Amstel-Jurymitglied van Mulken selbstkritisch

“Ich war zu schnell mit meiner Entscheidung“

Von Joachim Logisch

Foto zu dem Text "“Ich war zu schnell mit meiner Entscheidung“"
Millimeter entschieden über Michal Kwiatkowskis Sieg beim Amstel Gold Race, in dem er sich gegen Benoit Cosnefroy durchsetzte. | Foto: Cor Vos

10.04.2022  |  (rsn) - Nachdem die Jury fälschlicherweise zunächst Benoit Cosnefroy (AG2R Citroen) zum Gewinner des 56. Amstel Gold Race erklärt hatte, wurde nach Auswerttung des Zielfotos schnell klar, dass Michal Kwiatkowski (Ineos Grenadiers) den ersten der drei Ardennenklassiker zum zweiten Mal nach 2015 für sich hatte entscheiden können.

"Von Tom Pidcock (Teamkollege, d. Red.) habe ich gelernt, dass man immer auf das Fotofinish warten muss“, sagte Kwiatkowski mit einem Augenzwinkern, nachdem sich das Durcheinander gelegt hatte. Der Pole meinte, dass es vergangenes Jahr bei Pidcocks Niederlage gegen Wout van Aert (Jumbo – Visma) ähnlich chaotisch zugegangen sei. Kwiatkowski weiter: "Aber ich gebe zu, es war alles sehr verwirrend. Erst Enttäuschung, dann Freude. Vor allem nach so einem harten Rennen.“

Nachdem er das Zielfoto gesehen hatte, war auch Cosnefroy klar, dass er verloren hatte: "Es ist enttäuschend, aber ich kann mit dem zweiten Platz zufrieden und stolz auf mein Rennen und meine Teamkollegen sein", sagte der Franzose.

"Es war die gleiche Situation wie letztes Jahr“, erklärte Jury-Mitglied Armand van Mulken, der für die Zielankunft zuständig war. "Es war sehr schwer, mit bloßem Auge zu sehen (wer gewonnen hatte). Ich war aber zu schnell mit meiner Entscheidung, denn auf dem Zielfoto sieht man, dass Kwiatkowski vorne ist. Es waenr Millimeter. Das menschliche Auge und der Computer sind ein himmelweiter Unterschied“, entschuldigte sich der Wertungsrichter später.

Mathieu van der Poel (Alpecin – Fenix), der diesmal seiner Favoritenrolle nicht gerecht wurde und sich mit Rang vier begnügen musste, erkannte die Überlegenheit speziell der Ineos-Konkurrenten an: "Im Finale schauten sie auf mich, aber ich hatte nicht die Beine, um auf alles zu reagieren. Es war taktisch, ein bisschen Glücksspiel und ich musste mich entscheiden. Kwiatkowski attackierte, wenn ich reagiert hätte, wäre Pidcock zweifellos hinterher gegangen. Die beiden hätten dann zusammengearbeitet. Ich habe schnell gemerkt, dass sie am gefährlichsten sind. In einem Rennen wie diesem muss man wirklich in Top-Form sein, um zu gewinnen, und das war ich nicht."

Bora-Profi Schelling: "Es geht bergauf"

Der Belgier Tiesj Benoot sprang bei Jumbo – Visma für den wegen einer Corona-Erkrankung fehlenden Titelverteidiger Wout Van Aert in die Bresche und sicherte sich in Berg en Terblijt den letzten freien Platz auf dem Podium. "Ich habe die Attacke auf dem Keutenberg selbst ein bisschen forciert. Bis dahin habe ich mich gut gefühlt, aber dann war es schwierig mit den beiden Jungs von Ineos."

Zudem unterlief ihm ein Fehler in der Abfahrt vom Geulhemmerberg, wie Benoot anfügte: "Ich habe unten am eine Kurve verpasst. Ich brachte auch Cosnefroy zurück, gerade als ich am Limit war. Der dritte Platz war das Bestmögliche, was in diesem Finale zu erreichen war", sagte der 28-Jährige zu seinem zweitbesten Ergebnis in der Saison 2022.

Dagegen erreichte Ide Schelling (Bora – hansgrohe) das Ziel nach 254 schweren Kilometern nicht.  Allerdings zeigte sich der Niederländer beim Heimspiel in der Gruppe des Tages, die sich früh gebildet hatte, und zog deshalb eine positive Bilanz. "Ein harter, aber unvergesslicher Tag für mich in der heutigen Spitzengruppe. Vor heimischer Kulisse für so lange Zeit das Rennen anzuführen, war einfach ein richtig schönes Gefühl. Im Finale wäre ich gerne noch länger dabeigeblieben, aber irgendwann war ich dann am Ende meiner Kräfte und hatte zusätzlich mit Magenproblemen zu kämpfen. Es geht bergauf und ich freue mich auf die nächsten Aufgaben", so Schelling.

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