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25.11.2024 | (rsn) – Rund 9500 Kilometer, verteilt auf 65 Renntage, die er wiederum bei sieben Rundfahrten und acht Eintagesrennen absolvierte und bei denen er 153 UCI-Punkte für sein Team einsammelte: Das sind die nackten Zahlen der Saison von Nikias Arndt, seiner zweiten im Trikot von Bahrain Victorious. Alles in allem solide für einen Profi, dessen Job es in erster Linie ist, den Kollegen Erfolge zu ermöglichen.
Die Helferrolle nimmt in der Karriere von Arndt, der sich mit seinen mittlerweile 33 Jahren im fortgeschrittenen Sportleralter befindet, einen immer größeren Raum ein. Und dennoch ärgert es ihn, dass eine Kennzahl seit nunmehr gut drei Jahren in seinen Ergebnissen fehlt: ein Sieg.
___STEADY_PAYWALL___Letztmals klappte das im August 2021 bei der Polen-Rundfahrt. Im vorigen Jahr war Arndt nah dran, als er auf der Schlussetappe der Tour de Romandie nur Fernando Gaviria den Vortritt lassen musste. “Nachdem ich im vergangenen Jahr kein Rennen gewonnen habe, will ich das in diesem Jahr mal wieder schaffen“, sagte er im April dem Hamburger Abendblatt.
Auch eine Tour-de-France-Etappe hatte er da noch im Kopf. “Das bleibt nach wie vor ein Ziel. Vielleicht bekomme ich in diesem Jahr dafür die Chance.“ Arndt sollte sie bekommen. Auf der 13. Etappe in Pau am Fuße der Pyrenäen. "Es sah erst so aus, als würde die Gruppe durchkommen, aber dadurch, dass Adam Yates drin war, sind die GC-Teams nachgefahren und dann war es einfach ein sehr schnelles, nervöses, hartes Rennen mit viel Seitenwind“, schilderte Arndt damals in der Mixed-Zone die Ausgangslage. “Dann haben wir unseren Sprinter vorne verloren und mussten umplanen. Auf den letzten 15 Kilometern habe ich mich auf den Sprint konzentriert. Da habe ich alles versucht, ich bin eigentlich Anfahrer, ich gehöre nicht zu den Allerschnellsten, aber ich bin gut drauf und bin froh, dass ich für das Team den fünften Platz einfahren konnte.”
Nikias Arndt (Bahrain Victorious) war auf der 13. Etappe der Tour de France nicht weit von einem Tagessieg entfernt. In Pau reichte es letztlich zu Rang fünf. | Foto: Cor Vos
Weil vor ihm noch Pascal Ackermann (Israel – PremierTech) auf Rang drei landete, ging das Ergebnis hierzulande fast ein bisschen unter. Dabei hatte die Tour an deutschen Top-5-Platzierungen Erfolgen im Jahr 2024 nicht allzu viel zu bieten. Für Arndt persönlich war es dabei bei seiner sechsten Frankreich-Rundfahrt nach Rang zwei bei seiner Premiere 2017, als nur der in diesem Jahr zurückgetretene Edvald Boasson Hagen schneller war , das zweitbeste Tour-Ergebnis der Karriere.
Letztlich war Arndt auch mitverantwortlich für das beste deutsche Tagesergebnis bei der diesjährigen Frankreich-Rundfahrt. Denn als Phil Bauhaus auf der 16. Etappe in Nimes nur vom dreimaligen Etappengewinner Jasper Philipsen (Alpecin – Deceuninck) geschlagen wurde, hatte sein Kumpel Arndt ebenfalls seine Finger im Spiel und den Sprinter durch ein schwieriges Finale am Hinterrad des Tagessiegers abgeliefert.
Dass es bei der Tour so gut lief, hatte Arndt einer guten Vorbereitung zu verdanken. “Zu 100 Prozent fit und mit guter Stimmung“ war er ins Rennen gegangen, hatte er RSN unmittelbar vor dem Start in Florenz verraten. Ohnehin war die Tour schon früh im Jahr als das Highlight auserkoren wurden, der Startplatz relativ sicher und auch ein entsprechender Formaufbau möglich. Im Mai stand ein Höhentrainingslager in Teneriffa am Teide auf dem Programm, kurz zuvor hatte Arndt als Achter beim Prolog der Tour de Romandie bewiesen, dass er auch auf dem Zeitfahrrad noch gute Ergebnisse liefern kann. Keine vier Sekunden fehlten ihm nach 2300 Metern auf Sieger Maikel Zijlaard (Tudor).
Auf insgesamt 65 Renntage kam Arndt (vorn) in der Saison 2024. Meist war er dabei als Helfer unterwegs, so wie hier bei der Renewi Tour Ende August. | Foto: Cor Vos
Doch auch schon zuvor war die Form gut. Bei der Baskenland-Rundfahrt sprintete Arndt auf der 3. Etappe zu Rang fünf – einen Tag vor dem verhängnisvollen Sturz von Jonas Vingegaard, Remco Evenepoel, Primoz Roglic und anderen, der einmal mehr die Sicherheitsdebatte im Radsport ins Wallen brachte. Auch Arndt hatte dazu seine Meinung, suchte die Schuld dabei aber nicht nur bei den Rennveranstaltern. “Wir klagen als Sportler sehr viel über gefährliche Streckenführungen, zu viele Motorräder im Feld und viele andere Dinge. Die Stürze auf der Baskenland-Rundfahrt waren leider zum überwiegenden Teil von uns Fahrern selbst verschuldet. Das hat mich im Nachhinein ein bisschen geärgert“, sagte er dem Hamburger Abendblatt.
Gegenüber RSN nahm er das Thema während der Tour dann nochmal auf, als es um die Ausweitung der Drei-Kilometer-Regel ging. “Die 5- oder 4-Kilometer-Regel nimmt definitiv den Stress ein bisschen raus, denn es wird geguckt, wo die letzten gefährlichen Stellen sind. Ich habe aber auch das Gefühl, dass alle Fahrer im Feld dieses Jahr ein bisschen mehr Respekt haben und erstmal heil durchkommen wollen. Die Sprints werden hart gefahren und es wird auch hektisch, trotzdem wird mit gesundem Menschenverstand gefahren“, so Arndt, der darin auch die Folgen der vielen Stürze im Frühjahr – in die Zeit des Baskenland-Sturzes fiel auch der schwere Unfall von Wout Van Aert bei Dwars door Vlaanderen – sah.
Nach der Tour de France war die Luft raus – vor heimischem Publikum sprintete Arndt (vor seinem Teamkollegen Phil Bauhaus) dann noch auf Platz 17 der Hamburger Cyclassics und war damit bester deutscher Profi. | Foto: Cor Vos
Nach der Tour war bei Arndt dann mehr oder weniger die Luft raus. Lediglich elf Renntage standen noch in seinem Programm. Bestes Resultat war Rang 17 bei den Cyclassics in Hamburg, dem Heimrennen des gebürtigen Buchholzers. Doch abgesehen davon, dass der sportliche Höhepunkt gelaufen war, rückten andere Schwerpunkte in den Fokus. Seine Frau Glenda Elise hatte Anfang Juni eine Tochter zur Welt gebracht. “Eigentlich fahre ich ja immer die Tour de Suisse. Da war ich dann zur Geburt zur Hause“, so Arndt gegenüber radsport-news.com. Und auch in der zweiten Jahreshälfte spielte das Team mit, sodass er es ein wenig ruhiger angehen konnte und mehr Zeit zu Hause bei der jungen Familie verbringen konnte.
Da zu dem Zeitpunkt bereits auch die sportliche Zukunft gesichert war und Arndt, der sich im Vertragsjahr befunden hatte, schon Mitte der Saison ebenso wie Bauhaus die Arbeitspapiere um drei Jahre verlängern konnte, blieb Zeit etwas zum Durchschnaufen und Nachdenken. “Ob es mein letzter großer Vertrag ist, lasse ich mir offen“, sagte Arndt. “Noch macht es Spaß, die Leistung passt, die Regeneration auch. Aber ja, es könnte auch der letzte gewesen sein.“ Auf jeden Fall werde danach nur noch von Jahr zu Jahr geschaut.
Was die langfristige Verlängerung mit sich bringt, ist vor allem Sicherheit. Sie zeigt aber auch Vertrauen vonseiten des Teams. “Grundsätzlich passt es hier sehr gut. Ich bin in einem Team, in dem man als Fahrer geschätzt wird. Ich habe einen guten Trainer, einen gut Nahrungsberater, und so weiter. Im letzten Jahr war es trotzdem noch ein bisschen schöner“, räumt Arndt jedoch ein. Das liege an den Ergebnissen. “Denen sind wir dieses Mal schon hinterhergefahren. Da gab es vom Management ein wenig Druck.“
Auch für ihn selbst, der schließlich geradelangfristig verlängert hatte? “Ich bin da schon in einer Luxussituation“, sagt Arndt. “Ich habe noch Freiheiten und werde Möglichkeiten bekommen, für mich zu fahren, wie in diesem Jahr im Baskenland und bei der Romandie. Allerdings muss ich keine Ergebnisse einfahren.“ Erfahrung, gute Helferdienste, die Rolle als Roadcaptain – das werde ihm in erster Linie angerechnet. “Gleichzeitig sagt das Management aber: ‚Du bist ein sauguter Fahrer. Wenn du das Gefühl hast, da geht was, dann versuche es.‘ Aber das wird nicht zwingend erwartet.“
Da sind es schon eher die eigenen Ansprüche, oder Hoffnungen, nochmal Rennen zu gewinnen. “Ich träume weiter von einer Tour-Etappe“, sagt Arndt, der sich aber bewusst ist, dass die Chancen weniger werden. “Die Chance aus einer Gruppe heraus ist wohl am größten. Selbst reduzierte Sprints sind mittlerweile so schwer. Es gibt so viele Sprinter, die auch gut über den Berg kommen. Es kommt eigentlich nicht vor, dass da mal keiner dabei ist, ich aber schon.“ Pau lässt grüßen.
Was die Chancen ebenfalls erhöht: Dann in Topform sein, wenn es die anderen nicht sind. “Ich bin jetzt schon wieder intensiv im Training und plane nächstes Jahr einen sehr frühen Saisoneinstieg. So früh, wie es nur geht“, blickt Arndt schon ein kleines bisschen voraus und kündigt seine Teilnahme bei der Tour Down Under an. Schon 2024 hätte seine Saison in Australien starten sollen. Knieprobleme im Winter verhinderten das aber, machten auch einen Start bei den Klassikern wenig sinnvoll. Dass Arndt durchaus gut mit Rennen auf der anderen Seite der Welt klarkommt, bewies er mit dem Sieg 2017 beim Cadel Evans Great Ocean Race.
Wiederholen wird er das 2025 nicht können, weil Bahrain auf einen Start dort verzichtet, den Aufwand einer Extrawoche in Australien nicht auf sich nehmen will. “Aber vielleicht geht ja was bei der Tour Down Under. Vor zwei Jahren konnten wir dort gleich zwei Etappen gewinnen, eine mit Phil. Der wird dieses Mal auch wieder dabei sein. Da würde ich mich natürlich auch freuen, wenn er wieder zuschlagen könnte.“ Über einen eigenen Sieg, vielleicht aus einer Gruppe heraus, aber gewiss noch ein kleines bisschen mehr.
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