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26.06.2009 | (rsn) - "Leser fragen - Profis antworten" heißt die Serie auf Radsport News, in der jeden Monat ein Radprofi den Lesern Rede und Antwort steht. Im Juni war das Linus Gerdemann (Miiram), der mit großen Ambitionen in die Ende kommender Woche beginnende Tour de France geht. Hier sind seine Antworten auf ihre Fragen:
Bergfloh fragt: Nach deinem Wechsel von Columbia zu Milram vermittelten die Medien den Eindruck, dass es viele Missstimmungen zwischen dir und dem alten Team gab. Ist da was dran?
Gerdemann: Nein, da ist nichts dran. Ganz im Gegenteil, ich habe zu vielen Fahrern aus meinem alten Team noch einen sehr guten Draht.
Valentino Peluso fragt: Wie ernährst du dich in der Vorbereitungszeit und was verändert sich an deiner Ernährung während der Saison - benutzt du auch Nahrungsergänzungen wie Aminosäuren und Eiweißdrinks?
Gerdemann: Während der Saison nehme ich Proteinpulver und Nahrungsergänzung wie Eiweißpulver zu mir. Zudem achte ich sehr auf eine ausgewogene, fettarme und gesunde Ernährung, insbesondere vor den Saisonhöhepunkten.
Christoph Sollfrank fragt: Um bei Etappenrennen vorne dabei zu sein, muss man auch in den Abfahrten Vollgas geben. Haben Sie nach Ihrem Horrorsturz letzten Jahres Angst vor solchen Situationen oder stecken sie diese Erinnerung einfach weg?
Gerdemann: Der Sturz bei Tirreno-Adriatico 2008 kam ja nicht überraschend. Ich bin einfach zu schnell in die Kurve gefahren. Von daher beeinträchtigt mich dieser Vorfall nicht mehr. Man sollte grundsätzlich nicht immer unnötige Risiken eingehen, aber ich denke, dass ich nach wie vor ein guter Abfahrer bin.
Tobias Truglowski, Jonas Rapp und Raphael Stock fragen: Was sind Ihre Ziele für die Tour de France 2009 und wie sehen Sie ihre Chancen - ein Platz in den Top 20, unter den besten Zehn oder vielleicht doch sogar unter den ersten Fünf?
Gerdemann: Ich werde mich so gewissenhaft wie möglich vorbereiten und dann schauen, was am Ende dabei heraus kommt. Ein erfolgreiches Abschneiden bei der Tour mache ich nicht an einer Platzierung im Gesamtklassement fest. Vielmehr daran, wie die Tour für mich verlaufen ist und ob ich das maximale Leistungsvermögen aus mir herausholen konnte.
Scott Nawroth fragt: Nahezu jeder Fan sieht dich als die große deutsche Tour-Hoffnung. Was können wir in diesem und in den nächsten Jahren von dir erwarten und wie kommst du mit dieser "Rolle" klar?
Gerdemann: Ich hoffe eine Menge. Ich werde immer mein Bestmögliches geben. An die Erwartungshaltung habe ich mich mittlerweile gewöhnt. Ich versuche diese Rolle auch anzunehmen, dies war ja auch einer meiner Gründe für den Wechsel zum deutschen Team Milram.
Fabian Parchmann fragt: Wie schätzen Sie Ihre Chancen auf einen Tour de France-Sieg in den nächsten Jahren ein?
Gerdemann: Das ist schwer zu sagen. Da gehört viel zu. Man kann ja nicht wissen, wie die eigene Entwicklung weiter verlaufen wird. In jedem Fall werde ich mein Bestes geben.
Julian Steinbach fragt: Meine Frage bezieht sich auf deinen Husarenritt ins Gelbe Trikot bei der Tour 2007. Man hat deutlich gesehen, wie du dich gequält hast. Mich würden deine Puls- und Leistungswerte (inkl. persönlichem Maximalpuls) auf dieser Etappe interessieren... es existiert doch bestimmt ein Diagramm?
Gerdemann: Ich bin damals ohne Pulsuhr gefahren, daher existiert kein Diagramm. Ich kann nur so viel sagen, dass es sehr sehr schmerzhaft war.
Patrick Böhmler fragt: 1997 warst du 14 Jahre alt, als Jan Ullrich die Tour gewann. Wie hast du das damals erlebt und bleibt es für dich als ambitionierten deutschen Rundfahrer der größte Traum, es ihm in dieser Hinsicht eines Tages gleich zu tun?
Gerdemann: Der Sieg 1997 war natürlich eine große Sache. Ich persönlich hatte damals noch kein besonderes Augenmerk auf den Radsport, sondern habe es wie jeder „normale“ deutsche Radsportinteressierte verfolgt. Es hat mich aber wie alle in Deutschland sehr gefreut!
Jean-Pierre Fournes fragt: Wie gehst du gegen Motivationsprobleme vor? Ich kann mir vorstellen, dass du nicht jeden Tag Lust hast auf's Rad zu steigen und dich das ganze Theater rund um den Profiradsport auch manchmal nervt...
Gerdemann: Man muss es teilweise einfach als Beruf und nicht als Hobby sehen. Besonders an Tagen mit schlechtem Wetter...
Werner Voß fragt: Wäre es nicht ehrlicher, Doping freizugeben, weil man es in vielen Fällen (wie beispielsweise Eigenblutdoping) ja doch nicht nachweisen kann? Das heißt, die Erwischten sind die Bauernopfer. Wenn man sich überlegt, wie viele Spitzenfahrer - obwohl in Dopingfälle verstrickt- weiterhin Rennen fahren, wird das Ganze da nicht zur Farce?
Gerdemann: Nein, ich bin strikt gegen das Freigeben von Doping. Der Sport darf kein pharmazeutisches Wettrüsten sein bzw. werden. Ich bin allerdings auch der Meinung, dass die Anti-Doping-Labore auf einem sehr guten Weg sind und ihr Netz immer enger spannen. Falls es nicht so wäre, würde ich diesen Sport auch nicht mehr ausüben wollen.
Karl Wutz fragt: Wie erklären Sie sich die zurückhaltenden Reaktionen Ihrer Radsportkollegen auf Dopingenthüllungen? Wenn mich ein Mitstreiter in einem sportlichen Wettkampf bescheißt, bin ich sicherlich not very amused - außer ich kämpfte mit den gleichen unlauteren Mitteln! Wenn nicht ertappte Sportler zu "auspackenden" Kollegen sagen, sie sollten „mal lieber die Klappe halten" (wie Di Luca zu Zabel), und "Geläuterte" im Feld gemieden werden, ist das schon etwas irritierend. Wer ist denn Ihrer Meinung nach der Nestbeschmutzer in Ihrem Beruf?
Gerdemann: Die Nestbeschmutzer sind ganz klar die Sportler, die dopen und mit sich mit unlauteren Mitteln einen Vorteil verschaffen!
Jonathan Sachse fragt: Würdest du einen Teamkollegen "verpetzen", wenn du ihn beim Doping erwischst?
Gerdemann: Ja, würde ich, denn er würde damit die ganze Existenz des Teams und viele weitere Arbeitsplätze gefährden. Außerdem wäre ich maßlos enttäuscht, dass dieser Teamkollege sowohl unsere Teamphilosophie als auch die Richtung, in die unsere Reise gehen soll, immer noch nicht begriffen hat.
Nagres Nasseri fragt: Glauben Sie, dass 2010 die Deutschlandtour wieder stattfinden wird – die ARD überträgt ja auch von der Tour-?
Gerdemann: Das ich für mich schwer zu sagen und ich kann es aktuell auch nicht beurteilen. Es wäre aber in jedem Fall sehr wünschenswert.
Enrico Muax fragt: Buon giorno Sg. Gerdemann, wenn Sie würde bekomme zusamme mit ihre Freundin eine Baby, würde Sie die auch nenne Max, so wie de die Lance Armstrong unte die Jan Ullrich?
Gerdemann: Ich bin derzeit Single, von daher steht die Frage im Moment nicht zur Debatte. Sollte es jedoch soweit sein, hätte meine Partnerin sicherlich auch ein entsprechendes Mitspracherecht.
Aus zeitlichen Gründen konnten leider nicht mehr alle Fragen an Linus Gerdemann berücksichtigt werden.
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