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24.05.2022 | (rsn) – Die 16. Etappe des Giro d’Italia wurde von den Favoriten als einer derjenigen Tage ausgemacht, an denen im Gesamtklassement Abstände gemacht werden können. Nach 202 Kilometern von Salo nach Aprica waren aber der Gesamtführende Richard Carapaz (Ineos Grenadiers), sein nächster Verfolger Jai Hindley (Bora – hansgrohe) und der Spanier Mikel Landa (Bahrain – Victorious) noch beisammen und so machten auf der Ziellinie die vier Bonussekunden für den dritten Etappenrang den einzigen Unterschied zwischen ihn aus.
___STEADY_PAYWALL___ Die Zeitgutschrift holte sich Hindley im Sprint knapp vor Carapaz. "Es sieht so aus, als könnten diese Bonussprints den Giro heuer mitentscheiden", meinte der Ecuadorianer danach. Ganze drei Sekunden trennen nach 16 Etappen die ersten beiden, aber auch Joao Almeida (UAE Team Emirates), der im Finale nicht mithalten konnte, weist als Gesamtdritter einen Rückstand von gerade einmal 44 Sekunden auf und auch Landa als Vierter liegt nur 59 Sekunden hinter Carapaz.
Bis zum letzten der knapp 3.500 Kilometer verspricht die 105. Italien-Rundfahrt also Hochspannung im Kampf um das Rosa Trikot. "Natürlich hätte ich mir gerne die Sekunden geholt, aber Hindley war ein wenig schneller", so Carapaz, der trotz des geschrumpften Vorsprungs nicht nervös ist: "Ich bin nicht beunruhigt heute, denn bis Verona warten noch viele Berge."
Zwar verteidigte Richard Carapaz (Ineos Grenadiers) auf der 16. Etappe sein Rosa Trikot, sein Vorsprung auf Jai Hindley (Bora – hansgrohe) beträgt allerdings nur noch drei Sekunden. | Foto: Cor Vos
Und das Terrain, das noch auf die Fahrer wartet, sollte Carapaz bestens liegen. Der Olympiasieger ist ein Paradekletterer und zählt zu den konstantesten Fahrern bei dreiwöchigen Landesrundfahrten der vergangenen Jahre. 2018 wurde er Vierter beim Giro und gewann ihn im Jahr darauf. 2020 folgte ein zweiter Platz bei der Vuelta und in der vergangenen Saison wurde Carapaz bei der Tour hinter Tadej Pogacar (UAE Team Emirates) und Jonas Vingegaard (Jumbo – Visma) Dritter in Paris.
Carapaz: "Jeder Tag wird wichtig werden"
Der 28-Jährige kann also auf jede Menge an Erfahrung zurückgreifen, wenn es um den Sieg bei einer Grand Tour geht. Aber mit Hindley hat er einen ebenbürtigen Gegner, mit dem ihn auch viel verbindet. Denn beide zogen früh aus ihren Heimatländern aus, um sich auf ihre Profikarriere vorzubereiten. Während Carapaz nach Kolumbien ging, steuerte der Australier zunächst Italien an. Carapaz unterschrieb 2017 bei Movistar, Hindley ein Jahr später bei Mitchelton – Scott, dem Vorgänger von BikeExchange – Jayco.
Ihren großen Durchbruch schafften beide beim Giro: Carapaz mit seinem Etappensieg und dem vierten Gesamtrang 2018, Hindley kämpfte zwei Jahre später sogar um das Maglia Rosa, verpasste den Gesamtsieg in einem engen Duell nur hauchdünn gegen Tao Geoghegan Hart, dem jetzigen Teamkollegen von Carapaz bei Ineos Grenadiers.
Jai Hindley (Bora – hansgrohe) knöpfte am Ende einer extrem schweren Etappe dem Gesamtführenden Carapaz vier Sekunden ab, die er für Platz drei in Aprica erhielt. | Foto: Cor Vos
"Jeder Tag wirdfür das Klassement wichtig werden", blickte der Giro-Spitzenreiter auf die noch anstehenden fünf Etappen voraus. Dass ihn sein Kontrahent im Zielsprint noch abfing, rang ihm Respekt ab: "Wir haben gesehen, dass er stark und sogar ein wenig schneller ist als ich." Auch trotz seines geringen Vorsprunges sieht sich der 28-Jährige aber nicht in der Situation, etwas Verrücktes in den nächsten Tagen probieren zu müssen. "Ich bin in Rosa und daher müssen die anderen attackieren", erklärte Carapaz.
"Ich habe mich richtig gut gefühlt", erzählte der drittplatzierte Hindley. Der Bora-Neuzugang übte gemeinsam mit Landa starken Druck auf den Spitzenreiter aus. "Ich habe es probiert, aber weder Carapaz noch Landa ließen sich abschütteln. Am Ende konnte ich ein paar Sekunden auf Carapaz gewinnen, einige Minuten auf viele andere Fahrer", fügte er an und ging damit auf die Gesamtwertung ein, in der es ganz vorne zwar knapp zugeht, die aber ab dem fünften Platz schon ein deutliches Bild abgibt. Dort hat der Italiener Vincenzo Nibali (Astana – Quazaqstan) bereits einen Rückstand von 3:40 Minuten.
Spannung bis Verona fast garantiert
Sowohl Hindley als auch der Träger des Maglia Rosa waren froh über den etwas kühleren Tag in den Alpen, denn in den vergangenen beiden Wochen hatten die sommerlichen Temperaturen dem Fahrern doch stark zugesetzt. "Es war extrem heiß mit ungewöhnlich vielen Sonnentagen und wir haben richtig gelitten", meinte Carapaz, der in seiner Heimat auf über 3.000 Metern solche Temperaturen nicht kannte - im Gegensatz zu Hindley, der in Perth auf Meereshöhe aufgewachsen ist.
Doch auch wenn die Herkunft der beiden unterschiedlicher nicht sein könnte, so sind die knapp 60 Kilo schweren Kletterspezialisten nun beim Giro auf ihrem Lieblingsterrain angelangt und auch die nächsten Tage versprechen viel Action im Kampf um Rosa.
Und falls sie in den Bergen keinen Unterschied machen können, dann wartet in Verona noch ein Zeitfahren, dass übrigens beide 2019 schon gefahren sind. Sechs Sekunden betrug damals die Zeitdifferenz zwischen Carapaz und Hindley. Ein wirklicher Favorit in diesem Duell ist derzeit unmöglich auszumachen.
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