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30.12.2023 | (rsn) – Bei einem WorldTour-Rennen war die 21-Jährige in der ganzen Saison 2023 nicht zu sehen, und trotzdem war sie eine der besten Fahrerinnen aus dem deutschsprachigen Raum in diesem Jahr: Linda Zanetti. Die junge Frau aus Lugano ist zu einem Paradebeispiel für einen im Frauen-Radsport neuen Weg geworden – den über ein U23-Entwicklungsteam und Erfolge bei kleineren Rennen, anstelle eines Schattendaseins in einem World-Tour-Kader.
Auch wenn sie Ende 2022 daran zweifelte, so stellte sich der Schritt zum UAE-Development-Team für sie schnell als der richtige heraus, wie Zanetti radsport-news.com nun am Jahresende erzählte. "Am Anfang war das nicht leicht, denn es fühlte sich wie ein Schritt zurück an", so die Schweizerin, die 2022 ihr erstes Jahr im Straßenpeloton sofort im WorldTour-Kader des UAE Team ADQ verbracht hatte, dort aber Probleme bekam und dann für 2023 in das neue Development-Team wechselte, das aus der ehemaligen italienischen Talentschmiede Valcar hervorging.
"Ich hatte erst ein Jahr im Straßenradsport verbracht und musste noch mehr lernen, um auf diesem Level fahren zu können. Deshalb habe ich es dann als Chance angenommen, mich bei kleineren Rennen zu verbessern und dazu zu lernen, um dann später zu versuchen, meinen Platz im Peloton zu finden", erklärte Zanetti, die in ihrer Jugend mit dem Velo Club Monte Tamaro fast ausschließlich auf dem Mountainbike unterwegs war und erst in der U19 ein paar Straßenrennen mit dem Schweizer Nationalteam bestritten hatte. ___STEADY_PAYWALL___
"Das Mountainbikefahren war mehr zum Spaß, weil unser Verein darauf ausgerichtet war und meine Freunde dort dabei waren. Aber als ich die Straße entdeckt habe, hat mir das wirklich gefallen. Und dann bot mir UAE den Vertrag an – und den habe ich natürlich angenommen", erzählte die 21-Jährige rückblickend. Zanetti bestritt 2022 auch bereits viele Rennen auf WorldTour-Level, tat sich aber schwer: Strade Bianche, Gent-Wevelgem, Lüttich-Bastogne-Lüttich – da stand überall ein DNF. Und auch wenn über Rundfahrten wie den RideLondon Classique, die Tour de Suisse, die Simac Ladies Tour und die Tour de Romandie ordentliche Schritte gelangen, so entschloss man sich Ende der Saison also zum Schritt ins Nachwuchsteam – und der zündete.
2023 gewann Zanetti vier UCI-Eliterennen, darunter der niederländische Eintagesklassiker Omloop van Borsele (1.1), sowie eine Etappe der neuen U23-Rundfahrt Tour de l'Avenir. "Ich bin ziemlich happy mit der Saison. Ehrlich gesagt bin ich recht schlecht gestartet, aber dann habe ich meinen Weg zurückgefunden und einen guten Schritt vorwärts gemacht", bilanzierte Zanetti daher nun, schränkte aber auch etwas ein: "Gleichzeitig hatte ich auch viel Pech. Ich bin oft gestürzt, musste viele Rennen deshalb abbrechen."
Schweizer Zukunftshoffnung: Noemi Rüegg (Jumbo – Visma, links) und Linda Zanetti (damals noch UAE Team ADQ) bei der Simac Ladies Tour 2022. | Foto: Cor Vos
Vor allem bei der Tour de Bretagne im Mai und der Anadalusien-Rundfahrt Anfang Juni erwischte es Zanetti. Und gerade in Spanien war das wirklich reines Pech: Nachdem Zanetti das Rennen im Vorjahr bereits lieb gewonnen hatte, startete sie diesmal mit einem zweiten Platz auf der 1. Etappe und ging mit dem Punktetrikot in den zweiten Tag.
Dann aber kollidierte sie schon in der Neutralisation mit dem Jury-Fahrzeug, in dem man offenbar vergessen hatte, das automatisch-elektronische Bremssystem auszuschalten. "Das Auto hat urplötzlich mitten auf der Straße gestoppt, und weil es noch in der Neutralisation war, waren wir ja nur einen Meter dahinter – und ich mit dem Wertungstrikot in der ersten Reihe. Also bin ich ungebremst bei 20 km/h auf das abrupt stoppende Auto geprallt", erinnerte sich Zanetti, die sich mit den Gläsern ihrer Rennbrille im Gesicht verletzte und deshalb genäht werden musste anstatt das Rennen fortzusetzen.
Doch abgesehen von Vorfällen wie diesem überwog in Zanettis zweitem Straßenjahr dann doch das Gefühl des Erfolgs: In den ersten Rennen fuhr sie zwar, wie schon im Vorjahr, hauptsächlich im Hauptfeld mit, doch im April kamen die Spitzenergebnisse. Zanetti wurde Siebte beim bergigen GP Chambéry (1.1) in Frankreich und nur sechs Tage später gewann sie den topfebenen Omloop van Borsele (1.1) als Solistin.
25 Kilometer vor Schluss hatte sie sich dort am Zwischensprint mit einer anderen Fahrerin vom Feld abgesetzt und mit ihr 20 Kilometer lange zusammengearbeitet. Fünf Kilometer vor Schluss fiel die Begleiterin zurück und Zanetti zog bis ins Ziel durch, um fünf Sekunden vor dem sprintenden Feld zu gewinnen. "Hinten gab es im Finale noch einen Sturz und sie haben zu spät angefangen, mich zu jagen", freute sich Zanetti.
Zeitfahren gehören bislang nicht zur großen Stärke von Zanetti – sonst kann sie aber fast alles. | Foto: Cor Vos
Eine weitere Woche später gewann die Schweizerin die 2. Etappe der tschechischen Rundfahrt Gracia Orlova (2.2), die sie dann aber auf der Schlussetappe nach einem Sturz aufgeben musste. Über die Bretagne, Platz 28 bei der Lotto Thüringen Ladies Tour und das Pech in Andalusien ging es zu den Schweizer Meisterschaften, wo Zanetti den U23-Titel gewann. Es folgte Anfang Juli der Sieg beim Respect Ladies Race Slovakia (1.2) und Ende Juli ein Etappenerfolg bei der Princess Anna Vasa Tour (2.2) in Polen, wo Zanetti Gesamtsiebte wurde.
Doch ihr persönliches Highlight war die Premiere der Tour de l'Avenir (2.2U) Ende August, wo sie die 2. Etappe im Sprint gewann – vor Julie De Wilde, die einen Monat zuvor um ein Haar einen Solosieg bei der Tour de France gefeiert hätte, und Cross-Weltmeisterin Fem van Empel.
"Der Sieg war wirklich unerwartet. Es war das erste Mal, dass wir als Nationalteam so zusammengefahren sind und wir wollten dort vor allem auch lernen, wie wir für die EM fahren. Aber schon ab Tag 0 waren wir sehr eng miteinander und haben füreinander gearbeitet – jede für jede, ohne uns gut zu kennen. Das war eine tolle Atmosphäre", so Zanetti, die bei den Europameisterschaften in Drenthe drei Wochen später dann Bronze im U23-Straßenrennen holte und ihre Saison so krönte.
Bei der EM in Drenthe holte Zanetti Bronze in der U23 hinter Ilse Pluimers (Niederlande) und Anna Shackley (Großbritannien). | Foto: Cor Vos
"Es hat schon bis zum Saisonstart gedauert, bis ich es als Chance sehen konnte", sagte Zanetti daher nun rückblickend über ihren Wechsel aus dem UAE-WorldTour-Kader ins Development-Team. "Denn über den Winter habe ich immer wieder gezweifelt, ob es die richtige Entscheidung war. Aber als ich dann Rennen fuhr und auch in den Finals mitfahren und dort lernen konnte, wurde mir klar: Okay, das war eine gute Entscheidung! Man hat ein wirklich großes Team hinter sich, das einen unterstützt. Aber man hat nicht den Druck und kann in seiner eigenen Zeit lernen. Wenn Du verlierst, sagt keiner was. Ich denke, das ist ideal."
2024 aber wird Zanetti nun in die WorldTour zurückkehren. Die Schweizerin, die von A&J All Sports vertreten wird, hat bei Human Powered Health unterschrieben und will dort nun den nächsten Schritt machen. Ihr ist bewusst, dass das im kommenden Jahr weniger Erfolgserlebnisse bedeuten dürfte, dafür aber neue Ansätze zum Lernen.
"Ich hatte zuerst etwas Angst, zurück in die WorldTour zu gehen. Aber ich hatte eine gute Saison und habe dann nach einem WWT-Team gesucht, das nicht eins der Stärksten ist, sondern wo ich wirklich weiterwachsen und von den Älteren lernen kann. Bei Human Powered Health glauben sie an mich und auch an meinen Ansatz, mich Jahr für Jahr entwickeln zu wollen. Sie erwarten nicht sofort Ergebnisse, und das ist für mich besser", erklärte Zanetti nun die Wahl ihres neuen Arbeitgebers.
In die Saison starten wird sie am Ende eines Team-Trainingslagers im Januar in Almeria, das erste WorldTour-Rennen 2024 wird für sie im Februar die UAE Tour Women sein. Ihre größten Ziele hat sie aber im Sommer: "Ich würde gerne nochmal bei der Tour de l'Avenir gut abschneiden und das zweite Ziel ist dann, bei der Heim-WM (im September in Zürich, Anm. d. Red.) dabei zu sein. Das wäre wirklich schön", so Zanetti, die mit ihrem guten Antritt bei harten, schweren Rennen mit Ankunft einer Gruppe in fernerer Zukunft wohl auch auf größerer Bühne zu den Siegkandidatinnen zu zählen sein wird.
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