RSNplusStecken sich die Fahrer im Rennen mit Corona an?

Profis zittern vor entscheidendem PCR-Test vor der Tour

Von Felix Mattis und Joachim Logisch

Foto zu dem Text "Profis zittern vor entscheidendem PCR-Test vor der Tour"
Nils Politt (Bora - hansgrohe) und Teamkollege Emanuel Buchmann im Ziel des Meisterschaftsrennens im Sauerland | Foto: Cor Vos

27.06.2022  |  (rsn) - Am kommenden Freitag beginnt in Kopenhagen die 109. Tour de France. Doch wer beim Einzelzeitfahren durch die dänische Hauptstadt tatsächlich von der Rampe rollen wird, ist offen wie selten zuvor. Das große Zittern hat begonnen! Die Fahrer fürchten die am Montag durchzuführenden PCR-Tests auf Corona, die über die Startberechtigung entscheiden werden. Nur wer negativ ist, darf am Dienstag nach Dänemark anreisen, wo dann die immer obligatorischen Leistungstests und am Mittwoch noch ein weiterer Corona-Test warten.

Enrico Poitschke, Sportlicher Leiter bei Bahrain, befürchtet, dass Corona inzwischen auch während der Rennen von Fahrer zu Fahrer weitergegeben werden kann.

"Man steckt nicht drin: Die meisten Fahrer, die bei der Tour de Suisse positiv waren, haben nichts gemerkt. Die merkten es erst, als der Test positiv war. Früher ist man auch mit einer verschnupften Nase weitergefahren", meinte der frischgebackene Deutsche Meister Nils Politt (Bora – hansgrohe) in der Sieger-Pressekonferenz im Sauerland und führte weiter aus:

"Irgendwann muss unter diese Sache auch mal ein Schlussstrich, oder man muss auch mal auf Allergien oder Grippe testen - man kann halt auf alles testen und wenn einer bei irgendwas positiv ist, kann er keine Radrennen mehr fahren. In meinen Augen muss es irgendwann eine Regel geben, dass das Thema bei Seite gelegt wird. Wir sind jetzt so weit fortgeschritten in der Pandemie.“

___STEADY_PAYWALL___

Das Podium der Deutschen Meisterschaften 2022 im Sauerland: Nikias Arndt, Nils Politt und Simon Geschke. Politt und Geschke starten auch bei der Tour und machen sich Sorgen wegen der weiterhin grassierenden Corona-Pandemie. | Foto: Hennes Roth

"Morgen werde ich nochmal extrem zittern"

Ähnlich sah es auch der Meisterschaftsdritte Simon Geschke (Cofidis), der am Freitag genauso in Kopenhagen dabei sein soll, wie Politt. "Morgen ( 27. Juli, d. Red.) werde ich nochmal extrem zittern, bis das Ergebnis kommt“, gestand der gebürtige Berliner.

"Manchmal merkt man es nicht mal und dann ist man positiv. Dann war die Vorbereitung seit den Klassikern für die Katz und man sitzt im Juli zu Hause. Sicher gibt es Schlimmeres, aber das wäre definitiv eine herbe Enttäuschung. Für uns ist das ein riesengroßes Risiko und für die Teams und die Sponsoren ist das schlecht“, so Geschke weiter. "Aber ich bin kein Gesundheitsexperte. Ob man jetzt fragt, ob man nicht auch mit Corona Rennen fahren kann? Das wäre jetzt auch eine gewagte Aussage."

Geschke (im Windschatten von Buchmann) verpasste die Olympischen Spiele, weil er positiv war. | Foto: Hennes Roth

Der 36-Jährige, der wegen einer Corona-Infektion im vergangenen Jahr bei den Olympischen Spielen von Tokio in Quarantäne musste und seinen Start im Straßenrennen dort leider verpasste, gestand auf Nachfrage von radsport-news.com auch, dass er aus Angst vor einer neuerlichen Infektion eigentlich im Sauerland gar nicht starten wollte.

Verzicht auf DM war für einige Profis ein Thema

"Das Rennen hat großen Spaß gemacht und ich bin jetzt froh, dass ich hier war. Aber ja, es gab mehrere Gründe, darüber nachzudenken. Es waren tausend Leute, denen man wieder Hände geschüttelt hat – oder auch der Aufenthalt im Hotel. Da denkt man natürlich drüber nach und 2020 bin ich die Meisterschaft genau aus dem Grund auch nicht gefahren", sagte er. "Hier sind ja auch keine Tests vorher obligatorisch gewesen, und das macht es natürlich schon zum Risiko."

Wie überall in der Gesellschaft wurden Masken im Rahmen der Deutschen Meisterschaft kaum mehr getragen. Einzig die Profis und einige Journalisten achteten im direkten Umgang innerhalb von Gebäuden darauf, sich zu schützen. Tests oder Impfnachweise waren im Gegensatz zum Vorjahr in Stuttgart nicht gefragt.

Doch Virologen fürchten, dass es bei einer unkontrollierten Verbreitung der im Moment wohl oft fast beschwerdefreien BA.5-Variante zu neuen, wieder gefährlichen Mutationen kommen könnte, die im Winter zu weiteren Lockdowns führen würden.

Super-Gau bei der Tour de France?

Nach der von Corona-Fällen massiv beeinflussten Tour de Suisse, bei der mehr als 40 Teilnehmer positiv getestet wurden und vier Teams ausstiegen, ist nun die Frage berechtigt, wie das bei der Tour de France weitergehen wird, die in den letzten beiden Jahren ohne bekannt gewordenen Coronafall bei einem Profi durchfuhr. Denn die aktuell vorherrschende BA.5-Variante des Virus gilt als extrem ansteckend.

Enrico Poitschke, Sportlicher Leiter bei Bahrain, rätselt, wie die BA5.-Variante übertragen wird. | Foto: Hennes Roth

"Möglicherweise haben sich die Fahrer während des Rennens angesteckt, denn im Staff hatten wir keinen einzigen Fall“, fürchtete Enrico Poitschke, Sportlicher Leiter bei Bahrain Victorious im gespräch mit radsport-news.com, dessen sieben Profis nach der 5. Etappe die Schweiz-Rundfahrt verlassen mussten.

Wäre dem so, würde die bisher bewährte "Blasen-Methode“, nach der die Teams in den vergangenen beiden Jahren während der Renntage komplett von der Außenwelt isoliert wurden, auch nicht viel nützen. Der Super-Gau, dass ein Team nach dem anderen vorzeitig ausstiegen muss, könnte die Tour de France treffen. Denn mit schützenden Masken können die Profis schließlich nicht fahren.

Ein Szenario, mit dem nach den Erleichterungen vor diesem Sommer niemand rechnete. "Als es 2020 alles losging, hätte ich nicht gedacht, dass wir jetzt wieder mit Masken hier sitzen und uns darüber unterhalten müssen“, meinte auch Geschke am Sonntag im Sauerland.

Mehr Informationen zu diesem Thema

07.07.2023Pech mit der Kette bringt Cavendish um den Rekordsieg

(rsn) – Es hat nicht viel gefehlt, um das Märchen perfekt zu machen. Am 7. Juli 2007 gab Mark Cavendish, damals noch im Trikot von T-Mobile, sein Debüt der Tour de France. Den Prolog in London bee

12.06.2023Van Aert kritisiert Netflix-Serie: “Zielt auf Aufreger ab“

(rsn) – Am vergangenen Donnerstag ist die von vielen Fans lange erwartete Netflix-Serie ´Tour de France: Unchained´ veröffentlicht worden, die hinter die Kulissen der Frankreich-Rundfahrt 2022 bl

02.03.2023Trailer zur Netflix-Serie über die Tour de France veröffentlicht

(rsn) – Den Titel, “Tour de France: Unchained“, hatte Netflix bereits vor einigen Tagen veröffentlicht. Jetzt folgte auch der erste Trailer zu der Doku-Serie, die aus acht Teilen bestehen und v

16.12.2022Sagan hat van Aert noch nicht vergeben

(rsn) – In einem Gespräch mit der italienischen Sportzeitung Gazzetto dello Sport hat Peter Sagan (TotalEnergies) deutlich gemacht, dass er Wout van Aert (Jumbo – Visma) noch nicht für dessen ve

23.11.2022Aktivisten der “Letzten Generation“ bekommen 500-Euro-Strafe

(rsn) – Dreimal kam das Peloton bei der Tour de France 2022 aufgrund von Protesten durch Klima-Aktivisten und Klima-Aktivistinnen kurz zum Stillstand: Zunächst auf der 10. Etappe auf dem Weg nach M

17.11.2022Pogacar: “Evenepoel ist vielleicht sogar stärker als ich“

(rsn) – Mit nicht weniger als 16 Siegen war Tadej Pogacar (UAE Team Emirates) auch im Jahr 2022 eine der dominierenden Figuren des Radsports. Der 24-jährige Slowene gewann bedeutende Eintagesrennen

03.11.2022CAS bestätigt Quintanas Tour-Disqualifikation

(rsn) - Der Internationale Sportgerichtshof CAS hat die Entscheidung des  Radsportweltverbands UCI bestätigt, der Nairo Quintana (Arkea – Samsic) nachträglich von der Tour de France 2022 disquali

29.08.2022Geschke: “Jedes Bergtrikot am Straßenrand motivierte mich“

(rsn) - Ganz allein erreichte Simon Geschke, der Kapitän der Deutschen Nationalmannschaft, das Ziel der finalen 4. Etappe in Stuttgart. Der Freiburger kam 7:07 Minuten nach Tagessieger Pello Bilbao (

13.08.2022Von Corona genesen: Froome und Woods starten bei Vuelta

(rsn) – Sowohl Chris Froome als auch Teamkollege Michael Woods haben sich von ihrer Corona-Infektion erholt, die sie sich bei der Tour de France zugezogen hatten. Die beiden Fahrer von Israel - Prem

05.08.2022Zwei Wochen vor Vuelta-Start: Roglic trainiert wieder

(rsn) – Zwei Wochen vor dem Start der Vuelta a Espana hat Primoz Roglic wieder das Straßentraining aufgenommen. Der dreimalige Gesamtsieger der Spanien-Rundfahrt war auf der 5. Etappe der Tour de

31.07.2022Van Vleuten auf völlig anderem Level - wie geht das?

(rsn) – Der Solo-Coup von Annemiek van Vleuten (Movistar) auf der Königsetappe der Tour de France der Frauen hat bei den Beobachtern einmal mehr für große Augen und offene Münder gesorgt. Die 3

31.07.2022Von einem “toten Fisch“ und völlig leergefahrenen Körpern

(rsn) – Die Königsetappe der Tour de France der Frauen hat für riesige Abstände unter den Protagonistinnen gesorgt. Annemiek van Vleuten (Movistar) scheint ihren Gesamtsieg schon vorzeitig perfek

Weitere Radsportnachrichten

14.11.2024Bardet: “Sinnlos, an ethischen Radsport zu glauben“

(rsn) - Es war ein durchaus ungewöhnlicher Zeitpunkt, als Romain Bardet im Sommer, kurz vor der Tour de France, sein Karriereende ankündigte. Mindestens genauso ungewöhnlich ist das Rennen, das sei

14.11.2024Quintana beendet Spekulationen, Bonnamour gibt Kampf gegen Dopingsperre auf

(rsn) - In unserem ständig aktualisierten Transferticker informieren wir Sie regelmäßig über Personalien aus der Welt des Radsports. Ob es sich um Teamwechsel, Vertragsverlängerungen oder Rücktr

14.11.2024Rhodos-Prolog-Experte mit Sturzpech im stärksten Rennen

(rsn) – Seine elfte Saison auf KT-Niveau ragt zwar nicht als seine beste heraus, dennoch zeigte Lukas Meiler (Team Vorarlberg) auch 2024, was er drauf hat. Seine beste Platzierung gelang ihm dabei

14.11.2024Die Radsport-News-Jahresrangliste 2024

(rsn) - Auch diesmal starten wir am 1. November mit unserer Jahresrangliste. Wir haben alle UCI-Rennen der vergangenen zwölf Monate (1. November 2023 bis 31. Oktober 2024) ausgewertet - nach unserem

14.11.2024Schädlich übernimmt die deutschen Ausdauer-Spezialisten

(rsn) – Der Bund Deutscher Radfahrer hat einen neuen Nationaltrainer auf der Bahn für den Bereich Ausdauer. Lucas Schädlich, der seit 2019 die deutschen Juniorinnen unter seinen Fittichen hatte, Ã

14.11.2024Im Überblick: Die Transfers der Männer-Profiteams für 2025

(rsn) – Nachdem zahlreiche Transfergerüchte seit Monaten in der Radsportwelt zirkulieren, dürfen die Profimannschaften seit dem 1. August ihre Zu- und Abgänge offiziell bekanntgeben. Radsport

14.11.2024Schär wird Schweizer Nationaltrainer

(rsn) – Marc Hirschi, Stefan Küng und Co. haben einen neuen Nationaltrainer. Michael Schär wird mit Jahresbeginn 2025 die Verantwortung für die Schweizer Männer in den Bereichen Elite und U23 ü

14.11.2024Lotto Kern - Haus wird Development-Team von Ineos Grenadiers

(rsn) – In den vergangenen beiden Jahren war das deutsche Kontinental-Team Lotto Kern - Haus PSD Bank sogenannter Development-Partner von Red Bull – Bora – hansgrohe. Ab der kommenden Saison wi

14.11.2024Meisen kündigt baldiges Karriereende an

(rsn) – “Spätestens im Januar ist Schluss“, kündigte Marcel Meisen (Stevens) gegenüber RSN an. Der 35-Jährige ist in seine letzte Cross-Saison gestartet und will diese nicht mehr ganz zu End

14.11.2024Traumszenario mit kurzem Anfangsschock

(rsn) – Unverhofft kommt oft – dieser Spruch traf in dieser Saison auch auf Meo Amann zu. Mit dem Elite-Team Embrace The World in die Saison gestartet, bewarb er sich im Sommer auf einen Platz bei

13.11.2024Auch ein kurioser erster UCI-Sieg reichte nicht zum Profivertrag

(rsn) – Auch wenn er in dieser Saison seinen ersten UCI-Sieg einfahren konnte, so gelang Roman Duckert (Storck – Metropol) am Ende seiner U23-Zeit nicht der Sprung in ein Profiteam. Deshalb wird e

13.11.2024Ein Jahr geprägt von Stürzen und viel Unglück

(rsn) – Eigentlich wollte Mikà Heming (Tudor Pro Cycling) 2024 so richtig durchstarten. Die Klassikerkampagne in Belgien hatte er sich als erstes Saisonhighlight gesetzt, doch diese endete für den

RADRENNEN HEUTE
  • Keine Termine