Katusha-Sportdirektor Torsten Schmidt:

“Tony Martin hat das Ziel, bei Roubaix vorne anzukommen“

Von Daniel Brickwedde

Foto zu dem Text "“Tony Martin hat das Ziel, bei Roubaix vorne anzukommen“"
Tony Martin bei Paris-Roubaix 2017 | Foto: Cor Vos

23.03.2018  |  (rsn) - Über Jahre hin stellten die Klassiker einen der Saisonhöhepunkte für Katusha-Alpecin dar. Nachdem Kapitän Alexander Kristoff aber zu dieser Saison das Team verließ, haben sich die Prioritäten vorschoben. Dennoch rechnet sich der Sportliche Leiter Torsten Schmidt auch 2018 einiges für seine Equipe aus. Zum einen baut er auf eine Garde von jungen Fahrern, angeführt von Nils Politt. Zum anderen will Tony Martin sich weiterhin auf dem Pavé beweisen. Im Interview mit radsport-news spricht Schmidt über die neue Herangehensweise an die Klassiker, die Vorbereitung des viermaligen Zeitfahrweltmeisters Martin und was er von Nils Politt erwartet.

Herr Schmidt,
mit Alexander Kristoff ist der Klassiker-Kapitän gegangen, gekommen ist Top-Sprinter Marcel Kittel. Die Struktur im Team hat sich dadurch verändert. Was bedeutet das für die Klassiker?
Torsten Schmidt: Kristoff und Kittel sind natürlich beide schnelle Sprinter, aber dann doch unterschiedlich. Von Kristoff konnten wir nicht erwarten, dass er wie Kittel die ganz schnellen Flachetappen gewinnt. Genauso wenig können wir von Kittel erwarten, dass er bei der Flandern-Rundfahrt gewinnt. Da haben sich unsere Prioritäten verschoben. Trotzdem haben wir motivierte Fahrer für die Klassiker, die für Überraschungen gut sind. Allerdings können wir jetzt nicht mehr sagen, wir fahren auf Sieg, wie das in den vergangenen Jahren mit Kristoff oder Paolini möglich war. Wir sind schon zufrieden, wenn wir gute Ergebnisse einfahren. Da sind wir realistisch eingestellt.

Kann der Abgang von Kristoff
bei den Klassikern nicht auch positive Effekte auf andere Fahrer  haben?
Schmidt:
Wir können nun anderen Fahrern Chancen einräumen. Mit einem klaren Kapitän geht das nicht, da müssen sich alle unterordnen. Sicherlich haben wir auch jetzt eine Strategie für die Rennen, aber man muss jetzt nicht mehr ausschließlich nach dem Kapitän gucken, sich an ihm orientieren oder ihm zuarbeiten. Nun können Fahrer wie Nils Politt und Rick Zabel in große Gruppen gehen und im Finale für sich fahren. Das wäre im vergangenen Jahr mit Kristoff kaum möglich gewesen, da hätten wir ihnen gesagt, Kristoff ist noch hinten, ziehe nicht voll durch.

Einen besonderen Status wird dennoch Tony Martin einnehmen?
Schmidt: Martin bekommt auf jeden Fall Unterstützung. Seine Werte, die Rennen, die er vorher gefahren ist, das passt alles. Und er ist gesund. Es gibt eine Hierarchie und eine Strategie im Team. Die ist aber nicht so ausgelegt, dass wir nur einen Leader haben. Politt und Zabel sind Tirreno - Adriatico und Mailand - Sanremo gefahren und haben ebenfalls die nötige Kondition, um hinten heraus nach 200 Kilometern noch da zu sein. Auch Baptiste Planckaert ist toll gefahren und war sehr fleißig. Er ist Vierter geworden bei De Panne und war auch bei Nokere Koerse unter den ersten Zehn. Das Team ist gut aufgestellt. Es fehlt nur ein klarer Leader.

Martin sollte Paris-Roubaix aber eher entgegenkommen als Flandern?
Schmidt: Bei Flandern kommt es für Tony auf den Rennverlauf an. Für ihn wäre eine große Gruppe gut, um dem Stress und den vielen Positionskämpfen zu entgehen. Von seinen fahrerischen Fähigkeiten her kommt ihm das Terrain bei Roubaix aber natürlich mehr entgegen. Das sah man bereits bei seinem Tour-de-France-Etappensieg vor drei Jahren.

Täuscht es, oder hat er sich schon sehr Paris-Roubaix verschrieben?
Schmidt: Im vergangenen Jahr sah ich ihn zum ersten Mal bei Paris-Roubaix und er war am Ende mega enttäuscht. Er hatte die Beine und sich hundertprozentig auf das Rennen vorbereitet. Als es 50 Kilometer vor dem Ziel zur Sache ging, war er bei den richtigen Leuten dabei. Aber ein Defekt in der wichtigen Phase, und du bist raus. Er hätte im Prinzip nichts besser machen können, außer vielleicht nicht über den Stein zu fahren, der da lag. Aber natürlich hat er weiter das Ziel, bei Roubaix vorne anzukommen.

Gab es Veränderungen in der Vorbereitung auf die Klassiker für Martin?
Schmidt: Er ist ein bisschen später in die Saison gestartet. Im vergangenen Jahr in Valencia hatte er relativ früh einen Peak, nun ist er Tirreno - Adriatico mit Marcel Kittel anstatt Paris - Nizza gefahren, was beiden gut getan hat. Sonst gab es keine großen Veränderungen. Im Training ist er mit Trainer Sebastian Weber mehr auf kürzere und intensivere Sachen gegangen, um noch Kleinigkeiten herauszukitzeln. Wenn man über Jahre fast durchweg lange Zeitfahren und Etappen von vorne fährt, geht natürlich ein wenig die Spritzigkeit verloren.

Ist dabei das Zeitfahren zu sehr aus seinem Fokus geraten?
Schmidt: Er ist diese Saison zwei Zeitfahren in der Algarve und bei Tirreno gefahren. Tirreno war natürlich nicht so gut. Das haben wir besprochen und analysiert, da sind paar Sachen zu verändern. Er wird im Zeitfahren aber weiter kämpfen und gute Platzierungen anvisieren. Ich glaube nicht, dass er jetzt sagt, dass es das mit dem Zeitfahren für ihn war.

Reden wir noch kurz über Nils Politt, wie beurteilen Sie seine Entwicklung?
Schmidt: Nils hat noch einmal einen Schritt nach vorne gemacht. Das ist sehr schön zu sehen. Auch für die Klassiker ist er jetzt noch mal einen Schritt weiter, vor allem, da er gesund geblieben ist und die Rennen bekommen hat, die er braucht. Außerdem ist sein Heimtrainer Robert Pawlowski nun auch sein Teamtrainer. Der Austausch zwischen ihm, seinem Trainer und der sportlichen Leitung ist sehr eng. Bei Rennen wie dem E3 Harelbeke oder Dwars Door Vlaanderen sehe ich ihn im Finale. Nicht unbedingt im Finale, wo es um den Sieg geht, aber im Finale, wenn sich die Favoritengruppe bildet. Da erwarte ich ihn und dann muss man sehen, wie weit es für ihn gehen kann.

Mehr Informationen zu diesem Thema

24.03.2018Sagan: Nur bis zum Taaienberg lief alles nach Plan

(rsn) - Mit einer Galavorstellung zerlegten Niki Terpstra und sein Quick-Step- Floors am Freitag bei der 61. Auflage des Record Bank E3 Harelbeke das Feld. Machtlos gegen den überragenden Auftritt de

24.03.2018Niederländer sorgten am Freitag für die Schlagzeilen

(rsn) - Das gibt es auch nicht oft: Gestern konnten die Niederländer gleich drei Siege in UCI-Rennen bejubeln. Niki Terpstra (Quick-Step Floors) entschied in Belgien den E3 Harelbeke für sich, Bauke

23.03.2018Finale des 61. Record Bank E3 Harelbeke im Video

(rsn) - Niki Terpstra (Quick-Step Floors) hat die 61. Auflage des Record Bank E3 Harelbeke gewonnen. Der 33-jährige Niederländer setzte sich über 206,5 Kilometern mit Start und Ziel im westflämisc

23.03.2018E3 Harelbeke: Quick-Step dominiert – Terpstra gewinnt

(rsn) - Geht es um die Frühjahrsklassiker, dann führt kein Weg an Quick-Step Floors vorbei – diesen Status unterstrich die belgische Equipe einmal mehr bei der 61. Auflage des Record Bank E3 Harel

23.03.2018Terpstra und Gilbert sorgen für doppelten Jubel bei Quick-Step

(rsn) - Niki Terpstra (Quick-Step Floors) hat die 61. Auflage des Record Bank E3 Harelbeke gewonnen. Der erfahrene Niederländer, der zuletzt bereits bei Le Samyn erfolgreich gewesen war, setzte sich

23.03.2018Sagan will sich in Harelbeke Selbstvertrauen für die Ronde holen

(rsn) - Im vergangenen Jahr lief es für Peter Sagan (Bora-hansgrohe) beim E3 Harelbeke nicht rund. Nach einem Sturz in der entscheidenden Phase des Rennens kam der Weltmeister mit mehr als zehn Minut

23.03.2018Bestätigt Benoot in Harelbeke seinen neuen Ruf als Siegfahrer?

(rsn) - Bei seinen bisherigen drei Teilnahmen am E3 Harelbeke kam Tiesj Benoot immer in der ersten größeren Verfolgergruppe ins Ziel. Als bestes Ergebnis sprang für den Belgier dabei ein siebter Ra

23.03.2018Vorschau auf die Rennen des Tages / 23. März

(rsn) - Welche Rennen stehen heute auf dem Programm, wie sieht die Streckenführung aus und wer sind die Favoriten? Ab sofort gibt Ihnen radsport-news.com kurz und kompakt eine tägliche Vorschau auf

22.03.2018Die Suche nach dem Favoriten für die Ronde beginnt

(rsn) - Die magischen zwei Wochen des flandrischen Radsports laufen, und am Freitag steht mit dem E3 Preis Harelbeke der nächste Klassiker in der direkten Vorbereitung auf die Flandern-Rundfahrt auf

22.03.2018Politt: “Ich will Rennen auf ehrliche Art gewinnen“

(rsn) – Nach einem bisher ausgesprochen ordentlichen Frühjahr blickt Nils Politt (Katusha-Alpecin) optimistisch auf nun die anstehenden weiteren Frühjahrsklassiker. Seinen nächsten Einsatz hat de

20.03.2018Sunweb mit Matthews und Co-Kapitänen zu E3 und Gent-Wevelgem

(rsn) - Nach seinem verheißungsvollen siebten Platz bei Mailand - Sanremo soll Michael Matthews bei den nun anstehenden weiteren belgischen Klassikern auf Sieg fahren. Sowohl beim E3 Harelbeke am Fre

Weitere Radsportnachrichten

28.03.2024Die Aufgebote aller Teams zur Flandern-Rundfahrt der Männer

(rsn) – Der Ostersonntag wirft seine Schatten voraus: Am 31. März versammelt sich das WorldTour-Peloton in Antwerpen zum Start der 270,8 Kilometer langen Ronde van Vlaanderen. Das Heiligtum des bel

28.03.2024Die Aufgebote aller Teams zur Flandern-Rundfahrt der Frauen

(rsn) – Wenn die Männer nach ihrem Start in Antwerpen bereits 120 Rennkilometer hinter sich haben und erstmals durch Oudenaarde kommen, stellen sich dort auf dem Marktplatz des Zielorts der Ronde v

28.03.2024Märkl will auch bei der Ronde “vor das Radrennen“

(rsn) – Wie schon beim E3 Saxo Classic schaffte Niklas Märkl (DSM Firmenich – PostNL) auch bei Dwars door Vlaanderen den Sprung unter die Ausreißer des Tages. Doch während sein Fluchtbegleiter

28.03.2024Trotz Sturz: Pedersen ist für Ronde-Start zuversichtlich

(rsn) – Ausgerechnet kurz vor der Flandern-Rundfahrt, dem Höhepunkt der flämischen Klassikersaison, wurde Lidl – Trek mächtig gebeutelt. Bei Dwars door Vlaanderen waren mit Gent-Wevelgem-Sieger

27.03.2024Nach Van-Aert-Crash: Kanarieberg hat bei Klassikern wohl ausgedient

(rsn) – Positionskampf bei Höchstgeschwindigkeiten, auf breiter Straße abschüssig in Richtung Ronse: Das waren die Bilder, die die flämischen Klassiker auf der N48 in der Anfahrt zum engen Recht

27.03.2024Teamchef Stam bestätigt: Vollering verlässt SD Worx

(rsn) – Demi Vollering wird SD Worx – Protime nach der Saison 2024 verlassen. Das bestätigte Sportdirektor Danny Stam am Mittwochmittag gegenüber GCN. "Ja, das ist definitiv sicher", sagte der N

27.03.2024Rennarzt-Wagen baut Unfall mit Soudal-Teamfahrzeug

(rsn) – Der Unfall zweier wichtiger Begleitfahrzeuge im Männerrennen von Dwars door Vlaanderen hat am Mittwoch für eine halbstündige Unterbrechung des Frauenrennens gesorgt. Da die Frauen hinter

27.03.2024Van Aert erleidet beim Dwars-Crash multiple Brüche

(rsn) – Die Ronde van Vlaanderen wird am Sonntag ohne ihren großen Lokalmatador Wout Van Aert (Visma – Lease a Bike) über die Bühne gehen. Der 29-jährige Belgier war am Mittwoch bei Dwars doo

27.03.2024Politt entgeht mit Glück van Aerts Sturz bei Dwars door Vlaanderen

(rsn) – Zweimal landete Nils Politt (UAE Team Emirates) schon in den Top Ten bei Dwars door Vlaanderen, diesmal schrammte er mit dem zwölften Rang knapp vorbei. Angesichts des schweren Sturzes gut

27.03.2024Küng: “Mehr als Platz zwei wäre nicht möglich gewesen“

(rsn) – Immer gut dabei war Stefan Küng (Groupama – FDJ) bei seinen Renneinsätzen in diesem Frühling, aber ein richtig zählbares Ergebnis fehlte dem Schweizer bislang noch. Doch mit seinem dr

27.03.2024Vos gewinnt Dwars door Vlaanderen und feiert 250. Sieg

(rsn) – Marianne Vos (Visma – Lease a Bike) hat die siebte Austragung von Dwars door Vlaanderen (1.Pro) gewonnen. Nach Platz 3 im Vorjahr setzte sie sich im Zweiersprint gegen Shirin van Anrooij (

27.03.2024Visma feiert mit Jorgenson, muss aber Van-Aert-Aus verschmerzen

(rsn) – Obwohl Matteo Jorgenson (Visma – Lease a Bike) die 78. Ausgabe von Dwars door Vlaanderen als Solist gewonnen hat, verlebte seine Mannschaft einen schwarzen Tag. Wout van Aert (Visma – Le

RADRENNEN HEUTE
  • Keine Termine