Rekordfahrt vom Nordkap nach Kapstadt - Tagebuch

Cape to Cape: Kleine Welt am Äquator

Von Jonas Deichmann

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| Foto: Jonas Deichmann

06.11.2019  |  Der Münchner Extrem-Sportler und Abenteurer Jonas Deichmann hat einen neuen Weltrekord im Visier: 18 000 km mit dem Rennrad, vom Nordkap in Norwegen bis zum südlichen Ende Afrikas - ohne jede Unterstützung.

Wie bei seinem Eurasien-Rekord führt Jonas wieder für RSN ein Tagebuch. Er hat die Grenze nach Sambia überquert, es bleiben ihm noch rund 4000 km auf gut asphaltierten Strassen, mit ausreichend Essen und derzeit ordentlich Rückenwind. Jonas wird voraussichtlich am 19. oder 20. November Kapstadt errreichen.
Hier Teil neun seiner Aufzeichnungen.

 Tag 51: Treffen sich zwei Abenteurer...
Ich mache mich im strömenden Regen auf den Weg. Es ist Regenzeit in Kenia, normalerweise regnet es morgens und abends. Die Landschaft ändert sich: große Bergen in der Ferne, die Savanne dazwischen. Ich bin den ganzen Tag starken Seitenwinden ausgesetzt, gebe aber Gas, um in Isiolo Dimitry Kieffer zu treffen. Ich bin seit über einem Jahr mit ihm in Kontakt und wir hatten geplant, uns zu treffen, wenn sich unsere Wege kreuzen.

Dimitry ist auf einer Weltumrundung, und radelt derzeit nach Südafrika, von wo aus er nach Brasilien rudern will. Er plant, Alaska in fünf Jahren zu erreichen, wo er 2005 seine Reise begonnen hat. Ich komme spät um 20 Uhr in dem Hotel an, in dem Dimitry bereits wartet, und wir haben ein feines Abendessen zusammen. Wir reisen mit unterschiedlicher Geschwindigkeit, teilen aber die gleiche Leidenschaft für Abenteuer und Herausforderungen.

Tag 52: Kleine Welt am Äquator
Ich mache mich mit Dimitry auf den Weg, aber nach ein paar Kilometern setze ich mich ab. Die Straße steigt 30 km die schönen Hänge des Mount Kenya an. Mittags erreiche ich Nanyuki und nehme ein schnelles Mittagessen mit Adele, die dort als Pilotin arbeitet. Wir haben uns letztes Jahr kennengelernt, als ich in Kanada gefahren bin, und wir haben uns getroffen, als ich bei meiner "Panamerica Solo" durch ihre Heimatstadt gefahren bin. So klein ist die Welt...  Ich versichere ihr, dass ich das nächste Mal mehr Zeit haben werde als jetzt auf meiner Rekordfahrt.

Nach dem Mittagessen komme ich an einem großen Schild vorbei, das den Äquator ankündigt - das motiviert. Von nun an werden die Tage wieder länger, was das Fahren erleichtert. Ich kämpfe mich weiter in Richtung Stadtrand von Nairobi. Nur 10 km vor dem Hotel beginnt ein tropisches Gewitter mit Hagel und starken Winden, die mir Mühe machen, das Fahrrad gerade zu halten. Ich komme eiskalt im Hotel an.

Tag 53: Checkup in Nairobi
Ich fahre bei Sonnenaufgang auf der großen achtspurigen Autobahn los. Nach 15 km ist Stillstand, und ich zickzacke durch den Stau. So ist Nairobi keine gefährliche Stadt zum Durchqueren, da sich die Autos nur im Schritttempo bewegen. Auf der anderen Seite der Stadt erreiche ich einen Bikeshop für eine vollständige Überprüfung meines Rads. Es ist der einzige wirklich gute Radladen zwischen Kairo und Kapstadt, und ich hatte den Besuch mit dem Besitzer David schon vor ein paar Wochen geplant.

Es dauert zwei Stunden, aber die sind gut angelegt. Als ich wieder losfahre, kommen zwei "Locals" mit mir; interessant, dass es in Nairobi eine kleine, aber wachsende Radfahrergemeinschaft gibt. Sie fahren 60 km mit, dann fahre ich alleine durch schöne Hügel, bis ich die Grenzstadt Namanga bei Sonnenuntergang erreiche. Kenia war diesmal, anders als bei meinen früheren Afrika-Challenges, fantastisch und superschnell...

Tag 54: Ein "Munzugu" bei den Löwen
Ich verabschiede mich von meinem Kameramann Pasi sowie seinem Fahrer Solomon und überquere bei Sonnenaufgang alleine über die Grenze - schnell und gut organisiert, für afrikanische Verhältnisse. Die Straße ist schön glatt und ich komme schnell durch eine erstaunliche Landschaft voran. Die höchsten Berge Afrikas liegen in der Nähe, der mächtige Kilimandscharo in der Ferne. Ich pushe den ganzen Tag mit nur zwei fünfminütigen Stops.

Es steht eine lange Strecke durch einen Nationalpark an, und ich möchte nicht riskieren, in die Dunkelheit zu kommen - Stichwort Löwen und anderes "Nachtleben". Die Dörfer sind hier weit voneinander entfernt, die Leute sind superfreundlich. Die Kinder winken und rufen "Muzungu", weißer Mann. Ich fahre im letzten Tageslicht durch den Nationalpark, und finde ein Hotel in der kleinen Stadt Babati. Heute 263 km trotz Hügeln und Gegenwind geschafft - weniger als 5000 km bis zum Kap!

Tag 55: Wettrennen mit UN-Trucks
Der Wind hat zugenommen und kommt stark von der Seite. Ich fahre aus der Stadt und überhole in einem Anstieg einen UN-Konvoi, der mit der Steigung zu kämpfen hat. Ich treffe noch ein paarmal auf die Trucks, da sie in der Ebene schneller sind, aber ich auf den vielen Anstiegen. Es geht nur langsam voran unter diesen Bedingungen, aber ich konzentriere mich darauf, Zeit aufzuholen. Nachdem ich den ganzen Tag geklettert bin, wird es am Abend flach, und die Landschaft ändert sich: Überall riesige Felsen, mit Dörfern dazwischen. Ich schlafe 30 km von der großen Kreuzung entfernt, wo ich nach Mbeya abbiegen muss. Im Dorf warnen mich die Leute vor 400 km Schotter, aber ich bekomme keine verlässlichen Informationen.

Tag 56: Schotter oder sicher?
Kurz nach Sonnenaufgang erreiche ich die Kreuzung. Die 400 km Schotter werden von vielen Leuten bestätigt, und die alternative Route ist ein Umweg von 230 km. In Europa hätte ich den Schotterweg genommen, aber der nächste Bikeshop ist 3000 km entfernt, und so entscheide ich mich für den sichereren Weg. Aber ich werde es schwer haben, die Zeit zurückzugewinnen. Als ich nach Westen drehe, bin ich zudem starkem Gegenwind ausgesetzt, den ganzen Tag schaffe ich nicht mehr als 17 oder 18 km/h.

Mittags wird der Wind so stark, dass der Staub überall herumfliegt und das Fahren extrem hart wird. Am späten Nachmittag erreiche ich die Hauptstadt Dodoma und bin überrascht, wie angenehm es hier ist. Nur wenige Autos, gute Straßen - und nicht das Chaos, das ich erwartet hatte. Ich fahre noch 30 km und finde bei Sonnenuntergang ein Hotel. Ein schlechter Tag, aber bessere werden kommen: Hochgeschwindigkeit in Sambia, mit flachen Straßen und Rückenwind...

Tag 57: Affen und Baobabs
Ein erstaunlicher Tag auf dem Rad... Ich mache mich vor Sonnenaufgang auf den Weg und fahre durch riesige Affenbrotbaumwälder, afrikanisch Baobabs. Es gibt starken Seitenwind und viele Hügel, aber ich pushe richtig. Gegen Mittag ein langer Anstieg: Der Weg steigt in endlosen Kurven an, und Affen flitzen über die Straße. Es ist heiß und trocken, die Regenzeit ist in Kenia viel angenehmer. Ich fahre den ganzen Tag, halte nur 20 min zum Mittagessen, und schaffe 270 km.
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