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05.07.2014 | (rsn) - Elf Mal bestritt Andreas Klöden die Tour de France. Mit zwei zweiten Plätzen in der Gesamtwertung, aber auch schweren Stürzen erlebte der 39-Jährige alle Höhen und Tiefen. Im Interview mit radsport-news.com spricht Klöden, der im Winter seine Karriere beendet hat, über das Duell Froome gegen Contador, erklärt was es braucht, um in der Gesamtwertung ganz vorne zu landen, und verrät, wie er die Tour verfolgen wird.
In vergangenen letzten Jahren standen Sie zu dieser Zeit jeweils kurz vor Ihrem Start bei der Tour de France, waren meistens sogar aussichtsreichster deutscher Klassement-Fahrer. Ist es ein „komisches“ Gefühl, nach all den Jahren diesmal nicht bei der Tour dabei zu sein?
Klöden: Es fühlt sich eigentlich gar nicht so komisch an, wie man es vielleicht vermuten würde. Ich bin jetzt in einem Alter, wo man das alles mit einem anderen Auge betrachtet. Ich muss jetzt kein Risiko mehr eingehen, riskiere keine schweren Verletzungen mehr und mir bleibt der ganze Tourstress erspart. Ich werde aber die Tour aber so gut es geht vor dem Fernseher verfolgen.
Wie viel Radsport hat in den letzten Monaten noch in Ihrem Leben gesteckt?
Klöden: Leider habe ich mir Anfang März in Südafrika rechts einen Schien- & Wadenbeinbruch zugezogen - ein paar Tage, bevor ich mit Jan Ullrich die Argus Tour in Cape Town für einen guten Zweck fahren wollte. Die Genesung hat dann ihre Zeit in Anspruch genommen. Aber seit ein paar Wochen kann ich wieder drei, vier Mal in der Woche fahren, wenn auch nie mehr als drei Stunden am Tag. Ich habe auch gemerkt, dass die Kondition viel schneller geht als sie kommt und daher radele ich eher gemütlich durch die Gegend (lacht)! Ich habe eine schöne Trainingsgruppe beisammen und fahre viel mit Timo Glock & Mike Rockenfeller, dem amtierenden DTM-Champion. Die beiden und noch ein paar Autorennfahrer sind richtig motiviert und es macht mit Ihnen viel Spaß.
Wie intensiv werden Sie die Tour verfolgen? Legen Sie einen Abstecher nach Frankreich ein?
Klöden: Ich werde versuchen, mir die letzten 20 Kilometer jeder Etappe anzuschauen. Dieses Jahr werde ich das erste Mal seit über 20 Jahren die ersten beiden Juli-Wochen Ferien mit der Familie machen und ich hoffe, dass ich am Nachmittag irgendwo einen TV finde, wo ich mir die Finals anschauen kann. Ich habe dieses Jahr mein altes Team bei der Tour de Suisse besucht. Aber zur Tour de France werde ich nicht fahren, die Familie hat jetzt Priorität.
Wem drücken Sie die Daumen?
Klöden: Natürlich drücke ich allen deutschen Startern die Daumen, vor allem in den Sprints haben wir ja super Aussichten. Besonders meinem alten Kumpel André Greipel wünsche ich ein paar Etappensiege. Er macht zur Zeit einen starken Eindruck. Ich habe mich sehr über seine Titelverteidigung bei den Deutschen Meisterschaften letzte Woche gefreut. Nach seiner schweren Verletzung im Frühjahr habe ich ihm noch gesagt, dass das im Hinblick auf die Tour gar nicht schlecht sein muss, denn so hat er bei den schweren Klassikern ein paar Kräfte sparen können. Auch Tony Martin wünsche ich alles Gute, vor allem, dass er die erste Woche ohne Sturz übersteht, so dass er seine Chance beim letzten Zeitfahren nutzen kann.
Was trauen Sie den den zehn deutschen Startern insgesamt zu?
Klöden: Wie gesagt, ich denke in den Spints und beim Zeitfahren werden wir die besten Chancen haben. Es wäre auch schön, wenn ein Fahrer wie Buggi (Marcus Burghardt, d. Red.) einmal seine Chance in einer der Fluchtgruppen suchen und da einen Erfolg verbuchen könnte. Aber da muss man abwarten, ob und wie oft er diese Freiheit von seinem Team bekommt. Ich denke auch ein Spezialist wie Voigte (Jens Voigt) wird es sich nicht nehmen lassen, in der einen oder anderen Spitzengruppe aufzutauchen. Es wäre schön, wenn er am Ende auch noch die Power für einen Sieg hätte.
Froome oder Contador? Wer hat die besseren Siegchancen?
Klöden: Alberto macht dieses Jahr einen sehr starken Eindruck. Er hat 2014 viele große Rennen gewonnen und mich hat vor allem seine Fahrweise beim Tirreno-Adriatico und jetzt im Juni beim Critérium du Dauphiné sehr beeindruckt. Ich hoffe, er hat dabei nicht zu viele Kräfte gelassen und ist noch frisch genug für einen tollen Kampf mit Chris Froome. Der hat meines Erachtens durch seine kleinen gesundheitlichen Probleme im Frühjahr einen kleinen Vorteil, da er in den Frühjahrsrennen nicht so oft ans Limit gehen musste und dadurch etwas frischer in der Tour sein könnte, vor allem in der letzten Woche.
Worauf kommt es bei der Tour für einen Klassementfahrer besonders an?
Klöden: Ein Klassementfahrer muss über drei Wochen sehr konstant sein. Er muss jeden Tag das Finale mitfahren und kann nicht – im Gegensatz zu seinen Helfern - die letzten Kilometer ins Ziel rollen, um für die nächsten Etappen Kräfte zu sparen. Außerdem darf er sich keinen schwarzen Tag erlauben und muss das Geschick und das nötige Glück haben, sturzfrei durch die erste Woche zu kommen. Wer da nicht stürzt, der hat schon mal die halbe Miete, oder sagen wir ein Drittel. Denn wenn dein Körper nach einem schlimmen Sturz mehr mit der Regeneration der Wunden als mit der Erholung von der Etappe beschäftigt ist und du dich jeden Tag schlechter erholen kannst, summiert sich das in drei Wochen. Und in der letzten Woche, wenn es um alles geht, bist du einfach nicht mehr frisch genug, um konkurrenzfähig zu sein. Klassementfahrer ist einfach der härteste Job im Peloton.
In den vergangenen Jahren gab es jeweils kurz vor der Tour ein spektakuläres Dopinggeständnis oder es wurde ein Skandal aufgedeckt. In diesem Jahr scheint das - sieht man von den Fällen Kreuziger und Impey ab - doch anders zu sein. Sind alle Skandale aufgedeckt
Klöden: Ich denke, dass erstens die Kontrollen greifen, obwohl es meines Erachtens noch viel mehr sein müssten. Zweitens hat in der Branche ein Umdenken stattgefunden. Und drittens muss man sich auch mit der Zukunft des Radsports beschäftigen und mit dem, wie man Dinge für Fahrer und Zuschauer zum Positiven wenden kann. Aber das habe ich schon immer gesagt. Man wird immer den einen oder anderen Dopingfall haben, auch in Zukunft. Aber dafür machen wir ja die Kontrollen - damit die Fahrer, die betrügen, immer in Angst leben müssen, erwischt zu werden.
ARD und ZDF übertragen erneut nicht die Tour de France. Was ist Ihrer Meinung nach nötig, um die TV-Anstalten davon zu überzeugen, dass der Radsport (wieder) zeigenswert ist?
Klöden: Ich denke, man kann da nicht mehr viel anders machen. Man macht doch schon fast das Optimum, um glaubwürdig zu sein. Sagen wir nur mal, man würde die Anzahl der Dopingkontrollen des Radsports auf den Fußball umrechnen. Dann müsste man entweder im Fußball viel mehr kontrollieren oder die Kontrollen im Radsport zurück fahren, um eine Art Gleichgewicht zu erreichen. Also daran kann es ja nicht liegen. Und es gibt viele andere Beispiele von Sportarten, wo es genau dasselbe ist.
Die Argumentation der Intendanten bei ARD und ZDF kann ich nicht nachvollziehen. Es werden Sportarten gezeigt, die nicht annähernd diese Kontrolldichte haben wie wir im Radsport. Dann dürfte man Fußball gar nicht mehr zeigen. Was ist denn mit all den manipulierten Fußballspielen, nach denen Schiedsrichter ins Gefängnis wandern? Selbst das ist kein Grund für ARD und ZDF, die Berichterstattung einzuschränken. Nein, Sie zeigen dann noch samstags die 3. Liga, wo Leute spielen, die noch nebenbei arbeiten gehen und wo es wahrscheinlich gar keine Dopingkontrollen gibt.
Man sollte endlich die super Leistungen der deutschen Radprofis anerkennen und das Rennen den Fans wieder im TV zeigen.
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