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19.05.2019 | Die Schlagzeilen gehörten bei diesem Giro d’Italia bislang anderen Sprintern. Da wäre Pascal Ackermann zu nennen, der Sunnyboy aus Kandel, der spätestens nach seinen beiden Etappensiegen mit dem Etikett “Shootingstar der Sprinterszene“ leben muss; aber auch Elia Viviani, am zweiten Etappentag von der Jury um den Etappensieg gebracht, der als Italiener im Meistertrikot ohnehin nirgendwo vor Aufnahmegeräten und Mikrofonen sicher ist. Selbst Fernando Gaviria genoss bis zu seinem Ausstieg auf der 7. Etappe mit einem Tagessieg regelmäßig mediale Berücksichtigung. Aber Caleb Ewan?
Der kleine Sprinter aus der Equipe Lotto Soudal mischte bislang solide bei den Sprintankünften vorne mit. Seine dritten und zweiten Plätze auf der 2. und 4. Etappe fanden neben dem alles überstrahlenden Ackermann und einem bedeutsamen Massensturz kurz vor dem Ziel hingegen medial nur untergeordnete Beachtung.
Und bleiben die erhofften Erfolge aus, steigt nicht selten gleichzeitig der Druck. Insbesondere für Ewan. Nach enttäuschender Saison 2018 bei Mitchelton - Scott und Teamwechsel zu Lotto Soudal benötigte der spurtstarke Australier dringend wieder eine Bestätigung seines Potenzials und einen nennenswerten Erfolgseintrag in seiner Vita. Es war also an der Zeit, Eindruck in eigener Sache zu machen. Mit dem Sieg auf der 8. Giro-Etappe nach Pesaro gelang Ewan das. Die Erleichterung darüber klang beinahe in jedem Statement des 24-Jährigen durch.
“Der Druck nahm mit jeder verpassten Chance zu“
“Es ist mein bislang größer Erfolg für Lotto Soudal. Der Teamwechsel bedeutete Extradruck für mich, dass war mir von Anfang an bewusst. Die vergangene Saison verlief sehr durchschnittlich, dieses Jahr war bislang in Ordnung, aber nicht überragend. Der Druck nahm mit jeder verpassten Chance zu. Daher bedeutet mir dieser Sieg unheimlich viel“, sagte Ewan, der bereits 2017 einen Abschnitt der Italien-Rundfahrt gewann – gleichzeitig sein letzter großer Erfolg. Dieser Jahr sicherte er sich zuvor Sprintsiege bei der UAE Tour und auf zwei Teilstücken der Türkei-Rundfahrt.
Entschlossenheit und eine gute Teamarbeit seien nach seiner Aussage die Schlüssel zum Sieg gewesen. Allerdings half Ewan dieses Mal auch das richtige Timing, gezwungenermaßen. Bei seinem dritten Platz in Fucecchio ging er zu früh in den Wind, bei der kurzen Schlussrampe in Frascati zögerte Ewan hingegen einen Moment zu lange und rollte wenige Meter hinter Tagessieger Richard Carapaz (Movistar) über die Linie. Er habe ihm Anschluss noch oft über die Ankunft und die knappe Niederlage nachdenken müssen, gestand Ewan.
Verlässt Ewan den Giro nach der 11. Etappe?
Die Ankunft von Pesaro mit einigen Wellen, einer technischen Abfahrt und einer letzten Kurve 200 Meter vor dem Ziel galt als anspruchsvoll. Ewan hielt sich im Finale am Hinterrad von Ackermann auf und plante zunächst, als erster Fahrer um die letzte Kurve zu kommen: “Eigentlich lief heute kaum etwas nach Plan. Die Fluchtgruppe war größer als gedacht, was uns einiges an Aufwand in der Verfolgung abverlangte, und dann fühlte ich mich im Finale nicht so gut, wie erhofft. Ich wusste, wenn ich als erste durch die Kurve gehe, muss ich einen Sprint über 300 Meter fahren. Aber ich war nur noch zu 150 Meter in der Lage. Es war ein Risiko, aber ich ging es ein.“ Am Ende machte Ewan mit seinem späten Sprint alles richtig, kurz vor der Linie zog er an Ackermann vorbei und hielt mit seiner Beschleunigung auch Viviani in Schach.
Im Team war die kollektive Erleichterung über diesen Sieg ebenfalls spürbar. “Wir kamen hier hin mit dem einzigen Ziel, mit Caleb Etappen zu gewinnen. Nun haben wir den ersten Erfolg und können entspannter sein“, sagte Landsmann Adam Hansen.
Mit dem Tagessieg auf der längsten Etappe des diesjährigen Giro unterstrich Ewan zudem seine Fähigkeit, besonders nach harten Renntagen noch einen guten Sprint fahren zu können. Außerdem teilte er hinterher mit, dass er und sein Team wohl nach der 11. Etappe entscheiden, ob er vor den schweren Bergetappen den Giro verlässt oder weiter im Rennen bleibt. Bis dahin stehen noch zwei Flachetappen auf dem Programm. Denn Ewan verfolgt in diesem Jahr noch ein anderes Ziel: seine Premiere bei der Tour de France im Juli. Eine Schinderei durch die Alpen und Dolomiten mit der Aussicht auf nur noch eine vermeintliche Sprintankunft beim Giro erscheint da nicht als optimale Vorbereitung.
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