Anzeige
Anzeige
Anzeige

Oder: Paket bei Steady buchen

Hunters Worte überzeugten zur Weiterfahrt

Talansky quält sich für sein Team weinend ins Ziel

Von Felix Mattis aus Oyonnax

Foto zu dem Text "Talansky quält sich für sein Team weinend ins Ziel"
Eine Mischung aus Schmerz und Enttäuschung trieb Andrew Talansky (Garmin-Sharp) die Tränen in die Augen. | Foto: Cor Vos

16.07.2014  |  (rsn) - Großer Jubel brandete auf, als Andrew Talansky (Garmin-Sharp) sich in Oyonnax mehr als eine halbe Stunde nach Tagessieger Tony Gallopin (Lotto-Belisol) ganz alleine der Ziellinie näherte. Die Fans wollten einem Mann ihre Anerkennung kundtun, mit dem sie vor den großen Videotafeln stundenlang mitgelitten hatten.

Der US-Amerikaner dürfte das wahrgenommen haben, und doch war er untröstlich. Mit gesenktem Kopf rollte er durch die Menge seinem Mannschaftsbus entgegen, an dem ihn unzählige Kameras und Mikrofone erwarteten. Doch Talansky war noch nicht zum Reden zumute. Er fuhr direkt bis an die Bustür und verschwand ohne ein Wort.

Fünf Tage zuvor hatte er sich in Nancy noch sehr redselig gezeigt, als er nach seinem heftigen Sturz im Sprint auf dem Weg zum Bus über Simon Gerrans (Orica-GreenEdge) schimpfte. Talansky ist keiner, der mit seinen Emotionen zurückhält. Der 25-Jährige sagt, was er denkt - wie in Nancy - und zeigt, was er fühlt - wie jetzt in Oyonnax, als er sich nicht für seine Tränen schämte und nach einigen wahrscheinlich sehr feuchten Minuten im Bus tatsächlich doch noch vor die Medien trat.

Anzeige

Was passiert sei, wurde er dann gefragt. „Ich leide noch unter den Folgen meiner Stürze und hatte Rückenschmerzen“, so die sehr leise und langsame Antwort eines weinenden jungen Mannes, der sich nach seinem Gesamtsieg beim Critérium du Dauphiné so viel für die Tour de France vorgenommen hatte, dann aber mehrfach stürzte und nun nur noch ums Ankommen kämpfen kann.

Auf dem Weg von Besancon nach Oyonnax tönte bereits nach rund 30 Kilometern erstmals über Radio Tour, dass sich Talansky am Ende des Feldes befinde und um den Teamwagen gebeten habe. Nach gut 100 Kilometern verlor er den Anschluss, und als sein Rückstand auf über siebeneinhalb Minuten anstieg, stoppte der US-Amerikaner und stieg vom Rad. Er setzte sich auf die Leitplanke und schien das Rennen beenden zu wollen, als sein Sportlicher Leiter Robbie Hunter zu ihm kam.

„Er ist es nicht gewöhnt, ganz alleine da hinten zu fahren - und jetzt hatte er zusätzlich noch diese Schmerzen“, schilderte Hunter die schwierige Situation, in der sich sein Schützling etwa zu Rennmitte befand. „Deshalb hat er wohl überlegt, ob es an der Zeit ist, aufzugeben. Er hat sich hingesetzt, die Emotionen rausgelassen und nachgedacht, um sich dann aber zum Weiterfahren zu entscheiden.“

Dass dieser Entschluss aus freien Stücken kam, durfte man bezweifeln, wenn man gesehen hatte, wie der Südafrikaner auf seinen Kapitän eingeredet hatte. Doch Hunter widersprach: „Ich habe ihm gesagt, dass die Entscheidung bei ihm liegt: Wenn er das Gefühl hat, dass er nicht weiterfahren kann - kein Problem“, so der Ex-Profi. „Wenn er aber weiterkämpfen und zum Ziel kommen will, dann ist der einzige Weg, aufs Rad zu steigen und weiterzufahren. Deshalb ist er aufgestanden: Er wollte ins Ziel kommen. Das ist sein Charakter.“

Talansky, dessen Kampfgeist sich in seinem Spitzname „Pitbull“ widerspiegelt, setzte sich also weinend aufs Rad und fuhr die verbleibenden rund 60 Kilometer alleine weiter. „Er kam mit sehr hohen Erwartungen hierher und jetzt findet er sich in einer solchen Situation wieder“, erklärte Hunter weiter, dass die Tränen wohl weniger durch den Schmerz als durch die Enttäuschung gekommen seien. „Er ist ein sehr emotionaler Mensch.“

Ob Hunter Talansky eher dazu geraten habe, auszusteigen oder weiterzufahren? „Ich würde nie einen Fahrer dazu ermutigen aufzugeben“, sagte der Südafrikaner. „Ich selbst war schon in der Position, dass ich ausgestiegen bin und es ein paar Stunden später bereut habe. Wenn man das tut, muss man sicher sein, dass es die richtige Entscheidung ist. Ich glaube, Andrew ist froh, dass er bis ins Ziel gefahren ist.“

„Froh“ war mit Sicherheit der falsche Begriff, um die Gefühlslage von Talansky zu beschreiben, als er vor dem Mannschaftsbus an die Mikrofone trat und weinend seine zwei Sätze fürs Fernsehen abgab. „Ich wollte es für mein Team, meine Kumpels einfach irgendwie ins Ziel schaffen. Sie sind alle für mich hier und haben mich die ganze Zeit so toll unterstützt - da wollte ich nicht aufgeben“, schluchzte er. Ein Statement zur Freiwilligkeit seines Weiterfahrens wollte diesem Häufchen Elend niemand abringen.

Übrigens: Die Jury verdonnerte Talansky und Hunter fürs Festhalten am Mannschaftswagen zu 250 Schweizer Franken Strafe und brummte dem US-Amerikaner außerdem 20 Sekunden zusätzlich auf. So emotional wie Talansky, so emotionslos ist das Regelwerk.

Weiteres Foto - mit Klick vergrößernWeiteres Foto - mit Klick vergrößernWeiteres Foto - mit Klick vergrößernWeiteres Foto - mit Klick vergrößernWeiteres Foto - mit Klick vergrößern

Mehr Informationen zu diesem Thema

04.12.20143,5 Millionen Zuschauer beim Grand Départ der Tour in England

(rsn) – Den Grand Départ der diesjährigen Tour de France in Großbritannien erlebten nach Angaben der Tourismus-Agentur „Welcome to Yorkshire“ 3,5 Millionen Menschen entlang der Strecke mit. A

12.11.2014Froome: Nach der Frust-Tour machte die Vuelta Mut für 2015

(rsn) – Trotz der misslungenen Titelverteidigung bei der Tour de France ist Chris Froome (Sky) mit seiner Saison 2014 alles in allem zufrieden. Und auch, wenn er nach mehreren Stürzen schon früh v

25.09.2014Cavendish möchte die Tour de France nie mehr verpassen

(rsn) – Fast drei Monate nach seinem Sturz beim Grand Départ der Tour de France spürt Mark Cavendish (Omega Pharma-Quick Step) noch immer die Nachwirkungen. Der Brite hatte sich bei einem schweren

02.09.2014Keine positiven Tests bei der Tour de France

Berlin (dpa) - Alle Dopingtests der diesjährigen Tour der France waren negativ, teilte der Internationale Radsport-Verband (UCI) mit. Insgesamt wurden bei der Tour 719 Proben genommen, im Vorj

06.08.2014Denk: „Wir wollen 2015 zur Tour de France zurückkehren"

(rsn) - Nach dem erfolgreichen Debüt seiner Mannschaft bei der Tour de France äußert sich NetApp-Endura-Teammanager Ralph Denk im Interview mit radsport-news.com zu den sportlichen Zielen für den

04.08.2014Andy Schleck geht es „den Umständen entsprechend gut“

(rsn) – Knapp einen Monat nach seiner Knie-OP geht es Andy Schleck „den Umständen entsprechend gut“, wie der Trek-Profi am Rande des von Ag2R-Profi Ben Gastauer Kriteriums Gala Tour de France i

02.08.2014Gesehen und getroffen!

(rsn) - Das traf sich aber gut: Gerade wollte ich loslegen und den Radsport-News-Lesern noch ein paar Episoden meiner privaten TdF-Pyrenäen-Woche schildern, da kommt die Meldung, dass bei der Tour d�

29.07.2014Nibalis Tour-Sieg gibt Rückenwind für Nasarbajews Sportprojekte

(rsn) – Berlin (dpa) - Der Sieg von Vincenzo Nibali bei der Tour de France hat seinen kasachischen Geldgebern weiteren Rückenwind bei den ehrgeizigen Projekten verschafft. Großes Ziel ist der Zus

28.07.2014Majka: „Wir haben uns einen neuen Plan A ausgedacht"

Das Ergebnis kann sich sehen lassen, obwohl zunächst nichts darauf hingedeutet hatte, dass Rafal Majka auf den Bergetappen der diesjährigen Frankreich-Rundfahrt zu den Hauptakteuren gehören

28.07.2014OP-QS und Tinkoff-Saxo feiern je drei Siege, Sky erlebt Desaster

(rsn) - Drei harte Wochen Tour de France liegen hinter den Fahrern. Zeit für radsport-news.com, in einer vierteiligen Reihe Bilanz zu ziehen. Welche Teams haben überzeugt, welche sind hinter den Erw

28.07.2014Tour-Sieger Nibali ist Italiens neuer Sportheld

Paris (dpa) - Nach 16 Jahren haben die Italiener wieder einen Tour-de-France-Sieger. Entsprechend überschwänglich waren die Reaktionen nach dem Triumph von Vincenzo Nibali (Astana). Der neue

28.07.2014Kehrt die Tour nach Deutschland zurück?

(rsn) – Kehrt die Tour de France nach Deutschland zurück? Geht es nach Markus Lewe, Oberbürgermeister der Stadt Münster, dann definitiv ja. Das Stadtoberhaupt traf sich laut den Westfälischen Na

Weitere Radsportnachrichten

02.04.2025Degenkolb bei Dwars Door Vlaanderen zufrieden mit der Form

(rsn) - John Degenkolb (Picnic – PostNL) blickt auf ein hartes Dwars door Vlaanderen zurück, bei dem er trotz guter Beine nicht in die vorderen Ränge fuhr und sich 3:26 Minuten hinter Rennsieger N

02.04.2025Küng im Defektpech: “Da war viel mehr möglich“

(rsn) – Es scheint, als ob bei den belgischen Klassikern das Glück Stefan Küng (Groupama – FDJ) nicht hold sei. Immer wieder zählt der Schweizer zu den Sieg-Kandidaten, immer wieder wird er ge

02.04.2025Grandios verzockt: Visma scheitert an eigener Taktik

(rsn) - Visma - Lease a Bike konnte zum ersten Mal in dieser Klassikersaison einem Rennen seinen Stempel aufdrücken. Mit gleich vier Mann attackierte das Team 71 Kilometer vor dem Ziel und wenig spä

02.04.2025Highlight-Video des 79. Dwars door Vlaanderen

(rsn) – Neilson Powless (EF Education – EasyPost) hat mit einem Husarenstück das 79. Dwars door Vlaanderen (1.UWT) für sich entschieden. Der 28-jährige US-Amerikaner ließ nach 184,2 Kilometern

02.04.2025Longo Borghini nimmt in Waregem Revanche für Sanremo

(rsn) – Elisa Longo Borghini (UAE Team ADQ) hat mit einem Solo von rund 25 Kilometern erstmals in ihrer Karriere Dwars door Vlaanderen (1.Pro) der Frauen für sich entschieden. Die Italienische Meis

02.04.2025Powless fügt Visma in Waregem eine Schmach zu

(rsn) - Im Siegerinterview kam Neilson Powless (EF Education-EasyPost) aus dem Grinsen nicht mehr heraus. Denn Siegchancen schienen der US-Amerikaner im Finale der 79. Ausgabe von Dwars door Vlaandere

02.04.2025Walscheid: “Sprint um Platz sechs wäre super“

(rsn) – Bei seinen bisherigen vier Teilnahmen an Dwars door Vlaanderen war Max Walscheid (Jayco – AlUla) als Helfer für seine (Sprint-)Kapitäne unterwegs. An den Start der 79. Ausgabe des flämi

02.04.2025Steimle: Noch drei Chancen auf ein Klassiker-Ergebnis

(rsn) – Im vergangenen Frühjahr hatte Jannik Steimle als von Q36.5 neu verpflichteter Klassikerkapitän meist freie Fahrt und wusste seine Chance unter anderem mit dem Sieg beim GP De Denain zu nut

02.04.2025Ex-Profi Wallays beginnt 15.000-km-Charity-Fahrt für Krebs-Stiftung

(rsn) – Zehn Jahre nach seinem Sieg bei Dwars door Vlaanderen und am 28. Geburtstag seines vor sechs Jahren tödlich verunglückten Teamkollegen Bjorg Lambrecht macht sich am Mittwoch Ex-Profi Jelle

02.04.2025Die Aufgebote für die 109. Flandern-Rundfahrt

(rsn) – Mit der Flandern-Rundfahrt (1.UWT) steht am Sonntag der Höhepunkt der flämischen Klassikerwochen an. Die 109. Ausgabe der “Ronde“ führt über 269 Kilometer Wochenende von Brügge nach

02.04.2025Van Aert mit Bestzeiten auf Dwars-Door-Vlaanderen-Strecke

(rsn) - Wout van Aert (Visma – Lease a Bike) hat in der bisherigen Klassikersaison noch keine Bäume ausgerissen. Doch für Dwars door Vlaanderen scheint der Belgier bereit zu sein. Wie auf Strava z

02.04.2025Radsport live im TV und im Ticker: Die Rennen des Tages

(rsn) – Welche Radrennen finden statt? Wo und wann kann man sie live im Fernsehen oder Stream verfolgen? Und wo geht´s zum RSN-Live-Ticker? In unserer Tagesvorschau informieren wir über die wic

Anzeige
RADRENNEN HEUTE

    Radrennen Männer

  • Tour of Hellas (2.1, GRE)
Anzeige