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24.06.2023 | (rsn) – Miguel Heidemann ist nach Öschelbronn 2021 zum zweiten Mal Deutscher Vize-Meister im Einzelzeitfahren. Und genau wie damals ist das für den 25-Jährigen auch diesmal wieder großer Grund zur Hoffnung. Denn Heidemann hat mit Zeitfahr-Silber in Bad Dürrheim am Freitagabend quasi ein Bewerbungsschreiben bei allen Profi-Rennställen dieser Welt eingereicht – und auch beim Bund Deutscher Radfahrer mit Blick auf das Thema EM- und WM-Nominierung.
"Das hier war superwichtig", sagte er radsport-news.com noch vor der Pressekonferenz strahlend und erklärte auf der Bühne kurz darauf: "Wie sicherlich alle wissen, waren es nicht die leichtesten Monate für mich – und deshalb bin ich umso glücklicher, dass es heute so gut funktioniert hat. Ich hoffe – ein kleiner Wink in Richtung BDR – dass ich mich auch bei der EM oder WM zeigen kann, um vorwärtszukommen."
Vorwärts kommen will Heidemann nämlich in Sachen Vertragssituation. Nachdem er 2021 für das Team Leopard Zweiter im Zeitfahren hinter Tony Martin geworden war, unterschrieb er seinen ersten Profi-Vertrag bei B&B Hotels – KTM. Eine Saison fuhr er dort und sein Vertrag galt auch für 2023. Bis in den Dezember hinein bestand Hoffnung, dass dieser auch bestehen bleibt. Doch dann löste sich Heidemanns Team in Luft auf und der Darmstädter Student stand sportlich auf der Straße.
___STEADY_PAYWALL___Nun stand Heidemann bei der Zeitfahr-DM wieder im Trikot von Leopard – TOGT am Start und hatte dasselbe Ziel wie vor zwei Jahren: sich ins Schaufenster für Profi-Teams zu stellen. "Ich habe mich die letzten Wochen gut hierauf vorbereitet und es war ein großes Ziel in meiner Saison. Ganz ehrlich: Mir ist ein Stein vom Herzen gefallen, aber so richtig realisiert habe ich es trotzdem noch nicht", freute er sich gegenüber radsport-news.com, wie gut das schließlich geklappt hatte.
"Ich habe mir einen guten Pacing-Plan überlegt und wollte nicht zu schnell losfahren, weil ich wusste, dass wir hinten raus noch mal Gegenwind haben und ich aufpassen muss, dass ich da noch genug Puste habe. Das hat gut funktioniert heute", meinte er. Tatsächlich war Heidemann am ersten Messpunkt nach sechs Kilometern noch Vierter, an der zweiten Zwischenzeit nach 14 Kilometern dann Dritter und ab Zeitmessung Nummer drei nach 22 Kilometern und vor allem dem langen Gegenwind-Anstieg hinauf zur Hirschhalde schließlich Zweiter.
Damit erfüllte er auch die am Start von der Teamleitung noch schnell ausgegebene Vorgabe, mindestens das Ergebnis von Tim Torn Teutenberg aus dem U23-Zeitfahren zu bestätigen. Sein jüngerer Teamkollege nämlich war da ebenfalls zu Silber gefahren.
2021 reiste Heidemann nach DM-Silber zur EM nach Italien, zur WM nach Belgien aber nahm man ihn nicht mit. Weltmeisterschafts-Luft durfte er dann erst 2022 wieder schnuppern, als er und Nikias Arndt für Deutschland im Einzelzeitfahren antraten und Heidemann 20. wurde – zu einem Zeitpunkt, als sein Team für 2023 noch nicht zu wackeln schien. Kurz darauf aber wurde seine sportliche Zukunft ungewiss.
Nach dem winterlichen Schock der Team-Auflösung schloss sich Heidemann im März seinem alten Team Leopard – TOGT wieder an, fuhr im April prompt ein Top-Ten-Ergebnis bei der Tour du Jura (1.1) ein und sammelte seither 27 UCI-Renntage – immer mit dem Ziel Zeitfahrmeisterschaften im Hinterkopf.
"Dank der superstarken Konkurrenz hier ist das schon ein kleiner Wink, denke ich. Es ist supercool, dass wir das hier so offen austragen und so viele gute Fahrer am Start stehen. Natürlich ist ein Top-Ergebnis dadurch schwieriger, wird aber eben auch aufgewertet", hofft Heidemann nun, dass die internationalen Profi-Teams am Freitagabend auch nach Bad Dürrheim geschaut haben. Und an dieser Stelle sprang auf der Pressekonferenz auch der Drittplatzierte Maximilian Schachmann (Bora – hansgrohe) helfend ein: "Ich würde den zweiten Platz von Miguel heute als sehr stark einschätzen – Nils und ich sind sicher nicht langsam gefahren", so der Gewinner der Bronzemedaille.
Bei der WM 2022 war Miguel Heidemann (Mitte) auch in der Mixed-Staffel dabei. | Foto: Cor Vos
Für Heidemann bietet sich am Sonntag im Straßenrennen nun die nächste Chance, sich zu zeigen. Allerdings dürfte es schwer für ihn werden, sich dort so richtig in Szene zu setzen – schließlich sind er und Teutenberg gegen die auch zahlenmäßig überlegenen WorldTour-Teams wie Bora – hansgrohe und DSM schon rein taktisch im Hintertreffen. "Letztes Jahr hat mir die Strecke objektiv etwas mehr gelegen, weil es mehr Höhenmeter waren – diesmal werden wir sehen", meinte Heidemann und erklärte außerdem: "Wenn es ein Sprint mit 20 Mann wird, ist Tim die Karte, die wir spielen."
Im Juli geht es für den Darmstädter mit der neu geformten Tour of Austria (2.1) und voraussichtlich der Tour Alsace (2.2) weiter – ebenfalls zwei sehr gut geeignete Rennen, um sich noch mal für die Profis zu empfehlen. Und wenn es am Jahresende trotzdem nicht reicht für einen Profi-Vertrag? Dann fällt Heidemann dank Ingenieurs-Studium wenigstens weich.
"Ich wusste lange Zeit nicht, ob Radprofi wirklich das Richtige für mich ist. Letztes Jahr habe ich dann gemerkt, dass es mir superviel Spaß macht. Deshalb kämpfe ich jetzt wirklich um diesen Vertrag. Wie es konkret weitergeht, wenn es damit nichts wird, weiß ich noch nicht. Ich könnte mir aber auch vorstellen, dieses Kapitel dann hinter mir zu lassen und einer geregelten Tätigkeit als Ingenieur nachzugehen", erklärte er.
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