Lotto-Profi der erfolgreichste der deutschen Anfahrer

Kluge über seinen Kapitän Ewan: “Caleb hat das Auge für Lücken“

Von Peter Maurer

Foto zu dem Text "Kluge über seinen Kapitän Ewan: “Caleb hat das Auge für Lücken“"
Caleb Ewan (Lotto Soudal) bejubelt seinen Sieg in Poitiers | Foto: Cor Vos

10.09.2020  |  (rsn) - Ein Massensprint bei der Tour bedeutet auch einen hektischen Arbeitstag für viele der deutschen Profis. Wenn sich die Sprinterzüge formieren, dann zeigen sich Max Walscheid (NTT), Roger Kluge (Lotto Soudal) oder Nikias Arndt (Sunweb) oft an der Spitze des Feldes und mitten im Wind. Wie die Drei die mit einem Sprint Royal endende 11. Etappe erlebten, schilderten sie im Ziel.

"Das Finale ist immer hektisch. Nichts Neues, egal ob es berghoch oder bergrunter geht. Auch eine Ankunft mit zehn Fahrern kann hektisch sein", berichtete Kluge gegenüber radsport-news.com. Am Ende durfte er den zweiten Etappensieg seines Teamkollegen Caleb Ewan bejubeln. Der Australier setze sich im hart umkämpften Finale hauchdünn vor dem später distanzierten Peter Sagan (Bora – hansgrohe), Vortagessieger Sam Bennett (Deceuninck – Quick Step) sowie Wout van Aert (Jumbo – Visma) durch.

"Wir haben gewonnen, das ist das Schöne", grinste der Bahnspezialist und zweifache Madison-Weltmeister und fügte an: "Unser Geheimnis ist Caleb. Er hat die schnellsten Beine." Wie schon am Vortag zündete die “Pocket Rocket“, so der Spitzname des kleinen Australiers, erst spät seine Schubdüsen. Der Grund für das lange Warten war der Gegenwind. Erneut war Ewan der Schnellste,  fehlten am Vortag noch Millimeter gegen den siegreichen Bennett, so war in Poitiers das Timing perfekt.

"Caleb hat einfach das Auge für Lücken. Er sieht den ganzen Tag lang nicht viel hinter mir. Er muss sich auf mich verlassen, ob da eine Kurve kommt oder sonst was. Im Finale hat er dann definitiv das Auge dafür", erklärte der fast zwei Meter große Kluge die Stärken des nur optisch so ungleichen Paares. Wenn ihn der Deutsche im Finale erst einmal abgeliefert hat, benötigt Ewan keine zusätzliche Unterstützung mehr. Im Vorjahr kamen so bei Ewans Tourpremiere drei Etappensiege zusammen, bislang sind es zwei.

Tourdebütant Walscheid überzeugt als Anfahrer

Die schnellen und flachen Etappen dieser Tour hat auch das Team NTT ins Auge gefasst. Doch mit Giacomo Nizzolo verloren die Südafrikaner ihren wohl stärksten Mann bereits am vergangenen Wochenende. Ein Sturz zwang den frisch gebackenen Europameister zur Aufgabe. Aber auch in Abwesenheit des Kapitäns mischten Max Walscheid und der Norweger Edvald Boasson Hagen im Finale von Poitiers kräftig mit.

Der 27-jährige Heidelberger schloss im Finale mit einer Gewaltaktion die Lücke zu den kurz vor dem Ziel ausgebüxten Fahrern rund um Bora-Profi Lukas Pöstlberger: "Wir wollten den kleinen Anstieg antizipieren und schon früh die anderen Züge unter Druck setzen. Eddie war in guter Position am Hinterrad von Ewan und für mich war klar dann, dass sich solange von vorne fahre, wie es geht“, erklärte Tourdebütant Walscheid."

Am Ende ließ sich aber Ewan wieder zurückfallen, da er befürchtete, zu früh im Wind zu sein. Das kostete auch Boasson Hagen seine gute Position und so musste sich der Routinier mit Rang 14 abfinden. Am Vortag hatten Boasson Hagen und Walscheid noch die Rollen getauscht, der Heidelberger beendete seinem ersten Toursprint auf Platz 19.

"Ich hatte einen Radwechsel auf der Brücke gestern und war ziemlich weit hinten. Es war gut, dass ich zurückgekommen bin, ich hatte gute Beine, aber mich zu sehr darauf verlassen, dass ich mit einem guten Punch von hinten komme. Aber damit dem kommst du bei der Tour nicht allzu weit", analysierte Walscheid nochmals. Nun hofft er, dass er selbst auch noch eine Chance auf einen Massensprint bei dieser Tour bekommt.

Auch mit neuer Taktik bleibt Sunweb noch ohne Sieg

Überhaupt nicht lief es in den letzten beiden Tagen für Cees Bol (Sunweb). Nach lautem Schimpfen über Platz acht der 10. Etappe war der Niederländer Tageszweite in Privas nur auf Rang 18 ins Ziel gekommen. "Wir haben gestern was anderes geplant. Da wir die letzten Tage von vorne nie gewonnen haben, haben wir das Timing verändert und wollten von hinten kommen", beschrieb Arndt den Sunweb-Plan für Poitiers. Zwar klappte es, den Zug weiter hinten im Finale zu formieren, doch die Fahrerkette brach immer wieder auseinander. "Es war hektisch und wir hatten nicht so eine freie Bahn wie in den letzten Tagen. Es war ein Versuch, hat aber leider nicht funktioniert", gestand 28-Jährige ein.

Dabei hatte man bei Sunweb das Finale vom Dienstag lange analysiert. Bol machte aus seinem Ärger am Ende der 10. Etappe keinen Hehl. Bei Road Captain Arndt schlägt sich der Stress der Massenspurts auf die Stimme nieder. "Wir kommunizieren im Finale sehr viel. Das ist einer unserer Schlüssel, die wir momentan benutzen, damit wir zusammenbleiben. Das geht auf die Stimme. Aber sonst geht es mir gut", schmunzelte der Sunweb-Profi.

Für die Sprinterzüge wird es jetzt ein wenig ruhiger, denn die hügeligen und bergigen Etappen bestimmen den zweiten Part der zweiten Tourhälfte. "Unser nächster Hoffnungsschimmer ist der Ruhetag am Montag. Es wird abwechselnd mittelschwer und schwer. Aber es kommt natürlich auch auf die Fahrweise an", blickte Kluge voraus.

Vor allem von Bora - hansgrohe erwartet der 34-Jährige noch  Attacken im Kampf um das Grüne Trikot. "Wenn Bora nochmals die Sprinter abhängen kann, dann müssen wir wieder leiden. Und ich kann mir vorstellen, dass sie es probieren werden. Erst recht, wo sie für das Gesamtklassement keine Rolle spielen", so Kluge. Sein Team wird aber in den Kampf um die Punktewertung nicht eingreifen: "Wir haben gesagt, wir lassen es sein. Da hätten wir von Anfang an konsequent um die Punkte mitfahren müssen."


Mehr Informationen zu diesem Thema

16.06.2021Madiot: “Wir hätten Pinot früher aus der Tour nehmen sollen“

(rsn) - Sein bisher letztes Rennen bestritt Thibaut Pinot (Groupama - FDJ) vor mittlerweile zwei Monaten, als er die Tour of the Alps unter ferner liefen auf Rang 60 beendete. Danach entschied der Fra

23.12.2020Bernal wieder schmerzfrei auf dem Rad

(rsn) - Egan Bernals Genesung macht offensichtlich deutliche Fortschritte. Wie der Tour-de-France-Sieger von 2019 gegenüber dem Internetportal primertiempo.co sagte, könne er wieder schmerzfrei trai

11.12.2020Dumoulin zuversichtlich: “Mir fehlt nur noch ein Prozent“

(rsn) - 2020 war für Tom Dumoulin ein Jahr mit vielen Tiefen und nur wenigen Hochs. Nach dem mit großen Hoffnungen verbundenen Wechsel von Sunweb zu Jumbo - Visma warf zunächst ein bakterieller Dar

15.11.2020Pogacar lobt Roglic als slowenischen Vorreiter

(rsn) - Tadej Pogacar (UAE - Team Emirates) hätte seinem Landsmann Primoz Roglic (Jumbo - Visma) den Tour-de-France-Sieg gegönnt. Das sagte der 22-jährige Slowene im Gespräch mit der spanischen Sp

27.10.2020Bernals Genesung dauert länger als gedacht

(rsn) - Egan Bernals Rückenprobleme, die ihn zum Ausstieg bei der Tour de France und zum vorzeitigen Saisonende zwangen, sind offensichtlich ernsthafter als bisher angenommen. Wie der Kolumbianer geg

10.10.2020Bernal: “Ich hatte eine schwierige Zeit“

(rsn) - Der bei der Tour de France vorzeitig ausgestiegene Egan Bernal (Ineos Grenadiers) wird in diesem Jahr keine Rennen mehr bestreiten. Das kündigte der Kolumbianer auf Instagram an und bestätig

03.10.2020War der Toursieg für Roglic im Zeitfahren unmöglich?

(rsn) - Radsportjournalist Thijs Zonneveld von der niederländischen Zeitung AD hat nach eigenen Angaben Einblick in die Leistungswerte des Tour-Zeitfahrens von Primoz Roglic (Jumbo – Visma) erhalte

24.09.2020Pogacar: “Die Saison ist noch lange nicht vorbei“

(rsn) - Nach seinem Tour-de-France-Triumph hat Tadej Pogacar (UEA - Team Emirates) schon die nächsten großen Ziel im Blick. "Ich muss konzentriert und fit bleiben für die Weltmeisterschaft und die

23.09.2020Viviani: Beim Giro zurück in die Erfolgsspur?

(rsn) - Im letzten Jahr gewann Elia Viviani im Trikot von Deceuninck - Quick-Step  bei der Tour de France eine Etappe und fuhr auf drei weiteren Teilstücken aufs Podium. Die 107. Austragung lief fÃ

22.09.2020UAE Emirates streicht das mit Abstand meiste Preisgeld ein

(rsn) - Kein Wunder: Durch den Gesamtsieg von Tadej Pogacar, der auch das Weiße Trikot als bester Jungprofi sowie die Bergwertung und drei Etappen gewann, sowie den Etappensieg von Alexander Kristoff

21.09.2020Phänomen Pogacar - zu schnell, um wahr zu sein?

(rsn) - Tadej Pogacar hat mit seinem Toursieg nicht nur Rekorde gebrochen, sondern damit auch Fragen aufgeworfen. Ist der Slowene einfach ein Jahrhunderttalent, für den die üblichen Maßstäbe nicht

21.09.2020Die Tour-Bubbles werden aufgelöst

(rsn) - Die Tour de France ist beendet. Die Bubbles werden aufgelöst. Neue werden errichtet, für die WM, die BinckBank Tour, den Giro d´Italia und die großen Klassiker. Primoz Roglic kann jetzt Tr

Weitere Radsportnachrichten

14.11.2024Bardet: “Sinnlos, an ethischen Radsport zu glauben“

(rsn) - Es war ein durchaus ungewöhnlicher Zeitpunkt, als Romain Bardet im Sommer, kurz vor der Tour de France, sein Karriereende ankündigte. Mindestens genauso ungewöhnlich ist das Rennen, das sei

14.11.2024Quintana beendet Spekulationen, Bonnamour gibt Kampf gegen Dopingsperre auf

(rsn) - In unserem ständig aktualisierten Transferticker informieren wir Sie regelmäßig über Personalien aus der Welt des Radsports. Ob es sich um Teamwechsel, Vertragsverlängerungen oder Rücktr

14.11.2024Rhodos-Prolog-Experte mit Sturzpech im stärksten Rennen

(rsn) – Seine elfte Saison auf KT-Niveau ragt zwar nicht als seine beste heraus, dennoch zeigte Lukas Meiler (Team Vorarlberg) auch 2024, was er drauf hat. Seine beste Platzierung gelang ihm dabei

14.11.2024Die Radsport-News-Jahresrangliste 2024

(rsn) - Auch diesmal starten wir am 1. November mit unserer Jahresrangliste. Wir haben alle UCI-Rennen der vergangenen zwölf Monate (1. November 2023 bis 31. Oktober 2024) ausgewertet - nach unserem

14.11.2024Schädlich übernimmt die deutschen Ausdauer-Spezialisten

(rsn) – Der Bund Deutscher Radfahrer hat einen neuen Nationaltrainer auf der Bahn für den Bereich Ausdauer. Lucas Schädlich, der seit 2019 die deutschen Juniorinnen unter seinen Fittichen hatte, Ã

14.11.2024Im Überblick: Die Transfers der Männer-Profiteams für 2025

(rsn) – Nachdem zahlreiche Transfergerüchte seit Monaten in der Radsportwelt zirkulieren, dürfen die Profimannschaften seit dem 1. August ihre Zu- und Abgänge offiziell bekanntgeben. Radsport

14.11.2024Schär wird Schweizer Nationaltrainer

(rsn) – Marc Hirschi, Stefan Küng und Co. haben einen neuen Nationaltrainer. Michael Schär wird mit Jahresbeginn 2025 die Verantwortung für die Schweizer Männer in den Bereichen Elite und U23 ü

14.11.2024Lotto Kern - Haus wird Development-Team von Ineos Grenadiers

(rsn) – In den vergangenen beiden Jahren war das deutsche Kontinental-Team Lotto Kern - Haus PSD Bank sogenannter Development-Partner von Red Bull – Bora – hansgrohe. Ab der kommenden Saison wi

14.11.2024Meisen kündigt baldiges Karriereende an

(rsn) – “Spätestens im Januar ist Schluss“, kündigte Marcel Meisen (Stevens) gegenüber RSN an. Der 35-Jährige ist in seine letzte Cross-Saison gestartet und will diese nicht mehr ganz zu End

14.11.2024Traumszenario mit kurzem Anfangsschock

(rsn) – Unverhofft kommt oft – dieser Spruch traf in dieser Saison auch auf Meo Amann zu. Mit dem Elite-Team Embrace The World in die Saison gestartet, bewarb er sich im Sommer auf einen Platz bei

13.11.2024Auch ein kurioser erster UCI-Sieg reichte nicht zum Profivertrag

(rsn) – Auch wenn er in dieser Saison seinen ersten UCI-Sieg einfahren konnte, so gelang Roman Duckert (Storck – Metropol) am Ende seiner U23-Zeit nicht der Sprung in ein Profiteam. Deshalb wird e

13.11.2024Ein Jahr geprägt von Stürzen und viel Unglück

(rsn) – Eigentlich wollte Mikà Heming (Tudor Pro Cycling) 2024 so richtig durchstarten. Die Klassikerkampagne in Belgien hatte er sich als erstes Saisonhighlight gesetzt, doch diese endete für den

RADRENNEN HEUTE
  • Keine Termine