Der Kampf ums Weiße Trikot

Showdown zwischen Fothen und Cunego

Von Matthias Seng

21.07.2006  |  Spannend und dramatisch wie lange nicht verläuft die Tour de France. Im Kampf um das Gelbe Trikot zählt jede Sekunde. Mindestens drei Fahrer dürfen sich noch große Hoffnungen auf den Sieg machen. Und in der Nachwuchswertung kommt es zum großen Showdown zwischen zwei der größten Rundfahrttalente im Profiradsport.

Damiano Cunego (Lampre) liegt vor dem entscheidenden Zeitfahren am Samstag den Hauch von fünf Sekunden vor Markus Fothen (Gerolsteiner). Dabei hatte es lange Zeit so ausgesehen, als wäre das Weiße Trikot eine sichere Beute für den Deutschen. Vor den drei Alpenetappen betrug der Vorsprung des 24-jährigen Fothen auf den gleichaltrigen Cunego mehr als 12 Minuten.

Aber der Giro-Sieger von 2004 fuhr in den vergangenen drei Tagen wie entfesselt, wurde in L’Alpe d’Huez Zweiter, in La Toussuire 14. und gestern in Morzine Vierter. Da konnte Fothen besonders auf der gestrigen Etappe wie ein Löwe kämpfen, mit den Kletterqualitäten des kleinen Italieners konnte er nicht mithalten.

Nach dem Rennen war bei dem ausgebildeten Landwirt von Unsicherheit aber nichts zu spüren. „Auch wenn ich heute Zeit auf Cunego verloren habe, meine Leistung war top", sagte Fothen wie gewohnt selbstbewusst. „Am Samstag wird abgerechnet und ich denke, meine Rechnung kann aufgehen." Fothens große Hoffnung ist das zweite große Zeitfahren dieser Tour.

Auf den 57 Kilometern von Le Creusot nach Montceau-les-Mines will er den Spieß wieder umdrehen. Im ersten Zeitfahren nahm der U23-Zeitfahrweltmeister von 2003 dem Italiener fast vier Minuten ab. Für morgen ist unter normalen Umständen mit einem ähnlichen Ergebnis zu rechnen. Vielleicht schien Cunego deshalb bisher kein großes Gewicht auf das Weiße Trikot zu legen. Das Ziel des „kleinen Prinzen“, wie er in Italien genannt wird, lautete: Etappensieg. Da mit wird es jetzt aber nichts mehr werden bei dieser Tour.

Fothen und Cunego sind die mit Abstand besten Fahrer unter 25 Jahren bei dieser Tour. Ihr Vorsprung auf den Drittplatzierten, den Franzosen Matthieu Sprick, beträgt fast eineinhalb Stunden – das sind Welten.

Aber beide haben höhere Ziele als den Gewinn der Nachwuchswertung und Etappensiege. Fothens großer Traum ist der Toursieg, irgendwann in nicht so ferner Zukunft. Cunego hat sogar schon konkrete Pläne: “Im nächsten Jahr werde ich nur den Giro fahren“, kündigte er nach der gestrigen Etappe. „Aber 2008 komme ich zur Tour zurück. Und dann werde ich auf Gesamtsieg fahren.“

Gut möglich, dass sein schärfster Konkurrent dann erneut Markus Fothen heißen und es im Finale wieder zum großen Showdown kommen wird - diesmal aber im Kampf um Gelb.

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