WM-Teamzeitfahren der Frauen bei 37 Grad

Hitze-Schock: Kosters Sturz führt zu Diskussionen

Von Felix Mattis aus Doha

Foto zu dem Text "Hitze-Schock: Kosters Sturz führt zu Diskussionen"
Die RaboLiv-Frauen kümmern sich im Ziel um ihre verletzte Teamkolegin Anouschka Koster. | Foto: Felix Mattis

10.10.2016  |  (rsn) - Es war der Aufreger des ersten WM-Tages in Katar: Der offensichtlich durch einen von der Hitze hervorgerufene schwere Sturz von Anouska Koster (Rabo-Liv). Die Niederländische Meisterin fuhr auf einer Geraden im Mannschaftszeitfahren plötzlich rechts ans Gatter und ging über den Lenker ab. Auch nach ihrem Blackout schien sie völlig verwirrt, musste von ihren Teambetreuern zunächst aufgehalten und beruhigt werden, bevor sie mit blutendem Gesicht das Rennen beendete.

Im Ziel saß Koster lange Zeit am Straßenrand, weinte und wurde behandelt, bevor endlich eine Ambulanz kam, um sie ins Krankenhaus zu bringen. Von dort gab es später Entwarnung: keine Brüche. Am Abend konnte Koster auch selbst schon wieder lachen und Fotos auf Instagram posten, mit Eisbeutel auf dem Kopf beim Abendessen im Teamhotel.

Trotzdem war ihr Sturz gleich zum WM-Auftakt neuer Brennstoff für das ohnehin seit Monaten lodernde Feuer um die Hitze-Diskussionen bei den Weltmeisterschaften. In einem Punkt sind sich viele auf der "Pearl" einig: Es ist die meiste Zeit nicht so unerträglich heiß, wie man befürchtet hatte. Gerade die Männer hatten mit ihrem Start am Spätnachmittag Glück.

"Es war kühler als erwartet, da das Rennen mehr Richtung Sonnenuntergang gesetzt wurde", sagte etwa der frischgebackene Teamzeitfahrweltmeister Tony Martin (Etixx-Quick-Step) am Sonntagabend. "Aber trotzdem ist nach 15 Minuten bei jedem der Motor heißgelaufen und es war von da an die reinste Qälerei." Sein Teamkollege Marcel Kittel ergänzte: "Wir hatten um 16 Uhr Start und ich muss sagen, das war machbar. Wären wir um 12 Uhr bei 37 Grad gefahren, wäre das sicher eine andere Geschichte gewesen."

Die leichte Brise auf der Halbinsel hilft. Doch die Luft drückt, und das tut auf dem Rad besonders weh - gerade in der Mittagshitze. Das bekamen die Frauen zu spüren, die zwei Stunden früher auf die Strecke geschickt wurden als die Top-Teams des Männer-Pelotons, und die deshalb auch spürbar mehr litten.

"Es war wirklich heiß und ich denke, das ist ein echter Schock für viele der Europäer", erklärte die Südafrikanerin Ashleigh Moolman-Pasio (Cervelo-Bigla), nach ihrer Fahrt zu Bronze. "Ich habe Glück, dass ich aus Afrika komme. Aber trotzdem war es wirklich heiß unter den Zeitfahrhelmen und den Visieren und mit den Aero-Überschuhen. Das hat vielen zugesetzt."

Gerade die Hitze-Entwicklung unter den Zeitfahrhelmen in Kombination mit der intensiven Belastung in der "wohl härtesten Disziplin des Radsports" (Kittel), dem Mannschaftszeitfahren, sprachen am Sonntag viele Athleten und Athletinnen an. Wie dramatisch es aber war, da gingen die Meinungen auseinander.

"Für manche ist es härter als für andere, aber ich denke, jeder hatte mit der Hitze zu kämpfen", sagte Trixi Worrack (Canyon-SRAM), die sich mit ihrem Team seit zehn Tagen in Doha vorbereitet und akklimatisiert hatte. "Ich habe mich in den letzten Tagen sehr gut angepasst, aber es ist im Rennmodus immer noch etwas anderes. Denn es ist härter und dann kommt es einem auch heißer vor."

Am kritischsten äußerten sich die Teamkolleginnen der gestürzten Koster. "Die UCI hat hier echt nicht drüber nachgedacht. Die Hitze, das ist einfach nicht zu machen, und schon gar nicht in einem Zeitfahren. Es ist wie eine Sauna", sagte etwa Roxane Knetemann dem niederländischen Sender NOS und Olympiasiegerin Anna Van der Breggen erklärte: "Ich bin noch nie in einer solchen Hitze gefahren. Eine sehr trockene Hitze. Du gehst an die Grenze, aber was dann mit Deinem Körper passiert, das weißt Du nicht."

Sie sei nur froh, dass es ihre Teamkollegin nicht noch schlimmer erwischt hätte. Das waren am Sonntagabend alle und hoffen nun, dass die Hitze in den kommenden Tagen keine weiteren Opfer fordert. Von Montag bis Mittwoch stehen schließlich die Einzelzeitfahren auf dem Programm.

Weiteres Foto - mit Klick vergrößernWeiteres Foto - mit Klick vergrößernWeiteres Foto - mit Klick vergrößernWeiteres Foto - mit Klick vergrößernWeiteres Foto - mit Klick vergrößern

Mehr Informationen zu diesem Thema

16.11.2016Andersen bei der WM absichtlich von Polizeiauto umgefahren?

(rsn) – Bei der Straßen-WM in Doha ist die Norwegerin Susanne Andersen von einem Polizeiauto umgefahren worden, nachdem sie von ihrem Einsatz im Zeitfahren der Juniorinnen auf dem Weg zurück zum T

18.10.2016Bitte nie wieder eine Qual Qatar!

(rsn) - Wir hätten eine riesengroße Bitte an die Verantwortlichen im Radsportweltverband. Nie wieder! Bitte nie wieder eine Straßen-WM in einem Land, das mit Radsport soviel gemein hat wie Rosamund

17.10.2016Kittel: "Das ist auch Erfahrungssache"

(rsn) – Mit gleich zwei Debütanten trat das nur sechsköpfige deutsche Team in gestrigen WM-Straßenrennen von Doha an. Der Kölner Nils Politt und der Freiburger Jasha Sütterlin hatten sich nach

17.10.2016L´Equipe: Ein "Großes Fiasko" für die Franzosen

(rsn) - Wo waren eigentlich die Franzosen im WM-Straßenrennen von Doha? Einen Tag nach den Titelkämpfen und dem erneuten Triumph von Peter Sagan sind die Mannschaften aus Belgien, Italien, Norwegen,

17.10.2016Degenkolb: Auf "The Pearl" wurde aus Hoffnung Frust

(rsn) – John Degenkolb ist bereits im Besitz von zwei WM-Medaillen. In seinem ersten U23-Jahr gewann der Oberurseler 2008 in Florenz die Bronzemedaille, zwei Jahre später musste er sich im australi

17.10.2016Windkante und Plattfuß kosteten Deutschland alle Chancen

(rsn) - Die Enttäuschung war riesig. Während Vertreter der Nachwuchs- und Frauen-Mannschaften des Bundes Deutscher Radfahrer gemeinsam mit Vize-Präsident Udo Sprenger auf dem Podium die Ehrung als

16.10.2016Weltmeister Sagan: Unfassbar erfolgreich

(rsn) - Selbst den ganz großen Namen wie Eddy Merckx oder Alfredo Binda blieb diese Ehre verwehrt: die Titelverteidigung bei einer Straßen-Weltmeisterschaft. Peter Sagan hat den beiden Radsport-Lege

16.10.2016Medaillenspiegel der Straßen-WM 2016

(rsn) - In insgesamt zwölf Wettbewerben der 89. UCI-Straßen-Weltmeisterschaften in Katar werden vom 9. – 16. Oktober 2016 insgesamt 36 Medaillen vergeben.In Einzelzeitfahren und Straßenrennen kä

16.10.2016Cavendish: Starke Saison ohne fettes Ausrufezeichen

(rsn) - Es wäre das fette Ausrufezeichen hinter eine Saison gewesen, die für Mark Cavendish eine Art sportlicher Wiedergeburt war. Bei der Tour de France katapultierte er sich mit vier Etappensiegen

16.10.2016Leezer fehlten in Doha 300 Meter zum WM-Gold

(rsn) – Wie bei den Deutschen ging auch bei den Niederländern der Plan nicht auf, am Ende des WM-Straßenrennens von Doha zumindest einen schnellen Mann vorne mit dabei zu haben. Denn Sprinthoffnun

16.10.2016Sagan krönt sein fabelhaftes Jahr mit zweitem WM-Gold in Folge

(rsn) – Bereits nach gut 80 Kilometern war in Katar der Traum der deutschen Profis vom ersten WM-Gold seit 50 Jahren jäh beendet. Bei einer von den Belgiern in der Wüste initiierten Windkantenatta

16.10.2016Boonen holt WM-Bronze in Doha - und hadert

(rsn) - Würde der Weltmeister nach Fleißarbeit ermittelt werden, dann hätte die belgische Equipe mit ihrem Einsatz berechtigten Anspruch auf den Titel in Doha gehabt. Doch so groß der Teamgedanke

Weitere Radsportnachrichten

04.12.2024Doppelweltmeisterin Ferguson will 14 Crossrennen bestreiten

(rsn) – WM-Gold bei den Juniorinnen hat Cat Ferguson (Movistar) in Zürich im Zeitfahren und auf der Straße bereits gewonnen, nun will das britische Toptalent auch im Gelände weiter in der Erfolgs

04.12.2024Umba und Marukhin steigen bei Astana ab

(rsn) - In unserem ständig aktualisierten Transferticker informieren wir Sie regelmäßig über Personalien aus der Welt des Radsports. Ob es sich um Teamwechsel, Vertragsverlängerungen oder Rücktr

04.12.2024Im Überblick: Die Transfers der Männer-Profiteams für 2025

(rsn) – Nachdem zahlreiche Transfergerüchte seit Monaten in der Radsportwelt zirkulieren, dürfen die Profimannschaften seit dem 1. August ihre Zu- und Abgänge offiziell bekanntgeben. Radsport

03.12.2024Postbotin nach Evenepoel-Unfall “zutiefst betroffen“

(rsn) – Die Belgische Post hat in einem Statement gegenüber Sporza betont, dass man bei den polizeilichen Ermittlungen zum Unfall von Remco Evenepoel am Dienstag am Kirchplatz von Oetingen "uneinge

03.12.2024De Lie zieht Champs-Élysées-Sieg dem Gelben Trikot vor

(rsn) – Arnaud De Lie (Lotto – Dstny) hat für die Saison 2025 zwei große Ziele: die flämischen Klassiker und die Tour de France. In einem Interview mit cyclingnews.com hat der Belgische Meister

03.12.2024Rad und Knochen gebrochen: Evenepoel im Krankenhaus

(rsn) – Remco Evenepoel hat sich bei einem Trainings-Unfall am Dienstag in Belgien Frakturen an einer Rippe, dem rechten Schulterblatt und seiner rechten Hand sowie eine Lungenprellung und eine Luxa

03.12.2024Valverde vor Berufung zum spanischen Nationaltrainer der Elite?

(rsn) – Wie die spanische AS berichtet, ist Alejandro Valverde ein heißer Kandidat auf den Posten als Elite-Nationaltrainer in Spanien. Er könne die Nachfolge des 42-jährigen Pascual Momparler an

03.12.2024Großbritannien in Nöten: Insel ohne Konti-Teams

(rsn) – Langsam aber sicher ist der Schwung, den die Olympischen Spiele 2012 in London dem britischen Straßenradsport gaben, aufgebraucht. Zwar stehen, Stand jetzt, 34 britische Profis im kommenden

03.12.2024Wiggins bekam Hilfsangebot von Armstrong

(rsn) – Lance Armstrong, selbst gefallener Radsport-Held, hat sich offenbar einmal mehr generös gegenüber seinesgleichen gezeigt. Nachdem er in den vergangenen Jahren bereits Jan Ullrich, seinem g

03.12.2024WorldTour-Budgets steigen weiter rasant

(rsn) – Die finanzielle Situation in der WorldTour wird sich auch 2025 weiter verbessern. So kontinuierlich wie stark steigen das Gesamtbudget der Teams insgesamt auch in der neuen Saison. Das geht

03.12.2024Bei der Deutschland Tour so gut wie nie

(rsn) – Rückschritt, Neuanfang, Flucht. All das sind Worte, von denen Florian Stork nichts wissen will. “Ich war sieben Jahre lang in den Strukturen von dsm, da war es jetzt einfach mal an der Ze

03.12.2024Die Radsport-News-Jahresrangliste 2024

(rsn) - Auch diesmal starten wir am 1. November mit unserer Jahresrangliste. Wir haben alle UCI-Rennen der vergangenen zwölf Monate (1. November 2023 bis 31. Oktober 2024) ausgewertet - nach unserem

RADRENNEN HEUTE
  • Keine Termine