RSNplusVingegaard & Co. räumen ab

Knacken die Dänen ihren Tour-Rekord von 1996?

Von Guido Scholl

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Auf dem Weg zu seinem ersten Tour-Sieg: Jonas Vingegaard (Jumbo - Visma) | Foto: Cor Vos

16.07.2022  |  (rsn) - Auch nach der Ankunft in Mende liegt Jonas Vingegaard (Jumbo – Visma) bei der Tour de France auf Kurs Gesamtsieg. Sollte er das Gelbe Trikot bis Paris tragen, würde die Grand Boucle zur Tour der Dänen - angesichts von jetzt bereits drei Etappensiegen durch Magnus Cort, Mads Pedersen und den Gesamtführenden selber. So erfolgreich waren dänische Profis bisher erst einmal: 1996, als Bjarne Riis die Frankreich-Rundfahrt gewann.

___STEADY_PAYWALL___ Damals gelang Riis der Sieg über einen Widersacher, den viele Beobachter für unschlagbar hielten. Zumindest im Juli, denn zu souverän hatte Miguel Indurain seine fünf Gesamtsiege bei der Großen Schleife (1991 – 1995) bis dahin eingefahren. Und ähnlich deutlich hatte sich die Fachwelt vor dem Start der diesjährigen Tour auf Tadej Pogacar (UAE – Emirates) als klaren Top-Favoriten festgelegt.

Auf der 10. Etappe sorgte Magnus Cort (EF Education – EasyPost) für den ersten dänischen Sieg bei dieser Tour. | Foto: Cor Vos

Indurain hatte vor der damaligen Austragung – wie auch Pogacar in dieser Saison – keine erkennbaren Schwächen gezeigt. Nachdem der Spanier bei seinen ersten vier Triumphen vorher entweder Vuelta (1991) oder Giro (1992 – 1994) bestritten hatte, entschied er sich 1996 wie im Jahr zuvor für den Weg über mehrere kürzere Rundfahrten.

Kaum jemand hielt Indurain 1996 für angreifbar

1994 hatten Jewgeni Berzin und Marco Pantani ihm beim Giro eine schwere Niederlage beigebracht, weshalb Indurain bei der Tour als angreifbar galt. Unvergessen ist Indurains Trotzreaktion bei der ersten Bergankunft in Hautacam, wo er mit einer satten Attacke nicht nur alle übrigen Konkurrenten bis auf Luc Leblanc abschüttelte, sondern sogar den bereits enteilten Pantani im Nebel wieder stellte und dann stehen ließ. Ab 1995 konzentrierte sich “Big Mig“ sicherheitshalber dennoch auf eine Grand Tour pro Saison.

Kritik, dass er zu wenige andere wichtige Rennen bestritt, beispielsweise auch die Klassiker, ließ er abperlen. “Die Tour fasziniert mich mehr, als mich das Geschwätz der Leute stört“, soll der Kapitän des legendären Banesto-Teams einmal gesagt haben. Und er fuhr auch so weiterhin Sieg um Sieg ein. Auf dem Weg zur Tour 1996 gewann Indurain die Asturien-Rundfahrt, die Volta ao Alentejo, die Bicicleta Vasca und schließlich wie schon 1995 die Dauphiné Libéré. Die verhältnismäßig unbedeutende Alentejo-Rundfahrt räumte “der Außerirdische“ sogar vor seinem Bruder Prudencio ab. Ehrgeiz hatte er also weiterhin. So rechnete kaum jemand damit, dass Indurain auf dem Weg zum sechsten Toursieg zu stoppen sein würde.

Am Ende des 13. Teilstücks jubelte Mads Pedersen (Trek – Segafredo) nach dem dritten Etappensieg eines dänischen Profis. | Foto: Cor Vos

Bis auf Riis. Der war nach Platz 5 (1993) und Platz 3 (1995) mit dem Kalkül zum damals noch recht erfolglosen Team Telekom gewechselt, dort endlich unumstrittener Chef zu sein. Das war ihm zuvor bei Ariostea und Gewiss nicht vergönnt gewesen, weil ihm Stars vom Kaliber Berzin und Piotr Ugrumow vor der Sonne standen. Mit Telekom sowie – wie sich später herausstellte - einer rigorosen Epo-Doping-Strategie wollte Riis Indurain knacken.

In Sestriere brachen die Dänischen Festspiele in Frankreich an

Und der Plan ging auf. Wenn auch unter besonderen Vorzeichen. Denn schon bei der ersten Bergankunft in Les Deux Alpes schwächelte der Spanier und verlor mehrere Minuten. Angeblich wegen eines Hungerasts. Der Etappensieg ging an Leblanc. Tags darauf lief es beim “Fünfmaligen“ wieder etwas besser, dennoch verlor er beim Bergzeitfahren in Val d'Isere weiter auf Riis, Tony Rominger und auch Berzin, der Gelb übernahm.

Am Tag danach brachen die Dänischen Festspiele in Frankreich an, denn Riis gewann die wegen Schnee am Col d'Iseran verkürzte Etappe nach Sestriere und übernahm Gelb. Vier Tage später hätte Jesper Skibby beinahe für den zweiten dänischen Etappensieg gesorgt, doch im Sprint einer Ausreißergruppe war in Le Puy en Velay der Schweizer Pascal Richard schneller. Am Folgetag holte Rolf Sörensen dies jedoch nach, indem er ebenfalls aus einer Gruppe heraus die Mini-Bergankunft in Super Besse für sich entschied.

1996 gewann Bjarne Riis als erster Däne die Tour de France, wurde aber später des Dopings überführt. Den Gesamtsieg durfte er wegen Verjährung seiner Vergehen dennoch behalten. | Foto: Cor Vos

Knacken die Dänen mit einem vierten Etappensieg den Tour-Rekord?

Weitere vier Tage später sorgte Riis in Hautacam, wo Indurain zwei Jahre zuvor noch das ganze Feld abgewatscht hatte, nicht nur für den dritten dänischen Tageserfolg sondern auch für die Vorentscheidung im Kampf um den Gesamtsieg, den er ausgerechnet auf dem Weg in Indurains Heimatregion Pamplona auf der 17. Etappe endgültig für sich entschied. Bis Paris gab sich der lange Däne mit dem hohen Scheitel – ähnlich hoch soll sein Hämatokritwert gewesen sein – keine Blöße mehr und gewann als erster Däne die Tour de France.

Will Vingegaard Riis' Nachfolger werden, muss er mit Pogacar einen anderen “Außerirdischen“ weiter in die Schranken weisen. Doch vielleicht gelingt ihm oder einem seiner Landsleute ja sogar auch noch ein vierter Etappensieg – dann hätten die Dänen die legendäre Tour von 1996 sogar noch getoppt.

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