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13.07.2008 | Eine lange und eklig schwere erste Pyrenäen-Etappe. Aber dafür gehts mir heute abend erstaunlich gut. Auch berghoch gings heute für meine Verhältnisse sehr gut. Bergetappen sind für uns Sprinter natürlich schwer, aber vom Kopf her ist es durchaus eine Erholung. Es geht für uns ja um nix, kein Druck, nur durchkommen. "Überführungsetappe" - zumindest aus Sprinter-Perspektive. Aus Gerolsteiner Sicht war es kein schlechter Tag. Schade, dass es für Seppel nicht ganz gereicht hat. Das Bergtrikot zumindest hätte er bestimmt verdient gehabt.
Heute früh in der Teambesprechung wurde erstmal gefragt, wer denn nicht in einer Gruppe mitspringen möchte. Da habe ich mich mal zaghaft gemeldet. Normalerweise ist es bisher Seppels Aufgabe gewesen, für Kohl zu fahren, ihn ein bisschen aus dem Wind zu halten. Das habe ich heute stellvertretend übernommen, damit Seppel vorne in einer Gruppe was versuchen konnte. Das funktionierte alles prima. Zeitig ging das Trio mit Seppel. Es gibt Kandidaten, denen es immer dann einfällt, dass sie auch noch mitfahren wollen, wenn eine Fluchtgruppe eine Minute weg ist. Euskaltel machen das gern oder Terpstra von Milram. Aber heute wollte Columbia keinen mehr wegfahren lassen, die haben zugemacht.
Im Feld wurde es nun ruhig. Der Abstand von Seppel und Co. wurde immer größer. 10 Minuten, 11, 12. Wir spekulieren schon: Wer will da eigentlich noch hinterherfahren? Columbia hat kein Interesse, weil keine Gefahr durch die Ausreißer drohte. Und wer sonst? Aber wir wurden dann bald aus unseren Träumen gerissen. Euskaltel ist in den Pyrenäen natürlich immer heiß und die haben sich dann auf die Verfolgung von Seppel gemacht. Mit drei, vier Mann haben sie sich vors Feld gesetzt, das schnell in Reihe fuhr. Die Drei vorne haben allerdings schön gegengehalten. Ich bin mit Koksi im Windschatten noch ein Stückchen vorgefahren, um nichts zu riskieren. In einer Kurve scheppert es. Evans stürzt. Eisel dahinter fährt geradeaus und ich muss ausweichen. Da stand ich plötzlich in der Botanik. Mir ist nichts passiert. Eisel und vor allem Evans hat es schlimmer erwischt.
Am ersten schweren Berg ist das Feld gleich auseinander geflogen. Ein großes Grupetto bildete sich. Kraussi und ich wollten noch ein bisschen gegenhalten. Kraussi war eine Gruppe vor mir und ich bin zu ihm vorgefahren. Auch O'Grady in der Gruppe dabei. Mitte des Berges sehen wir eine größere Gruppe vor uns. 20 Mann, wir zwei Minuten dahinter und hinter uns das große Grupetto. Was machen? Vor fahren oder aufs Grupetto warten? "Komm, wir probieren es!", sage ich zu Kraussi. Die anderen in der Gruppe waren nicht so begeistert, als wir nochmal draufgetreten haben. Wir kamen zügig voran. Die Abfahrt nahmen wir zu zweit in Angriff. Ich befürchtete schon, dass das wieder so was ähnliches wird wie vor zwei Tagen, als ich da alleine im Nirgendwo vor dem Grupetto rumgondelte. Aber unten am Berg haben wir nochmal alles gegeben und kamen dann etwa bei KM 190 doch in die Gruppe vor uns zurück. Von uns waren Ronny und Heinrich dabei, u.a. auch Pozzatto. Schöne Gruppe. Der Tag war für mich damit eigentlich gelaufen.
Am Berg sind die Abstände kilometermäßig kleiner als im Flachen, deshalb hört man den Funk von der Spitze auch mit. So haben wir hautnah Seppels Kampf miterlebt. "Hopp!" - "Zieh!" - "Ricco kommt Dir näher..." Tja, schade für Seppel. Nachher im Bus habe ich ein bisschen mit Seppel geredet. Er ist ganz nüchtern, aber ich denke, innerlich ärgert es sich schon etwas. Das Bergtrikot hat er so knapp verpasst. Und wenn Euskaltel ein paar Minuten später losfährt, wer weiß, vielleicht hätte es zum Etappensieg gereicht. Naja, hätte, wäre, wenn - wir müssen nach vorne schauen. Morgen auf ein Neues.
Meine Aufgabe wird zunächst sein, unseren Klassement-Mann Kohl aus dem Wind zu halten. Wenns dann zur Sache geht, ist meine Aufgabe erledigt und für mich geht's nur noch ums Überleben.
Bis morgen!
Euer Frösi
Traditionell führt Robert Förster auf Radsport News zur Tour de France sein Tagebuch. Der Gerolsteiner-Sprinter, der in diesem Jahr auf seinen ersten Tour-Etappensieg hofft, wird in den nächsten drei Wochen von seinen Erlebnissen auf und neben der Strecke berichten.
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