Wer muss aufholen, wer kann verwalten?

Das Tour-Klassement der Kapitäne am ersten Ruhetag

Von Eric Gutglück

Foto zu dem Text "Das Tour-Klassement der Kapitäne am ersten Ruhetag"
Geraint Thomas (Sky) ist auf Rang zwei der Tour-Gesamtwertung der beste der Klassementfahrer. | Foto: Cor Vos

16.07.2018  |  (rsn) - Neun Etappen der 105. Tour de France liegen hinter den Fahrern. Von der Vendée im Westen führte die erste Rennwoche durch den französischen Norden gen Osten, ehe am Sonntag mit der Etappe nach Roubaix der flache Teil der Großen Schleife sein Ende fand.

Ein Mannschaftszeitfahren, zwei wellige Etappen durch die Bretagne, fünf Sprintetappen sowie ein Klassikerteilstück haben das Gesamtklassement bereits deutlich sortiert. Doch ab Dienstag treten andere Fahrertypen in den Vordergrund - die Bergfahrer. Der Gesamtführende Greg Van Avermaet (BMC) wird sein Gelbes Trikot wohl kaum in den Alpen verteidigen können. Zeit also, einen Blick auf das "wahre" Klassement zu werfen - nämlich das der Anwärter auf das Podium in Paris.

In diesem Ranking nimmt der Waliser Geraint Thomas (Sky) die Position des Gesamtführenden ein. Mit nur 43 Sekunden Rückstand auf Van Avermaet liegt er derzeit auf Rang zwei und hat die Pole Position für das Gelbe Trikot am Dienstag inne - vorausgesetzt, Thomas erhält freie Fahrt und muss nicht für seinen  Kapitän Chris Froome schuften. Direkt dahinter rangiert mit Bob Jungels (Quick-Step Floors/+0:07) ein Fahrer mit ähnlichen Qualitäten. Wie Thomas gilt der Luxemburger als exzellenter Zeit- und solider Bergfahrer. Auf der Roubaix-Etappe und im Mannschaftszeitfahren machte der 25-Jährige wichtige Sekunden gegenüber der Konkurrenz gut.

Schon mehr Abstand auf Thomas weisen Alejandro Valverde (Movistar/+0:48), Rafal Majka (Bora-hansgrohe/+0:49) sowie Jakob Fuglsang (Astana/+0:50) auf. Alle drei sind starke Bergfahrer und werden diese Qualität auch im Hochgebirge ausspielen wollen. Mit dem viermaligen Toursieger Froome (Sky/+0:59) sitzt ihnen allerdings der Top-Favorit und der kompletteste aller Rundfahrer im Nacken.

Zeitgleich mit Froome liegen Adam Yates (Mitchelton-Scott) und Mikel Landa (Movistar) im Rennen. Beide müssen jedoch in den Bergen angreifen und sich einen Vorsprung vor dem Zeitfahren am vorletzten Tour-Tag herausfahren. Allerdings werden beide froh sein, entgegen aller Befürchtungen die erste Woche weitgehend unbeschadet überstanden zu haben und sich auf Schlagdistanz zu befinden.

Anders sieht es da schon bei Vincenzo Nibali (Bahrain-Merida) aus. Der "Hai von Messina" hatte sich vor allem von der Roubaix-Etappe einen Vorsprung auf die Konkurrenz erhofft. Doch mit 1:05 Minuten Rückstand auf Thomas wird sich der 33-Jährige eine neue Taktik zurechtlegen müssen. "Attacke in der Abfahrt" könnte sein Motto lauten.

Primoz Roglic (LottoNL-Jumbo) hingegen dürfte mit seiner ersten Woche zufrieden sein. Der Slowene fährt erstmals bei einer Grand-Tour auf Gesamtklassment und liegt mit 1:14 Minuten Rückstand auf Thomas aussichtsreich im Rennen. Kann er im Hochgebirge dranbleiben, so hat er einen großen Trumpf im Ärmel: Das Einzelzeitfahren auf der 20. Etappe.

Nur eine Sekunde hinter Roglic rangiert Bauke Mollema (Trek-Segafredo). Der Niederländer wird im Gegensatz zu Roglic jedoch in den Bergen angreifen müssen - das Zeitfahren hat er nicht erfunden. In Topform zählt er aber zu den besten Kletterern im Peloton.

Tom Dumoulin (Sunweb) blickt auf eine gemischte erste Woche zurück. Dem starken Mannschaftszeitfahren folgte der Rückstand an der Mur de Bretagne aufgrund eines Defekts sowie die anschließende Zeitstrafe für Windschattenfahren bei der Aufholjagd. Der Zeitfahrweltmeister wird in den Bergen mit den Besten mithalten müssen. Sollte Dumoulin mit seinen derzeit 1:20 Minuten Rückstand zu Thomas in das abschließende Zeitfahren gehen, ist dem "Schmetterling von Masstricht" alles zuzutrauen.

Hinter dem Niederländer liegen von den Favoriten ausschließlich Fahrer, die in den Bergen attackieren müssen - schließlich sind sie nicht für ihre Fähigkeiten im Kampf gegen die Uhr bekannt. Steven Kruijswijk (LottoNL-Jumbo/+1:23), Romain Bardet (AG2R/+1:49), Warren Barguil (Fortuneo-Samsic/+1:54), Ilnur Zakarin (Katusha-Alpecin/+1:59), Nairo Quintana (Movistar/+2:07), Rigoberto Uran (EF Drapac/+2:10) und Daniel Martin (United Emirates/+2:39) sind allesamt ausgewiesene Bergspezialisten und suchen möglicherweise schon am Dienstag ihr Heil in einem frühem Angriff.

Abgeschlagen liegt hingegen Tejay Van Garderen (BMC) im Rennen. Mit 5:22 Minuten Rückstand auf Thomas wird sich der US-Amerikaner auf einen Etappensieg konzentrieren - der Zug Gesamtwertung ist für ihn abgefahren.

Wer also nach den ersten neun Tagen auf große Zeitabstände unter den Favoriten spekuliert hatte, der wurde eines Besseren belehrt. Bis auf Van Garderen ist nahezu jedem der Kapitäne noch der Sprung Richtung Podium zuzutrauen. Die Alpen und in der dritten Woche die Pyrenäen werden zeigen, wer die Beine dazu hat. Die Zutaten für ein offenes Rennen sind jedenfalls angerichtet.

Die Top 20 der Klassementfahrer:
1. Geraint Thomas (Sky)
2. Bob Jungels (Quick-Step Floors) +0:07
3. Alejandro Valverde (Movistar) +0:48
4. Rafal Majka (Bora-hansgrohe) +0:49
5. Jakob Fuglsang (Astana) +0:50
6. Christopher Froome (Sky) +0:59
7. Adam Yates (Mitchelton-Scott) s.t.
8. Mikel Landa (Movistar) s.t.
9. Vincenzo Nibali (Bahrain-Merida) +1:05
10. Primoz Roglic (LottoNL-Jumbo) +1:14
11. Bauke Mollema (Trek-Segafredo) +1:15
12. Tom Dumoulin (Sunweb) +1:20
13. Steven Kruijswijk (LottoNL-Jumbo) +1:23
14. Romain Bardet (AG2R) +1:49
15. Warren Barguil (Fortuneo-Samsic) +1:54
16. Ilnur Zakarin (Katusha-Alpecin) +1:59
17. Nairo Quintana (Movistar) +2:07
18. Rigoberto Uran (EF Drapac) +2:10
19. Daniel Martin (United Emirates) +2:39
20. Tejay Van Garderen (BMC) +5:22


 

Mehr Informationen zu diesem Thema

06.07.2022Ausgerechnet in Roubaix platzte Degenkolbs Tour-Knoten

(rsn) – Vor vier Jahren mussten die Starter der Tour de France letztmals Kopfsteinpflaster-Passagen unter die Räder nehmen. Am . Juli 2018 holte sich Degenkolb in Roubaix nach 156,6 Kilometern inkl

25.07.2020Video-Rückblick: Horror-Sturz endet für Gilbert glimpflich

(rsn) - Auf der 16. Etappe der Tour de France mussten die Zuschauer das Schlimmste für Philipp Gilbert befürchten. In der Abfahrt vom Portet d´Aspet versteuerte der Belgier sich und flog kopfüber

12.11.2018Alpe d´Huez-Sturz: Nibali drei Stunden von Polizei befragt

(rsn) – Vincenzo Nibali (Bahrain-Merida) ist am Samstag in Modane von der französischen Polizei zu seinem Sturz von der 12. Etappe der Tour de France befragt werden. Damals war der Italiener im Sch

31.10.2018Thomas war bei der Tour wegen Kapitänsfrage frustriert

(rsn) - Am letzten Tag der diesjährigen 105. Tour de France strahlte Geraint Thomas (Sky) im Gelben Trikot auf den Champs-Elysees. Der Waliser feierte den größten Erfolg seiner Karriere und setzte

16.10.2018Nibali wird am 10. November von französischer Polizei befragt

(rsn) - Vincenzo Nibali (Bahrain-Merida) wird am 10. November in Grenoble von der französischen Polizei zu seinem Sturz von der 12. Etappe der Tour de France befragt werden. Damals war der Italiener

10.10.2018Thomas´ Tour-Trophäe in Birmingham gestohlen

(rsn) - In den vergangenen Jahren kam es immer wieder vor, dass Radsport-Mannschaften von Fahrraddieben heimgesucht wurden. Nun meldet Team Sky den Verlust der Tour-de-France-Auszeichnung von Geraint

03.08.2018“Zwischen Froome und Thomas gab es nie einen Disput“

(rsn) - Seit dem vergangenen Sonntag schon ist die auch 105. Ausgabe der Tour de France wieder Geschichte. In der neuen Ausgabe von Radio Tour – dem Radsportpodcast in Kooperation mit radsport-news.

03.08.2018Nach Tour-Aus fordert Sieberg “Überdenken der Karenzzeit“

(rsn) – Nachdem er im Vorjahr wegen eines Magen-Darm-Virus´ erstmals die Tour de France vorzeitig beenden musste, wollte Marcel Sieberg (Lotto Soudal) bei der 105. Austragung unbedingt wieder Paris

02.08.2018Lappartient: Funkverbot und 6-Mann-Teams gegen Sky-Dominanz

(rsn) - Auf wenig Gegenliebe - um es vorsichtig auszudrücken - ist UCI-Präsident David Lappartient bei den Profis mit seinen jüngst geäußerten Ideen gestoßen, wie man der vor allem in den große

02.08.2018“Ich fand alle Bergpässe schön“

(rsn) – Mit Michael Gogl (Trek-Segafredo), Gregor Mühlberger und Lukas Pöstlberger (beide Bora-hansgrohe) nahmen drei Österreicher an der 105. Tour de France teil. Das rot-weiß-rote Trio erreich

01.08.2018Zabel will sein Selbstvertrauen wieder aufpolieren

(rsn) – Der Frust über das verfrühte Tour-Aus sitzt tief: Rick Zabel (Katusha-Alpecin).musste auf der Königsetappe nach Alpe d`Huez im Kampf gegen das Zeitlimit kapitulieren und in den Besenwagen

01.08.2018Politt: “Wir haben uns nochmal richtig zusammengerissen“

(rsn) – Nach drei harten Wochen bei der Tour de France sehnt sich Nils Politt (Katusha-Alpecin) nach Erholung. Die ist derzeit aber nur bedingt möglich. Denn keine 24 Stunden nach dem Tour-Ende in

Weitere Radsportnachrichten

18.12.2024Trotz vieler Krankheitsphasen stark in Portugal

(rsn) – Die Titelverteidigung bei der Portugal-Rundfahrt (2.1) gelang zwar nicht. Doch auch mit dem zweiten Platz in der Gesamtwertung konnte Colin Stüssi (Vorarlberg) zufrieden sein, zumal er sich

18.12.2024Die Radsport-News-Jahresrangliste 2024

(rsn) - Auch diesmal starten wir am 1. November mit unserer Jahresrangliste. Wir haben alle UCI-Rennen der vergangenen zwölf Monate (1. November 2023 bis 31. Oktober 2024) ausgewertet - nach unserem

18.12.2024Rik Van Looy kurz vor seinem 91. Geburtstag verstorben

(rsn) – Mit Rik Van Looy ist in der Nacht von Dienstag von Mittwoch einer der größten belgischen Radsportler verstorben. Wie die Zeitung Het Nieuwsblad schrieb, war der mehrmalige Straßen-Weltm

18.12.2024Tour-Neunter Gee fährt beim Giro 2025 auf Klassement

(rsn) - Angeführt vom Kanadier Derek Gee startet Israel – Premier Tech mit einem 30 Fahrer starken Kader in die Saison 2025. Der Tour-de-France-Neunte des vergangenen Sommers will sich im kommenden

18.12.2024Denk: “Jetzt setzen wir wieder auf die nächste Generation“

(rsn) – Neun Zugänge hat Red Bull – Bora – hansgrohe bisher für die neue Saison präsentiert. Zumindest theoretisch wäre noch einer mehr möglich, doch nach aktuellem Stand geht das Team mit

18.12.2024Aus BEMER Cyclassics werden ab 2025 die ADAC Cyclassics

(rsn) – Aus den BEMER Cyclassics in Hamburg werden ab der Saison 2025 sowohl im Breitensport- als auch im Profibereich die ADAC Cyclassics. Das gab die ASO Germany als Veranstalter des deutschen Wor

18.12.2024Red Bull wird 2025 auch Partner bei Tudor Pro Cycling

(rsn) - Das Schweizer ProTeam Tudor wird in der kommenden Saison mit dem österreichischen Energy-Drink-Hersteller Red Bull zusammenarbeiten. Das gab der Rennstall am Mittwoch via Pressemitteilung bek

18.12.2024Die Trikots der WorldTeams für die Saison 2025

(rsn) - Wie bunt wird das Peloton 2025? Und welche werden die vorherrschenden Farben in der kommenden Saison sein? Nach und nach stellen die WorldTour-Rennställe ihre Trikots für das neue Jahr vor -

18.12.2024Nach einem Jahr als Leader künftig in Pidcocks Schatten

(rsn) – Nach vier Jahren beim belgischen Quick-Step-Team stand im vergangenen Winter für Jannik Steimle ein Tapetenwechsel an. Mit dem Wechsel zum Zweitdivisionär Q36.5 verband er die Hoffnung, vo

18.12.2024Erste Fahrer von rad-net – Rembe Sauerland stehen fest

(rsn) - In unserem ständig aktualisierten Transferticker informieren wir Sie regelmäßig über Personalien aus der Welt des Radsports. Ob es sich um Teamwechsel, Vertragsverlängerungen oder Rücktr

17.12.202483. Paris-Nizza mit zwei Bergankünften und Teamzeitfahren

(rsn) – Die 83. Ausgabe der Fernfahrt Paris – Nizza (9. – 16. März) 2.UWT) hat je drei Etappen für Sprinter und Kletterer, ein Teilstück für Puncheure und auch wieder ein Teamzeitfahren im P

17.12.2024Pogacar-Helfer will den “Killerinstinkt“ wieder erwecken

(rsn) - Felix Großschartner (UAE Team Emirates) steckt zwar gerade in Spanien, im Luxusresort Grand Hotel Luxor in Benidorm, in dem es von pharaonischen Symbolen wie Obelisken, Sphinxen und Pyramiden

RADRENNEN HEUTE
  • Keine Termine