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16.01.2020 | (rsn) - Zur Saison 2020 stellen wir in einer Serie die diesmal 19 WorldTour-Teams vor. Dazu gehören neben einem Rückblick auch die Analyse der Personalpolitik sowie die Beurteilung der Aussichten für das anstehende Radsportjahr.
Teil 5: EF Pro Cycling
Rückblick 2019: Der amerikanischen Equipe gelang, was sich jedes Team wünscht: Auf ein sehr enttäuschendes Jahr ließ man ein extrem erfolgreiches folgen. 2018 sammelte der Rennstall von Jonathan Vaughters lediglich sechs Siege, ein Jahr später waren es dagegen 17. Die Mannschaft zeigte sich deutlich präsenter und fuhr reihenweise Spitzenresultate ein, unter anderem Etappensiege bei Paris-Nizza (Daniel Martinez), der Tour de Suisse (Hugh Carthy) und der Vuelta a Espana (Sergio Higuita) sowie Erfolge bei den Eintagesrennen Bretagne Classic (Sep Vanmarcke) und Mailand-Turin (Michael Woods). Ein Coup stach dabei heraus: Alberto Bettiol sicherte sich sensationell den Sieg bei der Flandern-Rundfahrt. Mit zweiten Plätzen beim Amstel Gold Race durch Simon Clarke sowie bei der Kalifornien-Rundfahrt und dem Critérium du Dauphiné durch Higuita und Tejay van Garderen verpasste das Team knapp weitere große Siege. Bei der Tour de France erreichte Rigoberto Uran einen passablen siebten Platz, beim Giro d’Italia zeigte Carthy als Elfter eine gute Vorstellung.
Die wichtigsten Zu- und Abgänge: Mit Magnus Cort Nielsen (Astana) und Neilson Powless (Jumbo - Visma) gelangen zwei vielversprechende Verpflichtungen: Cort Nielsen machte sich bereits als Allrounder mit guten Klassiker- und Sprintfähigkeiten einen Namen, der 23-jährige Powless gilt als einer der talentiertesten Rundfahrer der USA. Mit Kristoffer Halvorsen (Ineos) kam zudem ein ehemaliger U23-Weltmeister, den Vaughters öffentlich bereits als künftigen Sieger von Mailand-Sanremo anpries. Allerdings ließ der Norweger sein Potenzial bislang selten aufblitzen. Zusätzlichen Spielraum für die Frühjahrsklassiker bietet der routinierte Belgier Jens Keukeleire (Lotto Soudal). Außerdem investierte die Teamleitung in entwicklungsfähige Fahrer wie Ruben Guerreiro von Katusha - Alpecin sowie den beiden Neoprofis Stefan Bissegger und Jonas Rutsch. Der junge Erbacher Rutsch bringt gute Anlagen für die Pavé-Rennen mit und gewann im Vorjahr die U23-Austragung von Gent-Wevelgem.
Keine neuen Verträge bekamen die Sprinter Sacha Modolo (Alpecin - Fenix) und Daniel McLay (Arkea - Samsic). Joe Dombrowski zog es trotz guter Leistungen 2019 zu UAE Emirates und Nathan Brown musste sich nach sechs Jahren mit Rally UHC einen neuen Arbeitgeber suchen. Ihre Karriere beendeten der US-Amerikaner Taylor Phinney und Matti Breschel – der Däne bleibt dem Team aber als Sportlicher Leiter erhalten.
Im Fokus: 2019 durchlebte Daniel Martinez ein Jahr mit Höhen und Tiefen. Bei Paris-Nizza gewann er eine Bergetappe und wurde im Herbst Gesamtzweiter der Tour of Guangxi. Seinen Saisonhöhepunkt Tour de France verpasste Martinez allerdings aufgrund eines Trainingsunfalls wenige Wochen zuvor. Noch wartet der Kolumbianer auf seinen ganz großen Durchbruch. Dabei bringt er das komplette Paket eines Rundfahrers mit: stark in den Bergen und bemerkenswert gut auf dem Zeitfahrrad. EF band den 23-Jährigen frühzeitig bis ins Jahr 2022 an sich. Bleibt Martinez dieses Jahr vom Verletzungspech verschont, kann er 2020 sein Potenzial präsentieren.
Aufgepasst auf … Sergio Higuita. Hätte es im vergangenen Jahr keine Überflieger wie Tadej Pogacar oder Remco Evenepoel gegeben, wäre Higuita wohl mehr im Gespräch gewesen. Denn der Kolumbianer legte ein ähnlich aufsehenerregendes Debüt hin. Erst im Mai wechselte er zu den Profis, zeigte als damals 21-Jährige aber keine Anpassungsschwierigkeiten: Sein erstes Rennen bei der Kalifornien-Rundfahrt beendete Higuita als Gesamtzweiter, im Anschluss landete er auf Platz vier der Polen-Rundfahrt und gewann bei seiner ersten GrandTour gleich eine schwere Bergetappe der Vuelta. Higuita beeindruckte dabei als Kletterer und guter Abfahrer, selbst im Sprint aus kleinen Gruppen soll er nach Teamaussagen passable Fähigkeiten besitzen. Sein Potenzial scheint riesig.
Ausblick 2020: Der Kader ist für fast jedes Terrain herausragend besetzt. In den flämischen Klassiker stellt EF mit Bettiol, den Routiniers Vanmarcke und Sebastian Langeveld sowie den Neuzugängen Cort und Keukeleire eines der aussichtsreichsten Aufgebote. Ebenso üppig liest sich die Auswahl an Klassementfahrern. Noch gilt Uran mit seiner Erfahrung als Leitwolf der Rundfahrer-Sektion und wird das Team 2020 bei der Tour anführen. Designierte Nachfolger des mittlerweile 32-Jährigen stehen jedoch bereit. Martinez bestreitet neben seinem Landsmann die Frankreich-Rundfahrt und muss in der kommenden Saison zeigen, was in ihm steckt. Für größere Aufgaben haben sich zudem Higuita und Carthy empfohlen: Der britische Kletterer kehrt mit dem Ziel Top Ten zurück zum Giro, Higuita ist als Debütant ebenfalls für die Tour vorgesehen – wodurch EF wohl mit einem der spannendsten Aufgebote nach Frankreich reist.
Für van Garderen und Woods bleibt in dieser Aufstellung fast nur die Rolle der Edelhelfer, wobei Woods sich zunehmend auf einzelne Etappen und Eintagesrennen spezialisiert. Der Kanadier ist vor allem bei den Ardennenklassikern zu beachten. Als weitere bergfeste Fahrer gelten Neuzugang Powless und Routinier Tanel Kangert. Angesichts dieser Namen sind zusätzliche Spitzenresultate und Etappensiege bei einwöchigen Rundfahrten zu erwarten. Was dem Team nach wie vor fehlt, ist ein Sprinter der Kategorie Spitzenklasse, auch wenn Cort Nielsen als spurtstarker Fahrer für den einen oder anderen Sieg sorgen dürfte. Auch Halverson bringt in der Hinsicht Potenzial mit. Die ganz große Ausbeute jenseits der Marke von 20 Erfolgen wird EF allerdings nicht einfahren, dafür fehlen die Seriensieger. Es wird darum gehen, den guten Eindruck des Vorjahrs zu bestätigen – und bei den großen Rennen der WorldTour eine gewichtige Rolle zu spielen. Möglich ist das allemal.
Eckdaten:
Land: USA
Hauptsponsor: EF Education First
Branche: Bildungs- und Reisedienstleistungen
Teamchef: Jonathan Vaughters
Radausrüster: Cannondale
Teamranking-Platzierung 2019: 11
Fahrer im Aufgebot: 30
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