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10.01.2020 | (rsn) - Wie lief die vergangene Saison, wie lauten die Ziele für das neue Jahr und welche Themen beschäftigen derzeit noch die deutschen Kontinental-Teams? radsport-news.com sprach mit den Verantwortlichen der heimischen Drittdivisionäre.
Teil 7: Steffen Blochwitz (LKT Team Brandenburg)
Herr Blochwitz, wie fällt die Saisonbilanz des LKT Teams Brandenburg aus?
Blochwitz: Gemischt. Wir haben bei den nationalen Höhepunkten wie Bundesliga und Deutschen Meisterschaften nicht die angepeilten Ziele erreicht. Bei internationalen Rennen waren wir erfolgreicher unterwegs und konnten einige schöne Ergebnisse einfahren, wie z.B. bei der 30th Course Cycliste de Solidarnosc, wo wir drei Wertungstrikots gewannen. Auf der Bahn haben wir mit den Europameistertiteln von Moritz Malcharek im Scratch und von Richard Banusch im Punktefahren zwei Spitzenresultate erzielt, mit denen wir so nicht gerechnet hatten.
Welche Enttäuschungen musste das Team verkraften?
Blochwitz: Enttäuschung ist das falsche Wort, aber wir waren mit dem Ergebnis des Zeitfahrens bei der Heim-DM in Spremberg nicht zufrieden. Zudem sind mit Erik Vater und Milan Henkelmann zwei Kadersportler durch Krankheit fast die komplette Saison ausgefallen. So etwas ist immer schade für die Sportler, schwächt aber auch das Team.
Es gibt einige Veränderungen im Kader, so verlässt mit Christian Koch Ihr erfolgreichster Fahrer das Team. Weshalb trennen sich die Wege?
Blochwitz: Christian ist eines der größten Talente in Deutschland und fuhr für das LKT-Team wichtige Erfolge ein. Aber wir sind uns mit Paul Voß (Sportlicher Leiter) einig, dass er sich und das Team in Zukunft hier in Cottbus nicht weiter voranbringen wird. Mit seinem Talent müsste er zwei Schritte weiter sein und wir hoffen, dass er in einem neuen Umfeld diese Schritte geht. Ich bin mir sicher, dass es - wenn auch für alle eine harte - die richtige Entscheidung war.
Welche weiteren Zu- und Abgänge haben Sie zu verzeichnen?
Blochwitz: Ein wichtiger Gesichtspunkt für die Zusammensetzung des Kaders ist immer die Förderung der eigenen Nachwuchssportler in und aus Brandenburg. So haben Franz Groß und Theo Zetzsche den Sprung von den Junioren in das LKT-Team geschafft. Dieser Schritt ist für auswärtige Talente sicherlich schwieriger.
Ebenfalls ganz oben auf dem Zettel stand die Suche nach einem Kapitän. Wir denken ihn mit Adrian Rips gefunden zu haben, der als Mensch mitten im Leben steht und als bester Amateur in der Radbundesliga gezeigt hat, dass er stabil gute Leistungen erbringt. Also ein Kapitän, der in den rennentscheidenden Situationen noch präsent ist. Mit der Verpflichtung von Pierre-Pascal Keup haben wir einen Rennfahrer, der perfekt das Profil Bahn/Straße erfüllt. Als Juniorenweltmeister auf der Bahn und Dritter der Gesamtwertung der Juniorenbundesliga erfüllt er alle Voraussetzungen, sich in unserem System gut zu entwickeln und ein Leistungsträger zu werden. Albert Gathemann war ein ausdrücklicher Wunsch von Paul Voß. Er hofft, mit Albert die Rundfahrtziele besonders im schwierigen Terrain zu unterstützen. Unsere Abgänge sind Christian Koch, Henning Bommel, Milan Henkelmann, Erik Vater und Nicolas Brandt.
Mit Paul Taebling konnte eines der großen Talente gehalten werden. Soll das Straßenteam 2020 um ihn herum aufgebaut werden?
Blochwitz: Wir freuen uns, mit Paul weiter arbeiten zu können, weil er wie kaum ein anderer einen Profivertrag will und dafür viel tut. Aber unser Ziel sind nicht Profiverträge, sondern Siege bei den uns wichtigen Radrennen. Deshalb ist Paul ein wichtiger Teil des Teams, aber speziell bei bergigen Rennen werden auch andere Sportler eine Chance bekommen und besser funktionieren. Wir haben also das Team nicht um Paul aufgebaut. Aber wir haben in diesem Jahr wieder verstärkt die belgischen Klassiker im Fokus, was ihm als großem Fahrer mit seinen Anlagen entgegenkommt. Diese Schiene wird auch unsere Bahnfahrer, wie Richard Banusch, nach vorne bringen. Wir haben uns für Paris-Roubaix Espoires (U23) beworben. Das sind wir schon einmal 2016 mitgefahren und es war für alle ein Riesenerlebnis.
Wird das Team auch 2020 den Spagat Straße/Bahn versuchen?
Blochwitz: Ja, wir werden Bahn und Straße bedienen und es wird wie immer nicht leicht werden. "Politisch" ist die Bahn die Nummer 1 und gibt uns die Berechtigung, am Olympiastützpunkt Brandenburg in Cottbus trainieren zu können.
Sponsoren interessieren eher die Ergebnisse auf der Straße, da z.B. Radsportausrüster damit ihr Geld verdienen. So unterstützen unsere Sponsoren Paul Lange und Schwalbe uns so gut es geht auf der Bahn, aber das Geld "liegt“ für sie auf der Straße. Das organisatorisch und sportlich zu koordinieren ist nicht leicht und ich bin extrem dankbar für jeden Partner, der mich dabei unterstützt. Mir hilft sicherlich die Überzeugung und Motivation, die ich mit meiner eigenen sportlichen Karriere gewonnen habe. Der Spagat Bahn/Straße ist schwierig, aber nicht unmöglich!
Welche Ziele hat das Team für Straße und Bahn?
Blochwitz: Wir wollen auf der Straße national zu den besten drei Bundesligateams gehören und bei den Zeitfahrmeisterschaften sowohl im Einzel als auch in der Mannschaft auf dem Podium stehen. Das ist quasi unsere Kernkompetenz. International wollen wir als gereiftes Team auftreten und mutig um Topplatzierungen kämpfen. Auf der Bahn haben wir mit der Weltmeisterschaft in Berlin natürlich das Highlight schlechthin quasi vor der Haustür. Und mit Moritz Malcharek haben wir auch berechtigte Hoffnungen, einen Starter ins Rennen zu schicken. An dem Punkt möchte ich erwähnen, dass mit dem Track-Team-Brandenburg noch ein zweites Team von mir betreut wird und mit dem wird es dann sportlich richtig fett, denn neben Moritz gehören auch Eric Engler und Emma Hinze zum TTBB und dies sind nicht nur aussichtsreiche WM- sondern auch Olympiakandidaten. Jeweils eine Medaille in Berlin und Tokio ist erklärtes Ziel.
Um die Rennen der neuen UCI ProSeries bestreiten zu dürfen, müssen Kontinentalteams eine Gebühr bezahlen. Was halten Sie davon?
Blochwitz: Das finde ich nicht gut und wir werden diese Gebühr nicht bezahlen, auch mit der für uns traurigen Konsequenz, an den großen Rennen nicht teilnehmen zu können. Die UCI entscheidet und legt um ohne Rücksicht auf Verluste und für die kleinen Teams wird die Luft immer dünner. Ich schätze, wir sind bei gut 20 Prozent UCI-Gebühren im Verhältnis zu unserem Gesamtbudget angekommen. Dazu kommt, dass viele Veranstalter von den kleinen Teams Startgebühren einziehen müssen, um ebenfalls den Auflagen der UCI gerecht werden zu können. Das sind noch einmal ca. 15 Prozent unseres Budgets. Irgendwann kommt man an den Punkt, Abstriche zu machen. Für viele Teams ist dieser Punkt bereits überschritten und sie haben aufgegeben.
Gibt es Veränderungen in der Sportlichen Leitung?
Blochwitz: Paul Voß bleibt Sportlicher Leiter im LKT-Team. Heiko Salzwedel ist als Landestrainer für die Verfolger im Track-Team-Brandenburg verantwortlich.
Wann und wo wird das Team in die Saison einsteigen und welche Highlights hat es?
Blochwitz: Wir starten wieder in Kroatien bei der Istrian Spring Trophy. Neben Paris - Roubaix Espoirs haben wir uns auch für die Tour de Normandie“beworben. Und die Radbundesliga sowie die Deutschen Meisterschaften sind für uns als sehr junges Team immer spannende Herausforderungen.
Wem trauen Sie zu, in Zukunft eine oder zwei Klassen höher zu fahren? Blochwitz: Paul Taebling und Richard Banusch sind am dichtesten an einem Profivertrag.
Wo sehen Sie das LKT Team Brandenburg perspektivisch?
Blochwitz: Ich bin zufrieden mit dem, was ich tue. Ich habe mich der professionellen Nachwuchsarbeit verschrieben und kann auf der Bahn sogar große Ziele erreichen. Darauf bin ich stolz und das reicht mir. Aber selbst um dieses Level zu halten, muss ich Jahr für Jahr mehr tun.
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