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01.10.2018 | (rsn) - Alejandro Valverde hat mit sieben Medaillen in den letzten 15 Jahren WM-Geschichte geschrieben. Möglicherweise wird im großen Radsportbuch das Kapitel des 38-Jährigen mit dem ersehnten Gewinn der ersten Goldenen beendet - und das von Remco Evenepoel aufgeschlagen. Der 20 Jahre jüngere Belgier war die Entdeckung der Titelkämpfe 2018 in Innsbruck.
In nur 77 Tagen raste Evenepoel aus dem Nichts in den Fokus der Weltöffentlichkeit. Am 13. Juli ließ er bei den Junioren-Europameisterschaften in Brünn erstmals aufhorchen, als er im Einzelzeitfahren Gold holte und danach das Straßenrennen als Solist mit fast zehn Minuten Vorsprung gewann. Auch bei der WM war er unschlagbar und holte sich die Titel im Zeitfahren (25. September) und nur zwei Tage später auf der Straße.
Dabei hat Evenepoel erst vor rund eineinhalb Jahren mit dem Radfahren begonnen, nachdem er zuvor als großes Fußballtalent galt. Er wurde beim RSC Anderlecht (Belgien) und danach beim PSV Eindhoven (Niederlande) ausgebildet und absolvierte sogar sechs Spiele für die belgische U16- Nationalmannschaft.
Der Radsport war ihm aber durch seinen Vater Patrick, einem Ex-Profi, der für Histor-Sigmar (1991) und Collstrop (1992 bis 1994) fuhr, in die Wiege gelegt worden. Als es im Fußball nicht mehr rund lief, wechselte Evenepoel das Metier. "Ich hatte keinen Spaß mehr. Fußball habe ich nie im TV geschaut, sondern immer nur Radsport. Auch als ich ein guter Fußballer war, bin ich in der Freizeit Rad und Mountainbike gefahren. Ich denke, es war eine gute Wahl, vom Fußball aufs Rad umzusteigen. Ich bin jetzt sehr glücklich“, sagte er.
Auch in der Leichtathletik hatte er sich nur so aus Spaß einmal getestet. Als 16-jähriger nahm Evenepoel an einem Halb-Marathon teil. Um eingruppiert zu werden, gab er eine Zeit an, die er, ganz unbescheiden, für sich für möglich gehalten hatte. "Plötzlich fand ich mich in der ersten Box wieder als einziger Weißer unter lauter Schwarzen. Die ersten fünf Kilometer habe ich gut mitgehalten. Dann haben sie mich bergab abgehängt. Bergab laufen schmerzt unheimlich. Am Ende war ich tot“, schildert er diese Erfahrung.
Im Radsport blieben ihm diese Erfahrungen bisher erspart. 20 der 25 Juniorenrennen, an denen er in diesem Jahr teilnahm, gewann er. 34 der 44 Wettbewerbe, bei den Evenepoel bisher insgesamt antrat, entschied er teilweise in einem Stil für sich, der die Beobachter an Eddy Merckx erinnert. Diesen Vergleich lehnt er mit einer gewissen Koketterie ab. "Die Medien nennen mich den neuen Merckx. Ich bin nicht der neue Merckx. Ich bin der neue ‚me‘ (der neue 'Ich‘)“. In der Siegerpressekonferenz nach dem Straßenrennen erklärte Evenepoel noch dazu: "Ich habe die Tour der France nicht gewonnen. Ich bin kein Profi-Weltmeister. Ich bin weit entfernt davon, der neue Merckx zu sein. Ich bin Remco Evenepoel!“
Bei dem am 25. Januar 2000 geborenen Teenager fällt die große Selbstsicherheit auf, die manchmal an Arroganz grenzt und diese Grenze vielleicht auch überschreitet. Dank seiner Überlegenheit im WM-Straßenrennen feierte er den Titel schon Kilometer vor der Ziellinie. Mit Gesten forderte Evenepoel im Vorbeifahren die Zuschauer zum Jubeln auf.
Dazu machte er auchdas "Goat“-Zeichen, indem er sich ans Kinn fasste. Mit dieser Geste war schon Fußball-Weltstar Ronaldo negativ aufgefallen. Die Buchstaben des Worts Goat (zu deutsch "Ziege") bedeuten bei Insidern aber auch: Greatest of all time (Größter aller Zeiten)!
Evenepoel erklärte das Goat-Zeichen damit, dass er dazu von seinem besten Freund Tommy aufgefordert worden sei: "Tommy meinte, mach' dieses Zeichen, wenn du allein bist! Das war ein Zeichen für ihn. Das war etwas zwischen uns beiden.“ Schon bei seinem Sieg im Junioren-Rennen von Kuurne-Brüssel-Kuurne habe er das schon gemacht, nachdem er 60 Kilometer allein gefahren war. Evenepoel: "Bei der WM hat sich das aber besser angefühlt!“
Seit Anfang des Jahres wird Evenepoel von Quick-Step Floors unterstützt. Das WorldTour-Team stellte ihm ein Straßen- und ein Zeitfahrrad zur Verfügung. Nach seinem Doppelerfolg bei der Junioren-EM unterschrieb er auch einen Vertrag bei der zurzeit erfolgreichsten Equipe der Welt.
"Nach den Europameisterschaften waren alle Teams verrückt nach mir, weil ich das Zeitfahren und das Straßenrennen gewonnen hatte. Sky und Mitchelton-Scott kamen zu mir. Aber ich hatte schon gute Kontakte zu Quick-Step“, begründet er seine Wahl für den Rennstall von Manager Patrick Lefevere.
Die Belgier wollen ihn nun in den nächsten Jahre ausbilden. "Der Weg ist noch so lang. Man kann nicht sagen, dass ich ein Champion werde. Aber es ist das Ziel, dass ich das mal schaffe. Ich bin erst 18 Jahre alt. Im nächsten Jahr werde ich nicht viele Rennen fahren. Ich werde viel in der Höhe sein und viel trainieren. Ich will die Tipps annehmen und viel über das Radfahren und das Training lernen“, äußerte er sich fast schon demütig zu den vor ihm liegenden Aufgaben in der WorldTour.
Die große Erwartungshaltung, die er mit seinen Erfolgen und seinem Fahrstil geweckt hat, versucht Evenepoel nicht an sich herankommen zu lassen. "Ich habe meine eigenen Erwartungen, wenn ich die erreiche, ist das gut genug für mich. Ich kann nichts für die Erwartungen, die die Leute in mich setzen. Ich muss mich auf mich konzentrieren und auf den Weg, den ich gehe", betonte er.
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