Slowene baut Gesamtführung bei Paris-Nizza aus

Roglic düpiert die Puncheure und fährt als Sieger zu seinem Sohn

Von Felix Schönbach

Foto zu dem Text "Roglic düpiert die Puncheure und fährt als Sieger zu seinem Sohn"
Primoz Roglic (Jumbo - Visma) feiert seinen Etappensieg in Biot. | Foto: Cor Vos

12.03.2021  |  (rsn) - Auf der 6. Etappe von Paris-Nizza bewies Primoz Roglic (Jumbo - Visma) einmal mehr seine Klasse: Der Slowene schlug Christophe Laporte (Cofidis) und Michael Matthews (BikeExchange) auf der ansteigenden Zielgeraden in Biot nach 202,4 Kilometern und einer rund 1.500 Meter langen Schlusssteigung.

Mit seinem zweiten Etappensieg innerhalb von nur drei Tagen und den damit verbundenen Bonifikationen baute Roglic seine Führung im Gesamtklassement vor Titelverteidiger Maximilian Schachmann (Bora - hansgrohe) auf 41 Sekunden aus und übernahm außerdem die Führung in der Punktewertung von Sam Bennett (Deceuninck – Quick-Step). Im Finale animierte Jonas Rutsch (EF Education - Nippo) mit einer späten Attacke das Rennen, bester Deutscher im Ziel war aber Simon Geschke (Cofidis) als 14., Schachmann kam auf Platz 19.

"Es ist großartig, so zu gewinnen. Ich bin sehr glücklich", fasste Roglic in gewohnt sparsamer Manier seine Emotionen zusammen nachdem sein Sohn am Mannschaftsbus sein erster Gratulant war. Schon bei der letzten Spanien-Rundfahrt hatte Roglic die Sprinter und Puncheure bei einer leicht ansteigenden Zielankunft überrascht. Dieses Kunststück ist ihm nun abermals geglückt. Dabei kam dem Gesamtführenden entgegen, dass sich Sprinterteams wie Deceuninck – Quick-Step große Hoffnungen auf den Tagessieg machten und einen Großteil der Nachführarbeit hinter den Ausreißern des Tages und auch im Finale hinter Rutsch übernahmen.

Überlegener Roglic fürchtet das veränderte Wochenende nicht

Roglic platzierte sich an der Schlusssteigung in zweiter Position und blieb stets aufmerksam. "Der ganze Tag war von Beginn an ziemlich hart. Deshalb habe ich am Ende gedacht: Wir sind alle müde, warum soll ich es nicht versuchen?", beschrieb der 31-Jährige seinen Gedanken vor dem Kampf um den Tagessieg. Nach der Ziellinie wurde Roglic von seiner Familie empfangen, was wohl für ein bisschen zusätzliche Motivation sorgte. "Es ist immer schön die Familie zu sehen, weil sie meine größten Unterstützer sind. Es war gut, die Beine zu haben und die Etappe zu gewinnen", erklärte der Slowene.

Wegen der veränderten Schlussetappen – die ASO hat die Streckenführungen für Samstag und Sonntag auf Wunsch des Bürgermeisters von Nizza verändert und lässt Paris-Nizza zum zweiten Mal nach 2020 nicht bis nach Nizza fahren - macht sich Roglic keine Sorgen: "Wir müssen mit dem umgehen, was die Organisatoren uns geben. Deshalb stört es mich nicht wirklich. Ich erwarte Vollgas-Rennen, da die beiden Etappen kurz sind", sagte er. In seiner aktuellen Form gibt es auch keine Gründe, sich zu viele Gedanken über den weiteren Rennverlauf zu machen. "Mein Fokus ist auf mir selbst. Wenn ich und mein Team unseren Job erledigen, werden die Resultate folgen", zeigte sich Roglic weiterhin konzentriert.

Rutsch zeigt sich mit Attacke im Finale

Durch eine geschickte Attacke auf den letzten 15 Kilometern betrieb Jonas Rutsch (EF Education – Nippo) Werbung in eigener Sache. Der 23-Jährige wurde zwar kurz vor dem Ziel wieder eingeholt, zeigte aber sowohl den Instinkt als auch die Beine um auf WorldTour-Niveau um Siege fahren zu können. 

Während Roglic Gelb verteidigte und Grün von Bennett übernahm, baute Anthony Perez (Cofidis) seine Führung im Kampf um das Bergtrikot fast uneinholbar aus. Der Träger des Weißen Trikots, Brandon McNulty (UAE-Emirates), musste die Rundfahrt nach einem Sturz aufgeben. Neuer Führender der Nachwuchswertung ist Aleksandr Vlasov (Astana).

So lief das Rennen:

Auf den ersten 50 Kilometern der Etappe versuchten zahlreiche Fahrer in die Spitzengruppe zu springen. So waren unter anderem Matteo Trentin (UAE-Emirates), Mads Pedersen (Trek-Segafredo) und Rémi Cavagna (Deceunick-Quickstep) an erfolglosen Ausreißversuchen beteiligt. Die Gruppe des Tages bildete sich aber erst nach 54 Kilometern, als Victor Campenaerts (Qhubeka-Assos), Kenny Elissonde (Trek-Segafredo), Alexey Lutsenko (Astana), Jonathan Hivert (B&B Hotels p/b KTM) und Julien El Fares (Education First-Nippo) zu Solist Anthony Perez (Cofidis) aufschlossen. Das Sextett erarbeitete sich einen Vorsprung von maximal vier Minuten. Perez gewann die ersten vier Bergwertungen und sammelte dadurch 23 Punkte für die Bergwertung.

Am Anstieg zur Sprintwertung in Cipières verloren knapp 60 Kilometer vor dem Ziel zunächst Perez und kurz danach auch El Fares den Kontakt zu ihren Fluchtkollegen. Die erste Sprintwertung gewann Lutsenko, die folgende Bergwertung ging an Elissonde. Zu diesem Zeitpunkt hatte im Feld eine Allianz aus BikeExchange, Jumbo - Visma, Cofidis und Deceuninck – Quick-Step die Nachführarbeit aufgenommen und den Rückstand schnell auf 1:30 Minuten reduziert. In einer langen Abfahrt wurde Lutsenko von einem Defekt gebremst. Der Kasache versuchte wieder zur Spitze aufzuschließen, wurde jedoch vom Feld geschluckt.

Elissonde zu platt, um Rutsch zu helfen

Am Anstieg zur zweiten Sprintwertung sprengte Elissonde die Spitzengruppe und versuchte sich allein durchzuschlagen. Hinter Elissonde sicherten sich Pierre Latour (Total Direct Energie) und Lucas Hamilton (BikeExchange) die übrig gebliebenen Bonussekunden am Zwischensprint. Knapp 15 Kilometer vor dem Ziel nutzte Rutsch einen Kreisverkehr geschickt, um sich vom Feld abzusetzen und zu Elissonde aufzuschließen. Das Duo verteidigte, obwohl Elissonde kaum mehr mitführte, über die nächsten Kilometer einen Vorsprung von knapp 20 Sekunden. Letztendlich wurden 3,5 Kilometer vor dem Ziel der völlig entkräftete Elissonde und kurz vor dem Schlusskilometer auch Rutsch aber eingeholt.

Florian Sénéchal (Deceuninck – Quick-Step) kontrollierte über lange Zeit das Tempo auf dem ansteigenden Schlusskilometer, obwohl sein Kapitän Sam Bennett längst zurückgefallen war. Als Sénéchal knapp 500 Meter vor dem Ziel ausscherte, nutzte Guillaume Martin (Cofidis) die Gelegenheit für eine Überraschungsattacke. Doch Roglic sprang gleich an sein Hinterrad und eröffnete 200 Meter vor dem Ziel seinen eigenen Sprint. Laporte und Matthews waren zwar am Hinterrad des Slowenen, konnten aber gegen dessen schiere Kraft nichts ausrichten.

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