Zweiter Teil des großen Interviews zum Karriereende

Teutenberg: „In Deutschland wird man nicht besser“

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Der letzte Sieg einer langen Karriere: Ina-Yoko Teutenberg gewann Ende 2012 die Energiewacht Tour vor Ellen Van Dijk und Marianne Vos. | Foto: ROTH

28.10.2013  |  Zehn Tage nach Bekanntgabe ihres Karriereendes sprach Felix Mattis für Radsport News lange mit Ina-Yoko Teutenberg. Im ersten Teil des Interviews, den wir am Sonntag veröffentlichten, blickten die beiden auf die Laufbahn und das schwere letzte Jahr der 38-jährigen Top-Sprinterin zurück. Im zweiten Teil spricht Teutenberg über die Probleme des Frauen-Radsports und erklärt, wie ihm vergleichsweise einfach geholfen werden könnte. Einige Aspekte an ihm gefallen ihr sogar besser als am Männer-Radsport.

Frau Teutenberg, Sie leben in Kalifornien. Haben Sie das Gefühl, dass man als Radsportler in den USA auf mehr Gegenliebe stößt als zum Beispiel in Deutschland?

Teutenberg: „Nein, Gegenliebe spüre ich auch in Deutschland. Ich habe vor Jahren eben wegen meiner Beziehung entschieden, in den Staaten zu leben. Aber dieses Jahr ist so viel passiert: Ich lehne es auch nicht grundsätzlich ab, irgendwann wieder nach Deutschland zu ziehen.“

Das Leben als Radsportlerin ist dort also nicht unbedingt anders als in Deutschland, wo man ja sagt, dass gerade durch die Doping-Skandale der Ruf so schlecht wäre wie nirgendwo sonst?

Teutenberg: „Nein, ich bin aus privaten Gründen hier gelandet - nicht wegen des Sports. Hier in den USA geht es auch hoch und runter. Der Frauen-Radsport war groß, als ich hergekommen bin, aber das hat auch hier nachgelassen. Es ist in den USA nicht einfacher, als Radfahrer Geld zu verdienen. Die amerikanischen Frauen haben die gleichen Probleme wie wir in Deutschland.“

Hängt das auch mit Lance Armstrong zusammen?

Teutenberg: „Der Frauen-Radsport hatte es hier schon in den letzten zwei Jahren schwerer. Die Armstrong-Sache hat dazu vielleicht auch ein bisschen etwas beigetragen, aber nicht so sehr wie bei den Männern, denke ich.“

Und weltweit? Wie sehen Sie da das Standing des Frauen-Radsports? Bei der WM in Florenz war die Enttäuschung ziemlich groß, weil das Mannschaftszeitfahren nicht übertragen wurde.

Teutenberg: „Ich will nicht gegen die UCI schießen, aber in der Hinsicht sollte der Weltverband schon bei der Vergabe der Rechte darauf achten, dass die Rennen dann auch übertragen werden. Es ist wirklich schade, denn die guten Frauen-Teams fahren genau wie die Männer auch - das sieht genauso gut aus. Da muss die UCI wirklich helfen.“

Aber wie könnte sie das tun?

Teutenberg: „Natürlich ist es schwer, wenn die Rennen nicht mit den Männern gleichzeitig sind, das Fernsehen dort hin zu bekommen. Das kostet viel Geld und ich bin nicht so naiv zu glauben, dass das so einfach geht. Aber zum Beispiel in Flandern und beim Flèche Wallone, wo wir nur ein paar Stunden früher fahren, da stehen im Zielbereich ja sogar fest installierte Kameras. Wir kommen meistens ins Ziel, wenn das Männerrennen zwar läuft, aber noch gar nichts passiert. Da müsste man nur mal kurz rüberblenden - und wir reden ja nur von zwei, drei oder vier Minuten. Oder bei der WM: Man muss ja auch nicht das ganze Mannschaftszeitfahren der Männer übertragen. Da sind auch 30 Mannschaften am Start, die nicht interessieren und nur am Start stehen, weil sie dürfen. Teilweise fahren sie langsamer als die besten Frauenteams. Während die unterwegs sind, könnte man auch eine Zusammenfassung der besten Frauen bringen. Das wären alles nur kleine Schritte, aber die würden den Team-Managern schon helfen, ein paar Sponsoren zu finden. Aber die UCI ist ein Verband, und Verbände treten sich da eben tot.“

Kann Brian Cookson als neuer Präsident daran etwas ändern?

Teutenberg: „Ich hoffe. Er ist ja pro Frauen-Radsport und ich hoffe, dass er etwas machen kann."

Sein Vorgänger Pat McQuaid hat damals auch gesagt, dass er etwas für den Frauensport tun möchte...

Teutenberg: „Ja, es ist eben immer eine Sache der Eigen-Wahrnehmung. Vielleicht hat er ja wirklich gedacht, er tut was.“

Vielleicht hat er auch wirklich gedacht, er hätte etwas gegen Doping getan..?

Teutenberg: „Genau. Das ist das Gleiche.“

Wie sieht es denn bei Ihnen privat aus: Schauen Sie Frauen-...

Teutenberg (sofort): „Ja!“

...und Männer-Radsport?

Teutenberg: „Ich muss ganz ehrlich sagen, dass es im Männer-Radsport oft einfach nur A plus B gleich C ist. Die Gruppe fährt, sie wird eingeholt und dann wird gesprintet. Ich gucke mir sehr gerne die Klassiker an, weil da immer etwas passieren kann. Aber bei den großen Rundfahrten ist es oft einfach langweilig. Ohne den Jungs da jetzt ihre Leistung klein zu reden, die können ja alle Radfahren und die letzten fünf Kilometer sind auch interessant. Gerade dieses Jahr bei der Tour, da wusste man ja nie, welcher Sprinter jetzt gewinnt. Das hat es spannend gemacht. Aber so ein ganzes Rennen würde ich mir nie angucken - das ist so kontrolliert mittlerweile. Ergebnisse verfolge ich allerdings schon immer - ich weiß also, was passiert.“

Bei den Frauen sind Sie mehr hinterher?

Teutenberg: „Ja, da schon. Wenn ich weiß, dass irgendwo etwas auf YouTube zu sehen ist, dann schaue ich mir das immer an.“

Sie haben angesprochen, dass die Männer-Rennen berechenbar sind. Ist das in Ihren Augen sportlich gesehen der Haupt-Unterschied zwischen Männer- und Frauen-Radsport?

Teutenberg: „Ja, das liegt auch teilweise an den Distanzen. Dadurch, dass bei uns die Rennen kürzer sind, geht es oft sofort richtig los. Das sieht man ja auch bei den Männern: Wenn die Etappen kürzer sind, ist es interessanter. Ist ja logisch, man kann ja nicht siebeneinhalb Stunden Vollgas fahren. Ich denke es wäre besser, die Etappen kürzer zu gestalten. Länge ist nicht alles.“

Länge ist nicht alles - für die Tour 2014 hat die ASO die beiden entscheidenden Pyrenäen-Etappen nach diesem Motto 125 und 145 Kilometer kurz gehalten...

Teutenberg: „Und ich denke, da wird sofort Vollgas gefahren. Das werden die Etappen, wo danach alle sagen: Das war super heute!“

Im deutschen Frauen-Radsport ist durch das Fehlen von Ihnen und Judith Arndt in diesem Jahr eine große Lücke entstanden. Wie sehen Sie die Zukunft?

Teutenberg: „Wir haben schon ein paar gute Fahrerinnen, aber so einen Nachwuchs und auch die Nachwuchsrennen wie in Holland gibt es bei uns nicht. Es ist in den letzten Jahren leider nicht sehr viel nachgekommen. Lisa Brennauer wird noch stärker werden und auch Claudia Häusler wird besser und besser. Sie hatte in den letzten Jahren sicher auch noch mit dem Sturz von vor drei Jahren zu kämpfen. Aber Claudi ist auch noch jung - auf sie kann man hoffen. Die nächsten Olympischen Spiele sind ja wahrscheinlich wieder etwas bergiger, das könnte Trixi Worrack und ihr liegen. Und danach hoffen wir mal, dass dann von unten wieder etwas nachgerückt ist.“

Wie gut kennen Sie denn die Generation, die dann kommen wird - also die jetzigen Juniorinnen?

Teutenberg: „So gut wie gar nicht.“

Eine von ihnen, Anna Knauer, hat gerade mit 18 Jahren bei Rabobank Liv/Giant unterschrieben. Ist das zu früh oder der richtige Zeitpunkt?

Teutenberg: „Ach, das geht schon. Sie wird ja nicht alle großen Rennen fahren müssen und sie hat dort die besten Lehrmeister. Es ist sicher nichts Schlechtes, dort zu lernen. Und wenn sie eher die Rennen aus der zweiten Reihe fährt, wird sie keine Probleme haben. Also in Deutschland wird man nicht besser, ins Ausland zu gehen ist auf jeden Fall der richtige Schritt.“

Wenn man in Deutschland derzeit nicht besser wird, könnten Sie sich denn vorstellen, da zu helfen - vielleicht auch direkt beim BDR-Nachwuchs?

Teutenberg: „Momentan wohne ich dafür einfach zu weit weg. Das wird schon aus logistischen Gründen sehr wahrscheinlich nicht passieren. Nicht, weil ich nicht interessiert wäre, aber weil mein Lebensmittelpunkt einfach woanders liegt.“

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