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06.12.2024 | (rsn) – Das fünfte Jahr im Dress von EF Education – EasyPost war für Jonas Rutsch das letzte. Der Deutsche ging nach zwei Grand-Tour- und zwölf Monument-Teilnahmen auf die Suche nach einem neuen Arbeitgeber und ist in Belgien bei Intermarché – Wanty nun fündig geworden, wo er einen Zweijahresvertrag für 2025 und 2026 unterschrieben hat. Dort hofft er aus der Rolle des Helfers aufzusteigen, denn dass er das Potenzial dazu hat, hat er in seiner Zeit als Berufsradfahrer mehrfach angedeutet. So auch diese Saison, in der Rutsch erstmals ein Top-Ten-Ergebnis in einem Eintagesrennen der WorldTour herausfuhr.
Das schaffte der 26-Jährige schon Ende Januar. ”Ich bin relativ entspannt nach Australien gefahren. Dort habe ich erst die Tour Down Under, dann Torquay und dann das Cadel-Evans-Rennen zum Abschluss gefahren“, blickte Rutsch im Gespräch mit RSN zurück. Nach sieben unauffälligen Renntagen kam zum Abschluss der Reise zum fünften Kontinent mit dem neunten Platz beim Cadel Evans Great Ocean Road Race (1.UWT) das Erfolgserlebnis.
___STEADY_PAYWALL___“Ich bin gut in die Saison reingekommen und habe aufblitzen lassen, wo es hingehen kann, wenn ich keine Helferrollen erfüllen muss. An dem Tag hatte ich auch gefragt, ob ich etwas versuchen kann. In der Mannschaft hatten wir niemanden, dem das Rennen zu 100 Prozent gelegen hatte“, erinnerte sich Rutsch, der letztendlich mit 13 Kontrahenten um den Sieg sprintete. “Eigentlich war es ein ideales Szenario für mich, denn aus einer kleinen Gruppe heraus bin ich doch relativ schnell. Das Problem war aber, dass ich komplett am Anschlag war nach dem Anstieg auf der letzten Runde. Ich konnte nicht mehr wirklich sprinten.“
Bei Paris-Nizza fuhr Jonas Rutsch (Ef Education – EasyPost) einen Tag im Bergtrikot. | Foto: Cor Vos
So reichte es nur für ein Resultat weit hinten in den Top Ten, die er 2021 bei Paris-Roubaix (1.UWT) als Elfter im Sprint um Rang fünf noch knapp verfehlt hatte. Besonders auf eine Verbesserung des damaligen Ergebnisses hingearbeitet hatte der EF-Profi aber nicht. “Wirklich für eine Frühform trainiert hatte ich auf keinen Fall, weil ich generell immer ein ziemlich hartes Programm habe, mit meistens dem Start Down Under und dem Finish irgendwo in China. Die Saison ist also sowieso schon lang. Ich bin nicht mit der Idee nach Australien gefahren, dass ich da irgendwie performen werde“, erklärte Rutsch, der zwischen Mitte Januar und Mitte Oktober auf 69 Renntage kam – so viel wie noch nie in seiner Karriere.
Bei fast allen Tagen im Rennsattel hatte Rutsch vor allem das Wohl anderer im Auge, so verwundert es nicht, dass er sein nächstes Ergebnis in den Top Ten erst als Achter bei der Deutschen Meisterschaft im Juni einfuhr, als keiner seiner Mannschaftskollegen am Start stand. “Bei EF war ich häufig in der Helferrolle, was auch nachzuvollziehen ist, weil das Team mit den Südamerikanern schon sehr GC- und Grand-Tour-lastig ist“, sagte er. Zuletzt zielte das Team von Manager Jonathan Vaughters vor allem auf Erfolge von Richard Carapaz ab, in früheren Jahren hieß der Kapitän, wenn es bergauf ging, meist Rigoberto Uran.
Die Berge sind für den 1,97 Meter langen Hünen allerdings nicht das Vorzugsterrain. Auch wenn Rutsch durchaus bergauf fahren kann, liegen seine Stärken eher bei den Eintagesrennen, für die sein Rennstall gleichwohl keinen Siegfahrer mehr in seinen Reihen hatte. “Alberto Bettiol hatte 2019 Flandern gewonnen, aber seitdem hatte er bei den Klassikern keinen Riesenerfolg mehr. In Sanremo war er dieses Jahr noch mal Fünfter, aber ganz nach vorn ging es für die Mannschaft bei einem großen Eintagesrennen nicht mehr.“
So war der Fokus auf die Rundfahrten für den Deutschen einer der Gründe, neue Gefilde aufzusuchen. Doch auch dass er seit 2022 nicht mehr zu einer großen Rundfahrt durfte, ärgerte ihn. “Ich muss das akzeptieren. In den letzten beiden Jahren stand jeweils eine Grand Tour zur Debatte – es ist aber nie eine geworden, was mich im Endeffekt schon gewurmt hat. Ich glaube, dass ich ein relativ guter Allrounder bin. Wenn man meine Eckdaten anguckt, komme ich ziemlich gut den Berg hoch, deswegen kann man mich in einer Grand Tour gut gebrauchen“, befand Rutsch.
Rutsch mit Marco Haller (Red Bull – Bora – hansgrohe) unterwegs bei der Renewi Tour (2.UWT). Die flämischen Rennen liegen dem langgewachsenen Deutschen. | Foto: Cor Vos
“Ich würde lügen, wenn ich sagen würde, dass mir das egal war und ich sowieso keine Grand Tour fahren wollte. Es musste nicht unbedingt die Tour sein, aber eine Dreiwochenrundfahrt wäre schon etwas Schönes gewesen. Da freue ich mich nächstes Jahr drauf, wenn ich eventuell wieder dabei bin. Das war bei EF schon auf der Negativseite“, sagte er weiter.
So lag der Tapetenwechsel nah. Seine Zeit bei EF Education - Easy Post endete bei der Tour of Guangxi (2.UWT) in China mit dem 61. Gesamtrang. “Jetzt bin ich an einem Punkt angekommen, wo es bei EF nicht mehr wirklich weiter geht als in der Rolle, in der man eingefahren ist. Das ist der Hauptgrund für meinen Wechsel. Das ist genau der richtige Zeitpunkt. Ich bin noch kein alter Rennfahrer, aber auch definitiv kein junger mehr.“ Bei Intermarché trifft Rutsch nicht nur auf seinen Landsmann Georg Zimmermann, sondern auch auf Topstar Biniam Girmay, der zumindest teilweise in den gleichen Gewässern fischt wie Rutsch.
“Mit Bini haben wir einen extrem starken Fahrer für die Eintagesrennen und die Sprintankünfte der Tour“, urteilte der Hesse über seinen Kapitän. “Ich habe mein Können aber hier und da schon aufblitzen lassen. Dass ich den Druck tragen musste, dass ich allein fürs Resultat sorgen musste, hatte ich aber nie. Vielleicht tut sich diese Chance bei Intermarché auf“, hoffte er weiter, um sofort zu relativieren: “Ich hatte bisher nicht die Ergebnisse, um jetzt eine alleinige Leaderrolle einzufordern.“
Ob eventuell als Ergebnisfahrer bei den Klassikern oder wieder als Helfer, der vielseitige Rutsch ist sich seiner Stärke bewusst. “Ich kann für Bini in einigen Situation sehr wichtig sein, gerade bei Sprintankünften. Meine Stärke ist nicht das tiefe Finale, wenn es richtig schnell und hektisch wird. Wenn man aber Motorkraft braucht um den Sprintzug zu platzieren und nicht mit einer Hauruckaktion kommen will, dann passe ich an der Stelle gut in die Mannschaft“, so Rutsch. Sein neuer Sportdirektor Aike Visbeek stimmte ihm bei der Bekanntgabe des Transfers zu: "Wir wollen ihm eine Schlüsselrolle in unseren Sprintzügen zukommen lassen, weil sein großer Motor sehr nützlich ist, um eine gute Position im Peloton zu halten. Er ist mit Sicherheit eine wertvolle Verstärkung unseres Kaders."
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