Franzose nach Etappensieg wie 2019 früh in Gelb

Alaphilippe hatte nichts zu verlieren und gewann alles

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Julian Alaphilippe (Deceuninck -Quick-Step) im Gelben Trikot der Tour de France | Foto: Cor Vos

30.08.2020  |  (rsn) - Julian Alaphilippe (Deceuninck – Quick Step) hat wie im vergangenen Jahr früh das Gelbe Trikot der Tour de France erobert. Der Franzose gewann die 2. Etappe mit Start und Ziel in Nizza nach 186 Kilometern im Sprint einer dreiköpfigen Spitzengruppe vor Marc Hirschi (Sunweb) und Adam Yates (Mitchelton – Scott).

Sichtlich bewegt saß Alaphilippe direkt nach dem Sprint an der Absperrung. Die Emotionen waren auch im Interview noch nicht gewichen. “Das war ein ganz wichtiger Sieg für mich. Ich hatte dieses Jahr noch nicht gewonnen. Es war eine schwere Zeit für mich nach dem Tod meines Vaters im Juni“, erklärte der 28-Jährige unter Tränen.

40 Kilometer vor dem Ziel wurden die Pläne der Deceuninck-Mannschaft am Col d’Eze deutlich, als Dries Devenyns kilometerlang ein horrendes Tempo anschlug. “Ich habe das Team gebeten, das Rennen im Finale schwer zu machen ”, so Alaphilippe. Am letzten, nicht kategorisierten Anstieg attackierte der 28-Jährige gut 13 Kilometer vor dem Ziel. “Ich hatte nichts zu verlieren, ich habe alles gegeben", beschrieb der Tour-Fünfte des letzten Jahres seinen Angriff, dem zuerst nur Tour-Debütant Hirschi folgen konnte.

Der 22-jährige Schweizer war die Überraschung des Tages. “Alle haben erwartet, dass Alaphilippe angreift. Als er ging, war ich nicht direkt am Rad, aber ich wusste ich würde hinkommen. Ich hatte ein bisschen Windschatten und als es etwas flacher wurde, habe ich alles gegeben, um ans Hinterrad zu kommen“, schilderte Hirschi die vorentscheidende Szene am Col des Quatre Chemins. Den finalen Sprint begann der U23-Weltmeister von Innsbruck 2018 dann aus der dritten Position. “Im Finale habe ich mich auf Alaphilippe konzentriert. Wir hatten starken Gegenwind. Ich wollte um ihn herum, aber ich kam etwas zu spät“, sagte Hirschi. “Zuerst war ich enttäuscht, aber jetzt bin ich stolz und froh das Weiße Trikot zu haben. Das will ich jetzt so lange wie möglich verteidigen“, kündigte er an.

Als letzter schloss Adam Yates kurz vor dem Gipfel zur kleinen Spitzengruppe auf. “Dann haben wir gut in der Abfahrt zusammengearbeitet. Im Finale gab es viel Gegenwind und das war alles andere als einfach für uns. Am Ende hätte ich wohl nie den Sprint gewonnen, beide waren viel schneller als ich, aber ich bin auch mit Rang drei auf der 2. Etappe sehr zufrieden“, meinte der Brite gegenüber cyclingnews.

Kämna im Finale gestürzt

Schnellster Mann der 33 Verfolger war Greg Van Avermaet (CCC). Durch das Taktieren des Trios kam der Olympiasieger noch bis auf zwei Sekunden an den Sieger heran. "Ich habe mein Bestes gegeben, aber ich bin schon enttäuscht. Ich hatte schon den Etappensieg und das Gelbe Trikot als Ziel. Deshalb habe ich alles gegeben, als wäre es ein Eintagesrennen. Leider sind am Ende noch drei Mann vor uns ins Ziel gekommen", meinte der vierplatzierte Van Avermaet.

Bereits am zweiten Anstieg des Tages, dem Col du Turini, verlor der Mann in Gelb den Kontakt mit dem Feld. Alexander Kristoff (UAE – Emirates) erreichte Nizza letztendlich mehr als 28 Minuten nach Alaphilippe, der ihm das maillot jaune abnahm. “Ich hatte damit gerechnet, heute Gelb zu verlieren. Ich habe versucht, eine Weile dran zu bleiben, aber die Etappe war natürlich viel zu schwer für mich. Ich habe noch Grün und da freue ich mich drüber“, relativierte der Norweger den Verlust der Gesamtführung. Im Klassement liegt nun Alaphilippe vier Sekunden vor Yates und sieben vor Hirschi.

Damit war der 33-Jährige der einzige Fahrer, der ein Wertungstrikot verteidigen konnte. Das Weiße Trikot wechselt von Mads Pedersen (Trek – Segafredo) zu Hirschi, das Bergtrikot holte sich aufgrund der besseren Platzierung in der Gesamtwertung Cosnefroy.

Während die Österreicher mit zwei Fahrern in der Spitzengruppe das Rennen belebten und die Schweizer mit Hirschi das Finale belebten, gab es aus deutscher Sicht weniger gute Nachrichten. Maximilian Schachmann (Bora – hansgrohe) konnte zwar mit einem neunten Platz überzeugen und Emanuel Buchmann (Bora – hansgrohe) überstand die Etappe schadlos. Ihr Teamkollege Lennard Kämna aber verlor nach einem Sturz mehr als zehn Minuten. “Das war unnötig. Ich weiß gar nicht was passiert ist und das ärgert mich persönlich etwas. Auf der anderen Seite sind Buchmann und Schachmann gut durchgekommen – und das ist das Wichtigste“, teilte der Dauphiné-Etappensieger über sein Team mit.

So lief das Rennen:

Gleich nach dem Startschuss formierte sich eine hochkarätig besetzte Spitzengruppe mit Peter Sagan, Lukas Pöstlberger (beide Bora – hansgrohe), Michael Gogl (NTT), Matteo Trentin (CCC), Kasper Asgreen (Deceuninck – Quick-Step), Toms Skujins (Trek – Segafredo), Anthony Perez (Cofidis) und Benoit Cosnefroy (AG2R – La Mondiale). Die acht Ausreißer mussten kämpfen, um vom Feld weg zu kommen, letztendlich wurde ihnen aber ein maximaler Vorsprung von 3:30 Minuten gewährt. Nicht mehr dabei war zu diesem Zeitpunkt Trentin, denn direkt nachdem er den Zwischensprint nach 16 Kilometern gegen Sagan gewonnen hatte, ereilte ihn ein Platten.

Der nächste neuralgische Rennpunkt sollte Col de la Colmiane (1. Kat.) nach 63 Kilometern sein. 1500 Meter vor dem Gipfel attackierte Cosnefroy und holte sich die Bergwertung vor seinem Landsmann Perez. Zu Beginn des Anstieg zum Col du Turini, dem zweiten Berg der 1. Kategorie, änderte sich dieses Bild allerdings, denn Sagan und auch Cosnefroy fielen zurück. Da das Führungsquartett allerdings kein sehr hohes Tempo einschlug, kam der AG2R-Fahrer kurz vor der Bergwertung wieder zurück. Im anschließenden Sprint musste Cosnefroy allerdings Perez den Vortritt lassen, wodurch beide in der Bergwertung gleichauf lagen. Die bessere Platzierung in der Gesamtwertung sollte über den Träger des Gepunkteten Trikots entscheiden.

Im Flachstück vor dem Col d’Eze (2. Kat.) erhöhte EF im Feld das Tempo, so dass das Quintett am Fuß der Steigung gestellt wurde. Asgreen hatte offensichtlich noch Kräfte gespart und setzte sich an die Spitze des Feldes, um den kurzzeitig enteilten Neilson Powless (EF) zu jagen. Als dem Dänen die Kräfte ausgingen, übernahm Devenyns für mehrere Kilometer die Führung. Kurz vor dem Gipfel stürzte Lennard Kämna (Bora - hansgrohe) 35 Kilometer vor dem Ziel. Der Deutsche konnte zwar weiterfahren, den Anschluss an das Feld konnte er aufgrund des Tempos aber nicht mehr herstellen.

In der Abfahrt vom Col d’Eze lag plötzlich Daniel Felipe Martinez (EF) 30 Kilometer vor dem Ziel auf dem Asphalt. Der Dauphiné-Sieger konnte mit Hilfe seines Teamkollegen Hugh Carthy zwar nochmals zu den Favoriten zurückkehren, im darauffolgenden Anstieg allerdings musste er die Gruppe doch ziehen lassen. Besser erging es Alejandro Valverde (Movistar). Der Spanier hatte 23 Kilometer vor dem Ziel einen Platten. Er bekam das Arbeitsgerät von Nelson Oliveira, der ihn wenig später mit einem neuen Rad wieder überholte. Zusammen schafften sie den Anschluss, woraufhin sie wieder auf ihr angestammtes Arbeitsgerät wechselten und eine zweite, erneut erfolgreiche Jagd starteten. Valverde erreichte das Ziel in der großen Favoritengruppe.

Am Col des Quatre Chemins, der nicht kategorisiert war, attackierte Alaphilippe nach Vorarbeit von Bob Jungels 13 Kilometer vor dem Ziel. Hirschi versuchte mitzuspringen und konnte den Anschluss rund 500 Meter später vollständig bewerkstelligen. Elf Kilometer vor dem Ziel schaffte auch Yates mit einem beeindruckenden Sprung aus der großen Gruppe heraus den Anschluss. Die acht Bonussekunden auf dem Berg sicherte sich der Brite knapp vor Alaphilippe.

Das Trio ging nach der rasanten Abfahrt mit 15 Sekunden Vorsprung in den Schlusskilometer. Dort sorgte Yates für das Tempo. Alaphilippe zog 200 Meter vor dem Ziel den Sprint an, Hirschi probierte noch, an seinem Kontrahenten vorbeizuziehen, doch es fehlte ihm eine halbe Radlänge zum Etappensieg.

Am Montag begeben sich die Fahrer auf die 3. Etappe von Nizza nach Sisteron über 198 Kilometer. Mit lediglich drei Bergwertungen der 3. Kategorie sollte sie eine Beute der Sprinter werden.

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