RSNplusNach Etappensieg nun Giro-Fünfter

Am Blockhaus fährt sich Hindley in die Bora-Kapitänsrolle

Von Peter Maurer

Foto zu dem Text "Am Blockhaus fährt sich Hindley in die Bora-Kapitänsrolle"
Jai Hindley (Bora - hansgrohe) feiert seinen Giro-Etappensieg am Blockhaus. | Foto: Cor Vos

15.05.2022  |  (rsn) – Es scheint so, als wäre Jai Hindley (Bora – hansgrohe) ein Spezialist für spektakuläre Etappensiege beim Giro d‘Italia. Vor eineinhalb Jahren, als die Italien-Rundfahrt aufgrund der Corona-Pandemie in den Oktober verschoben werden musste, gewann er an den Laghi di Cancano nach einer Sprintentscheidung gegen Tao Geoghegan Hart (Ineos Grenadiers). Diesmal war es die legendäre Bergankunft am Blockhaus, die der Australier nach 191 schweren Kilometern für sich entscheiden konnte. Und erneut auf spektakuläre Art und Weise.

Allerdings durchlebte der Mann aus Perth an der Westküste von Australien seit seinem Tagessieg 2020 und dem damaligen zweiten Gesamtrang bis zur 9. Giro-Etappe eine schwere Zeit. "Es hat schon eine Weile gedauert, bis ich meine Hände zum Jubel wieder in die Luft werfen durfte", sagte Hindley in der Pressekonferenz nach seinem Coup, der ihn in der Gesamtwertung auf den fünften Rang brachte. ___STEADY_PAYWALL___

"Es war nicht das einfachste Jahr, das ich 2021 hatte. Es war schwer, wieder auf dieses Niveau zurückzukehren ", erzählte der Bora-Neuzugang weiter. Nachdem er beim Giro 2020 bis zum finalen Zeitfahren das Rosa Trikot trug und es dort in dramatischer Weise noch an den Briten Geoghegan Hart verlor, verzichtete Hindely auf den Heimflug nach Australien. Denn sein Heimatland verfolgte damals eine sehr strikte Corona-Politik, die eine mehrwöchige Quarantäne vorsah.

Auf bekannten Wegen in Richtung Cima Blockhaus | Foto: Cor Vos

Doch nach dem Winter in Europa kämpfte Hindley mit Krankheiten und Stürzen. Eine Gesäßverletzung zwang ihn dann zur Aufgabe beim Giro 2021, obwohl er nach seiner sensationellen Fahrt im Jahr davor wieder um das Maglia Rosa kämpfen wollte. "Ich musste aussteigen und lange pausieren. Das hat dann auch die restliche Saison beeinträchtigt", erinnerte sich der 26-Jährige.

Der Rest der Saison brachte noch einen siebten Rang bei der Tour de Pologne, ehe nach einem Sturz bei der Slowakei-Rundfahrt und ein dabei erlittener Schlüsselbeinbruch das Radsportjahr vorzeitig beendet war.

Hindley Teil des Bora-Dreizacks beim Giro

Für Hindley begann danach nicht nur die Rehabilitation, sondern mit seinem Wechsel zum Raublinger Rennstall auch eine neue Phase seiner Karriere, wobei die großen Erfolge zunächst ausblieben und er zumeist im Schatten einer seiner Teamkameraden stand. Nun aber fuhr sich Hindley mit seinem Etappensieg am Blockhaus in die erste Position der Giro-Mannschaft, wo auch Emanuel Buchmann mit Rang sieben seine Klassementchancen wahrte.

Der harte Sprint um den Etappensieg am Blockhaus.| Foto: Cor Vos

"Wir sind hier mit hohen Ambitionen hergekommen und drei Leadern. Emu und Wilco sind großartige Fahrer, die man nicht abschreiben darf. Wir sind am Ende des ersten Teils des Rennens angelangt. Aber es wartet noch einiges auf uns", erläuterte Hindley die strategische Ausrichtung seiner Mannschaft und fügte an: "Wir haben noch einige Optionen und können noch gute Karten ausspielen."

Den gesamten Blockhaus am Anschlag

Als großer Aspirant auf den Gesamtsieg präsentierte sich allerdings Hindley noch nicht auf der mit mehr als 5.000 Höhenmetern gespickten Etappe. Denn wie die meisten anderen Klassementfahrer hatte auch er Probleme, als Richard Carapaz (Ineos Grenadiers) im Schlussanstieg 4,6 Kilometer vor dem Ziel das Tempo verschärfte und sich mit Romain Bardet (DSM) und Mikel Landa (Bahrain Victorious) absetzte. "Ich war echt den ganzen Berg am Anschlag und habe versucht, so gut es geht zu überleben", erinnerte sich der Bora-Fahrer, der dann aber ungeplante Hilfe von einem Kontrahenten bekam.

Teamkollege Buchmann als erster Gratulant | Foto: Cor Vos

Denn mit dem Portugiesen Joao Almeida (UAE Team Emirates) fand er den perfekten Partner für die Jagd auf die drei Führenden. "Wir sind beide keine  explosiven Fahrer, mussten daher unser Tempo fahren und versuchen, nicht zu viel Zeit zu verlieren", tauchte Hindley noch einmal in das Finale ein und erzählte weiter: "Joao war richtig stark, denn als ich für Tempo gesorgt habe, blieb der Abstand nach vorne ungefähr gleich, aber er konnte immer wieder aufholen."

Mit der perfekten Ansage zum Sieg

Kurz vor dem letzten Kilometer erreichte das Duo mit dem erfahrenen Italiener Dominico Pozzovivo (Intermarché – Wanty – Gobert) im Schlepptau das Spitzentrio rund um Carapaz, Bardet und Landa. "Es wurde flacher und wir hatten Glück, denn die drei haben vorne ein Katz-und-Maus-Spiel betrieben. 200 Meter vor dem Ziel wusste ich, dass ich keine Zeit mehr verlieren durfte und bin angetreten." Den perfekten Zeitpunkt für seine Attacke bekam er übrigens aus dem Betreuerauto angesagt. Denn Bora-Sportdirektor Enrico Gasparotto hatte für einen möglichen Zielsprint die letzte Kurve des Rennens als mitentscheidend ausgemacht.

Diese durchfuhr Hindley an erster Position und erarbeitete sich dort jene Zentimeter, die ihm am Ende zum Sieg reichten. Der Erfolg im Maiella-Massiv in den Abruzzen hatte neben der langen Wartezeit seit seinem letzten Sieg noch ein weiteres emotionales Highlight für den Bora-Profi parat.

Denn 2015 verbrachte er seine ersten Monate als Rennradfahrer in Europa ausgerechnet in dieser Region. "Ich habe als Amateur hier gelebt, bin sechs Monate für das Team Aran Cucine hier Rennen gefahren", so Hindely, der dadurch auch einen kleinen Heimvorteil hatte: "Den Passo Lanciano bin ich oft gefahren. Es ist so etwas wie meine zweite Heimat hier und es ist natürlich super schön, hier zu gewinnen."

Hindley genießt seinen zweiten Giro-Etappenerfolg. | Foto: Cor Vos

Mehr Informationen zu diesem Thema

09.06.2022Bergkönig Bouwman fällt mit gebrochenem Arm lange aus

(rsn) – Zwei Etappensiege und das Bergtrikot beim Giro d´Italia rückten Koen Bouwman erstmals in seiner Karriere in das Rampenlicht des internationalen Radsports. Doch aus dem wird er sich vorers

01.06.2022Evans glaubt an weitere große Erfolge von Hindley

(rsn) – 2011 war Cadel Evans der erste Australier, der eine GrandTour für sich entscheiden konnte. Es war sogar die größte von allen, die Tour de France. Am Sonntag hat in Jai Hindley (Bora –

31.05.2022Girmay, Hirt und Pozzovivo sorgten für eine strahlende Bilanz

(rsn) – Intermarché – Wanty – Gobert gehörte bisher nicht zu den Teams, die bei den großen Rundfahrten für Furore sorgten. Taco van der Hoorn holte 2021 auf der 3. Etappe des Giro d’Italia

31.05.2022Hindley träumt groß: “Klar glaube ich ans Gelbe Trikot“

(rsn) – Zwei Tage sind vergangen, seit Jai Hindley in Verona zum ersten australischen Sieger des Giro d’Italia geworden ist. Zwei Tage, die andere nach einer Grand Tour nutzen würden, um jenes La

31.05.2022Bauhaus mit Giro “nicht sehr zufrieden, aber zufrieden“

(rsn) - Ohne den erhofften ersten Grand-Tour-Etappensieg, aber mit einem zweiten Rang und drei weiteren Top-Ten-Resultaten ist der 105. Giro d’Italia für Phil Bauhaus (Bahrain Victorious) zu Ende g

30.05.2022Van der Poel reist ohne Rennen vom Giro zur Tour

(rsn) - Dass Mathieu van der Poel (Alpecin – Fenix) nach dem Giro d’Italia in diesem Jahr auch bei der Tour de France starten würde, war schon lange geplant. Dass der Niederländer den Giro aber

30.05.2022Kämna im Lennard-Bora-hansgrohe-Style auch bei der Tour?

(rsn) – Lennard Kämna (Bora – hansgrohe) hat beim Giro d’Italia nicht nur mit seinem Etappensieg am Ätna begeistern können. Der 25-jährige Bremer erwies sich in den Bergen zudem als entschei

30.05.2022Denk: “Jetzt träume ich vom Tour-Sieg“

(rsn) – Mit dem Giro-Sieg durch Jai Hindley hat Bora – hansgrohe nach der Neuausrichtung als Rundfahrerteam das große Ziel schon im ersten Anlauf erreicht! Wie geht es jetzt bei dem Raublinger Re

30.05.2022Gall freut sich für früheren Teamkollegen Hindley

(rsn) – Mit seiner Grand-Tour-Premiere ist Felix Gall (AG2R Citroën) nicht zufrieden, dafür freut sich der Österreicher über den Giro-Gesamtsieg seines früheren Teamkollegen Jai Hindley (Bora â

29.05.2022Hindley: “Ich wollte nicht, dass sich 2020 wiederholt“

(rsn) - Aufopferungsvoll führte Bora – hansgrohe seinen Kapitän Jai Hindley zum Giro-Sieg! Aber nicht nur die Mannschaft und hier speziell die starke Hilfe von Lennard Kämna am vorletzten Tag im

29.05.2022Carapaz: “Am Ende hat der Stärkste gewonnen“

(rsn) - In unserem täglichen Stimmensammler können Sie im Verlauf des 105. Giro d´Italia kurz nach dem Ende der jeweiligen Etappen nachlesen, was die Protagonisten zum Rennen zu sagen hatten. Matt

29.05.2022Evenepoel mit “Wolfpack-Spirit“ zum Gesamtsieg

(rsn) – Alexander Kristoff (Intermarché - Wanty - Gobert Matériaux) hat zum Abschluss der 11. Tour of Norway (2.Pro) für den ersten Sieg eines heimischen Profis gesorgt. Der 34-jährige Norweger

Weitere Radsportnachrichten

25.12.2024Kräftezehrendes Jahr mit zwei Grand Tours

(rsn) – Die Ambitionen von Felix Gall (Decathlon – AG2R La Mondiale) waren vor dem Jahr 2024 berechtigter Weise groß. Denn der Österreicher konnte auf eine erfolgreichste Saison zurückblicken,

25.12.2024Alles offen nach einer erfolgreichen Saison

(rsn) - Das Resümee ihrer ersten vollständigen Profi-Saison dürfte durchweg positiv für die Schweizerin Elena Hartmann vom Team Roland ausgefallen sein. Erst vor zwei Jahren gelang der inzwischen

25.12.2024Traum erfüllt und doch unzufrieden

(rsn) – Es gibt durchaus einfachere Aufgaben als die Saison 2024 von Pascal Ackermann zu bewerten. Auch er selbst ist da ein wenig zwiegespalten. Schließlich hat er es mit dreißigeinhalb Jahren en

25.12.2024Meistertitel das Highlight im insgesamt bislang besten Jahr

(rsn) - Die abgelaufene Saison wird Franziska Koch vom Team dsm-firmenich - PostNL wohl noch länger in Erinnerung bleiben - war es doch mit Abstand ihre erfolgreichste, seit sie im Jahr 2019 beim Tea

25.12.2024Auch Colombo und vier Kollegen verlassen Q36.5

(rsn) - In unserem ständig aktualisierten Transferticker informieren wir Sie regelmäßig über Personalien aus der Welt des Radsports. Ob es sich um Teamwechsel, Vertragsverlängerungen oder Rücktr

25.12.2024Im Überblick: Die Transfers der Männer-Profiteams für 2025

(rsn) – Nachdem zahlreiche Transfergerüchte seit Monaten in der Radsportwelt zirkulieren, dürfen die Profimannschaften seit dem 1. August ihre Zu- und Abgänge offiziell bekanntgeben. Radsport

25.12.2024Die Radsport-News-Jahresrangliste der Frauen 2024

(rsn) - Wie bei den Männern so blicken wir traditionell am Jahresende auch auf die Saison der Frauen zurück und stellen die besten 15 Fahrerinnen unserer Jahresrangliste vor. Wir haben alle UCI-Ren

25.12.2024Die Radsport-News-Jahresrangliste der Männer 2024

(rsn) - Auch diesmal starten wir am 1. November mit unserer Jahresrangliste. Wir haben alle UCI-Rennen der vergangenen zwölf Monate (1. November 2023 bis 31. Oktober 2024) ausgewertet - nach unserem

24.12.2024Der größte Sieg war jener über Long-Covid

(rsn) – Es war eine Saison voller Höhen und Tiefen für Marlen Reusser (SD Worx – Protime), wobei vor allem in der zweiten Saisonhälfte die Tiefe übernahm – und zwar komplett. Denn die Schwe

24.12.2024Top-Sprinter mit starkem Sinn für Realismus

(rsn) - Mit zwei Siegen und insgesamt 21 Top-Ten-Resultaten bei UCI-Rennen zeigte Phil Bauhaus (Bahrain Victorious) auch 2024, dass er zu den schnellsten Männern im Feld zählt. Mit seiner Saison w

24.12.2024Mit 36 Jahren noch immer einer der Besten

(rsn) – Seit vielen Jahren gehört Riccardo Zoidl (Felt – Felbermayr) zu den absolut besten Fahrern Österreichs. 2013 erlebte er seinen absoluten Durchbruch, wo er sich mit zahlreichen Rundfahrts

24.12.2024Hamilton bricht sich das Schlüsselbein bei Trainings-Crash

(rsn) – Chris Hamilton, Tim Naberman und Oscar Onley sind am letzten Tag des Dezember-Trainingslagers des Teams dsm-firmenich – PostNL, das ab Januar Picnic – PostNL heißen wird, gestürzt. Wä

RADRENNEN HEUTE
  • Keine Termine