Wie schwer wiegt der Verlust von Sivakov?

Thomas: Mit Auge und Erfahrung zurück ins Rosa Trikot

Von Felix Mattis

Foto zu dem Text "Thomas: Mit Auge und Erfahrung zurück ins Rosa Trikot"
Geraint Thomas (Ineos Grenadiers) fährt wieder im Rosa Trikot des Giro d´Italia. | Foto: Cor Vos

24.05.2023  |  (rsn) - Den Etappensieg konnte er nicht erringen, doch auch als Tageszweiter am Hinterrad von Joao Almeida (UAE Team Emirates) durfte Geraint Thomas (Ineos Grenadiers) am Dienstag auf dem Monte Bondone strahlen. Der Waliser eroberte am Ende der 16. Etappe das Rosa Trikot zurück und möchte es jetzt auch bis Rom nicht mehr abgeben.

"Klar hätte ich auch gerne die Etappe gewonnen, aber ich werde eben auch älter und mir fehlt etwas der Kick", lachte er auf seiner Pressekonferenz als Gesamtführender der 106. Italien-Rundfahrt am frühen Dienstagabend.

Grund zum Strahlen hatte Thomas in jedem Fall. Denn er konnte gemeinsam mit Almeida nicht nur Primoz Roglic (Jumbo - Visma) um 25 Sekunden distanzieren, genauso wichtig dürfte für ihn die Erkenntnis gewesen sein, dass es am Monte Bondone wohl niemanden gab, der wirklich stärker war als er selbst - abgesehen vielleicht von Almeida.

Der Portugiese animierte das Rennen, zog mehrmals das Tempo in der Favoritengruppe an, nachdem sein Team diese schon arg ausgedünnt hatte, und brachte so den leidenden Roglic mehr und mehr in Bedrängnis. Sechs Kilometer vor Schluss setzte er sich schließlich mit seinem ersten explosiveren Antritt ab und Roglics Helfer Sepp Kuss machte für den Slowenen - sowie für Eddie Dunbar (Jayco - AlUla) und Thomas - Tempo.

Der US-Amerikaner ließ Almeida nicht allzu weit weg und hatte die Lücke fünf Kilometer vor Schluss beinahe wieder geschlossen, bevor sie in einem Steilstück wieder etwas mehr aufging und Roglic schließlich an Thomas' Hinterrad 4,6 Kilometer vor Schluss in einer Linkskehre leicht abreißen lassen musste.

Das war für den Waliser der entscheidende Moment. "Ich habe gespürt, dass er (Roglic) nicht bei 100 Prozent ist. Und bei dem Tempo, dass Kuss deshalb angeschlagen hat, dachte mich mir, ich versuche mal, zu Joao nach vorne zu springen, um zu schauen, ob sie dann reagieren. Aber sie sind dieses Tempo weitergefahren", schilderte Thomas auf der Pressekonferenz seinen Antritt.

Thomas führte im Duo mehr, Almeida verrichtete die Vorarbeit

Thomas war in Windeseile vorne bei Almeida und spannte sich sofort vor den Mann im Weißen Trikot des besten Nachwuchsfahrers. Ganze 1,5 Kilometer bestimmte der Tour-de-France-Sieger von 2018 nun das Tempo an der Spitze, Almeida schien teilweise schwer auf die Zähne beißen zu müssen, um dran zu bleiben, und das Duo baute seinen Vorsprung in dieser Phase auf 30 Sekunden aus.

"Glücklicherweise hat Almeida dann gut mit mir zusammengearbeitet bis nach oben und wir haben zusammen versucht, Zeit auf Primoz herauszuholen", meinte Thomas und erklärte, dass es kaum Kommunikation zwischen ihm und dem Portugiesen gegeben habe: "Es gab nicht wirklich Zeit zum Reden, aber ich denke, wir haben die Situation beide erkannt, dass Primoz hinter uns war. Deshalb wollten wir beide den Vorsprung maximieren."

Auf den 4,6 Kilometern nach Thomas' Antritt verrichtete der Ineos-Kapitän de facto auf 3,2 Kilometern die Führungsarbeit, Almeida nur auf 1,2 Kilometern. Die letzten 200 Meter sprinteten sie um den Sieg. Das klingt zwar nicht nach fairer Arbeitsteilung, doch Thomas war klar: Dass Roglic überhaupt in Probleme geraten war, hatte er in erster Linie Almeida und dessen UAE Team Emirates zu verdanken. Das hohe Tempo besonders von Jay Vine sowie ab 8,3 Kilometer vor dem Ziel von Almeida war es, was den dreimaligen Vuelta-Champion ans Limit brachte.

Thomas am Monte Bondone der Cleverste

Thomas hielt sich deutlich länger geschickt zurück, beobachtete, sparte etwas Energie und wartete auf den richtigen Moment, um selbst All-In zu gehen. Er fuhr mit Auge, mit der Erfahrung eines 36-Jährigen, der die Tour de France bereits gewonnen hat, während sich der zwölf Jahre jüngere Almeida deutlich mehr aufrieb. Und genau das könnte am Ende in Richtung Rom Thomas' Ass im Ärmel sein, mit dem er eventuell die rein physische Leistung des jungen Herausforderers aus Portugal ausgleichen kann.

In jedem Fall aber wird es von Donnerstag bis Samstag bei den Bergankünften im Val di Zoldo und an den Tre Cime di Lavaredo sowie beim Bergzeitfahren zum Monte Lussari sehr spannend. Denn auch wenn Roglic am Monte Bondone 25 Sekunden einbüßte, ist es weiterhin sehr eng im Kampf um Rosa. Almeida liegt 18, Roglic auch nur 29 Sekunden hinter Thomas. Und der will noch nicht einmal Fahrer wie Damiano Caruso (Bahrain Victorious / + 2:50 Minuten) oder Eddie Dunbar (Jayco - AlUla / + 3:03) schon abschreiben.

"Wenn man Buchmacher wäre, würde man sagen es kommt nur noch auf uns drei an. Aber der Giro ist der Giro. Als Froomey damals gewann, war er zu Beginn der Schlusswoche glaube ich auch drei Minuten zurück. Hier kann viel passieren, vor allem wenn das Wetter wieder schlechter wird", warnte Thomas. "Der Giro ist viel unberechenbarer als die Tour."

Sivakov raus, aber fehlt Thomas wirklich die Unterstützung?

Einen Tiefschlag aber musste Thomas auch am Dienstag hinnehmen: Mit Pavel Sivakov verlor er einen starken Helfer für die Berge. Der Franzose war auf der 11. Etappe in denselben Sturz verwickelt, durch den Tao Geoghegan Hart den Giro aufgeben musste, und litt seither unter den Verletzungen.

Während Jumbo - Visma noch komplett und Almeidas UAE Team Emirates noch zu siebt am Start der 17. Etappe stehen werden, hat Thomas nur noch vier Mann an seiner Seite. Ein großer Nachteil? Der Mann im Rosa blieb gelassen: "Natürlich ist es nicht ideal, Pavel zu verlieren, der superstark war. Er war wichtig für das Team. Aber hoffentlich ist morgen ein geradliniger Sprint-Tag und dann haben wir noch zwei schwere Bergetappen vor uns. Klar wird er dort fehlen, aber so gut wie die anderen Jungs fahren, sollten sie mehr als in der Lage sein, mir bei der Verteidigung des Trikots zu helfen."

Immerhin hat er mit Thymen Arensman und Laurens De Plus noch zwei Kletterasse bei sich, die beide noch in den Top Ten der Gesamtwertung stehen. Stärker als sie waren am Bondone von den Helfern der Konkurrenz wohl nur Kuss und Vine (UAE Team Emirates). Ob Thomas an den kommenden Tagen also mehr auf sich allein gestellt sein wird, als seine beiden Hauptkonkurrenten, scheint fraglich.

Mehr Informationen zu diesem Thema

23.11.2023Buitrago will erstmals zur Tour und um das Weiße Trikot kämpfen

(rsn) – Nach zwei Giro-Etappensiegen in den beiden vergangenen Jahren hofft Santiago Buitrago (Bahrain Victorious) in der kommenden Saison auf sein Tour-de-France-Debüt. Dann möchte der Kolumbiane

31.07.2023Baudin nach Tramadol-Missbrauch vom Giro disqualifiziert

Neo-Profi Alex Baudin (AG2R - Citroen) ist nachträglich vom Giro d´Italia 2023 ausgeschlossen worden. Das teilte die UCI am Montag mit. Grund dafür ist der Fund des Schmerzmittels Tramadol in den B

04.06.2023ASO plant Corona-Protokoll für die 110. Tour de France

(rsn) – Nachdem beim diesjährigen Giro d’Italia zahlreiche Fahrer wegen Corona-Infektionen ausschieden, werden die Organisatoren der Tour de France laut der französischen Nachrichtenagentur AFP

01.06.2023“Fanboy“ Heßmann zitterte mit Roglic am Monte Lussari

(rsn) – Viel besser hätte das Grand-Tour-Debüt für Michel Heßmann (Jumbo – Visma) nicht laufen können. Während der Deutsche mit einigen Teamkollegen auf dem Monte Lussari wartete, sicherte s

31.05.2023Thomas enttäuscht, “dass ich es nicht vollenden konnte“

(rsn) – Um ganze 14 Sekunden musste sich Geraint Thomas (Ineos Grenadiers) beim 106. Giro d´Italia Primoz Roglic (Jumbo – Visma) geschlagen geben. Der 33-jährige Slowene nahm dem Briten am vorle

31.05.2023Startet Giro-Sieger Roglic auch bei der Tour de Suisse?

(rsn) – Giro-Sieger Primoz Roglic wurde am Dienstag in Amsterdam von seinem Team Jumbo – Visma mit einer großen Feier geehrt. Die Veranstaltung nutzte der niederländische Fernsehsender NOS, um d

30.05.2023Pinot will nach dem Giro auch die Abschieds-Tour

(rsn) – Nach seiner erfolgreichen Abschiedsvorstellung beim Giro d’Italia, den er auf Rang fünf beendete, will Thibaut Pinot (Groupama – FDJ) nun auch ein letztes Mal bei der Tour de France sta

29.05.2023Kriegers Giro-Leiden wurden mit Rang fünf in Rom belohnt

(rsn) - Alexander Krieger (Alpecin - Deceuninck) beendete den mit vielen Tiefschlägen verbundene 106. Giro d`Italia mit einem sportlichen Ausrufezeichen. Der Stuttgarter belegte auf der Schlussetappe

29.05.2023Entdeckungen und Überraschungen: Die Geschichten des Giro

(rsn) – Vor dem 106. Giro d’Italia schien die Ausgangsposition klar zu sein: Es würde ein Duell um den Gesamtsieg zwischen Remco Evenepoel (Soudal – Quick-Step) und Primoz Roglic (Jumbo – Vis

29.05.2023Ackermanns Traum vom Sieg beim Giro-Finale endete in der Bande

(rsn) - Vor drei Jahren gewann Pascal Ackermann (UAE Team Emirates) in Madrid die Schlussetappe der Vuelta a Espana. Das Kunststück wollte der Pfälzer auch beim 106. Giro d’Italia beim Finale in R

28.05.2023Thomas lotst Cavendish in Rom zum letzten Etappensieg

(rsn) – Sieben Sprints hatte der 106. Giro d’Italia und jedes Mal gab es einen anderen Sieger. Beim letzten Akt spurtete Mark Cavendish (Astana Qazaqstan) in Rom nach 126 Kilometern mit großem Vo

28.05.2023Cavendish: “Meine Jungs und ... meine Freunde waren super“

(rsn) - Der Weg zur Siegerehrung in Rom wurde für Mark Cavendish (Astana Qazaqstan) zum Gratulations-Parcours! Fast jeder Fahrer, dem er begegnete, beglückwünschte den Manx Man zum Gewinn der 21. E

Weitere Radsportnachrichten

25.04.2024Jakobsen gibt Andresen Grünes Licht für den zweiten Etappensieg

(rsn) – Tobias Lund Andresen (dsm-firmenich – PostNL) hat mit dem zweiten Tagessieg in Folge seine Führung in der Gesamtwertung der 59. Türkei-Rundfahrt (2.Pro) ausgebaut. Der 21-jährige Däne

25.04.2024Drei Bergankünfte, Sprints, Windkantengefahr & Teamzeitfahren

(rsn) – Nachdem die Spanien-Rundfahrt im vergangenen Jahr von Torrevieja an der Costa Blanca vorbei an Madrid in den Norden nach Asturien an den Atlantik und zur abschließenden Bergankunft an den L

25.04.2024Zwölf deutsche Profis auf vorläufiger Startliste des Giro d´Italia

(rsn) – Insgesamt zwölf deutsche Profis werden nach aktuellem Stand am 4. Mai den 107. Giro d’Italia in Angriff nehmen, wie aus der vom Veranstalter RCS Sport veröffentlichten vorläufigen Start

25.04.2024Lutsenko und Cattaneo in der Romandie ausgestiegen

(rsn) – Ohne Alexej Lutsenko (Astana Qazaqstan) wird am Donnerstag die  77. Tour de Romandie fortgesetzt. Wie sein Team mitteilte, ist der Kasachische Meister, der zuletzt den Giro d´Abruzzo gewan

25.04.2024Radsport live im TV und im Ticker: Die Rennen des Tages

(rsn) – Welche Radrennen finden heute statt? Wo und wann kann man sie live im Fernsehen oder Stream verfolgen? Und wo geht´s zum Live-Ticker? In unserer Tagesvorschau informieren wir jeden Morg

25.04.202422 Teams am Start der 3. Tour de France Femmes

(rsn) – Mit insgesamt 22 Teams wird am 12. August im niederländischen Rotterdam die 3. Tour de France Femmes (2.WWT) gestartet. Beim Grand Départ dabei sein werden auch die beiden deutschen Frauen

24.04.2024Highlight-Video der 1. Etappe der Tour de Romandie

(rsn) – Der Franzose Dorian Godon (Decathlon – AG2R La Mondiale) hat sich die 1. Etappe der Tour de Romandie gesichert. Nach 165,7 Kilometern vom Château-d´Oex nach Fribourg, wobei sechs Bergwer

24.04.2024“Unglaublich“: Dorn fährt auf Ansage ins Bergtrikot

(rsn) – Das Team Bike Aid, allen voran Vinzent Dorn, zeigt sich bei der Tour of Turkiye (2.Pro) weiterhin von der allerbesten Seite. Dorn schaffte es auf der 4. Etappe, die über 138 Kilometer von

24.04.2024Godon und Vendrame sorgen für Decathlon-Doppelschlag

(rsn) – Synchroner Jubel auf Platz eins und zwei, dahinter kollektiver Ärger: Decathlon – AG2R La Mondiale hat durch Dorian Godon und Andrea Vendrame auf der 1. Etappe der Tour de Romandie (2.UWT

24.04.2024Uhlig bremst, Andresen gewinnt vor van Poppel

(rsn) – Tobias Lund Andresen (dsm-firmenich – PostNL) hat auf der 4. Etappe der Türkei-Rundfahrt (2.Pro) seinen ersten Sieg als Profi gefeiert und damit auch die Gesamtführung an sich gerissen.

24.04.2024Bahn WM 2025 zum zweiten Mal nach Südamerika vergeben

(rsn) - Wie der Weltradsportverband UCI am Mittwoch bekanntgab, werden die Bahnweltmeisterschaften vom 15. bis zum 19. Oktober im Velódromo Peñalolén in Santiago de Chile stattfinden. Zunächst hat

24.04.2024Hindley und Lipowitz verlängern bei Bora - hansgrohe

(rsn) – Bora – hansgrohe hat die Verträge mit Jai Hindley und Florian Lipowitz verlängert. Wie immer machten die Raublinger keine Angaben über die Laufzeiten. Außerdem gab der deutsche WorldTo

RADRENNEN HEUTE

    WorldTour

  • Tour de Romandie (2.UWT, SUI)
  • Radrennen Männer

  • Gracia Orlová (2.2, CZE)
  • Tour de Bretagne (2.2, FRA)
  • Tour of the Gila (2.2, USA)