Tour-Traum ging aber in Erfüllung

Martins Achterbahnfahrt endet mit dem abrupten Ausstieg

Von Felix Mattis aus Pont-L´Evêque

Foto zu dem Text "Martins Achterbahnfahrt endet mit dem abrupten Ausstieg"
Tony Martin (Etixx-Quick-Step) muss die Tour mit einem Schlüsselbeinbruch verlassen. | Foto: Cor Vos

10.07.2015  |  (rsn) - Um 22:30 Uhr ging die Auto-Tür zu und Tony Martin rollte in die Dämmerung hinein, dem Flughafen entgegen. Der 30-jährige Eschborner machte sich vom Hotel Le Lion D'Or in der Normandie auf den Weg nach Hamburg, wo er im Berufsgenossenschaftlichen Unfallkrankenhaus noch in der Nacht an seinem gebrochenen Schlüsselbein operiert werden sollte.

„Im Moment bin ich nur traurig, dass ich meine Mannschaft verlassen muss. Das ist das Schlimmste", sagte Martin auf der zur Bekanntgabe seines Tour-Ausstiegs einberufenen und gut besuchten Pressekonferenz im Teamhotel von Etixx-Quick-Step. „Ich hätte gerne weiter mit den Jungs gekämpft und heute (Donnerstag) den Etappensieg gefeiert."

Letzteres konnte er eine knappe Stunde später sogar noch tun. Nach der Pressekonferenz und diversen TV-Interviews saß Martin mit am Essenstisch, als Teamchef Patrick Lefevere das Wort erhob und alle gemeinsam auf zwei Männer anstießen: Tagessieger Zdenek Stybar und den zu verabschiedenen Martin. „Es tut mir leid, dass Zdeneks Sieg hier jetzt etwas untergeht", hatte Martin vorher erklärt. „Durch ihn habe ich auch etwas Freude, die mich den Blick nach oben richten lässt."

Überhaupt wirkte Martin am Abend nicht zu Tode betrübt. Er lachte mit Rolf Aldag, plauderte locker mit dem ganzen Team und hatte auch während der Pressekonferenz immer wieder ein Lächeln auf den Lippen. „Alles in allem muss ich ein positives Resümee ziehen. Mein Traum ist mit dem Sieg auf einer ganz besonderen Etappe und mit zwei Tagen in Gelb in Erfüllung gegangen", sagte er über seine sehr kurze Frankreich-Rundfahrt, die von Beginn an eine Achterbahnfahrt der Gefühle war, weil er zunächst an drei Tagen in Folge jeweils nur knapp am Gelben Trikot vorbeirutschte, um es sich auf der 4. Etappe dann mit einem beeindruckenden Solo-Sieg in Cambrai zu holen.

„Der heutige Tag setzt dem Ganzen natürlich noch die Krone auf. Solche Geschichten schreibt nur die Tour de France, und irgendwo macht so ein Auf und Ab die Faszination der Tour auch aus. Umso wertvoller ist es, wenn man gesund bleibt, wenn man Siege einfährt und Träume in Erfüllung gehen. Die Tour hat mir bis jetzt so viel gegeben, da kann ich den heutigen Tag auch irgendwann wegstecken", erklärte Martin und freute sich: „Heute konnte ich das Trikot zum ersten Mal genießen, weil nicht dieselbe Nervosität herrschte wie gestern und zwischendurch auch mal ruhig gefahren wurde."

Der Wahl-Schweizer wird nach seiner Operation noch einige Tage zur Beobachtung in Hamburg bleiben, wie sein Teamarzt Helge Riepenhof erklärte: „Man kontrolliert die Wunde um sicherzustellen, dass es nicht zu einer Infektion kommt." Die nämlich könnte schwerwiegende Folgen haben. „Darum mache ich mir schon Sorgen, und deshalb habe ich ihm auch verboten, morgen zu starten", so Riepenhof zu radsport-news.com.

Martin hatte sich gewünscht, über Nacht in Frankreich bleiben und die 7. Etappe am Freitag in Livarot in Angriff nehmen zu können, um dem Gelben Trikot seine Ehre zu erweisen. „Ich bin der Böse, ich habe ihm das nicht erlaubt", so Riepenhof. „Aber das musste leider sein, denn so eine Infektion ist nichts Ungefährliches."

Kann ein Infekt vermieden werden, so dürfte Martin in etwa sechs Wochen wieder ans Rennfahren denken, Rollentraining ist schon in rund einer Woche möglich.

Durch die sofortige Operation und die Einnahme von Antibiotika aber scheint das nächste große Saisonziel, die Zeitfahr-WM in Richmond, nicht in Gefahr zu sein. „Wenn es keine Infektion gibt, ist die WM nicht in Gefahr. Wenn es aber eine gibt, ist alles in Gefahr und man muss sehen, wie es weiter geht", erklärte Riepenhof.

Die Pressekonferenz von Tony Martin im Video:

Weiteres Foto - mit Klick vergrößernWeiteres Foto - mit Klick vergrößernWeiteres Foto - mit Klick vergrößernWeiteres Foto - mit Klick vergrößernWeiteres Foto - mit Klick vergrößern

Mehr Informationen zu diesem Thema

05.11.2015Prudhomme: "Forderung absurd hoch und unbegründet"

(rsn) –Tour-Direktor Christian Prudhomme bestreitet die Rechtmäßigkeit der Forderung des Niederländischen Radsportverbands (KNWU), der von der ASO 140.000 Euro für den Grand Départ der Frankrei

03.11.2015Niederländischer Verband wartet auf Geld von der ASO

(rsn) - Der Niederländische Radsportverband KNWU hat sich an die UCI gewendet, weil er seit vier Monaten auf eine Zahlung der ASO in Höhe von 140.000 Euro wartet. Das berichtet das niederländische

16.08.2015Dopingproben der Tour sollen erneut getestet werden

(rsn) - Keiner soll sich sicher fühlen! Auch nicht, wenn die Rennen rum sind. Deshalb sollen die Dopingproben der gerade beendeten Tour de France nachträglich auf das neue Epo-Stimulanzmittel 

30.07.2015Bahamontes traut Valverde den Tour-Sieg zu

(rsn) – Federico Bahamontes traut Alejandro Valverde (Movistar) den Tour-Sieg zu und hat seinen Landsmann aufgefordert, im kommenden Jahr das Gelbe Trikot ins Visier zu nehmen. „Wenn er Dritter ge

28.07.2015Voß war zu früh in Topform

(rsn) – Auf die Frage, wie die am Sonntag zu Ende gegangene Tour de France für ihn verlaufen sei, fand Paul Voß gegenüber radsport-news.com nur zwei Worte: „Nicht zufriedenstellend.“ Nach seh

27.07.2015Wie kommt der „Engel" ins Tour-Finale?

(rsn) - Wir trauten unseren Augen nicht, als wir das von Philousport bei Twitter eingestellte Video (siehe die beiden Links unten) betrachteten. Es sah aus, als stünde ein „Engel" mit flatternden F

27.07.2015Jugendlicher Schwarzfahrer soll Absperrung durchbrochen haben

Paris (dpa) - Ein Jugendlicher ohne Führerschein ist wohl für den Zwischenfall vor dem Finale der Tour de France am Sonntag verantwortlich, bei dem die Pariser Polizei Schusswaffen einsetzte.

27.07.2015Denk: „Das Glück war nicht auf unserer Seite"

(rsn) - Ein Etappenpodium, zwei weitere Platzierungen in den Top Ten, der 25. Platz in der Gesamtwertung sowie zwei Auszeichnungen als aktivster Fahrer sind die Bilanz des deutschen Bora-Argon 18-Team

27.07.2015Nun will Greipel auch in Hamburg seinen ersten Sieg

Paris (dpa/rsn)- Am Sonntag gewann André Greipel (Lotto Soudal) erstmals in seiner Karriere die letzte Tour-Etappe auf den Champs Élysées. Im Ziel wartete sein Jugendtrainer Peter Sager um mit dem

27.07.2015Brailsford: „Die Kritiker haben uns geholfen, die Tour zu gewinnen“

Paris (dpa/rsn) - Erst gab es Dosenbier, dann Champagner - und aus den Boxen dröhnte der bei solchen Gelegenheiten unvermeidliche Queen-Hit „We are the Champions“. Bevor Christopher Froome

27.07.2015Movistar die beste Mannschaft, aber Sky stellt den Sieger

(rsn) - Drei harte Wochen Tour de France liegen hinter den 21 Mannschaften. Zeit für radsport-news.com, eine Bilanz der 102. Tour de France zu ziehen. Welche Teams haben überzeugt, welche sind hinte

27.07.2015Lotto Soudal dominiert die Sprints, IAM erreicht sein Ziel

(rsn) - Drei harte Wochen Tour de France liegen hinter den 21 Mannschaften. Zeit für radsport-news.com, eine Bilanz der 102. Tour de France zu ziehen. Welche Teams haben überzeugt, welche sind hinte

Weitere Radsportnachrichten

03.05.2024Zeeman glaubt weiter an Tour-Start von Vingegaard

(rsn) – Nach seinem schweren Sturz bei der Baskenland-Rundfahrt am 4. April ist Jonas Vingegaard (Visma – Lease a Bike) weiter auf dem Weg der Besserung. Sein Sportdirektor Merijn Zeeman glaubt so

03.05.2024Lipowitz wäre schon glücklich, wenn er Rom erreicht

(rsn) - Der dritte Gesamtrang bei der Romandie-Rundfahrt vor einer Woche hat Florian Lipowitz (Bora – hansgrohe) viel Aufmerksamkeit eingebracht. Nun startet der 23-Jährige beim Giro d´Italia in d

03.05.2024Muzic schlägt Vollering! Erst festgebissen, dann abgesprintet

(rsn) – Évita Muzic (FDJ – Suez) hat an der Laguna Negra in 1.715 Metern Höhe die 6. Etappe der Vuelta Espana Femenina gewonnen. Die 24-jährige Französin setzte sich am Ende der 6,5 Kilometer

03.05.2024Blackmore nimmt bei Israel - Premier Tech Zabels Platz ein

(rsn) – Nach dem Karriereende von Rick Zabel wird Joseph Blackmore den frei werdenden Platz des Deutschen bei Israel – Premier Tech einnehmen. Wie der Zweitdivisionär meldete, wechselt der 21-jÃ

03.05.2024Was Selbstvertrauen alles ausmachen kann

(rsn) - Servus liebe Leserinnen und Leser, nach gut zwei Monaten voller Wettkämpfe melde ich mich mal wieder. Es ist viel passiert, worüber ich gerne berichten würde. Bereits zum zweiten Mal in d

03.05.2024Bénin: Lührs verpasst um Millimeter seinen ersten Saisonsieg

(rsn) – Auf der 4. Etappe der Tour du Bénin (2.2) hat das Team Bike Aid erneut einen Tagessieg knapp verpasst, konnte sich aber zumindest über die Verteidigung des Gelben Trikots von Yoel Habteab

03.05.2024Niewiadoma und Realini bei Vuelta Femenina ausgestiegen

(rsn) - Ohne zwei der Favoritinnen ist am Mittag die 6. Etappe der Vuelta Femenina gestartet worden. Wie ihr Team Canyon – SRAM auf X meldete, habe man beschlossen, dass Kasia Niewiadoma aus gesundh

03.05.2024Geschke von 2500 Metern in Freiburg zum Giro d´Italia

(rsn) – Vor dem letzten Giro d’Italia seiner Karriere strahlt Simon Geschke viel Optimismus aus. “Meine Form ist sehr gut, ich konnte mich so gut wie noch nie auf einen Giro vorbereiten“, sagt

03.05.2024Giro-Favorit Pogacar hält Fixierung auf seine Person für “Bullshit“

(rsn) – Am Samstag beginnt der 107. Giro d’Italia – mit Tadej Pogacar (UAE Team Emirates) als haushohem Favoriten, der in der öffentlichen Wahrnehmung alle seine Konkurrenten in den Schatten st

03.05.2024HLN: Van Aert kehrt Ende Mai ins Feld zurück

(rsn) – Wout van Aert (Visma - Lease a Bike) nimmt nach seinem schweren Sturz Ende März bei Dwars Door Vlaanderen sein Comeback ins Visier. Wie die Zeitung Het Laatste Nieuws schreibt, plant der B

03.05.2024Für Koch und Sütterlin heißt es: buckeln, buckeln, buckeln

(rsn) – Jonas Koch (Bora – hansgrohe) und Jasha Sütterlin (Bahrain Victorious) sind Helfer, wie sie sich jedes Teams wünscht. Beide erfüllen ohne viel Aufhebens auf fast jedem Terrain zuverlä

03.05.2024Merlier und Kooij führen die Riege der schnellen Männer an

(rsn) – Beim 107. Giro d’Italia wird es für die Sprinter kein gemütliches Einrollen geben. Am Samstag beginnt die erste Grand Tour des Jahres in Venaria Reale nördlich von Turin mit einer schwe

RADRENNEN HEUTE
  • Keine Termine