Ecuadorianer steuert auf Giro-Gesamtsieg zu

Carapaz nach Mortirolo-Etappe auch bei Movistar die Nummer 1

Von Daniel Brickwedde

Foto zu dem Text "Carapaz nach Mortirolo-Etappe auch bei Movistar die Nummer 1"
Richard Carapaz (Movistar)am Mortirolo | Foto: Cor Vos

28.05.2019  |  (rsn) - Dick eingepackt, die Jacke bis unter das Kinn gezogen, stellte sich Richard Carapaz im Ziel der 16. Giro-Etappe den Fragen des offiziellen Post-Race-Interviews. Das extrem schwere Teilstück, die äußerst widrigen Wetterbedingungen und ein Angriff auf sein Rosa Trikot, es war ein harter Tag für den Movistar-Profi gewesen. Am Ende jedoch auch ein sehr erfolgreicher, selbst wenn ihm das in diesem Moment nicht anzusehen war. Carapaz ist als nach der Etappe über den berüchtigten Mortirolopass dem Gesamtsieg beim Giro d’Italia einen möglicherweise entscheidenden Schritt näher gekommen.

In Klassement liegt der Ecuadorianer nun 1:47 Minuten vor Vincenzo Nibali (Bahrain – Merida), der das Ziel in Ponte di Legno zeitgleich mit ihm erreichte. Primoz Roglic (Jumbo – Visma), vor der Etappe noch Gesamtzweiter, fiel dagegen am Mortirolo zurück und folgt auf Platz drei (+2:09). "Bei Richard sehe ich keine Schwächen. Er ist ein kompletter Fahrer, gut in den Bergen, nicht schlecht im Zeitfahren und mental stabil. Aber der Giro ist noch nicht vorbei“, sagte Eusebio Unzue gegenüber radsport-news zu den Aussichten des 25-Jährigen.

Insbesondere der Zeitgewinn gegenüber Roglic stimmte den Movistar-Teamchef zuversichtlich. Am Ruhetag hatte er den Slowenen noch als "virtuellen Leader der Rundfahrt“ bezeichnet – obwohl Carapaz zu diesem Zeitpunkt bereits 47 Sekunden vor Roglic in der Gesamtwertung lag. Unzue sah das 17 Kilometer lange Zeitfahren am Schlusstag in Verona als Knackpunkt und prognostizierte, dass sein Schützling dort ungefähr zwei Minuten an Vorsprung auf Roglic benötige. Dieses Zeitpolster hat sich Carapaz bereits einen Tag später bereits geschaffen.

Landa kämpft für Carapaz

"Roglic ist natürlich nicht aus dem Spiel. Der Giro ist lang. Aber wenn man sich die vergangenen Tage anguckt, dann hat er immer Zeit verloren. Es wäre sehr ungewöhnlich, wenn sich das plötzlich ändert und er in der dritten Woche noch stärker wird“, sagte Unzue. In Sachen Teamhierarchie stellte der 64-Jährige klar, dass Carapaz nun die "Nummer eins“ sei: "Natürlich können wir auch zwei Mann aufs Podium bringen. Wichtiger ist aber, dass wir das Rennen gewinnen.“

Mikel Landa, der bisher gleichberechtigte Co-Kapitän, verbesserte sich nach dem Teilstück zwar auf Platz vier in der Gesamtwertung (+3:15), stellte sich unterwegs aber schon in den Dienst von Carapaz. Ohnehin legte Movistar auf der Etappe ein Paradebeispiel an perfekter Teamarbeit ab. Mit Andrey Amador schickte die spanische Equipe einen wichtigen Berghelfer in die große Fluchtgruppe des Tages, im Feld dahinter hielt unter anderem der Freiburger Jasha Sütterlin über weite Strecken alles unter Kontrolle. Und im Mortirolo-Anstieg leisteten Antonio Pedrero und Landa dem Rosa Trikot Begleitschutz – selbst als der Großteil der Klassementfahrer bereits den Anschluss verloren hatte, inklusive Roglic.

Zur richtigen Zeit in der richtigen Form

Selbst als Nibali 35 Kilometer vor dem Ziel in einer steileren Passage des Mortirolo antrat, brach bei Movistar keine Panik aus. Zeitweise wuchs die Lücke auf rund 20 Sekunden an, in den Serpentinen des extrem steilen Alpenpasses blieb der Italiener aber stets in Sichtweite der Verfolger. Wenige Kilometer später war die Offensivaktion von Nibali beendet. Als Pedrero dann kurz vor dem Gipfel ausscherte, nahm Amador von vorne aus der Fluchtgruppe seinen Platz ein und kontrollierte die kleine Gruppe in der verregneten Abfahrt.

Ein Movistar-Rädchen griff ins andere, zu jeder Phase des Rennens hatte Carapaz mindestens einen Helfer an seiner Seite. Die Teamstärke könnte sich in den kommenden Tagen noch als entscheidender Trumpf erweisen.

"Heute war es wichtig, Zeit auf Roglic zu gewinnen. Ich fühle mich noch nicht sicher, denn es kann noch eine Menge passieren. Aber es war ein guter Tag“, sagte Carapaz im Ziel. Er trug zum zweiten Mal das Maglia Rosa auf seinen Schultern. Zu Beginn der Rundfahrt hatte er sich – abgesehen von seinem Tagessieg in Orbetello – anders als viele Konkurrenten relativ unauffällig verhalten, ehe er sich mit zwei Attacken auf der 13. und 14. Etappe an die Spitze der Gesamtwertung schob.

Als seinen größten Widersacher um den Gesamtsieg bezeichnete er nun Nibali. Der Italiener gilt als Mann der letzten Woche, doch seine Angriffe auf der Etappe vor dem Ruhetag nach Como und dieses Mal am Mortirolo neutralisierte  Carapaz jeweils. Der kleine Kletterer, in über 3.000 Meter Höhe in der ecuadorianischen Gemeinde Carchi geboren, scheint das Momentum auf seiner Seite zu haben. Fünf Tage vor dem Ende des Giro womöglich kein schlechter Zeitpunkt.

Mehr Informationen zu diesem Thema

28.10.2019Martens wurmt Roglics verpasster Giro-Sieg

(rsn) - Nach 60 Renntagen beendete Paul Martens vor drei Wochen beim belgischen Eintagesrennen Binche - Chimay - Binche ein Radsportjahr, in dem er sich wieder in den Dienst der Mannschaft gestellt ha

01.08.2019Sieg in der Wallonie: Cimolai kämpft sich aus Lebenskrise

(rsn) - Davide Cimolai (Israel Cycling Academy) hat sich aus einer Lebenskrise gekämpft und ist bei der Tour de Wallonie (2.HC) auch sportlich wieder in die Erfolgsspur zurückgekehrt. Der Italiener

10.07.2019Dumoulins Knieverletzung schlimmer als gedacht

(rsn) - Tom Dumoulins Knieverletzung, die ihn beim Giro d`Italia zum Ausstieg und auch zur Absage der Tour de France zwang, ist schlimmer als befürchtet. Wie die niederländische Zeitung De Telegraa

05.06.2019Wird Lopez für Schlag gegen Zuschauer doch noch bestraft?

(rsn) - Im laufenden Giro d´Italia entging Miguel Angel Lopez (Astana) einer Strafe, als er im letzten Anstieg der Italien-Rundfahrt von einem Zuschauer zu Boden gerissen worden war und diesen deshal

04.06.2019Giro d´Italia 2019: Analyse, Tops & Flops

(rsn) - Im gemeinsamen Podcast von radsport-news.com und meinsportpodcast.de werfen Malte Asmus, Eric Gutglück und Marc Winninghoff einen Blick zurück auf den 102. Giro d’Italia, der mit dem über

04.06.2019Martens: “Movistar hatte immer alles unter Kontrolle“

(rsn) - Zum erhofften Gesamtsieg hat es nicht gereicht, aber Jumbo - Visma scheint auch mit dem dritten Platz von Primoz Roglic beim Giro d’Italia zufrieden zu sein. Routinier Paul Martens etwa, der

04.06.2019Bora - hansgrohe kehrt mit vielen Lorbeeren vom Giro zurück

(rsn) - Mit drei Etappensiegen, dem Maglia Ciclamino sowie einem sechsten Gesamtrang kehrte das deutsche Team Bora - hansgrohe vom 102. Giro d’Italia zurück. Zudem erreichten alle acht Fahrer am

03.06.2019Startet der Giro 2020 im Zwift-Stil?

(rsn) - Seit einiger Zeit kursieren Gerüchte, wonach der Giro d’Italia 2020 mit einem “virtuellen Zeitfahren“, vergleichbar den Zwift-Wettbewerben, beginnen könnte. Möglicherweise handelt es

03.06.2019Gazzetta: Team Ineos will Carapaz´ Gehalt verzehnfachen

(rsn) – Mit Chris Froome und Geraint Thomas hat das Team Ineos die Tour-Sieger der vergangenen vier Jahre in seinen Reihen. Dazu kommen mit den aufstrebenden Egan Bernal und Pavel Sivakov zwei Talen

03.06.2019Cipollini: “Ackermann ist der perfekte Athlet“

(rsn) - Mario Cipollini hält Pascal Ackermann (Bora - hansgrohe) nach dessen Auftritt beim 102. Giro d’Italia für einen potenziellen Mailand-Sanremo-Gewinner. "Ackermann ist der perfekte Athlet un

03.06.2019Roglic empfindet seinen dritten Platz wie einen Sieg

(rsn) - Nach einer grandiosen ersten Giro-Hälfte mit den Siegen in den beiden Zeitfahren und vier Tagen im Rosa Trikot lief bei Primoz Roglic (Jumbo - Visma) seit der 15. Etappe mit dem schlecht orga

03.06.2019Nibali: “Ich habe nichts zu bereuen“

(rsn) - Zwar machte Vincenzo Nibali (Bahrain - Merida) im abschließenden Zeitfahren des 102. Giro d’Italia nochmals deutlich Boden gegenüber Richard Carapaz (Movistar) gut. Die 49 Sekunden, die de

Weitere Radsportnachrichten

07.09.2025Schachmann verurteilt “Demonstration gegen Terror durch Terror“

(rsn) - Der Frust der Profis auf die Gaza-Demonstranten bei der Vuelta a Espana wächst. Während der 11. Etappe hatten viele Fahrer noch Verständnis für das Anliegen der Demonstranten. “Es ist vÃ

07.09.2025Rast: “Da waren wir schon kurz ein wenig verzweifelt“

(rsn) – Nun ist er also endlich da, der erste Sieg von Mads Pedersen (Lidl - Trek) im Grünen Trikot! Für diesen langersehnten Erfolg bei der Vuelta a Espana musste der Däne allerdings auf den fin

07.09.2025Pedersen siegt als Ausreißer und beendet den UAE-Lauf

(rsn) - Der Däne Mads Pedersen (Lidl – Trek) hat die 15. Etappe der Vuelta a Espana im Sprint einer neunköpfigen Ausreißergruppe gewonnen. Der Ex-Weltmeister ließ im Finale des 168 Kilometer lan

07.09.2025Highlight-Video der 15. Etappe der Vuelta a Espana

(rsn) – Die 15. Etappe der Vuelta a Espana schien wie für Mads Pedersen (Lidl – Trek) gemalt. Und der Däne ließ sich auch nicht lange bitten, schaffte mit vier Teamkollegen den Sprung in die 47

07.09.2025Wiebes beendet Simac Ladies Tour in Gelb standesgemäß

(rsn) – Lorena Wiebes (SD Worx – Protime) hat auf der 6. Etappe der Simac Ladies Tour (2.WWT) ihren fünften Etappensieg gefeiert und sich damit auch den Gesamtsieg gesichert. Sie gewann nach 156

07.09.2025Del Toro schlägt beim Auftakt zum Italienischen Herbst zu

(rsn) - Isaac Del Toro (UAE – Emirates – XRG) hat sich beim GP Industria&Artigianato (1.Pro) in Larciano seinen zehnten Saisonsieg gesichert. Der Mexikaner war nach 196 Kilometern im Dreiersprint

07.09.2025Grégoire wehrt Evenepoels Angriffe ab und gewinnt Tour of Britain

(rsn) – Olav Kooij (Visma – Lease a Bike) hat die Abschlussetappe der Tour of Britain (2.Pro) gewonnen, der Franzose Romain Grégoire (Groupama – FDJ) sicherte sich den Gesamtsieg. Nach 112 Kilo

07.09.2025Heßmann: “Siege bei dieser Vuelta ein bisschen schwierig verteilt“

(rsn) – Mit zwei zweiten und zwei dritten Plätzen war Movistar bei dieser Vuelta a Espana schon einige Mal dran am großen Ziel, dem Etappensieg beim Heimspiel. Michel Heßmann trat mehrmals in Aus

07.09.2025Nach Protesten neue Trikots für Israel - Premier Tech

(rsn) – Kurz nachdem der israelische Ministerpräsident Benjamin Netanyahu die Standhaftigkeit des Teams Israel – Premier Tech im Umgang mit den Protesten bei der Vuelta a Espana gelobt hatte, gab

06.09.2025Dujardin schlägt in Baltimore Abrahamsen und Mayrhofer

(rsn) – Sandy Dujardin (TotalEnergies) mag die Ferne. Nachdem der Franzose 2022 bei der Tour of Rwanda (2.1) 2022 seinen ersten Profisieg gefeiert hatte, musste er 3,5 Jahre warten, bevor er seine

06.09.2025Frühe Fluchten in Galizien

(rsn) - Trotz der Strapazen der beiden schweren Vortage gönnt die 15. Etappe der Vuelta den Fahrern keinen Moment zum Durchatmen. Die 167,8 Kilometer von Vegaedo nach Monforte de Lemos starten mit de

06.09.2025Radsport live im TV und im Ticker: Die Rennen des Tages

(rsn) – Welche Radrennen finden heute statt? Wo und wann kann man sie live im Fernsehen oder Stream verfolgen? Und wo geht´s zum Live-Ticker? In unserer Tagesvorschau informieren wir über die wic

RADRENNEN HEUTE

    WorldTour

  • La Vuelta Ciclista a Espana (2.UWT, ESP)
  • Radrennen Männer

  • Tour of South Bohemia (2.2, SVK)
  • Giro della Regione Friuli (2.2, ITA)
  • Tour of Istanbul (2.1, TUR)
  • GP Industria & Artigianato (1.Pro, ITA)
  • Lloyds Bank Tour of Britain (2.Pro, GBR)
  • Radrennen Frauen

  • RiderMan Straßenrennen 2 (BLF, GER)