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30.09.2018 | (rsn) - Seit die WM-Strecken von Innsbruck veröffentlicht wurden, sorgen sie für Diskussionen im Peloton. radsport-news.com sprach mit Ex-Profi Thomas Rohregger, der als Streckenarchitekt maßgeblich an der Ausgestaltung der Titelkämpfe beteiligt war und auch den Parcours für die Olympischen Spiele 2020 in Tokio mit plant.
Welche Idee stand hinter den WM-Strecken von Innsbruck?
Thomas Rohregger: Für uns war immer klar, wenn wir die WM bekommen, wollen wir Berge zeigen. Denn Tirol hat eines, das sind Berge. Da macht es wenig Sinn, wenn man nur durchs Inntal durchfahren würde. Auch von der touristischen Seite her wollten wir so viel wie möglich vom Land zeigen. Innsbruck sollte aufgrund der Lage mit Flughafen und Congress-Zentrum die Host-City (Gastgeberstadt) sein. Und die Startorte sollten so viel möglich vom ganzen Land einbinden.
Was haben Sie bei der Streckenfindung beachtet?
Rohregger: Drei Dinge!
1.) Sie sollte sportlich und von der Dramaturgie her passen und sportlich reizvoll und attraktiv sein. Auch bei den Zeitfahren, deshalb war der Berg dabei. Auch technisch sollte es anspruchsvoll sein, aber nicht gefährlich, damit die Sicherheit der Fahrer gewährleistet ist.
2.) Sie sollte touristisch natürlich sehr wertvoll sein. Die Wahrzeichen wie Goldenes Dacherl, die Olympiastätten, sollten enthalten sein, weil der Tourismusverband sehr viel Geld in die Hand nimmt und der Weltöffentlichkeit ein perfektes Produkt präsentieren wollte.
3.) ist für mich am wichtigsten! Das öffentliche Leben musste aufrechterhalten bleiben. Schließlich bewegen wir uns in einem Tal, in dem es nur drei Straßen gibt, das aber die Hauptverkehrsader zwischen Deutschland und Italien ist. Innsbruck ist zudem sehr dicht besiedelt. Da ein gutes Mittelmaß zu finden war sehr wichtig.
Wie schwer war es, unter diesen Gesichtspunkten die Strecke durch die Stadt zu führen?
Rohregger: Schwierig, weil wir ja auch ein großes Bauprojekt in der Stadt haben. Wir setzten uns schon vor drei Jahren mit dem Bauamt und den Verkehrsbetreiben zusammen, haben ihnen die Wunschroute gezeigt und sie gebeten, nach Möglichkeit während der WM dort nicht zu bauen. Wir haben auch die Schienen abdecken müssen, damit wir in die Altstadt hineinkommen. Da haben alle ganz toll zusammengearbeitet.
Wie wurden die Schienen abgeklebt?
Rohregger: Sie wurden mit einem Gummikeil aus Silokon ausgefüllt, damit sie eben sind.
Wurde das Silkon reingegossen?
Rohregger: Nein, der Keil war vorgefertigt, wurde aufgelegt und dann von einem LKW reingedrückt, der drüberfuhr. Danach kam eine raue Matte drüber. Ein Belag, wie er sich auch auf den Skateboards befindet. Das gab’s bei der Tour de France in Bern schon mal. Erst das ermöglichte uns, am Goldenen Dacherl vorbeizufahren.
Dank der Strecke durch die Altstadt konnten die Cafes und Gaststätten ihre Tische direkt an die Rennstrecke stellen..
Rohregger: Ja, da wurde ein Traum war, weil wir genau das umsetzen konnten, was wir uns gewünscht hatten.
Warum musste nach sieben Runden durch die Stadt die Höttinger Höll noch dazukommen?
Rohregger: Die hat natürlich für Öffentlichkeit gesorgt, weil jeder diese Hölle diskutiert und sich fragt, was dort im Rennen passieren wird. Das ist so verrückt. Viele Amateure kommen dorthin, um sich die Stelle anzuschauen. Sie ist so steil. Ich vergleiche sie mit der Mausefalle im Hahnenkammrennen von Kitzbühel der Skifahrer, weil auch jeder dahin will, um sich die Schlüsselstelle anzuschauen. Man kann sagen: Die Hölle ist unsere Mausefalle.
Was hat die UCI zur Streckenplanung gesagt?
Rohregger: Die Leute sind sofort aufgesprungen und haben gesagt, wir brauchen ein wenig Salz in der Suppe. Für mich ist es die Kirsche auf der Sahnehaube, die noch mal einen schönen Akzent setzt und noch etwas Spezielles bietet.
Was sagen Sie zur Kritik des Deutschen Marcus Burghardt , dass die 80 Kilometer lange Anfahrt von Kufstein zum Rundkurs in Innsbruck nicht zuschauerfreundlich sei, weil die Fahrer in der Stadt nur sieben Mal statt vielleicht elf Mal zu sehen sind?
Rohregger: Da gebe ich ihm überhaupt nicht recht. Ganz im Gegenteil. Wie die Leute mitgehen und was sie sich entlang der Strecke nach Innsbruck alles haben einfallen lassen, ist fantastisch. Die Landjugend und die Kindergärten stehen da. Es gibt Kühe mit Radtrikots. Ich würde sagen, das Gegenteil ist der Fall. Für uns ist es eine tolle Sache, dass wir das ganze Land aktivieren und in diesen Radsportbann ziehen können.
Sie haben auch die Olympiastrecke 2020 in Tokio mit entwickelt. Was ich gehört habe, wird sie wieder nichts für Sprinter?
Rohregger: Nein! Wir hatten nur zwei Möglichkeiten. Entweder in Tokio bleiben und einen kompletten Stadtkurs zu fahren. Dann hätten wir keinen einzigen Höhenmeter gehabt. Das wollten wir nicht. Vor allen Dingen konnten wir die Stadt mit dem enormen Verkehrsaufkommen nicht komplett lahmlegen. Die andere Möglichkeit wäre gewesen, einen künstlichen Berg irgendwo in der Stadt zu bauen. Das wäre auch nicht so schön gewesen. Dagegen bot sich die wundervolle Region am Mount Fuji an. Dort ist es wirklich wunderschön. Es wird sehr anspruchsvoll und bestimmt ein tolles Rennen!
So schwer wie Innsbruck?
Rohregger: Anders! Die Anstiege sind länger. Der Mount Fuji ist ein richtig langer Berg. Ich glaube, das ist noch eher etwas für die Jungs von der Tour de France, die nach der Tour direkt nach Tokio rübergehen zu den Olympischen Spielen.
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