Dumoulin verteidigt Rosa an ruhigem Giro-Tag

Rolland macht mit Köpfchen und Kraft schweres 2016 vergessen

Von Lorenz Rombach

Foto zu dem Text "Rolland macht mit Köpfchen und Kraft schweres 2016 vergessen"
Pierre Rolland (Cannondale-Drapac) hat die 17. Giro-Etappe in Canazei gewonnen. | Foto: Cor Vos

24.05.2017  |  (rsn) – Als Pierre Rolland (Cannondale-Drapac) in der Abfahrt vom Passo del Tonale von seinen Begleitern Pavel Brutt (Gazprom-RusVelo) und Matej Mohoric (UAE Team Emirates) abgehängt wurde, mit denen er sich bei Kilometer 0 abgesetzt hatte, schien es kurz so, als würde das engagierte Cannondale-Drapac-Team erneut leer ausgehen. Doch der Franzose spielte seine ganze Erfahrung aus, ließ sich in die große Verfolgergruppe zurückfallen, sparte dort Kräfte und setzte schließlich acht Kilometer vor dem Ziel seine entscheidende Attacke.

Nach 219 schweren Kilometern von Tirano nach Canazei feierte der überglückliche 30-Jährige seinen ersten Sieg in zwei Jahren, 24 Sekunden vor Ex-Weltmeister Rui Costa (UAE Team Emirates), der den Sprint der Verfolger gewann, und dem Basken Gorka Izagirre (Movistar). Tom Dumoulin (Sunweb) verteidigte ohne Mühe sein Rosa Trikot, er verbrachte mit den anderen Favoriten einen ruhigen Tag im Feld und kam 7:54 Minuten nach Rolland in Canazei an.

"Ich bin so glücklich. Ich habe auf diesen Moment einfach so lange gewartet! 2015 war ich Zweiter auf einer Tour-Etappe, aber letztes Jahr war so kompliziert für mich. Ich bin bei der Tour zwei Mal gestürzt und habe mein ganzes Jahr dort verloren. Ich musste lange warten und habe diesen Winter mit meinem neuen Trainer Jonathan Vaughters so hart gearbeitet. Jetzt habe ich mich für diese Arbeit belohnt", sagte der Giro-Vierte von 2014 mit glänzenden Augen zu seinem Coup, den er mit einer Kombination von taktischem Gespür und roher Kraft herausfuhr.

Nachdem er sich zurückfallen lassen hatte, verstecke er sich lange in der 40 Fahrer starken Verfolgergruppe und nachdem der Solist Matej Mohoric (UAE Team Emirates) eingeholt wurde, wusste er, dass dessen Mannschaft Tempo machen musste, da Jan Polanc auf dem Weg in die Top Ten der Gesamtwertung war.

"Gestern war eine super harte Etappe und danach waren alle totmüde. Manchmal geht danach gleich die erste Gruppe am Tag drauf. Ich hätte nicht gedacht, dass wir nur zu dritt sind. Ich bin dann die ersten beiden Anstiege recht locker gefahren und habe danach auf die große Gruppe gewartet. So eine Gruppe ist dann nie einfach zu managen, weil es wie eine Lotterie ist. Aber am Ende sind alle müde und eine Attacke folgte auf die andere", schilderte Rolland das Rennen. "Als ich dann angegriffen habe, war mein Teamkollege Michael Woods noch für den Sprint in der Gruppe, falls sie zurückkommt. Auf dem Schlusskilometer wusste ich, dass ich es geschafft habe. Ich bin einfach so froh - das ist schwer zu beschreiben!"

In der Tat ging direkt die erste Attacke nach wenigen Metern. Mohoric, Brutt und Rolland erarbeiteten sich im Anstieg nach Aprica schnell einen Vorsprung von zwei Minuten. Doch im Anstieg zum Passo del Tonale löste sich aus dem Feld heraus eine riesige, 40-köpfige Verfolgergruppe mit zahlreichen starken Fahrern wie dem Ex-Weltmeister Costa, dem Sieger der 8. Etappe Izagirre, sowie Tejay van Garderen (BMC), Omar Fraile (Dimension Data), Rollands Teamkollege Michael Woods, dem Österreicher Felix Großschartner (CCC Sprandi Polkowice) und dem Deutschen Simon Geschke (Sunweb), der jedoch nur als Aufpasser mitfuhr.

Der kluge Rolland wusste, dass es zu dritt quasi unmöglich sein wird, diese Fahrer über mehr als 100 Kilometer auf Distanz zu halten und ließ sich zurückfallen. Vorne bauten Brutt und Mohoric ihren Vorsprung auf über fünf Minuten auf die Verfolger aus, das Feld lag zeitweise mehr als 14 Minuten zurück. Doch im Anstieg nach Govio, rund 85 Kilometer vor dem Ziel, musste der Russe Brutt an der Spitze die Segel streichen und der Junioren- und U23-Weltmeister Mohoric war auf sich alleine gestellt.

Auch in der Verfolgergruppe und im Feld wurde das Tempo an diesem Anstieg verschärft. Im Feld schickten Bob Jungels und Steven Kruijswijk ihre Mannen nach vorne, um den Abstand zu verringern, da Polanc sich anschickte in die Top-5 vorzustoßen – der Slowene war vor dem Start Dreizehnter mit etwas mehr als zwölf Minuten Rückstand. Auch in der Verfolgergruppe wurde das Tempo erhöht und Mohoric wurde schließlich rund 60 Kilometer vor dem Ziel eingeholt. Das hinderte den 23-Jährigen jedoch nicht daran, noch weitere 40 leicht ansteigende Kilometer mit für das Tempo zu sorgen. Mit Costa, Polanc und Valerio Conti hatte die UAE-Mannschaft drei weitere Fahrer in der Gruppe und damit gute Chancen auf den Etappensieg.

Die Attacken begannen 17 Kilometer vor dem Ziel, als der unermüdliche Mohoric endgültig ausscheren musste. Nach einigen Vorstößen von Conti, Rory Sutherland (Movistar) und Fraile kehrte rund acht Kilometer wieder Ruhe in die Spitzengruppe ein, die zu diesem Zeitpunkt noch 25 Fahrer stark war. Diesen Moment nutzte Rolland, um mit einer riesigen Übersetzung anzutreten. Schnell erarbeitete er sich einen Vorsprung von 15 Sekunden und niemand konnte dem Siegeswillen des Franzosen etwas entgegensetzen.

Im Ziel hatte Rolland, der sich auf der Zielgerade ausgiebig feiern ließ, 24 Sekunden Vorsprung auf seine ehemaligen Begleiter, die vom enttäuschten Costa über die Linie geführt wurden. Das Feld erreichte 7:54 Minuten hinter dem Sieger das Ziel in Canazei, wodurch sich Polanc auf Rang 10 der Gesamtwertung verbesserte, obwohl er im Finale noch 2:14 Minuten auf Rolland verlor.

Außer dieser kleinen Veränderung blieb in der Gesamtwertung alles beim Alten. Dumoulin führt vor der schweren Dolomiten-Etappe am morgigen Donnerstag weiterhin mit 31 Sekunden vor Nairo Quintana (Movistar) und 1:12 Minuten vor Vincenzo Nibali (Bahrain-Merida). Die Führung in der Bergwertung verteidigte Mikel Landa (Sky), Bob Jungels (Quick-Step Floors) verteidigte seine Führung in der Nachwuchswertung und sein Teamkollege Fernando Gaviria führt weiterhin unangefochten in der Punktewertung um das Maglia Ciclamino.

Mehr Informationen zu diesem Thema

02.12.2017Dumoulin will ein zweites “shit-gate“ vermeiden

(rsn) - Noch steht nicht fest, ob Tom Dumoulin im kommenden Jahr beim Giro d’Italia zur Titelverteidigung antreten wird. Sollte es dazu kommen, möchte der Niederländer auf jeden Fall Szenen wie be

01.06.2017Giro-Sieger Dumoulin in seiner Heimatstadt Maastricht geehrt

(rsn) - Tom Dumoulin ist am Mittwoch in Maastricht von Tausenden von Radsportfans gefeiert worden. Der Gewinner des diesjährigen Giro d’Italia präsentierte sein Rosa Trikot und die Trofeo Senza Fi

30.05.2017Gazetta: Nibali verzichtet zugunsten der Vuelta auf die Tour

(rsn) - Vincenzo Nibali (Bahrain-Merida) wird auf die Tour de France verzichten und stattdessen die Vuelta a España zu seinem nächsten große Ziel in diesem Jahr machen. Das meldete die Gazzetta de

30.05.2017Lastet auf dem Giro ein Triple-Fluch?

(rsn) - Nachdem Vincenzo Nibali am vergangenen Wochenende dabei gescheitert ist, seinen dritten Gesamtsieg beim Giro d’Italia einzufahren, drängt sich der Eindruck auf, dass ein Triple-Fluch auf de

29.05.2017Giro-Sieger Dumoulin rückt auf Rang drei der WorldTour-Rangliste vor

(rsn) - Mit seinem Gesamtsieg beim Giro d’Italia, wo er zudem noch zwei Etappenerfolge feiern konnte, hat sich Tom Dumoulin (Sunweb) vom 27. auf den dritten Platz der WorldTour-Einzelwertung verbess

29.05.2017Quintana bekam nicht das, was er wollte

(rsn) - "You can’t always get what you want“ lautet der Titel einer der berühmtesten Songs der Rockgeschichte. Das Stück von den Rolling Stones könnte Nairo Quintana - so er die "Stones" überh

29.05.2017Dumoulin: “Irgendwann will ich die Tour gewinnen“

Mailand (dpa) - Kaum war Tom Dumoulin in Mailand als erster niederländischer Sieger beim Giro d`Italia gekrönt, folgten auch schon die Fragen zur Tour de France. "Das Nächste sind ein Bier und Barb

29.05.2017Gaviria: "Diese Erfolge waren außerhalb meiner Fantasie"

(rsn) - Bereits beim letztjährigen Giro d´Italia lieferte die Quick-Step Floors-Mannschaft eine beeindruckende Vorstellung ab. Durch Marcel Kittel, Gianluca Brambilla und Matteo Trentin gewann das b

29.05.2017Van Emden brachte auch Dumoulins Ãœbersetzung an ihre Grenze

(rsn) - Natürlich stand Tom Dumoulin (Sunweb) nach dem Giro-Abschlusszeitfahren in Mailand im Mittelpunkt der medialen Aufmerksamkeit. Schließlich hatte der 26-Jährige gerade seine erste Grand Tour

29.05.2017Nibali: "Ich habe mehr von mir selbst erwartet"

(rsn) - Zum großen Giro-Finale in Mailand konnte Vincenzo Nibali (Bahrain-Merida) die Hoffnungen der italienischen Fans auf seinen dritten Giro-Triumph nach 2013 und 2016 nicht erfüllen. Der 32-jäh

29.05.2017Viva il Giro d´Italia - so spannend war die Tour seit Jahren nicht

(rsn) - Vive le Tour de France - die Frankreich-Rundfahrt ist im Radsport das Maß der Dinge. Doch der Giro d´Italia hat mächtig aufgeholt und in Punkto Spannung der Frankreich-Rundfahrt wenigstens

28.05.2017Platz 16 beim Giro - Pömer sagt Konrad eine große Zukunft voraus

(rsn) - Mit einem weiteren Top-Ten-Ergebnis hat das deutsche Bora-hansgrohe-Team den 100. Giro d’Italia beendet. Jan Barta landete im abschließenden Zeitfahren von Monza nach Mailand auf dem sechst

Weitere Radsportnachrichten

14.11.2024Bardet: “Sinnlos, an ethischen Radsport zu glauben“

(rsn) - Es war ein durchaus ungewöhnlicher Zeitpunkt, als Romain Bardet im Sommer, kurz vor der Tour de France, sein Karriereende ankündigte. Mindestens genauso ungewöhnlich ist das Rennen, das sei

14.11.2024Quintana beendet Spekulationen, Bonnamour gibt Kampf gegen Dopingsperre auf

(rsn) - In unserem ständig aktualisierten Transferticker informieren wir Sie regelmäßig über Personalien aus der Welt des Radsports. Ob es sich um Teamwechsel, Vertragsverlängerungen oder Rücktr

14.11.2024Rhodos-Prolog-Experte mit Sturzpech im stärksten Rennen

(rsn) – Seine elfte Saison auf KT-Niveau ragt zwar nicht als seine beste heraus, dennoch zeigte Lukas Meiler (Team Vorarlberg) auch 2024, was er drauf hat. Seine beste Platzierung gelang ihm dabei

14.11.2024Die Radsport-News-Jahresrangliste 2024

(rsn) - Auch diesmal starten wir am 1. November mit unserer Jahresrangliste. Wir haben alle UCI-Rennen der vergangenen zwölf Monate (1. November 2023 bis 31. Oktober 2024) ausgewertet - nach unserem

14.11.2024Schädlich übernimmt die deutschen Ausdauer-Spezialisten

(rsn) – Der Bund Deutscher Radfahrer hat einen neuen Nationaltrainer auf der Bahn für den Bereich Ausdauer. Lucas Schädlich, der seit 2019 die deutschen Juniorinnen unter seinen Fittichen hatte, Ã

14.11.2024Im Überblick: Die Transfers der Männer-Profiteams für 2025

(rsn) – Nachdem zahlreiche Transfergerüchte seit Monaten in der Radsportwelt zirkulieren, dürfen die Profimannschaften seit dem 1. August ihre Zu- und Abgänge offiziell bekanntgeben. Radsport

14.11.2024Schär wird Schweizer Nationaltrainer

(rsn) – Marc Hirschi, Stefan Küng und Co. haben einen neuen Nationaltrainer. Michael Schär wird mit Jahresbeginn 2025 die Verantwortung für die Schweizer Männer in den Bereichen Elite und U23 ü

14.11.2024Lotto Kern - Haus wird Development-Team von Ineos Grenadiers

(rsn) – In den vergangenen beiden Jahren war das deutsche Kontinental-Team Lotto Kern - Haus PSD Bank sogenannter Development-Partner von Red Bull – Bora – hansgrohe. Ab der kommenden Saison wi

14.11.2024Meisen kündigt baldiges Karriereende an

(rsn) – “Spätestens im Januar ist Schluss“, kündigte Marcel Meisen (Stevens) gegenüber RSN an. Der 35-Jährige ist in seine letzte Cross-Saison gestartet und will diese nicht mehr ganz zu End

14.11.2024Traumszenario mit kurzem Anfangsschock

(rsn) – Unverhofft kommt oft – dieser Spruch traf in dieser Saison auch auf Meo Amann zu. Mit dem Elite-Team Embrace The World in die Saison gestartet, bewarb er sich im Sommer auf einen Platz bei

13.11.2024Auch ein kurioser erster UCI-Sieg reichte nicht zum Profivertrag

(rsn) – Auch wenn er in dieser Saison seinen ersten UCI-Sieg einfahren konnte, so gelang Roman Duckert (Storck – Metropol) am Ende seiner U23-Zeit nicht der Sprung in ein Profiteam. Deshalb wird e

13.11.2024Ein Jahr geprägt von Stürzen und viel Unglück

(rsn) – Eigentlich wollte Mikà Heming (Tudor Pro Cycling) 2024 so richtig durchstarten. Die Klassikerkampagne in Belgien hatte er sich als erstes Saisonhighlight gesetzt, doch diese endete für den

RADRENNEN HEUTE
  • Keine Termine