Froome holt sich im Tour-Zeitfahren Rang drei zurück

Thomas weint vor Glück, Dumoulin krönt verrückten Tag

Foto zu dem Text "Thomas weint vor Glück, Dumoulin krönt verrückten Tag"
Geraint Thomas (Sky) hat das Gelbe Trikot sicher. | Foto: Cor Vos

28.07.2018  |  (rsn) - Kurz vor dem Zielstrich in Espelette brach es aus Geraint Thomas (Sky) heraus. Der 32-Jährige riss die Arme nach oben und ließ sich von den Fans feiern. Als erster Radprofi aus Wales hat Thomas die Tour de France gewonnen und als Nachfolger seines Mannschaftskollegen Chris Froome zudem für den sechsten Gesamtsieg des auch diesmal wieder furchterregend starken Sky-Teams gesorgt. Seit 2012 hatte nur Vincenzo Nibali die Gelb-Dominanz der Briten unterbrechen können.

Im Freudentaumel spielte es auch keine Rolle mehr, dass Thomas im Finale des schweren 31-km-Parcorus noch den schon sicher geglaubten dritten Etappensieg aus der Hand gegeben hatte. Als Tagesdritter, 14 Sekunden hinter dem auf den letzten Kilometern noch groß auftrumpfenden Zeitfahrweltmeister Tom Dumoulin (Sunweb) und seinem Teamkollegen Froome, der sich dem Niederländer nur um eine Sekunde geschlagen geben musste, kann Thomas den bisher größten Erfolg seiner langen Karriere verbuchen.

"Ich weiß nicht, was ich sagen soll. Es ist einfach unglaublich. Das letzte Mal, dass ich geweint habe, war bei meiner Hochzeit. Ich habe mir die ganze Tour über darüber keine Gedanken gemacht und plötzlich habe ich sie gewonnen“, sagte er. "Ich habe mich heute wirklich gut gefühlt, bin vielleicht in der einen oder anderen Kurve zu viel Risiko gegangen. Da haben sie mir über Funk gesagt: Sei entspannt und schau einfach, dass du die Tour gewinnst. Das habe ich gemacht. Sich gegen die stärksten Fahrer der Welt über drei Wochen hinweg beim größten Rennen überhaupt durchzusetzen, das ist schon verrückt."

Gelb auch im Kampf gegen die Uhr souverän

Entgegen den Erwartungen entwickelte sich hinter dem souveränen Mann im Gelben Trikot, der an den beiden Messpunkten bei Kilometer 13 und 22 sogar jeweils Bestzeit erzielt hatte, nur kurzzeitig ein spannender Kampf um die beiden restlichen Podiumsplätze für Paris. Denn der gestrige Etappengewinner Primoz Roglic (LottoNL-Jumbo) konnte an seine bisherigen Leistungen bei dieser Tour nicht anknüpfen und belegte nur Rang acht, womit er Gesamtplatz drei wieder an Froome abgeben musste, der sich zu einer letzten Energieleistung aufraffte und nur knapp von Dumoulin geschlagen wurde.

"Ich kann es nicht glauben. So ein Ende hätte man nicht schreiben können. Heute früh hatten wir noch Stress, weil der Zeitfahranzug nicht aufzufinden war und dann gewinne ich mit einer Sekunde!“, strahlte Dumoulin über den dritten Tour-Tagessieg seiner Karriere, mit dem er Gesamtrang zwei zementierte - auf dem gleichen Platz hatte er bereits den Giro d’Italia beendet, damals hinter Froome.

"Nach diesem Sieg fällt viel Druck von mir ab, es ist Freude und Erleichterung pur. Ich hatte einen richtig guten Tag. Ich hatte aber keine Infos über die Zwischenzeiten. Ich wusste nicht, wie ich im Rennen lag und bin auch bewusst kein Risiko eingegangen. Wie gesagt, ich wusste, dass ich einen guten Tag hatte und dass Froome und Roglic nicht so viel schneller würden fahren können“, so der Sunweb-Kapitän, der an den beiden Messpunkten jeweils Dritter war, um dann noch an den beiden vor ihm liegenden Briten vorbeizuziehen.

Froome freut sich auf's Podium in Paris

Die feierten gemeinsam Thomas‘ großen Coup, wobei Froome nach seiner gestrigen Pleite zurückschlug und sich von Roglic, der von vielen nach seinem überlegenen Sieg in Laudens auch als Favorit für das Zeitfahren angesehen worden, den dritten Platz noch zurückholte. "Gemeinsam mit Geraint Thomas auf dem Tour-Podium zu stehen, das war unser Traum. Ich hatte nicht gedacht, dass ich es noch auf Platz drei schaffen würde. Ich bin sehr zufrieden. Jetzt gilt es nur noch, Geraint auf dem Rad zu halten und Gelb nach Paris zu bringen“, sagte der 33-Jährige, dessen GrandTour-Serie aus Tour, Vuelta und Tour in Frankreich zu Ende geht, und der sich bei aller Enttäuschung als fairer Verlierer zeigte.

Doch auch der 28-jährige Roglic war alles andere als enttäuscht. "Ich habe alles gegeben, 110 Prozent. Ich bin nicht enttäuscht, man muss auch realistisch bleiben. Wir wissen, wo wir hingehören“, sagte der ehemalige Skispringer, dessen Team nicht nur zwei Fahrer in die Top 5 brachte - Steven Kruijswijk behauptete am Samstag den fünften Platz - , sondern auch drei Tagessiege feiern konnte.

Thomas nimmt morgen 1:51 Minuten Vorsprung auf Dumoulin mit auf die Champs-Elyseès, Froome hat 2:24 Minuten Rückstand, Roglic belegt 3:22 Minuten hinter dem Gelben Trikot Rang vier vor Kruijswijk (+ 6:08) und Romain Bardet Bardet (AG2R/ + 6:57), der mit Mikel Landa (Movistar / + 7:37) die Plätze tauschte. Daniel Martin (UAE Team Emirates / + 9:05) behauptete den achten Platz und wurde Kämpferischster Fahrer der Tour. Ilnur Zakarin (Katusha-Alpecin/12:37) rückte als Siebter des Zeitfahrens noch an Nairo Quintana (Movistar / +14:18) vorbei und auf Position neun vor.

So lief die Etappe…

Nachdem es im Baskenland in der Nacht noch geregnet hatte, waren die ersten der noch 145 Starter auf regennassen Straßen unterwegs. Auf dem welligen und kurvigen Parcours war das ein Gefahrenfaktor, doch letztlich kamen alle Profis unversehrt ins Ziel.

Eine erste Richtzeit stellte der Australier Michael Hepburn (Mitchelton-Scott) mit 42:15 Minuten auf, was letztlich Tagesplatz zehn bedeuten sollte. Starke Vorstellungen lieferten auch die beiden Deutschen Simon Geschke (Sunweb/+1:50) und Nils Politt (Katusha-Alpecin/+1:52) ab, die das Rennen auf den Positionen 18 und 20 beendeten, voneinander getrennt von Alejandro Valverde (Movistar/+1:50).

Wie schnell der 27-jährige Hepburn auf dem schweren Kurs bei mittlerweile abtrocknender Strecke unterwegs war, zeigte sich daran, dass auch der Spanische Zeitfahrmeister Jonathan Castroviejo (Sky / 14.) und der Schweizer Champion Stefan Küng (BMC/12.) seine Zeit nicht unterbieten konnten. Dies gelang erst dem Dänen Sören Kragh Andersen/Sunweb), dann aber gleich um gleich 32 Sekunden. Das sollte letztlich zu Rang fünf reichen, 51 Sekunden hinter Teamkollege Dumoulin und eine Sekunde hinter Michal Kwiatkowski (Sky), der die Führung behauptete, ehe er für Teamkollege Froome den Hot Seat verließ. Der Pole war als Tagesvierter der dritte Sky-Profi unter den besten Fünf.

Eine starke Vorstellung zeigte auch der Luxemburgische Meister Bob Jungels (Quick-Step Floors), der nur zwei Sekunden langsamer war als Kwiatkowski und letztlich Rang sechs belegte. Als die vier besten des Gesamtklassement ins Rennen gingen, war schnell klar, dass Froome sich von Roglic wieder den Podiumsplatz würde zurückholen können. Bereits am ersten Messpunkt war der LottoNL-Kapitän 44 Sekunden langsamer als Thomas, auf Froome fehlte ihm eine halbe Minute.

Wer gedacht hatte, dass sich Roglic auf dem hügeligeren zweiten Teil wieder an die Briten und den beständigen Dumoulin würde heranarbeiten können, der sah sich getäuscht. Am Ende büßte der Slowene 1:12 Minuten gegenüber Dumoulin ein und musste sich mit dem achten Platz begnügen, zehn Sekunden vor Marc Soler, dem diesmal besten Fahrer des Movistar-Teams, das mit einem Etappensieg und dem Gewinn der Teamwertung nach Spanien zurückkehren wird - ganz gewiss nicht das, was sich die Teamleitung erhofft hatte.

Mehr Informationen zu diesem Thema

06.07.2022Ausgerechnet in Roubaix platzte Degenkolbs Tour-Knoten

(rsn) – Vor vier Jahren mussten die Starter der Tour de France letztmals Kopfsteinpflaster-Passagen unter die Räder nehmen. Am . Juli 2018 holte sich Degenkolb in Roubaix nach 156,6 Kilometern inkl

25.07.2020Video-Rückblick: Horror-Sturz endet für Gilbert glimpflich

(rsn) - Auf der 16. Etappe der Tour de France mussten die Zuschauer das Schlimmste für Philipp Gilbert befürchten. In der Abfahrt vom Portet d´Aspet versteuerte der Belgier sich und flog kopfüber

12.11.2018Alpe d´Huez-Sturz: Nibali drei Stunden von Polizei befragt

(rsn) – Vincenzo Nibali (Bahrain-Merida) ist am Samstag in Modane von der französischen Polizei zu seinem Sturz von der 12. Etappe der Tour de France befragt werden. Damals war der Italiener im Sch

31.10.2018Thomas war bei der Tour wegen Kapitänsfrage frustriert

(rsn) - Am letzten Tag der diesjährigen 105. Tour de France strahlte Geraint Thomas (Sky) im Gelben Trikot auf den Champs-Elysees. Der Waliser feierte den größten Erfolg seiner Karriere und setzte

16.10.2018Nibali wird am 10. November von französischer Polizei befragt

(rsn) - Vincenzo Nibali (Bahrain-Merida) wird am 10. November in Grenoble von der französischen Polizei zu seinem Sturz von der 12. Etappe der Tour de France befragt werden. Damals war der Italiener

10.10.2018Thomas´ Tour-Trophäe in Birmingham gestohlen

(rsn) - In den vergangenen Jahren kam es immer wieder vor, dass Radsport-Mannschaften von Fahrraddieben heimgesucht wurden. Nun meldet Team Sky den Verlust der Tour-de-France-Auszeichnung von Geraint

03.08.2018“Zwischen Froome und Thomas gab es nie einen Disput“

(rsn) - Seit dem vergangenen Sonntag schon ist die auch 105. Ausgabe der Tour de France wieder Geschichte. In der neuen Ausgabe von Radio Tour – dem Radsportpodcast in Kooperation mit radsport-news.

03.08.2018Nach Tour-Aus fordert Sieberg “Überdenken der Karenzzeit“

(rsn) – Nachdem er im Vorjahr wegen eines Magen-Darm-Virus´ erstmals die Tour de France vorzeitig beenden musste, wollte Marcel Sieberg (Lotto Soudal) bei der 105. Austragung unbedingt wieder Paris

02.08.2018Lappartient: Funkverbot und 6-Mann-Teams gegen Sky-Dominanz

(rsn) - Auf wenig Gegenliebe - um es vorsichtig auszudrücken - ist UCI-Präsident David Lappartient bei den Profis mit seinen jüngst geäußerten Ideen gestoßen, wie man der vor allem in den große

02.08.2018“Ich fand alle Bergpässe schön“

(rsn) – Mit Michael Gogl (Trek-Segafredo), Gregor Mühlberger und Lukas Pöstlberger (beide Bora-hansgrohe) nahmen drei Österreicher an der 105. Tour de France teil. Das rot-weiß-rote Trio erreich

01.08.2018Zabel will sein Selbstvertrauen wieder aufpolieren

(rsn) – Der Frust über das verfrühte Tour-Aus sitzt tief: Rick Zabel (Katusha-Alpecin).musste auf der Königsetappe nach Alpe d`Huez im Kampf gegen das Zeitlimit kapitulieren und in den Besenwagen

01.08.2018Politt: “Wir haben uns nochmal richtig zusammengerissen“

(rsn) – Nach drei harten Wochen bei der Tour de France sehnt sich Nils Politt (Katusha-Alpecin) nach Erholung. Die ist derzeit aber nur bedingt möglich. Denn keine 24 Stunden nach dem Tour-Ende in

Weitere Radsportnachrichten

18.12.2024Trotz vieler Krankheitsphasen stark in Portugal

(rsn) – Die Titelverteidigung bei der Portugal-Rundfahrt (2.1) gelang zwar nicht. Doch auch mit dem zweiten Platz in der Gesamtwertung konnte Colin Stüssi (Vorarlberg) zufrieden sein, zumal er sich

18.12.2024Die Radsport-News-Jahresrangliste 2024

(rsn) - Auch diesmal starten wir am 1. November mit unserer Jahresrangliste. Wir haben alle UCI-Rennen der vergangenen zwölf Monate (1. November 2023 bis 31. Oktober 2024) ausgewertet - nach unserem

18.12.2024Rik Van Looy kurz vor seinem 91. Geburtstag verstorben

(rsn) – Mit Rik Van Looy ist in der Nacht von Dienstag von Mittwoch einer der größten belgischen Radsportler verstorben. Wie die Zeitung Het Nieuwsblad schrieb, war der mehrmalige Straßen-Weltm

18.12.2024Tour-Neunter Gee fährt beim Giro 2025 auf Klassement

(rsn) - Angeführt vom Kanadier Derek Gee startet Israel – Premier Tech mit einem 30 Fahrer starken Kader in die Saison 2025. Der Tour-de-France-Neunte des vergangenen Sommers will sich im kommenden

18.12.2024Denk: “Jetzt setzen wir wieder auf die nächste Generation“

(rsn) – Neun Zugänge hat Red Bull – Bora – hansgrohe bisher für die neue Saison präsentiert. Zumindest theoretisch wäre noch einer mehr möglich, doch nach aktuellem Stand geht das Team mit

18.12.2024Aus BEMER Cyclassics werden ab 2025 die ADAC Cyclassics

(rsn) – Aus den BEMER Cyclassics in Hamburg werden ab der Saison 2025 sowohl im Breitensport- als auch im Profibereich die ADAC Cyclassics. Das gab die ASO Germany als Veranstalter des deutschen Wor

18.12.2024Red Bull wird 2025 auch Partner bei Tudor Pro Cycling

(rsn) - Das Schweizer ProTeam Tudor wird in der kommenden Saison mit dem österreichischen Energy-Drink-Hersteller Red Bull zusammenarbeiten. Das gab der Rennstall am Mittwoch via Pressemitteilung bek

18.12.2024Die Trikots der WorldTeams für die Saison 2025

(rsn) - Wie bunt wird das Peloton 2025? Und welche werden die vorherrschenden Farben in der kommenden Saison sein? Nach und nach stellen die WorldTour-Rennställe ihre Trikots für das neue Jahr vor -

18.12.2024Nach einem Jahr als Leader künftig in Pidcocks Schatten

(rsn) – Nach vier Jahren beim belgischen Quick-Step-Team stand im vergangenen Winter für Jannik Steimle ein Tapetenwechsel an. Mit dem Wechsel zum Zweitdivisionär Q36.5 verband er die Hoffnung, vo

18.12.2024Erste Fahrer von rad-net – Rembe Sauerland stehen fest

(rsn) - In unserem ständig aktualisierten Transferticker informieren wir Sie regelmäßig über Personalien aus der Welt des Radsports. Ob es sich um Teamwechsel, Vertragsverlängerungen oder Rücktr

17.12.202483. Paris-Nizza mit zwei Bergankünften und Teamzeitfahren

(rsn) – Die 83. Ausgabe der Fernfahrt Paris – Nizza (9. – 16. März) 2.UWT) hat je drei Etappen für Sprinter und Kletterer, ein Teilstück für Puncheure und auch wieder ein Teamzeitfahren im P

17.12.2024Pogacar-Helfer will den “Killerinstinkt“ wieder erwecken

(rsn) - Felix Großschartner (UAE Team Emirates) steckt zwar gerade in Spanien, im Luxusresort Grand Hotel Luxor in Benidorm, in dem es von pharaonischen Symbolen wie Obelisken, Sphinxen und Pyramiden

RADRENNEN HEUTE
  • Keine Termine