutlich nach oben. Nachdem er schon im Herbst 2015 mit Top-20-Resultaten bei Kernen Omloop Echt-Susteren (1.2 / 11.), Rund um Sebnitz (1.2 / 17.) und dem Sparkassen Münsterland Giro (1.HC / 15.) aufwarten konnte, wurde Huppertz im Jahr darauf Vierter bei der U23-Austragung von Eschborn-Frankfurt (1.2u) und schloss die Tour de Berlin (2.2u) auf Rang sechs ab.
Doch diese Ergebnisse reichten nicht zu einem Profivertrag. Rückblickend bedauerte es Huppertz, dass er es in seinen ersten beiden U23-Jahren hatte etwas schleifen lassen. “Da war ich noch nicht so professionell und mit Leidenschaft dabei. In meinem letzten U23-Jahr habe ich einen Riesensprung gemacht, während ich in den ersten beiden Jahren nur so rumgedümpelt bin. Hätte ich den Radsport früher mit mehr Biss und Professionalität betrieben und den Fokus mehr auf den Sport gelegt, wäre meine Leistungsexplosion früher erfolgt“, betonte er.
Berücksichtigt man, dass Huppertz mittlerweile “fehlendes Talent und fehlende Watt“ mit Ehrgeiz und Fleiß im Training kompensiert, kann man erahnen, was möglich gewesen wäre, hätte er damals genauso gelebt wie heute. “Wozu es aber letztlich gereicht hätte, ist schwierig zu sagen. Aber ich wäre bei den Profiteams sicher früher in den Fokus gerückt. Denn je früher man gut ist, umso besser stehen die Chancen“, so Huppertz.
Für Lotto - Kern Haus bestritt Huppertz 2015 in seiner ersten KT-Saison den Münsterland Giro. Foto: Cor Vos
Seine erfolgreichsten Jahre folgten nach seiner U23-Zeit. 2018 gewann er 2018 das Arno Wallaard Memorial (1.2) und ließ drei Jahre später bei der Sazka-Tour (2.1) einen Etappensieg folgen. Beim GP Rhodes (1.2) wurde er drei Mal Dritter, auf zwei Etappen der Tour of Rhodes (2.2) reichte es jeweils zu Rang zwei, die Tour de Normandie (2.2) schloss Huppertz 2019 auf Rang fünf ab.
Durch diese Ergebnisse rückte er doch noch in den Fokus größerer Mannschaften. Die Gespräche verliefen aber stets im Sande. “Es gab Kontakte zu Profiteams, aber ein Engagement scheiterte aufgrund meines Alters. Das war das Hauptargument – sofern die Teams nach dem Erstgespräch sich überhaupt noch mal gemeldet haben“, erzählte Huppertz.
Auch sein Teamchef Monreal nannte das Alter als Hauptgrund, weshalb es sein Schützling nicht eine oder zwei Ligen höher schaffte. “Er hat seinen größten Sprung nach der U23 gemacht. Da war er für das eine oder andere Team nicht mehr so interessant. Irgendwie war für ihn nie der richtige Moment da, dabei hätte es Joshua verdient gehabt. Er wäre bestimmt ein sehr solider Profi geworden“, war sich Monreal sicher.
Der gescheiterte Profitraum, führte bei Huppertz aber zu keiner Verbitterung. “Klar wäre es cool gewesen, das WorldTour-Dasein zu erleben und nicht nur ein paar Mal im Jahr gegen die Jungs zu fahren. Aber ich bin zufrieden, wie es jetzt ist“, betonte er.
Zumal er sich bei Lotto – Kern Haus – PSD Bank ausgesprochen wohl fühlt. “Als ich als Stagiaire dort fuhr, war mir natürlich noch nicht klar, dass ich meine Karriere ausschließlich bei diesem Team verbringen würde. Das Team hat sich aber sehr gemacht, ist in allen Bereichen deutlich professioneller geworden“, so Huppertz. Aber auch das Verhältnis zu Monreal ist ein Grund für seinen langen Verbleib im Koblenzer Rennstall. “Uns verbindet viel. Joshua hat jede Steigerung des Teams mitbekommen. Wir haben ein sehr inniges, freundschaftliches Verhältnis und ich bin auch stolz, dass er so lange im Team geblieben und nicht woanders hingegangen ist“, so Monreal.
2018 bestritt Huppertz mit der Deutschen Nationalmannschaft die Straßen-EM der Elite. Foto: Cor Vos
Dabei habe er auch schon mal an einen Wechsel gedacht, so Huppertz. “Aber es gab dann immer Gründe, die dagegen sprachen. Ich habe ein gutes Verhältnis zu Florian und es gab nie entscheidende Gründe, die für einen Teamwechsel gesprochen hätten. Meine Pro- und Kontraliste gab immer für Lotto – Kern Haus den Ausschlag“.
Zudem konnte er in den seiner U23-Zeit folgenden acht weiteren Jahren auf Kontinental-Niveau seiner "Passion“ vor allem deshalb nachgehen, weil er finanziell abgesichert ist. Huppertz gehörte zur Sportfördergruppe der Polizei Rheinland-Pfalz und absolvierte zudem ein von drei auf viereinhalb Jahre gestrecktes duales Studium.
Wenn er nicht gerade im Rennsattel sitzt, ist er als Kommissar im Einsatz und hat die Möglichkeit, nach seiner Rad-Karriere seinen erlernten Beruf in Vollzeit auszuüben. “Teil der Sportfördergruppe zu sein, ist ein großes Privileg. Und dieser Beruf macht wir wirklich auch viel Spaß“, erklärte Huppertz, der wie die anderen Sportler einen Bewerbungsprozess durchlaufen musste, ehe er die Zusage bekam.
Für den Radsport ist er weitgehend freigestellt, arbeitet als Polizist, wenn es die Zeit zulässt. “Das ist ein guter Kompromiss“, befand Huppertz. Sein Trainingsalltag sehe so aus “wie bei 75 Prozent der KT-Sportler. Man steht auf, isst etwas, fährt trainieren, kommt nach Hause und macht das, was gemacht werden muss. Stabi-Übungen, Krafttraining. Das unterscheidet sich auch nicht mehr so groß vom Profi“, erklärte er.
Da die Zugehörigkeit zur Sportfördergruppe jeweils nur um ein Jahr verlängert wird und auch von sportlichen Leistungen abhängig ist, musste er regelmäßig auch kurzzeitig zittern. “Wenn man nicht mehr der Sportfördergruppe angehört, wird geschaut, wo man dann bei der Polizei einsortiert wird und arbeitet dann dort“, so Huppertz.
Bei der Deutschland Tour 2019 wurde Huppertz nach einer Etappe als kämpferischsten Fahrer ausgezeichnet. Foto: Cor Vos
Dem kommenden Herbst wird Huppertz allerdings wohl entspannt entgegenblicken können. Denn der endschnelle Klassikerspezialist spielt mit dem Gedanken an einen Rückzug aus dem ambitionierten Radsport. “Eigentlich habe ich gesagt, dass Ende des Jahres Schluss ist. Aber man soll niemals nie sagen“, ließ er sich ein Hintertürchen offen. Sicher sei nur, dass er nicht bis zum Alter von 35 Jahren weiterfahren wolle. "Irgendwann ist auch gut, auch wenn es Spaß macht“, so Huppertz. “Man muss sich dem normalen Leben widmen und den beruflichen Kontext weiterschreiten“, fügte er an.
Auch wenn er selbst den Traum vom Profi nicht realisieren konnte, ist Huppertz froh, eine Laufbahn im Radsport eingeschlagen zu haben. Deshalb würde er auch jedem Kind weiterempfehlen, es mit dem ambitionierten Radfahren zu versuchen, wenn es darauf Lust habe.
"Klar gibt es auch Trainings oder Rennen, die einem kein Spaß machen. Aber so etwas gibt es auch in Schule, im Studium oder Job. Man muss sich natürlich gut überlegen, ob man das ganze professionell betreiben will oder nicht. Man kommt durch die Welt, treibt Sport an der frischen Luft, was ein großer Benefit ist“, hob Huppertz einige Vorteile hervor. “Wenn man Leidenschaft für den Sport hat, warum nicht? Einer zockt gerne Playstation, der andere sitzt sechs bis sieben Stunde auf dem Fahrrad“, fügte er an.
Dass aber in Deutschland immer weniger Jugendliche sich für den Radsport entscheiden, tut Huppertz in der Seele weh. Allerdings weiß er auch, dass dazu viele Hürden überwunden werden müssten. Ein Rennrad sei in der Anschaffung recht teuer, dazu müsse man nicht nur viel Zeit für das Training aufwenden, sondern auch Fahrzeiten zu den Rennen an den Wochenenden einplanen, zu denen einen meist die Eltern fahren müssten. "Sonst ist es schwer, diesen Sport auszuüben. Meine Eltern mussten mich durch ganz Deutschland kutschieren, um Rennen fahren zu können. Dazu ist das Material sehr teuer“, schränkte Huppertz ein.
2021 feierte Huppertz mit seinem Etappensieg bei der Sazka Tour (2.1) seinen bis dato größten Sieg. Foto: Cor Vos
Um aber wieder mehr Kindern den Radsport schmackhafter zu machen, müsse der sich verändern. “Die Struktur des BDR (Bund Deutscher Radfahrer) und der Vereine sind zum Teil veraltet. Es gibt sicherlich einige Fehler, die von gewissen Stellen nicht gesehen oder eingesehen werden“, sagte Huppertz und machte auch gleich einige praktische Vorschläge: "Dazu müsste es noch mehr ehrenamtliche Tätigkeit geben, um Trainings anzubieten. Außerdem müssten die Vereine mehr an die Schulen gehen, dort müssten AGs (Arbeitsgemeinschaften) angeboten und Werbung für den Radsport gemacht werden, die dann auch nicht zu veraltet wirkt. Es wird insgesamt viel Engagement von allen Beteiligten benötigt.“ Nur so könne man verhindern, dass das Nachwuchsproblem sich weiter verschärfe.
Die hoffnungsvollen Talente, die sich bis in den U23-Bereich durchbeißen, landen mittlerweile aber nicht mehr bei Mannschaften wie Lotto – Kern Haus – PSD Bank, sondern bei einem der zahlreichen Devo-Teams der großen Rennställe.
Diese Entwicklung sieht Huppertz mit einem lachenden und einem weinenden Auge. “Einerseits bin ich positiv gestimmt, dass es Devo-Teams gibt, weil dort jungen Sportlern ein perfektes Umfeld geboten wird. Der Radsport ist so professionell geworden, da wird auf jedes kleinste Detail geachtet. Ich habe noch andere Zeiten mitbekommen. Damals ist man etwa abends vor einem Radrennen auch mal einen trinken gegangen, was man sich heutzutage nicht mehr erlauben kann. Bei den jungen Fahrern dreht sich alles um den Radsport, alles ist darauf abgestimmt, die beste Performance zu bringen. Man muss heute schon viel dafür tun, um gut zu sein und Profi zu werden“, listete Huppertz die Veränderungen schon in den jüngsten Jahrgängen auf.
Devo-Teams würden aber auch eine bessere Bezahlung und das bessere Rennprogramm bieten. Die Veranstalter würden im Zweifel auf diese Mannschaften zurückgreifen, weil diese in der öffentlichen Wahrnehmung viel präsenter seien. "Der Radsportzuschauer kennt Visma – Lease a Bike. Ob da die Devo- oder die Profimannschaft fährt, ist dem erst einmal egal. Und da diese Teams auch über ein höheres Budget verfügen, wird sich zur Not auch mal in ein Rennen eingekauft“, erklärte Huppertz und machte den Unterschied an einem Bild deutlich: "Bei den .2-Rundfahrten kommen Devo-Teams mit einem Mechaniker-Truck und einem eigenen Bus, wir als KT-Team freuen uns, wenn wir einen Camper dabei haben“.
Mit cooler Sonnenbrille bei Rund um Köln 2022: Joshua Huppertz (links). Foto: Cor Vos
Deshalb hätten die klassischen KT-Teams zunehmend einen schweren Stand im Bemühen um die jungen Fahrer. “So bleiben nicht die Diamanten übrig, sondern die Rohdiamanten, die noch geschliffen werden müssen.“ Und Huppertz kann sich gut vorstellen, nach Beendigung seiner aktiven Karriere dabei zu helfen, diese Rohdiamanten zu schleifen. “Sportlicher Leiter zu werden ist eine Option, da ich gerne mit jungen Menschen zusammenarbeite. Aber natürlich nur in einem Rahmen, den meine Tätigkeit als Polizist und mein Privatleben dann zulassen werden“, sagte er abschließend.
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