König der ProSeries schlägt in der WorldTour zu

Hirschi sprintet in San Sebastian schneller als Alaphilippe

Von Kevin Kempf

Foto zu dem Text "Hirschi sprintet in San Sebastian schneller als Alaphilippe"
Marc Hirschi (UAE Team Emirates, re.) hat im Sprintduell mit Julian Alaphilippe (Soudal - Quick-Step) die 44. Clasica San Sebastian gewonnen. | Foto: Cor Vos

10.08.2024  |  (rsn) – Marc Hirschi (UAE Team Emirates) durfte sich auf dem Podium der 44. Clasica San Sebastian (1.UWT) die Baskenmütze aufsetzen. Der Schweizer schlug im Sprintduell Julian Alaphilippe (Soudal – Quick-Step) und feierte damit zum ersten Mal seit dem Flèche Wallonne 2020 wieder einen Sieg in der WorldTour.

In der ProSeries hatte er wischenzeitlich 14 Mal jubeln können. Das Podium nach 236 schweren Kilometern rund um San Sebastian komplettierte der Belgier Lennert van Eetvelt (Lotto – Dstny), Platz vier ging an den US-Amerikaner Kevin Vermaerke (dsm-firmenich – PostNL), der Ecuadorianer Jhonatan Narvaez (Ineos Grenadiers) überquerte die Ziellinie als Fünfter.

Mit Hirschi und Alaphilippe waren im Baskenland zwei Fahrer ganz vorn, die sich auf dem höchsten Niveau zuletzt schwertaten. Doch das Duo hatte alle Kontrahenten am letzten und steilsten Berg des Tages abgeschüttelt. “Es war sehr schwer. Alaphilippe hat im letzten Anstieg gleich angegriffen. Wir waren enorm schnell und haben das Tempo danach etwas schleifen lassen“, blickte der Sieger im Ziel-Interview auf das Finale zurück. “An so einem Anstieg mit so vielen Zuschauern muss man einfach bis ganz nach oben leiden. Ich habe mich irgendwann umgedreht und wir waren nur noch zu zweit. Da wusste ich, dass wir voll fahren müssen“, erzählte Hirschi weiter.

Alaphilippe wurde Hirschi am letzten Berg nicht los

Van Eetvelt hatte zu diesem Zeitpunkt nur wenige Sekunden Rückstand, konnte gegen die geballte Kraft Duos vor ihm in der Abfahrt und den letzten flachen Kilometern nichts mehr ausrichten. “Zum Schluss hatten wir einen schönen Sprint zusammen“, resümierte Hirschi, der aus zweiter Position am zweimaligen Weltmeister vorbeifuhr und somit zum zweiten Schweizer Sieger nach Niki Rüttimann vor genau 40 Jahren wurde. 2019 hatte Hirschi in San Sebastian als Dritter bereits auf dem Podium gestanden.

Auf dem höchsten Podest im Baskenland stand 2019 Alaphilippe. Diesmal musste er mit dem zweiten Rang zufrieden sein. “Ich bin glücklich, mal wieder auf dem Podium eines großen Rennens zu sein, aber natürlich auch etwas enttäuscht, dass ich den Sieg so knapp verpasst habe“, fasste der Franzose seine Gefühlswelt zusammen.

Alaphilippe hatte am letzten Anstieg das Tempo bestimmt und versucht, alle Konkurrenten abzuschütteln. “Aber Marc Hirschi war stark“, so der 32-Jährige, der im Spurt klar den Kürzeren zog: “Mein Timing war gut, ich bin einen guten Sprint gefahren. Aber er ist auch sehr explosiv. Ich kann mir nichts vorwerfen“, urteilte Alaphilippe, der wohl ein neues Team sucht und nach dem Giro-Etappensieg seinen Marktwert ein weiteres Mal erhöht haben dürfte.

Ben Zwiehoff (Red Bull - Bora - hansgrohe) gehörte zur Ausreißergruppe des Tages. Als Simon Carr (EF Education - EasyPost) am Jaizkibel angriff, folgte der Deutsche in dritter Position die zunächst kleine Lücke zum Briten, konnte er aber nicht mehr schließen.

Sein Teamkollege Florian Lipowitz griff im vorletzten Anstieg an, konnte der nächsten Tempoverschärfung aber nicht folgen und fiel in die zweite Verfolgergruppe zurück. Mit dieser kam er in der Abfahrt allerdings wieder nach vorn. Am letzten Anstieg gingen ihm schließlich die Kräfte aus, Lipowitz wurde als bester deutscher Profi Fünfzehnter.

So lief die Clasica Ciclista San Sebastian:

Gleich nach dem Start machte sich U23-Weltmeister Axel Laurance (Alpecin – Deceuninck) allein auf die Flucht. Nach 14 Kilometern erhieltder Franzose Verstärkung von seinem Landsmann Alan Jousseaume (TotalEnergies), doch nach 43 Kilometern wurde das Duo vom Feld eingeholt.

Prompt attackierte eine größere Gruppe, bestehend aus Carr, Zwiehoff, Warren Barguil (dsm-firmenich - PostNL), Amanuel Ghebreigzabhier (Lidl - Trek), Sylvain Moniquet (Lotto - Dstny), Davide de Pretto (Jayco - AlUla), Jesus Herrada (Cofidis), Thibault Guernalec (Arkea - B&B Hotels), Adne Holter (Uno-X Mobilty) und Pierre Latour (TotalEnergies).

Diese zehn Ausreißer bekamen nun etwas mehr Luft vom Peloton und bauten so ihren Vorsprung nach vier von sieben Steigungen des Tages auf 4:15 Minuten aus. Auf dem Weg zum Jaizkibel machten die Verfolger aber Ernst, vor allem Visma – Lease a Bike sorgte für Tempo, so dass der Rückstand wurde schnell verkleinert wurde und zu Beginn der Steigung nur noch knapp zwei Minuten betrug.

Das Streckenprofil der 44. Clasica San Sebastian | Foto: Cor Vos

Der 25-jährige Carr, der ab der kommenden Saison für Cofidis fahren wird, schüttelte seine Begleiter ab und kurbelte den Anstieg allein hinauf. Die Kuppe erreichte der Brite mit etwas mehr als einer Minute Vorsprung auf das Feld, das kurz nach Zwiehoff und Ghebreigzabhier die Abfahrt in Angriff nahm und das Duo kurz darauf stellte.

Am Erlaitz-Anstieg griff Lipowitz mit noch 43 zu fahren Kilometern an. Julian Alaphilippe (Soudal – Quick-Step) folgte ihm und gemeinsam holten sie Carr schnell ein. Als Pavel Sivakov (UAE Team Emirates) aufschloss und das Tempo erhöhte, musste der Deutsche passen. Wenig erging es auch dem Franzose so, zugleich konnte Jonas Vingegaard (Visma – Lease a Bike) dem Tempo im Feld nicht mehr folgen.

Hinter dem neuen Spitzenreiter bildete sich eine zehnköpfige Verfolgergruppe, die 20 Sekunden nach dem Franzosen die Bergwertung erreichte und in der Abfahrt Gesellschaft von acht weiteren Fahren inklusive Lipowitz erhielt.

Alaphilippe und Hirschi ziehen am Pilotegi davon

In der Abfahrt und dem folgenden Flachstück zwischen dem Erlaitz und dem Pilotegi änderte sich nichts an der Konstellation. Dort griff Alaphilippe mit Hirschi am Hinterrad an. Mit noch neun zu fahrenden Kilometern fuhren sie zu Sivakov auf. Kurz danach erhielt das Duo Verstärkung von Brandon McNulty (UAE Team Emirates), Patrick Konrad (Lidl – Trek) und Narvaez, auch van Eetvelt und Vermaerke schlossen auf.

Der Belgier zog anschließend das Tempo an, wurde aber von Alaphilippe gekontert. Dem zweimaligen Weltmeister wiederum konnte nur Hirschi folgen. Das Duo passierte die Bergwertung fünf Sekunden vor van Eetvelt. Der bekam die Lücke im Finale nicht mehr geschlossen und so fiel die Entscheidung im Sprintduell.

Der routinierte Alaphilippe ließ sich die Spitzenposition aufdrängen. Hirschi trat an und schien seinen Gegner damit zu überraschen. Alaphilippe konnte den Schweizer nicht mehr überholen und wurde Zweiter. Van Eetvelt kam als Dritter ins Ziel.

Results powered by FirstCycling.com

Weitere Radsportnachrichten

23.11.2025Die Radsport-News-Jahresrangliste der Männer 2025

(rsn) – Es ist inzwischen RSN-Tradition. Und auch wenn sich mit Christoph Adamietz der Vater der Idee vor einem Jahr aus unserem Autoren-Team verabschiedet hat, so soll diese Tradition fortgesetzt w

23.11.2025Sensationell Straßenmeister und die Nummer 1 auf der Bahn

(rsn) - 2025 war ein Jahr, das dem Tim Wafler in Erinnerung bleiben wird. Überraschend gewann der Österreicher auf flachen Kurs die Nationalen Straßenmeisterschaften, wobei er als Kontinentalfahrer

23.11.2025Nys macht’s in Tabor im Stil von van der Poel

(rsn) – Er schien beim Weltcup-Auftakt in Tabor über einen Gang mehr zu verfügen als die Konkurrenz: Als Thibau Nys (Baloise – Glowi Lions) Ernst machte, konnte keiner seiner Gegner folgen. Der

23.11.2025Brand egalisiert mit Sieg in Tabor den Vos-Rekord

(rsn) - Lucinda Brand (Baloise – Glowi Lions) hat den Weltcup-Auftakt in Tabor gewonnen. Die Niederländerin bestimmte gemeinsam mit Sara Casasola (Crelan – Corendon) und deren Teamkollegin Inge v

23.11.2025Starke Comebacks nach schweren Stürzen

(rsn) – Auf einem absoluten Hoch schloss Bruno Keßler (Rembe – rad-net) die  Saison 2024 ab. Er gewann bei der Bahn-WM mit seinen Teamkollegen die Bronzemedaille im Vierer, die erste für Deutsc

23.11.2025Pogacar: Vuelta- oder Roubaix-Sieg genauso wichtig wie Tour-Rekord

(rsn) – Mit einem fünften Toursieg würde Tadej Pogacar (UAE – Emirates – XRG) in dieser Saison mit Jacques Anquetil, Eddy Merckx, Bernard Hinault und Miguel Indurain gleichziehen. Da der Slowe

23.11.2025Evenepoel zu möglichem Giro-Zeitfahren: “Maßgeschneidert“

(rsn) – Remco Evenepoel hat nach eigenen Worten seinem neuen Team Red Bull – Bora – hansgrohe zwei Pläne für die Saison 2026 vorgelegt. Der erste sieht eine Klassikerkampagne und die Tour de F

23.11.2025Van Aert: “Ronde- und Roubaix-Siege wären i-Tüpfelchen“

(rsn) – Wie sein großer Konkurrent Mathieu van der Poel (Alepcin – Deceuninck) begann Wout van Aert (Visma – Lease a Bike) seine Karriere als Crosser. In dieser Disziplin gewann der Belgier dre

23.11.2025Gazzoli von Astana zu Solution Tech – Vini Fantini

(rsn) - In unserem ständig aktualisierten Transferticker informieren wir Sie regelmäßig über Personalien aus der Welt des Radsports. Ob es sich um Teamwechsel, Vertragsverlängerungen oder Rücktr

22.11.2025Wieder ein Trikotregen, wieder ein Pausentag

(rsn) - Robert Müller ist wieder auf Achse. Wer seine Berichte aus den unterschiedlichsten Ecken der Radsport-Welt – von Südamerika bis Asien – kennt, weiß: Wenn "Radbert" unterwegs ist, wird e

22.11.2025Krahl mit Schürfwunden zum Weltcup-Auftakt nach Tabor

(rsn) – Im tschechischen Tabor findet am Sonntag der Auftakt des Cross-Weltcups 2025/26  statt. Mit dabei ist auch eine deutsche Delegation, bekanntester Name ist der von Judith Krahl (Rose Racing

22.11.2025Mit einer späten Zündung in die Geschichte

(rsn) - Sensation, Coup, Paukenschlag – geschieht in der Welt des Sports ein unerwartetes Ereignis, gibt es vielerlei Begriffe, um es ihn Worte zu fassen. In ein solches Rampenlicht rückte Mathieu

RADRENNEN HEUTE

    Radrennen Männer

  • Tour de Gyeongnam (2.2, KOR)