Kommt eine große Rennserie der Konkurrenz?

E-Sport-WM von Zwift in Gefahr? DM für 2020 bereits abgesagt

Von Felix Mattis

Foto zu dem Text "E-Sport-WM von Zwift in Gefahr? DM für 2020 bereits abgesagt"
Tanja Erath (links) und das Team Canyon-SRAM beim Canyon-Event zum Auftakt der Zwift KISS Super League in Koblenz im Februar 2019. | Foto: Felix Mattis

27.03.2020  |  (rsn) - Im vergangenen September wurden sie angekündigt: Die ersten E-Sports-Weltmeisterschaften der UCI in Zusammenarbeit mit dem Heimtrainings-Software-Riesen Zwift. Doch nur ein halbes Jahr später steht hinter dem Vorhaben mindestens ein großes Fragezeichen - auch, aber keinesfalls hauptsächlich wegen der Coronavirus-Pandemie. Das haben Recherchen von radsport-news.com ergeben. Ein wichtiger Faktor: Zwift fehlt eine Einigung mit den WorldTour-Rennställen beziehungsweise mit Velon.

Zwar wollte Zwift das Aus der WM-Premiere im Jahr 2020 nicht bestätigen, ein echtes Dementi gab es jedoch auf die konkrete Nachfrage auch nicht. "Wir sind noch nicht in der Lage, das zu bestätigen", teilte man radsport-news.com mit und wich aus: Die UCI müsse sich derzeit in erster Linie um die Konsequenzen der Coronavirus-Pandemie für den traditionellen Radsport-Kalender kümmern, so dass "es so aussieht, als ob die Pläne für den E-Sport im Radsport auf normalere Zeiten verschoben werden könnten". Der Radsportweltverband UCI selbst reagierte auf eine Anfrage von radsport-news.com bislang nicht.

Einen exakten Termin für die ersten E-Sports-Weltmeisterschaften in Zusammenarbeit mit Zwift gab es ohnehin noch nicht, angedacht war aber der Dezember 2020 - genau wie der November für die ersten offiziellen, vom deutschen Verband BDR ausgeschriebenen Deutschen Meisterschaften im E-Cycling/Virtual Cycling. Diese werden, das bestätigte BDR-Generalsekretär Martin Wolf radsport-news.com, dieses Jahr nicht stattfinden.

Deutsche Meisterschaften von Zwift bereits abgesagt

"Anfang Februar gab es noch intensive Gespräche über eine Vereinbarung. Die sollte von Zwift überarbeitet werden, doch was uns vier Wochen später zugeschickt wurde, war stark verändert und die zu klärenden Punkte waren nicht erwähnt", so Wolf. Es sei dann erst einmal still geblieben, bis kurz nach der Bahn-WM Anfang März von Zwift die Absage kam: "Uns wurde mitgeteilt, dass die Nationalen Meisterschaften nicht wie vorgesehen bereits in diesem Jahr ausgetragen werden können."

Der Plan war ursprünglich, dass ab April Qualifikations-Wettkämpfe laufen würden, so dass im November schließlich die Nationalen Zwift-Meisterschaften mehrerer Länder zentralisiert an einem Ort - Amsterdam oder London - stattfinden könnten. An selber Stelle sollten die Weltmeisterschaften ausgetragen werden. Die Zentralisierung ist auch im sonst über Internetverbindungen von zuhause betriebenen E-Sport nötig, um bei wirklich wichtigen Events wahre Chancengleichheit herstellen zu können.

"Nur so können wir alle Variablen kontrollieren: das Equipment standardisieren und von Offiziellen kalibrieren lassen, sicherstellen, dass die Netzwerk-Verbindung jeweils stabil ist, alle Teilnehmer offiziell gewogen werden können und sich Dopingkontrollen unterziehen", so Zwift. Außerdem könne nur so eine echte Siegerehrung mit Regenbogentrikot durchgeführt werden.

Live-Events an einem Ort derzeit nicht denkbar

In Zeiten von Corona-Lockdowns und social distancing ist an derartige Events zurzeit natürlich nicht zu denken, doch bis November oder Dezember wären auch noch einige Monate Zeit. Das Coronavirus allein kann daher nicht Grund der stockenden Entwicklungen sein. Vielmehr scheinen wirtschaftliche Faktoren eine Rolle zu spielen. Am vergangenen Freitag wurde durch den in der Szene gut vernetzten Blogger DC Rainmaker bekannt, dass Zwift sich umstrukturiert und einige, teils hochrangige Mitarbeiter aus den Bereichen Kommerzialisierung, Partnerbetreuung und E-Sports auf die Straße gesetzt habe - angeblich mit dem Hintergrund, an eigener Hardware arbeiten zu wollen.

Insgesamt soll es eine mittlere zweistellige Zahl an Mitarbeitern getroffen haben, und gerade die Absetzung des 'Partnership Director E-Sport', sowie wohl einiger Mitarbeiter dieser Abteilung, warf die Frage auf, was nun aus den Ambitionen von Zwift in Richtung virtuellem Rennsport wird. "Die Restrukturierung hat E-Sports unter das Kerngeschäft der Abonnements einsortiert. E-Sports bleiben eine Priorität für unser Unternehmen und diese Veränderung wird dahingehend eine bessere Entwicklung erlauben", erklärte Zwift auf Nachfrage von radsport-news.com. Die Unterordnung des E-Sports unter die Ressourcen des Kerngeschäfts soll also bessere Zukunftsaussichten gewährleisten, als es eine eigene Abteilung bislang tat? Fraglich.

Das Hauptproblem für Zwifts E-Sports-Ambitionen ist nicht das Virus

Nach Informationen von radsport-news.com sind die Entwicklungen rund um E-Sports vielmehr grundlegend ins Stocken geraten, weil ein anvisierter Deal des kalifornischen Unternehmens mit der WorldTour-Teamvereinigung Velon nicht zustandegekommen ist. Denn natürlich wollte Zwift, dass bei den großen UCI E-Sports-Weltmeisterschaften auch die großen Namen der WorldTour-Szene am Start stehen - Tour-de-France-Sieger, Klassikerjäger, Supersprinter, Namen, die man kennt eben. Dazu aber müssten deren Arbeitgeber, nämlich die WorldTeams, Freigaben erteilen.

Es ist Zwift nicht gelungen, Velon das schmackhaft genug zu machen. Die Teamvereinigung setzt sich auch im Kampf mit Rennveranstaltern und UCI seit Jahren dafür ein, dass Mannschaften nicht nur Startgeld bekommen, ihr Rennen fahren und dann wieder abreisen, sondern insgesamt mehr an der Vermarktung des Sports beteiligt werden und so einen besseren 'Return of Investment' herausbekommen.

"Velon und Zwift haben Gespräche geführt, wie Zwift sie auch mit vielen anderen über die Jahre hatte, und im Moment gibt es zwischen uns keine Einigung", bestätigte Velon-Boss Graham Bartlett radsport-news.com und ergänzte: "Aber einige Velon-Teams haben mit Zwift zusammengearbeitet beziehungsweise tun das weiterhin und wir wünschen ihnen in ihrer Zusammenarbeit alles Gute."

Velon plant wohl eigene E-Sport-Rennserie ohne Zwift

Die fehlende Einigung erklärt auch, warum nach den Rennabsagen der vergangenen Wochen keine flächendeckende Ersatzunterhaltung in Form von Zwift-Rennen zahlreicher WorldTour-Rennställe samt Livestream-Übertragungen aus dem Boden gestampft wurde, womit wohl viele gerechnet hatten. Bislang kam es lediglich zu für die Öffentlichkeit zugänglichen Gruppenausfahrten mit den Profis der Teams Mitchelton - Scott und Israel Start-Up Nation auf Zwift. Eine echte Rennserie? Fehlanzeige.

radsport-news.com erfuhr im Zuge seiner Recherchen aber, dass Velon selbst weiter an einem solchen Projekt arbeitet und es mit anderen Partnern möglicherweise schon im April auf die Beine stellen wird. Bartlett wollte das noch nicht bestätigen, erklärte aber: "Velon ist mit vielen Organisationen Partnerschaften eingegangen und hat aktuell gültige Vereinbarungen mit verschiedenen Virtual Training Software-Unternehmen. Noch heute wird eine Ankündigung in Sachen Rennen kommen."

Bei Zwift stehen Grouprides wohl zunächst weiter im Vordergrund

Bei Zwift hingegen arbeitet man derzeit an dem, was man selbst auf die Beine stellen kann. "Momentan versucht jeder erstmal, sich der neuen Realität anzupassen. Alle haben zunächst gehofft, dass der echte Kalender weitergeführt werden könnte, und wir bei Zwift hatten unseren eigenen Event-Kalender schon geplant", erklärte Zwift-Pressesprecher Chris Snook gegenüber radsport-news.com, betonte aber im Bezug auf weitere Events: "Wir wurden mit Anfragen überhäuft und arbeiten jetzt daran, die besten Möglichkeiten anzubieten. Das ist alles noch sehr frisch, aber wir werden mehr Events auf unserer Plattform haben und das in den kommenden Wochen verkünden."

Außerdem verwies er auf die gerade zu Ende gegangene Tour of Watopia, in der Continental-Rennställe und Frauen-Teams unterwegs waren. Die nächste derartige Rennserie sei für April geplant. Continental-Teams sind aber eben nicht die Weltspitze und somit kaum WM-tauglich.

Mehr Informationen zu diesem Thema

28.10.2024Weltmeister Osborne richtet 2025 den Fokus auf E-Sports

(rsn) - Samstag wurde Jason Osborne zum zweiten Mal E-Sports-Weltmeister. 2025 will der Deutsche, der bis vor Kurzem noch für Alpecin - Deceuninck auf der Straße in der WorldTour aktiv war, seinen p

26.10.2024McCarthy gewinnt als erste Neuseeländerin E-Sports-WM

(rsn) - Die neue E-Sports-Weltmeisterin heißt Mary Kate McCarthy und kommt aus Neuseeland. Beim Finale in Abu Dhabi holte sich die 29-Jährige nach drei kurzen Etappen, die in den virtuellen Welten v

26.10.2024Osborne krönt sich erneut zum E-Sports-Weltmeister

(rsn) - Die vierte E-Sports-Weltmeisterschaft entwickelte sich zu einer Triumphfahrt des Deutschen Jason Osborne. Der ehemalige Olympiazweite im Rudern holte im ersten Live-Finale in Abu Dhabi in der

25.10.2024Deutsche Hoffnungen ruhen auf Osborne und Brunnée

(rsn) - In weniger als 24 Stunden startet das große Finale der UCI Esports Weltmeisterschaft in Abu Dhabi. Am 26. Oktober (ab 16:00 Uhr live auf YouTube) treten die besten 20 Frauen und Männer im vi

24.10.2024Neue Plattform, neuer Modus - neue Weltmeister?

(rsn) - Nach dem Ende der Straßensaison und der Krönung der Weltmeister im Gravel und auf der Bahn steht am Samstag eine weitere Weltmeisterschaft der UCI auf dem Programm. In der virtuellen Umgebun

16.09.2024Osborne konzentriert sich künftig auf E-Sports und Gravel

(rsn) – Jason Osborne ist nicht länger Teil des Teams Alpecin – Deceuninck und wird seine Karriere als Straßenradprofi beenden. Das teilten sowohl der 30-jährige Mainzer als auch sein Team am M

10.11.2023UCI eSports-WM auf MyWhoosh erst im Oktober 2024

(rsn) – Die vierten eSports-Weltmeisterschaften des Radsport-Weltverbandes UCI werden im kommenden Jahr nicht im Februar, sondern erst im Oktober ausgetragen. Für die Finals sollen insgesamt 40 Ath

18.02.2023Osborne und Mäding nur von Solist Andreassen geschlagen

(rsn) – Jason Osborne und Marc Mäding haben die Silber- und die Bronzemedaille bei den eSports-Weltmeisterschaften im virtuellen Glasgow gewonnen. Das deutsche Duo musste sich im Finale des auf der

11.11.2022Esports-WM bekommt für 2023 einen neuen Modus

(rsn) - Bei ihrer dritten Auflage werden die Esports-Weltmeisterschaften des Radsports mit einem neuen Modus ausgetragen. Ausgerichtet werden die Titelkämpfe am 18. Februar zwar weiterhin auf der Tra

27.02.2022Deutschland mit und gegen Österreich bei der eSports-WM

(rsn) - Samstagabend in Steyr, 20:45 Uhr. Es hatte ein bisschen Länderspielcharakter, was Rainer Kepplinger und Jonas Rapp vom Team Hrinkow Advarics Cycleang in der Homebase ihrer Mannschaft abliefe

27.02.2022Adegeest und Alpecin-Profi Vine sind eSports-Weltmeister

(rsn) – Loes Adegeest (Niederlande) und Jay Vine (Australien) haben den Weltmeisterschaftstitel bei den zweiten eSports-Weltmeisterschaften auf der Plattform Zwift gewonnen. Bei den Männern wurde T

25.02.2022eSports-WM, Klappe die Zweite: Verteidigt Osborne den Titel?

(rsn) - Am Samstag geht es um Regenbogentrikots – virtuelle Regenbogentrikots. Zum zweiten Mal werden auf der Online-Trainingsplattform Zwift die UCI eSports-Weltmeisterschaften ausgetragen. Die Sü

Weitere Radsportnachrichten

09.10.2025Radsport live im TV und im Ticker: Die Rennen des Tages

(rsn) – Welche Radrennen finden heute statt? Wo und wann kann man sie live im Fernsehen oder Stream verfolgen? Und wo geht´s zum Live-Ticker? In unserer Tagesvorschau informieren wir über die w

08.10.2025Die Aufgebote für das 119. Il Lombardia

(rsn) – Zum 119. Mal steht Il Lombardia im Rennkalender. Das der fünf Monumente des Radsports führt diesmal über 241 Kilometer von Como nach Bergamo, wobei die Strecke fast identisch mit der von

08.10.2025Cyclocross bei Olympia 2030 immer wahrscheinlicher

(rsn) – Seit vielen Jahren versucht der Radsportweltverband UCI die Disziplin Cyclocross ins Olympische Programm zu hieven. Und die Anzeichen verdichten sich, dass dies bei den Winterspielen 2030 ta

08.10.2025Del Toro peilt beim Gran Piemonte 15. Saisonsieg an

(rsn) – Nach seinem mal wieder in überragender Manier herausgefahrenen Sieg bei Tre Valli Varesine (1.Pro) gönnt sich Tadej Pogacar (UAE – Team Emirates – XRG) vor Il Lombardia (1.UWT) , dem l

08.10.2025Deutschland bekommt 2026 eine zweite UCI-Rundfahrt

(rsn) – Am Dienstag präsentierte der Radsportweltverband UCI den Rennkalender der Männer für 2026 und wie jedes Jahr gibt es auch in der neuen Saison zahlreiche Änderungen. Die wichtigsten fasst

08.10.2025UAE verpflichtet Rooijakkers, Brand bleibt bei Lidl - Trek

(rsn) - In unserem ständig aktualisierten Transferticker informieren wir Sie regelmäßig über Personalien aus der Welt des Radsports. Ob es sich um Teamwechsel, Vertragsverlängerungen oder Rücktr

08.10.2025“Ein bisschen so wie damals, als Eddy Merckx Rennen fuhr“

(rsn) – Tadej Pogacar (UAE – Team – Emirates – XRG) tritt in dieser Saison dominanter denn je auf. Vor seinem letzten Einsatz bei Il Lombardia (11. Okt.), wo er seinen fünften Triumph in Seri

08.10.2025Intermarché - Wanty hat Schulden: Fusionspläne verzögern sich

(rsn) – Noch immer ist die schon vor Monaten angekündigte Fusion von Lotto und Intermarché - Wanty nicht abgewickelt. Verantwortlich dafür sein soll laut der Zeitung Het Laatste Nieuws ein Schuld

08.10.2025Nach Vorjahresdebakel: Staffel raus aus der Cross-EM

(rsn) – Am 8. November beginnt im belgischen Middelkerke die Cross-EM. Nicht mehr im Programm stehen wird dabei laut der offiziellen Webseite und dem Technischen Leitfaden der Staffel-Wettbewerb, de

08.10.2025Il Lombardia im Rückblick: Die letzten zehn Jahre

(rsn) – Am Samstag steht mit Il Lombardia (1.UWT) das fünfte und letzte Monument der Saison auf dem Programm. Der italienische Herbstklassiker ist zudem das letzte WorldTour-Eintagesrennen des Jahr

08.10.2025Thornley und Finn sorgen für ein glänzendes Saisonfinale

(rsn) – Viel besser hätte die erste Saison der Red Bull – Bora – hansgrohe Rookies nicht laufen können. Den Fahrern des 2025 neu gegründeten U23-Teams des deutschen WorldTour-Rennstalls gelan

07.10.2025Schiffer kommt bei Visma 2025 doch nicht mehr zum Einsatz

(rsn) – Anton Schiffer wird in dieser Saison doch kein Rennen für das niederländische WorldTeam Visma – Lease a Bike bestreiten können, zu dem der 26-jährige Kölner wechseln möchte. Der Grun

RADRENNEN HEUTE

    Radrennen Männer

  • Gran Piemonte (1.Pro, ITA)