Kommentar

Kühler Kopf im Fall Froome

Von Joachim Logisch

Foto zu dem Text "Kühler Kopf im Fall Froome "
Chris Froome (Sky) | Foto: Cor Vos

18.12.2017  |  (rsn) - Die Nachricht, dass Chris Fromme positiv getestet worden ist, schlug wie eine Bombe ein. Der Glaube vieler, dass er seine vier Toursiege nur mit Doping erreichen konnte, war das Vehikel, den Briten vorschnell als Betrüger abzustempeln. Dabei wird sein Fall bisher nur als auffälliger Test behandelt!

Inzwischen sind einige wieder zurückgerudert. Fakt ist aber auch: Wir wissen bisher nicht, ob Froome das Asthmamittel Salbutamol wirklich als Therapeutikum oder zur Leistungsunterstützung einsetzte. Die Untersuchung des Radsportweltverbands UCI wird hoffentlich mehr Klarheit bringen. Solange sollten wir alle einen kühlen Kopf bewahren!

Wir wissen, dass der an Asthma leidende Sky-Kapitän das Beta2-Sympathomimetikum nehmen darf. Eine Ausnahmegenehmigung ist nicht nötig. Salbutamol ist leicht nachweisbar. Bis zu 16 Mal in 24 Stunden darf man einen Spraystoß von 100 mg nehmen, bzw. acht Mal pro Tag einen à 200 mg. Gespritzt werden darf es gar nicht – wird es im Krankeitsfall auch normalerweise nicht.

Nach dem Motto: Die Dosis macht das Gift, hätte der 32-Jährige nach Ansicht von Spezialisten bei der Vuelta jeden Tag positiv sein müssen, wenn er Salbutamol leistungssteigernd eingesetzt hätte. Froome war aber nur am 7. September am Ende der 18. Etappe über dem Grenzwert.

Sicher hätte Froome sich einen kleinen Vorteil verschaffen können, wenn er jeden Tag bis an den Grenzwert gegangen wäre. Doch Salbutamol vergrößert nicht das Lungenvolumen, es erleichtert nur die Aufnahmefähigkeit von Sauerstoff. Das Risiko, erwischt zu werden, ist - wie geschehen – sehr groß. Zu groß für einen Star wie Froome.

Natürlich scheint es ungewöhnlich, dass Top-Athleten unter Asthma leiden. Dabei sind drei Arten zu unterscheiden.

1. Allergisches Asthma
Die Lungen reagieren empfindlich auf Blütenpollen wie im Fall von Vincenzo Nibali. Die Betroffenen brauchen bei Regen kein Asthmamedikament, wenn wegen der feuchten Luft keine Pollen fliegen.

2. Kälteästhma
Die Lungen ziehen sich bei tieferen Temperaturen zusammen. Das ist bei Sportlern, die bei jedem Wetter unter großer Belastung im Freien unterwegs sind, nicht so selten. Man beachte, dass Radprofis nicht selten bei 30 Grad  Hitze in der Ebene losfahren und wenige Stunden später bei einstelligen Werten Pässe von 2000 Metern Höhe bezwingen müssen.

3. Belastungsasthma
Unter der sportlichen Belastung kontrahieren sich die muskelabhängigen Anteile des Atemsystems und können so zu Spasmen in den Atemwegen führen.

Diese Infos sollten mithelfen, dem Fall Froome, der bisher noch kein Dopingfall ist, sondern eine Grenzwertüberschreitung, mit etwas mehr Ruhe zu begegnen. Froome fiel auf. Ob aus Fahrlässigkeit oder aus betrügerischer Absicht, das wissen wir noch nicht. Der Fall muss sorgsam analysiert und Froome dann gegebenenfalls sanktioniert werden.
 

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