Interview mit dem Project 1t4i-Teamchef

Spekenbrink: "Wir wollen den weltbesten Sprinterzug"

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Iwan Spekenbrink | Foto: ROTH

07.11.2011  |  (rsn) – Mit sieben deutschen Fahrern und hohen Erwartungen geht der niederländische Rennstall Project 1t4i – bisher: Skil-Shimano - in die neue Saison. Im Interview mit Radsport News spricht Teamchef Iwan Spekenbrink über seine Pläne für 2012, über Marcel Kittel und wie seine Mannschaft in der kommenden Saison Mark Cavendish herausfordern will.

Herr Spekenbrink, haben Sie die Hoffnung auf die WorldTour-Lizenz schon aufgegeben?

Spekenbrink: Sicherlich haben wir noch die Hoffnung, denn bei Geox steigt der Sponsor aus und das Team hat keine Bankbürgschaft hinterlegt. Aber selbst, wenn wir noch ein Jahr als Zweitdivisionär fahren müssen, können wir damit leben. Aber spätestens 2013 wollen wir in die WorldTour.

Wie wichtig wäre es denn für das Team, schon 2012 eine WoldTour-Lizenz 2012 zu bekommen?

Spekenbrink: Grundsätzlich ist es so, dass wir wachsen und im kommenden Jahr ein besseres Team mit mehr Professionalität sein werden. Das betrifft sowohl die Qualität der Fahrer, aber auch die Betreuung. Wir bekommen auch ein zweites Teamcamp in Frankreich und einen zweiten großen Teambus. Wir haben zwei Ziele: einmal die Teilnahme an den großen Rennen, dazu gibt es zwei Möglichkeiten: erstens die WorldTour-Lizenz und zweitens Einladungen von den Veranstaltern, also Wildcards. Wir sind sehr optimistisch, dass wir so oder so an großen Rennen teilnehmen können. Das zweite Ziel ist aber, weiter an unserer Philosophie festzuhalten, um damit Erfolg zu haben.

Und wie sieht diese Philosophie aus?

Spekenbrink: Ich möchte das anhand der Lizenzierungskriterien der UCI erklären. Wir stehen nicht zu 100 Prozent hinter dem System, nach dem die Lizenzen verteilt werden, müssen damit aber leben. Dieses System erfordert von einem Team nicht nur optimale Planung, sondern auch den Start bei sehr vielen Rennen, um die nötigen Punkte zu sammeln. Wenn das nicht klappt, muss man Fahrer verpflichten, die möglichst viele Punkte mitbringen. Wir wollen aber unser Team nicht auf Erfolgen aus der Vergangenheit aufbauen, sondern weiter mit jungen Fahrern arbeiten, die sich bei uns weiterentwickeln. Wir werden also unsere Philosophie nicht ändern und ich sehe auch keinen Grund dazu. Wir waren in diesem Jahr nur vier Punkte von Platz 20 der Rangliste entfernt und ein Großteil dieser Punkte haben wir in nur einer Saison eingefahren. Allerdings werden die Ergebnisse der letzten zwei Jahre als Maßstab für die Rangliste herangezogen, die maßgeblich bei der Lizenzvergabe ist. Und wenn unter diesen Bedingungen schon jetzt nur vier Punkte fehlen, kommen wir spätestens 2013 eine Stufe höher, denke ich.

Die Teams von Platz 1 bis 15 der Rangliste haben eine WorldTour-Lizenz sicher. Die fünf Mannschaften dahinter streiten sich um die restlichen drei Lizenzen. Ihr Team belegte Platz 21….ärgern Sie sich darüber?

Spekenbrink: Merkwürdig bei dem Verfahren finde ich, dass es zunächst eine knallharte Deadline am 1. Oktober gibt, zu der die Teams drei „Essentials“ erfüllen müssen: Fahrerverträge, Bankbürgschaft und Sponsorenverträge. Damals war Geox nicht bei den aufgelisteten Teams dabei, weil die Bankbürgschaft fehlte. Auf der am 20. Oktober veröffentlichten Liste erscheint das Team plötzlich, weil hier nur die sportlichen Ergebnisse zählten. Ich denke, das ist ein Fehler im System und ich bin mir sicher, dass die UCI das auch registriert hat, und dass hier Änderungen nötig sind und auch erfolgen werden. Aber noch mal: Wir akzeptieren die Situation, wie sie ist.

In die Saison 2012 geht das Team unter dem Namen Project 1t4i. Warum wird der Name des neuen Hauptsponsors erst später bekannt gegeben?

Spekenbrink: Ich weiß, dass ein solches Vorgehen völlig neu ist. Kurz gesagt kommt das daher, weil der neue Sponsor uns als Teil einer groß angelegten Kommunikationskampagne präsentieren will, und die beginnt eben etwas später im neuen Jahr. Wir hatten also zwei Optionen: Entweder, wie bisher üblich, den Namens des Sponsors zu präsentieren, was natürlich der Kampagne zuwidergelaufen wäre. Oder aber zu warten und dann sozusagen alles aus einem Guss zu machen. Wir haben uns für die zweite Option entschieden.

Wie beurteilen Sie Marcel Kittels Leistungen in diesem Jahr? Haben Sie ihm diese Entwicklung zugetraut?

Spekenbrink: Ich glaube nicht, dass man einem Fahrer in seinem ersten Profijahr eine solche Entwicklung überhaupt zutrauen kann. Deshalb: Was Marcel da geleistet hat, ist fabelhaft - Punkt. Aber man darf nicht erwarten, dass ein Fahrer so früh schon so viele schöne Erfolge hat. Wir investieren viel in junge Profis mit großem Potenzial wie eben Kittel. Aber wir setzen sie nicht unter Druck. Marcel hat uns alle in diesem Jahr mit seinen Erfolgen überrascht – und wohl auch sich selbst.

In der Saison 2012 stehen sieben deutsche Fahrer unter Vertrag, darunter mit Kittel und Degenkolb zwei der größten Talente. Was erwarten Sie von den beiden im neuen Jahr?

Spekenbrink: Zunächst einmal möchte ich die Arbeit von Jörg Werner loben, denn von seinem Thüringer Energie Team kommen ja Degenkolb und Kittel. Jörg leistet ähnliche Arbeit wie wir und das beinhaltet eben nicht nur Training nach modernsten Gesichtspunkten, sondern, dass man auch die Fahrer außerhalb des rein Sportlichen begleitet. Insofern war es für Marcel kein ganz neues Umfeld, in das er bei uns gekommen ist. Nun zu den Erwartungen: Die erhöhen sich natürlich, wenn Fahrer in ihrer ersten Profisaison solche Siege einfahren wie Kittel und Degenkolb. Dann wächst automatisch der Druck. Nicht von uns, sondern von der Presse und auch die Fahrer selber setzen sich mehr unter Druck. Bei uns dürfen Kittel und Degenkolb auch Fehler machen. Wir wollen eher, dass sie sich Schritt für Schritt entwickeln. Da beide in diesem Jahr aber auf einem so hohen Niveau gefahren sind, stellen sich auch Fragen wie die, ob sie auch eine Etappe etwa bei der Tour de France gewinnen können? Wir glauben, dass es möglich ist.

Sie sind ein niederländisches Team, aber der erfolgreichste Fahrer ist Deutscher. Wäre es Ihnen wichtig, dass ein Niederländer ähnlich viele Siege einfährt?

Spekenbrink: Wir haben zwar eine niederländische Lizenz und unseren Sitz in Holland, aber wir betrachten uns als ein internationales Team. Für uns sind beispielsweise Deutschland und Frankreich enorm wichtige Länder. In unserem Aufgebot stehen aber auch talentierte niederländische Fahrer wie Ramon Sinkeldam, der in diesem Jahr holländischer U23-Meister wurde, oder Tom Dumoulin. Nun erwarten wir von ihnen keine Entwicklung wie bei Kittel, aber ich bin sehr zuversichtlich, dass auch unsere niederländischen Fahrer Erfolge haben werden.

Ihr Team hat in dieser Saison 30 Siege eingefahren. Mit welchen Zielen geht die Mannschaft in das neue Jahr?

Spekenbrink: Ich weiß nicht, ob man vor einer Saison sagen kann: Wir wollen so und so viele Rennen gewinnen. Es stimmt: In diesem Jahr haben wir 30 Siege, was enorm viel ist, und man kann nicht erwarten, dass es 2012 genauso viele werden. Wir wollen Präsenz zeigen in den großen Rennen, an erster Stelle natürlich der Tour de France. Prinzipiell wollen wir uns aber in allen Rennen gut präsentieren und ich glaube, wir haben auch die Fahrer dafür. Alexandre Geniez etwa ist ein aussichtsreicher Kandidat für Rundfahrten, mit Patrick Gretsch haben wir ein Riesentalent für Prologe und Zeitfahren verpflichtet. Und dann wollen wir einen erstklassigen Sprinterzug für Kittel und Degenkolb aufbauen, um gegen Cavendish bestehen zu können. Ich denke, dass wir dafür auch die richtigen Leute haben wie Tom Veelers, Roy Curvers, Koen de Koert oder Roger Kluge, alles enorm wichtige Leute. Unser Vorbild ist dabei HTC-Highroad, die das in den vergangenen Jahren ganz hervorragend gemacht haben. Das große Ziel ist, den besten Sprinterzug der Welt zu haben.


Mit Iwan Spekenbrink sprach Matthias Seng.

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