Die größten Hoffnungen ruhen auf Haig

Auch ohne Mäder hat Bahrain beim Giro noch drei Kapitäne

Von Kevin Kempf

Foto zu dem Text "Auch ohne Mäder hat Bahrain beim Giro noch drei Kapitäne"
Damiano Caruso (links) und Jack Haig (beide Bahrain Victorious) | Foto: Cor Vos

05.05.2023  |  (rsn) – Mit gleich vier Klassementfahrern wollte Bahrain Victorious am Samstag beim 106. Giro d’Italia an den Start gehen, doch nach der Corona-Infektion von Gino Mäder muss die WorldTour-Equipe aus dem Nahen Osten mit drei Kapitänen auskommen. Jack Haig, Damiano Caruso und Santiago Buitrago sollen in den Bergen für Furore sorgen, der Australier soll dabei die besten Voraussetzungen auf eine Top-Platzierung haben.

Mit zahlenmäßiger Überlegenheit will das Bahrain-Trio den beiden Topfavoriten Primoz Roglic (Jumbo – Visma) und Remco Evenepoel (Soudal – Quick-Step) das Leben schwer machen. “Die Breite in der Mannschaft ist eine unserer Stärken, nicht nur beim Giro. Wir haben nicht die Topfavoriten wie Jonas Vingegaard, Roglic oder Remco. Aber wir haben immer zwei oder drei Fahrer, die in den Top Ten landen können“, meinte Haig beim digitalen Pressetermin.

Einfach werde es aber nicht, die beiden Superstars zu ärgern. “Es ist unsere Aufgabe zu gucken, wie wir die Topfavoriten überraschen können. Und das ist schwer, denn Primoz und Remco haben sehr starke Helfer, die den Schaden beschränken können“, analysierte er.

Aus vier mach drei! Aus drei mach eins?

Dass der designierte vierte Bahrain-Kapitän nicht von der Partie ist, tut der Mannschaft weh. “Gino wäre eine gute Trumpfkarte für uns gewesen. Wir waren zusammen im Trainingslager in Teide“, erzählte Buitrago. “In der letzten Grand Tour, die wir zusammen gefahren sind, war er ein sehr guter Teamkollege. Für ihn selbst ist die Enttäuschung wohl aber noch größer.Durch Covid im letzten Moment aus dem Rennen genommen zu werden, muss sehr frustrierend sein. Ich verliere einen sehr starken Teamkollegen und er verliert die Gelegenheit, selbst ein Resultat herauszufahren. Aber ich bin sicher, dass er später in der Saison erfolgshungrig zurückkommt“, fügte Haig an.

So verbleibt ein Dreizack, mit Blick auf die letzte Saison, als Bora – hansgrohe mit Jai Hindley, Emanuel Buchmann und Wilco Kelderman an der Spitze ins Rennen ging und mit Hindley den Giro-Sieg davontrug, vielleicht eine gute Ausgangsposition. Trotzdem schob Caruso schon vor dem Auftaktzeitfahren einen Teamkollegen vor: “Jack Haig wird mit den größten Klassementambitionen starten, Santiago und ich werden ihn unterstützen und versuchen, für ihn da zu sein, wenn er uns braucht.“

Caruso scheint auf den Punkt fit zu sein

Der 35-jährige Italiener ist nach Vincenzo Nibalis Rücktritt die größte italienische Hoffnung auf eine gute Platzierung in der Gesamtwertung. “Ich spüre eine gewisse Verantwortung, jetzt, da Vincenzo nicht mehr dabei ist. Wie der Star des italienischen Radsports fühle ich mich aber nicht. Ich bin jedes Jahr etwas besser geworden. Ich habe als Helfer angefangen und in den letzten Saisons habe ich selbst sehr gute Resultate herausgefahren“, so der Routinier, der 2021 als Zweiter den Giro-Sieg nur knapp verpasste.

“Meine Vorbereitung war auf den Giro ausgerichtet und ich hoffe, so gut wie vor zwei Jahren zu sein“, so Caruso weiter. Seine Vorbereitung verlief allerdings nicht ohne Rückschläge. “Meine Sizilien-Rundfahrt verlief etwas enttäuschend, aber nach der Tour de Romandie sind die Vibes wieder gut“, bilanzierte er. Beim schwach besetzten Giro di Sicilia (2.1) kam er nicht über einen zehnten Platz hinaus. Diesen Ausrutscher korrigierte er allerdings als Gesamtdritter bei der Tour de Romandie (2.UWT).

Haig fühlt sich gut, ist aber unsicher

Anders als Caruso wählte Haig mit der Tour oft he Alps (2.Pro) die derzeit typische Vorbereitung auf den Giro. Wie sein italienischer Teamkollege in der Schweiz, so wurde der Australier bei der Rundfahrt durch Österreich und Italien Gesamtdritter. Seine Unsicherheit nahm ihm diese Leistung aber offenbar nicht. “Normalerweise habe ich nach den Ardennen eine Pause gemacht, um zur Tour wieder fit zu sein. Dieses Jahr ist mein Aufbau anders. Ich fühle mich gut, aber ich habe nicht das gleiche Selbstvertrauen, das ich vor der Tour de France immer hatte. Um ehrlich zu sein, hatte ich die beste Form meiner Karriere vor der Frankreich-Rundfahrt 2021“, gab der 29-Jährige zu.

Nach der Alpen-Rundfahrt absolvierte Haig keine Wettkämpfe mehr. “Wenn man sich die Wissenschaft anschaut, ist es am besten, zwei bis vier Wochen auf 2000 Meter Höhe zu bleiben. Das ist im Prinzip nichts Neues, aber es hat lange gedauert, bis Radsportteams das implementiert haben. Jetzt sind einige Mannschaften länger in der Höhe - wir waren nur 15 Tage dort. Jumbo, Quick-Step und auch Ineos sind heutzutage drei Wochen im Höhentrainingslager“, erzählte er.

Doch diesen potenziellen Nachteil gegenüber Roglic & Co. kompensierte der Bahrain-Profi auf seine Art. “Ich habe Glück, in Andorra auf ungefähr 1300 Metern Höhe zu leben. Aber ich trainiere meist auf über 2000 Metern. In der Phase nach der Tour of the Alps habe ich viele meiner Trainingsfahrten in der Höhe gemacht. So habe ich versucht, den Effekt des Trainingslagers zu verlängern“, erklärte er.

Buitrago will auf Etappenjagd und auf das Klassement gehen

Während Haig noch leise Zweifel an seiner Form äußerte, strotzte Buitrago nur so vor Selbstvertrauen. “Ich bin gut vorbereitet und ich erwarte viel von dieser Italien-Rundfahrt. Ich hoffe auf die gleiche oder eine noch bessere Klassierung in der Gesamtwertung als letztes Jahr“, so der 23-Jährige, der letzte Saison eine der Giro-Überraschungen war. Dort gewann der Kolumbianer eine Etappe, die Rundfahrt schloss er als Zwölfter im Gesamt- und als Zweiter der Nachwuchswertung ab. Dieses Jahr überzeugte er mit dritten Plätzen bei der Saudi Tour (2.1), der Andalusien-Rundfahrt (2.Pro) und zuletzt bei Lüttich-Bastogne-Lüttich (1.UWT).

Vor allem sein erst drittes Monument vergrößerte seine Ambitionen. “Was ich in Lüttich geschafft habe, hat mir viel Selbstvertrauen gegeben“, blickte er zurück, um direkt anschließend nach vorn zu schauen: “Ich habe eine freie Rolle. Ich kann auf Etappen gehen und werde sehen, wo ich nach einer Woche im Klassement stehe.“

Das Auftaktzeitfahren am Samstag dürfte jedenfalls gar nicht nach seinem Geschmack sein. Dort sollte er - wie seine beiden Teamkollegen - gleich einige Sekunden liegenlassen. Diese verlorene Zeit könnte dem angriffslustigen Südamerikaner aber etwas Spielraum für Attacken auf den ersten schweren Teilstücken geben.

Mehr Informationen zu diesem Thema

27.05.2024Pogacar nach Giro-Triumph entspannt zur Tour

(rsn) – Die 107. Austragung des Giro d´Italia stand ganz im Zeichen von Tadej Pogacar (UAE Team Emirates). Der Slowene drückte der Rundfahrt vom Start weg seinen Stempel auf, gewann fast ein Drit

23.11.2023Buitrago will erstmals zur Tour und um das Weiße Trikot kämpfen

(rsn) – Nach zwei Giro-Etappensiegen in den beiden vergangenen Jahren hofft Santiago Buitrago (Bahrain Victorious) in der kommenden Saison auf sein Tour-de-France-Debüt. Dann möchte der Kolumbiane

31.07.2023Baudin nach Tramadol-Missbrauch vom Giro disqualifiziert

Neo-Profi Alex Baudin (AG2R - Citroen) ist nachträglich vom Giro d´Italia 2023 ausgeschlossen worden. Das teilte die UCI am Montag mit. Grund dafür ist der Fund des Schmerzmittels Tramadol in den B

04.06.2023ASO plant Corona-Protokoll für die 110. Tour de France

(rsn) – Nachdem beim diesjährigen Giro d’Italia zahlreiche Fahrer wegen Corona-Infektionen ausschieden, werden die Organisatoren der Tour de France laut der französischen Nachrichtenagentur AFP

01.06.2023“Fanboy“ Heßmann zitterte mit Roglic am Monte Lussari

(rsn) – Viel besser hätte das Grand-Tour-Debüt für Michel Heßmann (Jumbo – Visma) nicht laufen können. Während der Deutsche mit einigen Teamkollegen auf dem Monte Lussari wartete, sicherte s

31.05.2023Thomas enttäuscht, “dass ich es nicht vollenden konnte“

(rsn) – Um ganze 14 Sekunden musste sich Geraint Thomas (Ineos Grenadiers) beim 106. Giro d´Italia Primoz Roglic (Jumbo – Visma) geschlagen geben. Der 33-jährige Slowene nahm dem Briten am vorle

31.05.2023Startet Giro-Sieger Roglic auch bei der Tour de Suisse?

(rsn) – Giro-Sieger Primoz Roglic wurde am Dienstag in Amsterdam von seinem Team Jumbo – Visma mit einer großen Feier geehrt. Die Veranstaltung nutzte der niederländische Fernsehsender NOS, um d

30.05.2023Pinot will nach dem Giro auch die Abschieds-Tour

(rsn) – Nach seiner erfolgreichen Abschiedsvorstellung beim Giro d’Italia, den er auf Rang fünf beendete, will Thibaut Pinot (Groupama – FDJ) nun auch ein letztes Mal bei der Tour de France sta

29.05.2023Kriegers Giro-Leiden wurden mit Rang fünf in Rom belohnt

(rsn) - Alexander Krieger (Alpecin - Deceuninck) beendete den mit vielen Tiefschlägen verbundene 106. Giro d`Italia mit einem sportlichen Ausrufezeichen. Der Stuttgarter belegte auf der Schlussetappe

29.05.2023Entdeckungen und Überraschungen: Die Geschichten des Giro

(rsn) – Vor dem 106. Giro d’Italia schien die Ausgangsposition klar zu sein: Es würde ein Duell um den Gesamtsieg zwischen Remco Evenepoel (Soudal – Quick-Step) und Primoz Roglic (Jumbo – Vis

29.05.2023Ackermanns Traum vom Sieg beim Giro-Finale endete in der Bande

(rsn) - Vor drei Jahren gewann Pascal Ackermann (UAE Team Emirates) in Madrid die Schlussetappe der Vuelta a Espana. Das Kunststück wollte der Pfälzer auch beim 106. Giro d’Italia beim Finale in R

28.05.2023Thomas lotst Cavendish in Rom zum letzten Etappensieg

(rsn) – Sieben Sprints hatte der 106. Giro d’Italia und jedes Mal gab es einen anderen Sieger. Beim letzten Akt spurtete Mark Cavendish (Astana Qazaqstan) in Rom nach 126 Kilometern mit großem Vo

Weitere Radsportnachrichten

21.12.2024Schöne Highlights und ein sehr starker August

(rsn) – 22 Jahre ist Fabio Christen (Q36.5 Pro Cycling) alt, und der Schweizer kommt aus einer wahren Radsportfamilie. Schon sein Großvater gehörte zu den besten Straßensportlern und auch sein Va

21.12.2024Red-Bull-Sportchef Aldag über die Transfers von Lazkano und Co.

(rsn) – Es war abzusehen, dass Red Bull – Bora – hansgrohe auch in diesem Winter wieder allerhand Veränderungen am Kader für die neue Saison vornehmen würde. Neun Profis stoßen 2025 zum Team

21.12.2024Vandeputte mit Start-Ziel-Sieg zum ersten Weltcuperfolg

(rsn) – Dank einer technischen Glanzleistung hat Niels Vandeputte (Alpecin – Deceuninck) in Hulst nicht nur einen Start-Ziel-Sieg, sondern auch seinen ersten Weltcup-Erfolg gefeiert. Der Belgier w

21.12.2024Schreiber startet am schnellsten und bleibt bis zum Schluss vorn

(rsn) – Schnellstarterin Marie Schreiber (SD Worx – Protime) hat den Cross-Weltcup in Hulst mit einem Start-Ziel-Sieg für sich entschieden. Lucinda Brand (Baloise – Trek Lions) baute als Zweite

21.12.2024Knolle, Groß, John und Zemke zu rad-net - Rembe - Sauerland

(rsn) - In unserem ständig aktualisierten Transferticker informieren wir Sie regelmäßig über Personalien aus der Welt des Radsports. Ob es sich um Teamwechsel, Vertragsverlängerungen oder Rücktr

21.12.2024Vom Niemandsland nach Alpe d’Huez in wenigen Monaten

(rsn) – Als Ruderin stand Valentina Cavallar schon bei den Olympischen Spielen am Start und ihr Einstieg in den Radsport kam dann doch sehr überraschend. Erst im April fand sie einen Platz bei der

21.12.2024“Riesige Erleichterung“: Auf dem Weg zurück zu alter Stärke

(rsn) – Er war noch nicht ganz wieder der Alte, doch nach zwei krankheitsbedingt schwarzen Saisons hat Maximilian Schachmann 2024 endlich erneut aufblitzen lassen können, wozu er fähig ist. Das ge

21.12.2024Van Empel muss Cross-Wochenende auslassen

(rsn) - Wegen eines Trainingssturzes muss Weltmeisterin Fem van Empel (Visma – Lease a Bike) die beiden Cross-Weltcups in Hulst und Zonhoven an diesem Wochenende auslassen. Wie die Niederländerin a

21.12.2024Die Radsport-News-Jahresrangliste 2024

(rsn) - Auch diesmal starten wir am 1. November mit unserer Jahresrangliste. Wir haben alle UCI-Rennen der vergangenen zwölf Monate (1. November 2023 bis 31. Oktober 2024) ausgewertet - nach unserem

20.12.2024Meisterschaftsdoppel versöhnte nach Olympia-Enttäuschung

(rsn) – Die Olympischen Spiele in Paris hatten die Österreicherin Anna Kiesenhofer (Roland) wieder in den Fokus der medialen Aufmerksamkeit zurückgeholt. Immer wieder wurde ihre Sensationsfahrt v

20.12.2024Van Aert kehrt in Mol zu seiner ersten Liebe zurück

(rsn) - Viel Zeit zur Vorbereitung konnte sich Wout van Aert (30) nicht gönnen. Nach nur drei Tagen im Cross-Training will der Belgier am Montag beim Superprestige in Mol starten. Der Cross-Vizeweltm

20.12.2024Van Schip wegen Drohungen und Beleidigungen gesperrt

(rsn) - Wegen "Beleidigungen, Drohungen und unangemessenem Verhalten“ bei der Bahn-WM in Ballerup (Dänemark) hat die UCI den Niederländer Jan-Willem van Schip vom 27. Dezember 2024 bis zum 1. Febr

RADRENNEN HEUTE
  • Keine Termine