RSNplusBeim Giro in der Rolle des Jägers

Operiert Roglic mit einer Taktik der kleinen Nadelstiche?

Von Peter Maurer

Foto zu dem Text "Operiert Roglic mit einer Taktik der kleinen Nadelstiche?"
Primoz Roglic (Jumbo - Visma) | Foto: Cor Vos

08.05.2023  |  (rsn) - Knapp zehn Kilometer vor dem Ende der 3. Etappe des Giro d‘Italia lieferten Remco Evenepoel (Soudal - Quick Step) und Primoz Roglic (Jumbo - Visma) beim Bonifikationssprint einen kleinen Vorgeschmack auf das, was sich in den kommenden Wochen zu einem großen Duell bis zur finalen Etappe entwickeln könnte.

Denn kurz vor dem Sprint positionierte Koen Bouwman plötzlich seinen slowenischen Teamkollegen direkt an das Hinterrad von Evenepoel. Der Belgier reagierte allerdings sofort und sicherte sich selbst die drei Bonussekunden vor Roglic, der gegenüber den weiteren Konkurrenten zwar zwei Sekunden gutmachte, aber auf Evenepoel eine weitere verlor.

___STEADY_PAYWALL___"Wir wollten die Abfahrt von vorne fahren, weil der Regen die Straßen nass und schwierig gemacht haben. Ich habe gesehen, wie sich Roglic hinter mir positioniert hat. Es hat mich nicht viel Energie gekostet und wenn die Sekunden vor dir liegen, dann musst du sie mitnehmen", erklärte der Weltmeister, der in dieser Saison bereits ein Sekundenduell gegen Roglic verloren hatte. Bei der Katalonien-Rundfahrt im März sammelte das Duo gemeinsam fast eineinhalb Minuten an Bonifikationssekunden, schlussendlich hatte Roglic allerdings sechs Sekunden Vorsprung auf Evenepoel und entschied das erste direkte Duellfür sich.

Roglic sprintete nicht mit der letzten Entschlossenheit

Auch wenn Evenepoel mit seinem starken Auftaktzeitfahren gleich einmal ein Ausrufezeichen gesetzt hat, wirklich in Sicherheit wiegen darf er sich nach nur drei Etappen natürlich nicht. Denn mit letzter Konsequenz gestaltete Roglic seinen Versuch, einige Sekunden gutzumachen, dann doch nicht. Eher schon locker und lässig rollte er hinter dem Träger des Rosa Trikots über die Zwischensprintmarke, als hätte er nur mal testen wollen, wie Evenepoel reagieren würde.

Remco Evenepoel (Soudal – Quick-Step) sicherte sich am Bonussprint des Tages drei Sekunden Zeitgutschrift. | Foto: Cor Vos

Roglic, immerhin dreimaliger Vuelta-Sieger und auch beim Giro und der Tour schon nahe an einem Gesamtsieg dran, gehört zu den dominierenden Grand-Tour-Fahrern der letzten Jahre und ging zumeist als Topfavorit und Gejagter in diese Rennen. Eine Situation, mit der er oft zu kämpfen hatte, die bitterste Niederlage kassierte er bei der Tour de France 2020, wo sein junger Landsmann Tadej Pogacar (UAE Team Emirates) ihm am vorletzten Tag noch den sicher geglaubten Sieg wegschnappte.

Im Einzelzeitfahren der 20. Etappe hinauf zur Planches des Belles Filles hielt Roglic dem Druck nicht stand und musste sich einem entfesselt fahrenden Pogacar geschlagen geben, der zuvor fast drei Wochen der Jäger seines älteren Landsmanns gewesen war. Durch Evenepoels Show ist aber bei diesem Giro aber Roglic der Jäger und der junge Belgier der Gejagte.

Längst ist Roglic in Grand-Tour-Zweikämpfen geschult

Und wie gut der Jumbo-Kapitän diesen Part mittlerweile spielen kann, bewies er zur Mitte der letztjährigen Vuelta, als er mit andauernden Angriffen innerhalb von drei Etappen den Rückstand auf den im Roten Trikot fahrenden Evenepoel von 2:41 Minuten auf 1:26 Minuten reduzierte. Immer wieder setzte der 33-Jährige seine Nadelstiche und wäre er nicht im Finale der 16. Etappe gestürzt, hätte Roglic womöglich noch das Klassement gedreht.

Primoz Roglic (Jumbo – Visma) musste sich mit zwei Bonussekunden begnügen, sprintete am Ende aber bei den Besten mit und wurde Etappensiebter. | Foto: Cor Vos

Und neben der Taktik der kleinen Nadelstiche hat er noch ein weiteres Ass im Ärmel. Im Gegensatz zu seinem Kontrahenten verfügt er in solchen dreiwöchigen Zweikämpfen über genug Erfahrung. 2019 war es Vincenzo Nibali, den er beim Giro herausforderte. In einem Privatduell verpokerten sich beide am Weg hinauf nach Courmayeur, wo dann Richard Carapaz dem Duo zwei Minuten abnahm und die Führung bis ins Ziel nach Verona verteidigte.

Der Ecuadorianer lieferte sich dann bei der Vuelta 2020 mit Roglic einen sehenswerten Schlagabtausch, den dieser gewann. Nur wenige Wochen zuvor war Roglic als Verlierer aus dem oben angesprochenen Tourduell mit Pogacar herausgegangen. Und auch 2021 hätte die Tour im Zeichen des slowenischen Duells stehen sollen, doch ein Sturz von Roglic verhinderte dies. Im letzten Jahr schließlich kam es dann bei der Vuelta zum ersten Zweikampf zwischen Evenepoel und Roglic, in dem der Belgier seinen Vorsprung dahinschmelzen sah.

Vielleicht auch deshalb hatte Evenepoel bereits angekündigt, das Maglia Rosa am liebsten am Dienstag schon wieder abzugeben. Denn dem Druck des Gejagten bei einer dreiwöchigen Rundfahrt durchgehend standzuhalten, ist keine einfache Aufgabe. Angesichts des bergigen Profils der 4. Etappe käme es Evenepoel also möglicherweise gelegen, wenn aus einer Ausreißergruppe heraus ein ihm im Gesamtklassement letztlich ungefährlicher Konkurrenten das Rosa Trikot erobern würde.

Mehr Informationen zu diesem Thema

27.05.2024Pogacar nach Giro-Triumph entspannt zur Tour

(rsn) – Die 107. Austragung des Giro d´Italia stand ganz im Zeichen von Tadej Pogacar (UAE Team Emirates). Der Slowene drückte der Rundfahrt vom Start weg seinen Stempel auf, gewann fast ein Drit

23.11.2023Buitrago will erstmals zur Tour und um das Weiße Trikot kämpfen

(rsn) – Nach zwei Giro-Etappensiegen in den beiden vergangenen Jahren hofft Santiago Buitrago (Bahrain Victorious) in der kommenden Saison auf sein Tour-de-France-Debüt. Dann möchte der Kolumbiane

31.07.2023Baudin nach Tramadol-Missbrauch vom Giro disqualifiziert

Neo-Profi Alex Baudin (AG2R - Citroen) ist nachträglich vom Giro d´Italia 2023 ausgeschlossen worden. Das teilte die UCI am Montag mit. Grund dafür ist der Fund des Schmerzmittels Tramadol in den B

04.06.2023ASO plant Corona-Protokoll für die 110. Tour de France

(rsn) – Nachdem beim diesjährigen Giro d’Italia zahlreiche Fahrer wegen Corona-Infektionen ausschieden, werden die Organisatoren der Tour de France laut der französischen Nachrichtenagentur AFP

01.06.2023“Fanboy“ Heßmann zitterte mit Roglic am Monte Lussari

(rsn) – Viel besser hätte das Grand-Tour-Debüt für Michel Heßmann (Jumbo – Visma) nicht laufen können. Während der Deutsche mit einigen Teamkollegen auf dem Monte Lussari wartete, sicherte s

31.05.2023Thomas enttäuscht, “dass ich es nicht vollenden konnte“

(rsn) – Um ganze 14 Sekunden musste sich Geraint Thomas (Ineos Grenadiers) beim 106. Giro d´Italia Primoz Roglic (Jumbo – Visma) geschlagen geben. Der 33-jährige Slowene nahm dem Briten am vorle

31.05.2023Startet Giro-Sieger Roglic auch bei der Tour de Suisse?

(rsn) – Giro-Sieger Primoz Roglic wurde am Dienstag in Amsterdam von seinem Team Jumbo – Visma mit einer großen Feier geehrt. Die Veranstaltung nutzte der niederländische Fernsehsender NOS, um d

30.05.2023Pinot will nach dem Giro auch die Abschieds-Tour

(rsn) – Nach seiner erfolgreichen Abschiedsvorstellung beim Giro d’Italia, den er auf Rang fünf beendete, will Thibaut Pinot (Groupama – FDJ) nun auch ein letztes Mal bei der Tour de France sta

29.05.2023Kriegers Giro-Leiden wurden mit Rang fünf in Rom belohnt

(rsn) - Alexander Krieger (Alpecin - Deceuninck) beendete den mit vielen Tiefschlägen verbundene 106. Giro d`Italia mit einem sportlichen Ausrufezeichen. Der Stuttgarter belegte auf der Schlussetappe

29.05.2023Entdeckungen und Überraschungen: Die Geschichten des Giro

(rsn) – Vor dem 106. Giro d’Italia schien die Ausgangsposition klar zu sein: Es würde ein Duell um den Gesamtsieg zwischen Remco Evenepoel (Soudal – Quick-Step) und Primoz Roglic (Jumbo – Vis

29.05.2023Ackermanns Traum vom Sieg beim Giro-Finale endete in der Bande

(rsn) - Vor drei Jahren gewann Pascal Ackermann (UAE Team Emirates) in Madrid die Schlussetappe der Vuelta a Espana. Das Kunststück wollte der Pfälzer auch beim 106. Giro d’Italia beim Finale in R

28.05.2023Thomas lotst Cavendish in Rom zum letzten Etappensieg

(rsn) – Sieben Sprints hatte der 106. Giro d’Italia und jedes Mal gab es einen anderen Sieger. Beim letzten Akt spurtete Mark Cavendish (Astana Qazaqstan) in Rom nach 126 Kilometern mit großem Vo

Weitere Radsportnachrichten

01.04.2025Red Bull verzichtet bei Dwars door Vlaanderen auf Lazkano

(rsn) – Die im Winter runderneuerte Klassikerfraktion von Red Bull – Bora – hansgrohe kommt einfach nicht in Schwung. Stellvertretend dafür steht der mit vielen Vorschlusslorbeeren zu den Raubl

01.04.2025Pedersen auch bei der Ronde-Generalprobe nicht zu stoppen?

(rsn) – Als es beim letztjährigen Dwars door Vlaanderen knapp 70 Kilometer vor dem Ziel zu einem Massensturz kam, verletzten sich mit Wout van Aert (Visma-Lease a Bike), Mads Pedersen, Jasper Stuyv

01.04.2025CIC-Mont Ventoux muss wie bereits im Vorjahr abgesagt werden

(rsn) – Zum zweiten Mal in Folge wird die CIC-Mont Ventoux (1.1) nicht stattfinden können. Bereits im Januar hatten die Organisatoren des französischen Eintagesrennens mit Ziel am legendären Mont

01.04.2025Buchmann liegt im Plan, aber zur Topform fehlt noch ein Stück

(rsn) – Auf Platz 22 beendete Emanuel Buchmann seine Premiere bei der Katalonien-Rundfahrt. Damit befand sich der Cofidis-Neuzugang in guter Gesellschaft zwischen den beiden Visma-Routiniers Wilco K

31.03.2025Tudor auch zum Giro, Q36.5 gibt sein Grand-Tour-Debüt

(rsn) – Kurz nach der Entscheidung des Radsportweltverbands UCI, dass die Veranstalter in der großen Landesrundfahrten in diesem Jahr jeweils drei statt zwei Wildcards verteilen dürfen, hat am Mon

31.03.2025“Großvater“ Kristoff landete fast nochmal auf dem Podium

(rsn) – Zwei Monumente konnte Alexander Kristoff (Uno-X Mobility) in seiner Karriere schon gewinnen, aber auch bei Gent-Wevelgem in Flanders Fields war der mittlerweile 37-jährige Norweger schon e

31.03.2025Jakobsen muss unters Messer und steht vor langer Zwangspause

(rsn) – Spätestens nach der Saison 2022 schien der Horror-Sturz von Fabio Jakobsen (Picnic - PoostNL) aus der Polen-Rundfahrt aus dem Jahr 2020 endgültig vergessen, der heute 28-Jährige fuhr mit

31.03.2025Tudor, TotalEnergies und Uno-X bekommen die Tour-Wildcards 2025

(rsn) – Kaum hat die UCI die Bestätigung einer möglichen dritten Wildcard für die Grand Tours im Jahr 2025 bekanntgegeben, ist auch die ASO als Veranstalterin der Tour de France nun bereits vorge

31.03.2025Wiebes‘ unglaubliche Statistiken: Die Zahlen hinter der “100“

(rsn) – Ihren ersten UCI-Sieg feierte Lorena Wiebes im Jahr 2018. Das war damals im Mai beim Dorpenomloop in Aalburg, einem Rennen, das heute nicht mehr ausgetragen wird. Damals war sie 19 Jahre alt

31.03.2025UCI bestätigt Erweiterung der Grand-Tour-Pelotons auf 23 Teams

(rsn) – Nachdem sich das Professional Cycling Council (PCC) bereits für ein zusätzliches 23. Team bei den Grand Tours ausgesprochen hatte, hat nun auch das UCI Management Komitee die Entscheidung

31.03.2025Kool schafft bei Gent-Wevelgem den Befreiungsschlag

(rsn) – Auch wenn die Weltklasse-Sprinterin Charlotte Kool (Picnic – PostNL) beim überlegenen Sieg von Lorena Wiebes (SD Worx – Protime) bei Gent-Wevelgem (1.UWT) chancenlos aussah, war die 25-

31.03.2025Keßler holt dritten Platz auf Schlussetappe der Olympia´s Tour

(rsn) - Für die Teams Lotto – Kern Haus – PSD Bank und Rembe – rad-net ist mit unterschiedlichen Gefühlen eine insgesamt erfolgreiche Olympia´s Tour zu Ende gegangen und Run & Race - Wibatech

RADRENNEN HEUTE
  • Keine Termine