Nur Rui Costa durchkreuzte Spaniens Pläne

Rodriguez und Valverde spielten ihr Spiel (fast) perfekt

Von WM-Korrespondent Felix Mattis aus Florenz

Foto zu dem Text "Rodriguez und Valverde spielten ihr Spiel (fast) perfekt"
Der Zweite ist der erste Verlierer: Dieses Bild macht den alten Spruch deutlich. Joaquim Rodriguez mit seiner Silber-Medaille. | Foto: ROTH

30.09.2013  |  (rsn) - Vor dem Straßenrennen der Weltmeisterschaften schaute alles auf Lokal-Matador Vincenzo Nibali. Der Italiener war der meistgenannte Favorit und musste mit riesigem Druck umgehen. Für Alejandro Valverde und Joaquim Rodriguez hingegen blieb es vergleichsweise ruhig. Umso lauter war dann der Auftritt des spanischen Duos auf den Straßen zwischen Florenz und Fiesole. Mit einer taktisch starken Leistung fuhren sie Nibali kaputt und sahen schon wie die sicheren Sieger aus - bis Rui Costa kam.

Dass der Portugiese auf dem letzten Kilometer zu Rodriguez nach vorne fuhr und den kleinen Spanier im Sprint schlug, war das Worst-Case-Szenario in einer Situation, die eigentlich gar nicht mehr schlecht ausgehen konnte.

Rodriguez‘ Angriff kurz vor dem Ende des Anstiegs nach Fiesole als Nibali-Helfer Michele Scarponi gerade seine letzten Dienste verrichtet hatte, war perfekt getimet. Und auch der erneute Vorstoß des Spaniers in der Abfahrt, als Nibali, Valverde und Costa sich anschauten, sah vielversprechend aus. Rodriguez riss sofort ein großes Loch.

„Ich weiß, dass ich nicht als bester Abfahrer bekannt bin, aber auf nasser Straße kann ich das schon“, so Rodriguez zu seinem Vorstoß auf dem Weg hinunter von Fiesole. „Und auch wenn Nibali normalerweise gut runterfährt, so sah er dort nicht so souverän aus wie sonst - vielleicht weil er vorher schon gestürzt war.“ Tatsächlich hatte Nibali bereits bevor Rodriguez im flacheren Teil der Abfahrt antrat im steileren und kurvigeren Sektor deutlich unsicherer ausgesehen als der Spanier.

Valverde weigerte sich natürlich, die Verfolgung seines Landsmannes zu übernehmen, Costa spielte den sterbenden Schwan und rollte anscheinend müde zwei bis drei Meter hinter seinen Begleitern mit - und Nibali verzweifelte, weil er allein im Wind fahren musste.

Dass das Trio nach der steilen Rampe in der Via Salviati dennoch wieder herankam, war nur ein kurzes Intermezzo. Rodriguez nahm kurz die Beine hoch, erholte sich und stach dann in einer Linkskurve innen durch. Valverde fuhr ans Hinterrad und in der folgenden kurzen Gegensteigung ließ er dann eins, zwei Tritte aus und schon hatte Rodriguez die erhoffte Lücke. Die beiden Spanier spielten ihr Spiel perfekt. Zwei Kilometer vor dem Ziel schien klar: Entweder Rodriguez gewinnt als Solist oder Valverde lässt sich von den anderen beiden heranführen und holt sich als bester Sprinter der Gruppe Gold.

„Die Situation war perfekt für uns. Ich habe Alejandro gesagt, er solle einfach immer ans Hinterrad von demjenigen gehen, der versucht, mich zu verfolgen“, sagte Silber-Medaillengewinner Rodriguez nach dem Rennen. Doch der Haken an der besten Taktik ist: Man muss die Kraft haben, um sie umzusetzen. Und genau die fehlte Valverde, als Costa loslegte. „Ich konnte einfach nicht folgen, als Rui Costa attackiert hat. Er hat sehr stark angetreten“, erklärte Valverde später.

Spekulationen, er sei zugunsten seines Arbeitgebers bewusst nicht hinterhergefahren, weil Costa mit ihm beim Team Movistar fährt, zerschlug der nun fünffache Medaillen-Gewinner bei Weltmeisterschaften, der noch nie Weltmeister war. „Ich hätte doch natürlich auch lieber Gold gewonnen“, so der Spanier. „Und dazu hätte ich bei ihm bleiben müssen, aber ich konnte eben nicht.“

So fuhr Rui Costa ihm und dem von der ganzen Verfolgungsarbeit völlig ausgepumpten Nibali davon und allein zu Rodriguez nach vorne. „Als ich ihn alleine ankommen sah, habe ich mich schon gewundert und mich gefragt, was da hinten schief gegangen war“, sagte Rodriguez etwas vorwurfsvoll. „In dem Moment war mir eigentlich klar, dass ich nur noch um Silber fahre. Ich habe dann versucht, ihn etwas nervös zu machen. Aber das war nicht möglich, weil er sehr selbstbewusst ist“, so Rodriguez über den Moment, als Costa zu ihm aufschloss und der Spanier ein paar Worte zum Portugiesen sagte.

Costa ließ sich nicht beunruhigen, verschnaufte kurz an Rodriguez‘ Hinterrad und lancierte dann seinen Sprint ins Regenbogentrikot. Rodriguez hatte nach seinen aufwändigen Attacken zuvor nichts mehr in sich, um noch zu antworten und so gingen die Spanier erneut leer aus. Valverde und Rodriguez - gemeinsam haben sie nun sieben WM-Medaillen im Schrank hängen, aus Gold ist keine einzige.

Weiteres Foto - mit Klick vergrößernWeiteres Foto - mit Klick vergrößernWeiteres Foto - mit Klick vergrößernWeiteres Foto - mit Klick vergrößernWeiteres Foto - mit Klick vergrößern

Mehr Informationen zu diesem Thema

02.10.2013WM: Auch dänisches Team Opfer von Fahrraddieben

(rsn) - Bei der Straßen-WM in Florenz haben Fahrraddiebe erneut zugeschlagen. Wie das dänische Team meldete, wurden ihm nach Ende der Titelkämpfe insgesamt 30 Rahmen und 50 Paar Laufräder gestohle

01.10.2013Polnisches Team kehrt ernüchtert von der WM zurück

(rsn) – Aus der Traum für die polnische Nationalmannschaft von einer Medaille bei den Straßenweltmeisterschaften in Florenz. Auf den Weg in die Toskana begaben sich die Polen mit insgesamt 29 Fahr

30.09.2013Bei den Attacken der Kletterer musste Gilbert passen

(rsn) – Obwohl er seit seinem WM-Triumph von Valkenburg fast ein Jahr ohne Sieg geblieben war, hätte Philippe Gilbert das Regenbogentrikot – auf dem ja bekanntlich ein Fluch lasten soll – nur z

30.09.2013Froome, Wiggins und Co. die große Enttäuschung im Straßenrennen

(rsn) - Als sich das Fahrerfeld bei der 80. Straßen-WM in Lucca in Bewegung setzte, um die 272 Kilometer in Richtung Ziellinie am Nelson Mandela Forum in Angriff zu nehmen, regnete es sprichwörtli

30.09.2013Denifl: Büroklammer verhinderte mögliche Top-Platzierung bei WM

(rsn) - Der Auftritt der Österreicher am Sonntag im WM-Straßenrennen war von vielen Stürzen überschattet. So kamen mit Riccardo Zoidl, der sich eine Adduktorenverletzung zuzog, Bernhard Eisel, Ste

30.09.2013Moster: „Eine Weltmeisterschaft mit Licht und Schatten“

(rsn) – „Licht und Schatten“ – so lautet die Bilanz des Bundes Deutscher Radfahrer nach dem letzten von zwölf Wettbewerben der Straßen-WM von Florenz. Der Freiburger Simon Geschke belegte i

29.09.2013Geschkes Ergebnis der Lohn für starke Teamleistung

(rsn) - Auch wenn der WM-Titel letztlich unter den Bergfahrern ausgemacht wurde und mit Dominik Nerz der stärkste Kletterer des Teams früh ausgeschieden war, konnte die deutsche Nationalmannschaft

29.09.2013Huzarski: 240 Kilometer im Dauerregen auf der Flucht

(rsn) - Im Grunde gibt es nur zwei Sorten von Rennfahrern. Die einen hassen es, im Regen zu fahren, den anderen sind die während des Rennens herrschenden Wetterbedingungen egal. Konstant rufen sie ih

29.09.2013Cancellara: „Das Resultat ist eigentlich fast sekundär"

(rsn) – Im WM-Straßenrennen von Florenz wurde es für Fabian Cancellara nichts mit der erhofften Medaille. Nach 272,5 schweren Kilometern von Lucca nach Florenz belegte der Schweizer, der im Zeitfa

29.09.2013Rui Costa zeigt beim Pokerspiel von Florenz die besten Nerven

Florenz (rsn/dpa) - Rui Costa war der große Profiteur des Pokerspiels der Favoriten in Florenz. Der 26 Jährige holte überraschend als erster Portugiese den WM-Titel auf der Straße und stürzt

29.09.2013Rui Costa wird als erster Portugiese Straßen-Weltmeister

(rsn) – Rui Costa hat für den ersten Sieg eines Portugiesen in einem WM-Straßenrennen gesorgt. Der 27-Jährige verwies am Sonntag in einem packenden Sprintduell nach 272 Kilometern von Lucca nach

29.09.2013Johansson ohne Hilfe chancenlos

(rsn) - „Ich bin auch mit Silber glücklich“, sagte Emma Johansson mit einem Lächeln, nachdem sie sich erneut bei einem WM-Straßenrennen der scheinbar übermächtigen Niederländerin Marianne

Weitere Radsportnachrichten

13.11.2025Offiziell bestätigt: Pinarello wird Titel- und Radsponsor bei Q36.5

(rsn) – Schon seit mehreren Wochen wurde darüber spekuliert, nun ist es offiziell bestätigt: Das Schweizer ProTeam Q36.5 wird in der kommenden Saison nicht mehr auf Scott- sondern auf Pinarello-R

13.11.2025Fränk Schleck neuer Sportlicher Leiter beim Lidl-Trek-Frauenteam

(rsn) – Neun Jahre nach seinem Karriereende als Aktiver kehrt Fränk Schleck zu Lidl – Trek zurück. Wie der Rennstall mitteilte, bei dem der 45-jährige Luxemburger seine letzten Profijahre fuhr,

13.11.2025Israel-Team ab 2026 mit Schweizer Lizenz?

(rsn) – Trotz des Rückzugs des Hauptsponsors Premier Tech plant der israelische Zweitdivisionär für die Saison 2026. Nachdem vor einigen Tagen der Radsportjournalist Daniel Benson über fortlaufe

13.11.2025Lange Reha statt einem weiteren Roubaix-Highlight

(rsn) – John Degenkolbs Saison war durch den schweren Sturz bei der Flandern-Rundfahrt gezeichnet. Die komplette rechte Stützseite von der Hand bis hoch zur Schulter war mehrfach gebrochen. Trotz

13.11.2025Mancebo wohl auch mit 50 Jahren noch im Feld

(rsn) – Francisco Mancebo hat es sich möglicherweise anders überlegt. Nachdem der mittlerweile 49-jährige Spanier, Gesamtvierter der Tour de France 2005, angeblich nach der im Oktober stattgefund

13.11.2025Profiteams lehnen UCI-Vorschlag von Budgetobergrenze ab

(rsn) – Mit dem Einstieg finanzkräftiger Sponsoren wächst auch im Radsport die Kluft zwischen den Teams immer weiter an. Die zunehmende Dominanz von Rennställen wie UAE – Team Emirates -XRG, Re

13.11.2025Die Radsport-News-Jahresrangliste der Männer 2025

(rsn) – Es ist inzwischen RSN-Tradition. Und auch wenn sich mit Christoph Adamietz der Urvater der Idee vor einem Jahr aus unserem Autoren-Team verabschiedet hat, so soll diese Tradition fortgesetzt

13.11.2025Vacek hofft auf Tour-Debüt - an der Seite von Pedersen

(rsn) – Nicht nur wegen seiner drei Saisonsiege gelang Mathias Vacek (Lidl – Trek) der Durchbruch. Der Tschechische Doppelmeister überzeugte schon zu Anfang des Jahres und war beim Giro d’Itali

13.11.2025Van der Poel: Crossdebüt Mitte oder Ende Dezember?

(rsn) – Während Wout van Aert (Visma – Lease a Bike) kürzlich einen früheren Start in den Cyclocross-Winter angedeutet hat, wird es bei Mathieu van der Poel (Alpecin – Deceuninck) wohl noch

13.11.2025Zoccarato von Polti zu MBH Bank

(rsn) - In unserem ständig aktualisierten Transferticker informieren wir Sie regelmäßig über Personalien aus der Welt des Radsports. Ob es sich um Teamwechsel, Vertragsverlängerungen oder Rücktr

13.11.2025Leadout-Lienhard erfüllte sich 2025 zwei Träume auf einmal

(rsn) – Nach fünf Jahren beim französischen Team Groupama – FDJ hat sich Fabian Lienhard in der Saison 2025 gleich zwei Träume auf einmal erfüllt: Der Schweizer wechselte zu Tudor und fuhr dam

12.11.2025Arensman: “Letztendlich ist Radsport nur eine Nebensache“

(rsn) – Bei der vergangenen Tour de France feierte Thymen Arensman (Ineos Grenadiers) die bisher größten Erfolge seiner Karriere. Aber nicht die auf der 14. Und 19. Etappe eindrucksvoll herausgef

RADRENNEN HEUTE

    Radrennen Männer

  • Tour de Gyeongnam (2.2, KOR)