Nibali nimmt Contador zweieinhalb Minuten ab

Astana-Gala auf dem Pavé sorgt für große Abstände

Von Felix Mattis aus Arenberg

Foto zu dem Text "Astana-Gala auf dem Pavé sorgt für große Abstände"
Vincenzo Nibali (Astana) hat in Arenberg gut lachen: Er baute seine Gesamtführung aus. | Foto: Cor Vos

09.07.2014  |  (rsn) - Die Kopfsteinpflaster-Etappe zwischen Ypern und Arenberg erfüllte, bis auf einen schwerwiegenden Makel, die Vorstellungen der Tour-Organisatoren. Das Aus von Titelverteidiger Chris Froome (Sky) dürfte Christian Prudhomme  den Tag zwischenzeitlich vermiest haben, ansonsten aber lief trotz Dauerregen und zwei gestrichenen Pavé-Sektoren alles nach Wunsch: Die ASO wollte eine Erschütterung der Gesamtwertung und bekam ein wahres Erdbeben.

Schon weit vor den ersten Bergetappen ist der Kampf um den Tour-Sieg in vollem Gange, und bislang hat vor allem ein Mann - besser: ein Team - geglänzt. Die hellblaue Astana-Armada beeindruckte mit dem Angriff von Jakob Fuglsang und dem Tageserfolg von Vincenzo Nibali bereits am Sonntag in Sheffield. Doch was der Sizilianer und seine Helfer nun im nordfranzösischen Regen ablieferten, das setzte vielen Beobachtern ein imaginäres Fragezeichen ins Gesicht.

2:35 Minuten nahm Nibali mit der Hilfe seiner Teamkollegen beispielsweise Alberto Contador (Tinkoff-Saxo) ab - 2:25 Minuten verlor Bauke Mollema (Belkin), 2:09 Minuten büßten Alejandro Valverde (Movistar), Rui Costa (Lampre-Merida) und Tejay Van Garderen (BMC) ein, 2:03 Minuten Andrew Talansky (Garmin-Sharp), 1:52 Minute Richie Porte (Sky) und 1:43 Minute Jürgen Van den Broeck (Lotto-Belisol). Von den Klassementfahrern konnte lediglich Michal Kwiatkowski (Omega Pharma - Quick-Step) mit 48 Sekunden Rückstand auf Nibali den Schaden in Grenzen halten.

„Ich bin sehr, sehr glücklich“, sagte der Italiener daher auf der Pressekonferenz und sein Teamkollege und Edelhelfer Fuglsang fügte am Mannschaftsbus hinzu: „Es war ein perfekter Tag. Mehr hätten wir uns nicht wünschen können - unglaublich!“

Noch 24 Stunden vor dem Coup von Arenberg hatte Nibali zu Protokoll gegeben, er glaube nicht, dass es allzu große Abstände geben würde. „Man kann mit Sicherheit eine Minute einbüßen, aber ich weiß nicht, ob man dort auch die Tour verliert“, sagte er da noch. Nun aber hat er sich selbst eines Besseren belehrt. „Ich habe viel weniger von dieser Etappe erwartet“, gab der fahrtechnisch ohnehin als sehr stark geltende 29-Jährige zu.

Dass Nibali auf dem Pflaster, das er lediglich von einer Besichtigungstour im Frühjahr kannte, nicht nur um Schadensbegrenzung fahren, sondern sogar richtig viel Zeit herausholen würde, konnte man nicht ahnen. „Wir wussten nach unserer Besichtigung, dass er gut zurechtkommen wird. Aber ich bin natürlich trotzdem überrascht, wie gut es gelaufen ist und dass wir sogar die Spezialisten abhängen konnten“, freute sich Fuglsang, und Nibali selber erklärte, dass er auch von einem auf dem Pavé sehr erfahrenen Landsmann Ratschläge bekam: „Pozzato hat mir heute morgen eine SMS geschickt, dass ich immer an der Spitze fahren und vorsichtig sein soll, ohne aber Angst zu haben.“

Das aber dürfte von den 194 gestarteten Fahrern, von denen bis auf Froome übrigens alle ins Ziel kamen, jeder gewusst haben. Der Wert dieses Tipps ist also fraglich und geht über die psychologische Bedeutung des Beistandes eines Landsmannes aus einem anderen Team wohl kaum hinaus.

Nibali, Fuglsang und Lieuwe Westra waren die drei herausragenden Fahrer in einem durch die Bank weg stark auftretenden Astana-Team. Dieses Trio hängte schließlich sogar Kopfsteinpflaster-Spezialisten wie Fabian Cancellara (Trek) und Peter Sagan (Cannondale) ohne taktischen Coup oder Stürze, sondern in der direkten Auseinandersetzung ab. „Gratulation an sie alle. Sie haben einen guten Job gemacht“, sagte der Schweizer deshalb. „Alle haben heute auf mich geschaut. Ich denke, das haben sie ausgenutzt.“

Trotzdem blieben die Fragezeichen in den Gesichtern der Experten: Wie konnten drei Männer in hellblau, die allesamt noch nie Paris-Roubaix zu Ende gefahren sind, auf dem nassen Pflaster so glänzen? „Die Etappe war sehr hart, aber eben nicht wie Roubaix“, erklärte Nibali, dass die volle Distanz des Frühjahrsklassikers ihm sicher mehr zugesetzt hätte. „Am Ende war ich am Limit. Ich hatte nichts mehr zu essen.“

Am Limit dürften seine Kontrahenten auch gewesen sein, denn sonst hätten sie sich wohl kaum abhängen lassen. Mit 1:45 Minute Rückstand ist Van den Broeck als Gesamtsechster nun der gefährlichste Verfolger des Italieners. „Van den Broeck hatte einen richtig guten Tag und ist beim Dauphiné stark gefahren. Er scheint jetzt einer der größten Kontrahenten zu sein“, bestätigte Fuglsang diesen Eindruck. „Aber Contador wird sicher auch da sein, wenn es in die Berge geht. Dort werden wir erst sehen, wer wirklich gut ist.“

Bis dahin wird es für Astana dank des Gelben Trikots nun einiges zu tun geben. „Eigentlich wollten wir das Trikot heute abgeben, aber das haben wir nicht geschafft“, lachte Fuglsang. „Ich hoffe wir werden es los, um das Team schonen zu können.“

Angesichts der noch bevorstehenden Strapazen bremste Nibali auch trotz mehr als zweieinhalb Minuten Vorsprungs auf Contador die Euphorie und wählte die Standardfloskel: „Ich habe Alberto Zeit abgenommen, ja. Aber der Weg bis Paris ist noch weit und wir müssen von Tag zu Tag schauen“, sagte er. Tiefstapeln wie ein kommender Tour-Sieger kann der Italiener jedenfalls schon.

Weiteres Foto - mit Klick vergrößernWeiteres Foto - mit Klick vergrößernWeiteres Foto - mit Klick vergrößernWeiteres Foto - mit Klick vergrößernWeiteres Foto - mit Klick vergrößern

Mehr Informationen zu diesem Thema

04.12.20143,5 Millionen Zuschauer beim Grand Départ der Tour in England

(rsn) – Den Grand Départ der diesjährigen Tour de France in Großbritannien erlebten nach Angaben der Tourismus-Agentur „Welcome to Yorkshire“ 3,5 Millionen Menschen entlang der Strecke mit. A

12.11.2014Froome: Nach der Frust-Tour machte die Vuelta Mut für 2015

(rsn) – Trotz der misslungenen Titelverteidigung bei der Tour de France ist Chris Froome (Sky) mit seiner Saison 2014 alles in allem zufrieden. Und auch, wenn er nach mehreren Stürzen schon früh v

25.09.2014Cavendish möchte die Tour de France nie mehr verpassen

(rsn) – Fast drei Monate nach seinem Sturz beim Grand Départ der Tour de France spürt Mark Cavendish (Omega Pharma-Quick Step) noch immer die Nachwirkungen. Der Brite hatte sich bei einem schweren

02.09.2014Keine positiven Tests bei der Tour de France

Berlin (dpa) - Alle Dopingtests der diesjährigen Tour der France waren negativ, teilte der Internationale Radsport-Verband (UCI) mit. Insgesamt wurden bei der Tour 719 Proben genommen, im Vorj

06.08.2014Denk: „Wir wollen 2015 zur Tour de France zurückkehren"

(rsn) - Nach dem erfolgreichen Debüt seiner Mannschaft bei der Tour de France äußert sich NetApp-Endura-Teammanager Ralph Denk im Interview mit radsport-news.com zu den sportlichen Zielen für den

04.08.2014Andy Schleck geht es „den Umständen entsprechend gut“

(rsn) – Knapp einen Monat nach seiner Knie-OP geht es Andy Schleck „den Umständen entsprechend gut“, wie der Trek-Profi am Rande des von Ag2R-Profi Ben Gastauer Kriteriums Gala Tour de France i

02.08.2014Gesehen und getroffen!

(rsn) - Das traf sich aber gut: Gerade wollte ich loslegen und den Radsport-News-Lesern noch ein paar Episoden meiner privaten TdF-Pyrenäen-Woche schildern, da kommt die Meldung, dass bei der Tour dÂ

29.07.2014Nibalis Tour-Sieg gibt Rückenwind für Nasarbajews Sportprojekte

(rsn) – Berlin (dpa) - Der Sieg von Vincenzo Nibali bei der Tour de France hat seinen kasachischen Geldgebern weiteren Rückenwind bei den ehrgeizigen Projekten verschafft. Großes Ziel ist der Zus

28.07.2014Majka: „Wir haben uns einen neuen Plan A ausgedacht"

Das Ergebnis kann sich sehen lassen, obwohl zunächst nichts darauf hingedeutet hatte, dass Rafal Majka auf den Bergetappen der diesjährigen Frankreich-Rundfahrt zu den Hauptakteuren gehören

28.07.2014OP-QS und Tinkoff-Saxo feiern je drei Siege, Sky erlebt Desaster

(rsn) - Drei harte Wochen Tour de France liegen hinter den Fahrern. Zeit für radsport-news.com, in einer vierteiligen Reihe Bilanz zu ziehen. Welche Teams haben überzeugt, welche sind hinter den Erw

28.07.2014Tour-Sieger Nibali ist Italiens neuer Sportheld

Paris (dpa) - Nach 16 Jahren haben die Italiener wieder einen Tour-de-France-Sieger. Entsprechend überschwänglich waren die Reaktionen nach dem Triumph von Vincenzo Nibali (Astana). Der neue

28.07.2014Kehrt die Tour nach Deutschland zurück?

(rsn) – Kehrt die Tour de France nach Deutschland zurück? Geht es nach Markus Lewe, Oberbürgermeister der Stadt Münster, dann definitiv ja. Das Stadtoberhaupt traf sich laut den Westfälischen Na

Weitere Radsportnachrichten

24.04.2024Radsport live im TV und im Ticker: Die Rennen des Tages

(rsn) – Welche Radrennen finden heute statt? Wo und wann kann man sie live im Fernsehen oder Stream verfolgen? Und wo geht´s zum Live-Ticker? In unserer Tagesvorschau informieren wir jeden Morg

24.04.2024Godon und Vendrame sorgen für Decathlon-Doppelschlag

(rsn) – Synchroner Jubel auf Platz eins und zwei, dahinter kollektiver Ärger: Decathlon – AG2R La Mondiale hat durch Dorian Godon und Andrea Vendrame auf der 1. Etappe der Tour de Romandie (2.UWT

24.04.2024“Unglaublich“: Dorn fährt auf Ansage ins Bergtrikot

(rsn) – Das Team Bike Aid, allen voran Vinzent Dorn, zeigt sich bei der Tour of Turkiye (2.Pro) weiterhin von der allerbesten Seite. Dorn schaffte es auf der 4. Etappe, die über 138 Kilometer von

24.04.2024Uhlig bremst, Andresen gewinnt vor van Poppel

(rsn) – Tobias Lund Andresen (dsm-firmenich – PostNL) hat auf der 4. Etappe der Türkei-Rundfahrt (2.Pro) seinen ersten Sieg als Profi gefeiert und damit auch die Gesamtführung an sich gerissen.

24.04.2024Bahn WM 2025 zum zweiten Mal nach Südamerika

(rsn) - Wie der Weltradsportverband UCI am Mittwoch bekanntgab, werden die Bahnweltmeisterschaften vom 15. bis zum 19. Oktober im Velódromo Peñalolén in Santiago de Chile stattfinden. Zunächst hat

24.04.2024Hindley und Lipowitz verlängern bei Bora - hansgrohe

(rsn) – Bora – hansgrohe hat die Verträge seiner beiden Kletterer Jai Hindley und Florian Lipowitz verlängert. Wie immer machten die Raublinger keine Angaben über die Laufzeiten der Arbeitspapi

23.04.2024Pogacar: “Ich kann noch etwas besser werden“

(rsn) – Nach seinem überragenden Auftritt bei Lüttich-Bastogne-Lüttich, wo er sich mit einem 35-Kilometer-Solo zum zweiten Mal nach 2021 den Sieg sicherte, verbringt Tadej Pogacar (UAE Team Emira

23.04.2024Del Toro verlängert bei UAE Emirates vorzeitig bis Ende 2029

(rsn) - In unserem ständig aktualisierten Transferticker informieren wir Sie regelmäßig über Personalien aus der Welt des Profiradsports. Ob es sich um Teamwechsel, Vertragsverlängerungen oder RÃ

23.04.2024Zijlaard fliegt am schnellsten um die 13 Kurven von Payerne

(rsn) – Maikel Zijlaard (Tudor) hat seinem Ruf als Spezialist für sehr kurze Prologe alle Ehre gemacht und in Payerne das 2,3 Kilometer lange Auftaktzeitfahren der 77. Tour de Romandie gewonnen.

23.04.2024Berlin nach Kraftakt in der Gruppe, Dorn verteidigt Weiß

(rsn) - Während Rembe Sauerland bei der Tour of Türkiye (2.Pro) erstmals die Gruppe des Tages verpasste, konnte das Team Bike Aid auch auf der 3. Etappe einen Fahrer in der hart umkämpften Fluchtg

23.04.2024Highlight-Video der 3. Etappe der Türkei-Rundfahrt

(rsn) – Für Bora – hansgrohe will es bei der 59. Türkei-Rundfahrt einfach nicht laufen. Auch auf der 3. Etappe über 147 Kilometer zwischen Fethiye und Marmaris ging das Raublinger Team leer aus

23.04.2024Zu früh gefreut: Van Poppel zurückgesetzt, Lonardi Etappensieger

(rsn) – Nachdem es an den ersten beiden Tagen der 59. Türkei-Rundfahrt (2.Pro) nicht nach Wunsch gelaufen war, schien bei Bora – hansgrohe auf der 3. Etappe der Knoten geplatzt. Danny van Poppel

RADRENNEN HEUTE

    WorldTour

  • Tour de Romandie (2.UWT, SUI)