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22.05.2022 | (rsn) – Nachdem er auf den letzten Metern wieder seine Brille in die jubelnde Menge warf, um so wie schon 2019 einen Etappensieg beim Giro d’Italia zu feiern, brachen bei Giulio Ciccone (Trek – Segafredo) hinter der Ziellinie alle Dämme. Der 27-Jährige weinte voller Freude, war ihm doch ein riesiger Stein vom Herzen gefallen. Seit Februar 2020 wartete Ciccone auf einen Sieg, nun beendete der Kletterspezialist im Aosta-Tal die wohl schwierigste Phase seiner bisherigen Karriere mit dem insgesamt dritten Tagessieg bei einer Italien-Rundfahrt.
___STEADY_PAYWALL___ "Ich habe es endlich geschafft. Die letzten Jahre waren nicht leicht. Ich hatte viel Pech", erklärte der Mann aus den Abruzzen. Nach einem sensationellen Jahr 2019, wo er die Bergwertung beim Giro gewann und auch bei der Tour de France für mehrere Tage das Gelbe Trikot trug, lief seit dem Beginn der Corona-Pandemie bei Ciccone gar nichts mehr zusammen.
Als eine der großen italienischen Radsport-Hoffnungen hatte er schwer daran zu knabbern, im Kampf um die Gesamtwertung nicht die Erwartungen erfüllen zu können. 2020 schied Ciccone bei seiner Heimatrundfahrt mit Erschöpfungssymptomen vorzeitig aus. Im Jahr darauf sorgten Stürze sowohl beim Giro als auch bei der Vuelta dafür, dass er nicht um einen Top-Ten-Platz in der Gesamtwertung mitkämpfen konnte und stattdessen bei beiden Rennen vorzeitig das Handtuch werfen musste.
"Ich lag lange in den Top Ten. Beim Giro bin ich erstmals um das Klassement gefahren, obwohl Vincenzo Nibali unser Kapitän war. Aber es war ein schräges Jahr und die ganze Saison verlief unglücklich", erinnerte sich Ciccone an die schweren Zeiten.
Ciccone wusste, dass sein Tag kommen würde
"Ich musste viel Kritik einstecken. Aber das musst du akzeptieren, auch wenn einiges unter der Gürtellinie war. Die Erwartungen am mich waren sehr hoch", so der Trek-Profi, bei dem auch in dieser Saison noch nicht viel zusammenlief. Nach Tirreno-Adriatico erkrankte er an einer Covid-Infektion und laborierte anschließend an einer Bronchitis. Die Ardennenklassiker musste er von zu Hause aus verfolgen.
Wie schon bei seinem Etappensieg 2019 warf Giulio Ciccone (Trek – Segafredo) auch bei seinem Coup auf der 15. Etappe der diesjährigen Italien-Rundfahrt seine Brille in hohem Bogen ins Publikum. | Foto: Cor Vos
Ausgerechnet als der Giro in dieser Woche seine Heimat passierte, erwischte er am Blockhaus einen schwarzen Tag. "Es war ein schlechter Tag. Ich fühlte mich nicht gut und das tat weh", berichtete Ciccone, der nur unweit des Etappenziels aufgewachsen ist. Trotzdem steckte er nie auf: "Ich hatte Probleme vor dem Giro, aber ich wusste, dass ein guter Tag kommen würde."
Und genau einen solchen erwischte er auf der 15. Etappe von Rivarolo Canavese nach Cogne im Gran Paradiso Nationalpark. Ciccone fand den Sprung in die Ausreißergruppe und setzte 18,8 Kilometer vor dem Zielstrich die entscheidende Attacke. Im steilsten Stück des ansonsten moderaten Schlussanstiegs setzte er sich als Solist ab und wurde von seinen Verfolgern erst nach der Ziellinie wieder gesehen.
"Am Ende ist mir viel durch den Kopf gegangen. Vor allem habe ich mich aber gefreut, die vielen Leute neben der Straße zu sehen. Das habe ich vermisst", meinte der Trek-Profi, der dann wieder zu seinem bereits bekannten Jubel ansetze, indem er seine Sonnenbrille auf den letzten Metern in die Zuschauermenge warf.
Von Lopez an frühere Erfolge erinnert
Für seine US-amerikanische Mannschaft, bei der Ciccone seit 2019 unter Vertrag steht, war es der erste Etappensieg bei der diesjährigen Italien-Rundfahrt, nachdem sowohl Juan-Pedro Lopez als auch Bauke Mollema diesen am Ätna beziehungsweise in Potenza als Tageszweite jeweils nur knapp verpassten. Aber dazwischen lagen auch zehn Tage, an denen der Spanier das Maglia Rosa trug. Und nur einen Tag, nachdem er es an Richard Carapaz (Ineos Grenadiers) abgeben musste, klappte es dann auch für seinen Teamkollegen mit dem ersten Sieg.
Nur einen Tag, nachdem sein Teamkollege Juan Pedro Lopez sein Rosa Trikot abgeben musste, holte Ciccone für Trek – Segafredo den ersten Tagessieg bei diesem Giro. | Foto: Cor Vos
Vielleicht war es aber auch ausgerechnet Lopez, der mit seinen Rosa Tagen viele gute Erinnerungen bei Ciccone weckte. "Er ist mehr als ein Teamkollege für mich, wir haben ja vor dem Giro viel gemeinsam trainiert und ich wusste, dass er gut drauf ist", berichtete der Italiener über seinen drei Jahre jüngeren Teamkollegen von der Iberischen Halbinsel.
"Er hat mich in Rosa an mich selber erinnert - als ich noch ein motiviertes kleines Kind war", grinste Ciccone und spielte dabei auf 2019 an, als er bei der Tour einige Tage in Gelb fuhr und beim Giro das Maglia Azzurro gewinnen konnte.
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