Bichlmanns Tour du Faso-Tagebuch

Dank des Einmaleins des Sprints den Sieg eingefahren

Von Daniel Bichlmann

Foto zu dem Text "Dank des Einmaleins des Sprints den Sieg eingefahren"
Daniel Bichlmann gewinnt die 5. Etappe der Tour du Faso | Foto: Stefan Brencher

02.11.2021  |  (rsn) - Höt esch de Start mou usnahmswis früecher gse aus ahköndet. Im Jan Freuler wär das fasch zom verhängniss worde. Chorz vorem Start heder no mösse ofs Ersatzvelo wächsle, wöu ah sim eigete Velo d Gable broche Esch gse. Aber schlossändlech chamer Säge: Hüt isch ä guete Tag gsi! Äs isch zwar rüdig heiss aber z Kibag Team isch guet dürecho (Übersetzung am Ende des Artikels). So viel auf Schweizerdeutsch zum Start der heutigen fünften Etappe von Ouagadougou nach Kaya.

Schlappe 100 Rennkilometer in Richtung Norden sollten diesmal mit Rückenwind zurückgelegt werden - zwei Stunden und fünf Minuten haben wir vom Start bis zum Zielstrich benötigt. Die unvorstellbare Hitze ist auch nach fünf Renntagen schwer zu ertragen, generell sind die hohen Temperaturen noch am besten dank des Fahrtwindes auf dem Rad auszuhalten.

Abermals wurde ein aktives Rennen ausgefahren, ohne jedoch eine entscheidende Fluchtgruppe etablieren zu können. Wie jeden Tag war im Finale kein Team in der Lage, das Renngeschehen vollständig zu kontrollieren. Ohne es tatsächlich taktisch geplant zu haben, versuchte ich erneut mein Glück mit einer Flucht im Etappenfinale. 9000 Meter vor dem "Arrivee“-Banner gelang es mir und drei Mitstreitern eine Lücke zum Hauptfeld zu reißen. Wie immer dabei - ein Hinterradlutscher aus Marokko, der nicht im Traum daran dachte, auch nur eine Sekunde kostbaren Windschatten zu spenden. Umso engagierter zeigte sich der Fahrer aus Burkina Faso, der ein heißer Anwärter auf den Gesamtsieg ist.

Beflügelt vom Gedanken, bei der Heimatrundfahrt durch das sechstärmste Land der Welt im Gelben Trikot zu fahren, leistete er - Volldampf voraus - brav Führungsarbeit. Der vierte im Bunde: ein Ruandi im Trikot des südafrikanischen Pro Touch Continental Teams konnte schlichtweg nichts zum erfolgreichen Gelingen der Flucht beitragen. So fuhren wir also im regelmäßigen Wechsel zu zweit dem Ziel immer näher.

Etwa am Teufelslappen machte ich, nachdem ich dem Fahrer der Nationalmannschaft Burkina Fasos ein kleines Loch nach vorne gelassen hatte, dem immer noch stur am Hinterrad meines Velos klebenden Marokkaner klar, dass ich lieber dem fleißigen Einheimischen den Tagessieg überlassen würde als ihm. So zwang ich ihn in die äußert ungünstige Ausgangsposition, den Sprint bereits 500 Meter vor dem Ziel eröffnen zu müssen - denn auf den Tagessieg hatte er es ja abgesehen.

Im Grunde genommen lief dadurch für mich alles optimal: praktisch wurde mir so der finale Sprint regelrecht angefahren.

Bis hierher alles optimal.
Nur keinen Fehler mehr machen.
Der richtige Gang!
Von wo kommt der Wind?
Schlaglöcher in Sicht?
Wo ist der erlösende Zielstrich?
Das kleine Einmaleins des Sprintes war das Einzige, was mir in den letzten Sekunden des Rennens durch den Kopf ging.

Wohlwissend meiner denkbar knappen Niederlage vor zwei Tagen in einer praktisch identischen Situation, trat ich ohne mich umzublicken oder mich gar triumphal aufzurichten bis zur Linie mit allen Kräften in die Pedale. So richtig genießen konnte ich anfangs meinen ersten Saisonsieg nicht, da ich lediglich Gedanken an das so lebenswichtige kalte Nass hatte.

Ich sitze restlos fertig auf der Straße. Mein Gesicht ist schmutzverkrustet, der rinnende Schweiß zieht Bäche in die Staubschicht, meine Knie zittern, der Mund ist voller Staub. Schnell konnten eineinhalb Liter Wasser und ein Liter Cola mich aber wieder zu Sinnen kommen lassen.

Mit größter Freude möchte ich diesen Sieg all jenen widmen, die mir immer zur Seite stehen. Den Sieg habe ich natürlich als Gastfahrer mit einer phantastischen Truppe von Kibag- Obor- CKT eingefahren. Jedoch muss hier in aller Deutlichkeit meiner Werksmannschaft Maloja Pushbikers größte Dankbarkeit gezollt werden!

Wie immer mit den aller besten Grüßen:
Sportfreund Daniel Bichlmann

Für alle, die kein Schwyzerdütsch verstehen, hier die Übersetzung:
Der Etappenstart war früher als angekündigt, was Jan Freuler fast zum Verhängnis geworden wäre. Er hat nämlich auf sein Ersatzrad wechseln müssen, weil bei seinem Rad die Gabel gebrochen war. Aber letztendlich kann man sagen, dass es ein guter Tag war .

Mehr Informationen zu diesem Thema

23.11.2021Schlaglöcher, neue Freunde und ein unerwünschtes Souvenir

(rsn) - Die seit 1987 ausgetragene Tour du Faso ist Afrikas größtes Radrennen und gilt als kleinere - und sympathischere - Tour de France! Aber wollte ich das wirklich? Nochmal diese Strapazen wie

10.11.2021“Ich bin unerwartet auf meinen persönlichen Olymp geklettert“

(rsn) - Mit dem Gesamtsieg bei der Tour du Faso hat Daniel Bichlmann den größten Erfolg seiner Laufbahn gefeiert. Gegenüber radsport-news.com äußerte sich der 33-Jährige von den Maloja Pushbiker

08.11.2021Es ist vollbracht!

(rsn) - Leider habe ich gestern wirklich keine freie Minute gefunden, meinen Triumph zu genießen oder gar Tagebuch zu führen. Erst auf dem Heimflug konnte ich nochmals einige Gedanken sammeln und mÃ

06.11.2021Das Gelbe Trikot bleibt fest auf meinen Schultern

(rsn) - Morgens alles wie immer. Ich frühstücke alleine auf meinem Zimmer auf dem Schaumstoff-Stück, das als Matratze dient. Haferflocken mit Wasser und etwas Eiweißpulver gibt es. Kulinarisch ei

06.11.2021Ausreißer-Tag spielt Bichlmann in die Karten: Führung verteidigt

(rsn) - In der Rubrik Ergebnisse liefern wir in kompakter Form und unmittelbar nach Zieleinlauf einen kurzen Überblick über die Ergebnisse der wichtigsten UCI-Rennen unterhalb der WorldTour.Tour du

06.11.2021Das Undenkbare - der Gesamtsieg - ist zum Greifen nahe

(rsn) - 05:15 Uhr - üblicher früher Weckruf durch unseren sportlichen Leiter „JJ“. Selbst einen Wecker stellen würde keinen Sinn machen - der Tagesplan obliegt bis in die Nacht aus unerfindlic

05.11.2021Von der 15.000-Euro-Maschine zum selbstgebauten Holz-Auflieger

(rsn) - "Sind die bescheuert?" Mein erster Gedanke des Tages. Noch schläfrig mit halbgeöffneten Augen, dann aber auch anstelle eines "Guten Morgen" so ausgesprochen. 34 Grad hat es draußen - im Zim

05.11.2021Bichlmann rückt im Teamzeitfahren auf Gesamtrang 4 vor

(rsn) - In der Rubrik Ergebnisse liefern wir in kompakter Form und unmittelbar nach Zieleinlauf einen kurzen Überblick über die Ergebnisse der wichtigsten UCI-Rennen unterhalb der WorldTour. Tour d

03.11.2021Es wurde mit Rädern regelrecht aufeinander eingedroschen

(rsn) - Früh morgens um halb sechs schlemme ich mich durch alle Leckereien: Vollkornbrot, Erdnussbutter, Nutella, Porridge mit Apfelmus, Café mit Sahne. Natürlich alles selbst von zu Hause mitge

02.11.2021Das Rennen auf der Felge zu Ende gefahren

p> (rsn) - Auf der 4. Etappe standen zwischen Laye und Ouahigouya 156km auf dem Programm. Es ging dabei in den nördlichsten Teil des zentralafrikanischen Binnenlandes. Hier in der staubtrockenen Sava

01.11.2021Bichlmann mit nächster Spitzenplatzierung

(rsn) – In der Rubrik Ergebnisse liefern wir in kompakter Form und unmittelbar nach Zieleinlauf einen kurzen Überblick über die Ergebnisse der wichtigsten UCI-Rennen unterhalb der WorldTour. Tou

01.11.2021Eine Schar Journalisten hatte mir schon zum Sieg gratuliert...

(rsn) - Auch zur 3. Etappe klingelte der Wecker früh (05:30 Uhr). Routiniert machten wir uns alle fertig für das Teilstück, das von Dedougou nach Koudougou über 142 Kilometer führte. Gestartet

Weitere Radsportnachrichten

28.11.2025Auch Flanders Classics gegen ein allgemeines Eintrittsgeld

(rsn) – In der Diskussion um einen mögliches Eintrittsgeld bei Radrennen hat sich nun auch Flanders Classics zu Wort gemeldet. Wie bereits der Radsportweltverband UCI und die ASO reagiert der Veran

28.11.2025Intermarché verabschiedet Girmay mit emotionalem Video

(rsn) – Alle Zeichen deuteten schon seit einiger Zeit daraufhin, dass Biniam Girmay nach der Fusion von Intermarché – Wanty und Lotto nicht zum neuen Aufgebot gehören wird. Der Eritreer selbst h

28.11.2025Äthiopische WM-Siebte Kahsay Kiros zum Canyon-Nachwuchsteam

(rsn) - In unserem ständig aktualisierten Transferticker informieren wir Sie regelmäßig über Personalien aus der Welt des Radsports. Ob es sich um Teamwechsel, Vertragsverlängerungen oder Rücktr

28.11.2025Einer geschmeidigen Saison folgt nun die Masterarbeit

(rsn) - Neues Jahr, neues Team – das war in der Vergangenheit bei Miguel Heidemann nur allzu oft der Fall. Ungewollt, freilich. Und so auch im letzten Winter. Erst im Februar war er bei Rembe – ra

28.11.2025Die Radsport-News-Jahresrangliste der Männer 2025

(rsn) – Es ist inzwischen RSN-Tradition. Und auch wenn sich mit Christoph Adamietz der Vater der Idee vor einem Jahr aus unserem Autoren-Team verabschiedet hat, so soll diese Tradition fortgesetzt w

27.11.2025Mit guten Beinen in Kigali zu WM-Silber

(rsn) – Auf der Liste mit den großen Überraschungen des Jahres 2025 muss Jan Huber (Remax Racingteam) unbedingt vermerkt sein. Denn der 20-jährige Schweizer war vor der Saison ein unbeschriebenes

27.11.2025In Abu Dhabi künstlicher Anstieg zu Pogacars Gunsten?

(rsn) – Wer gedacht hat, dass die Straßen-WM in Abu Dhabi 2028 zu einer Angelegenheit für die Sprinter werden würde, könnte sich getäuscht haben. Wie die spanische Sportzeitung Marca in Erfahru

27.11.2025Hat Lipowitz bereits Langzeitvertrag bei Red Bull unterschrieben?

(rsn) – Wie die belgische Zeitung Het Laatste Nieuws berichtete, bemühe sich das ab 2026 mit deutscher Lizenz ausgestattete Team Lidl – Trek um eine Verpflichtung von Florian Lipowitz zur Saison

27.11.2025Del Toro Mexikos Sportler des Jahres

(rsn) – Isaac Del Toro ist in Mexiko zum Sportler des Jahres gewählt worden. Der Profi von UAE – Team Emirates – XRG feierte in der abgelaufenen Saison nicht weniger als 18 Siege, nur sein Team

27.11.2025“Schwer erkrankt“: Lefevere mehr als drei Wochen in der Klinik

(rsn) – Der langjährige Soudal-Quick-Step-Teammanager Patrick Lefevere war nach eigenen Worten “schwer erkrankt“ und musste 24 Tage im AZ Delta Krankenhaus in Roeselare verbringen. Wie der Belg

27.11.2025Thomas soll als Renndirektor Ineos zu Grand-Tour-Siegen führen

(rsn) – Geraint Thomas hat nach der Tour of Britain seine lange eund erfolgreiche Karriere beendet. Allerdings wird der 39-jährige Waliser auch künftig in Diensten von Ineos Grenadiers stehen. Wie

27.11.2025Gaviria mit 2,36 Promille am Steuer: Zwei Jahre Fahrverbot

(rsn) – Fernando Gaviria ist wegen Trunkenheit am Steuer von einem Gericht in Monaco zu einer zweimonatigen Bewährungsstrafe und einem zweijährigen Fahrverbot verurteilt worden. Der 31-jährige Ko

RADRENNEN HEUTE

    Radrennen Männer

  • Tour de Gyeongnam (2.2, KOR)