Tony Martin beim Scheldeprijs zu Unrecht disqualifiziert?

Selig: “Dann wäre ich vielleicht auf den Gleisen zum Stehen gekommen“

Von Christoph Adamietz

Foto zu dem Text "Selig: “Dann wäre ich vielleicht auf den Gleisen zum Stehen gekommen“"
Disqualifiziert: Eine Großzahl von Fahrern musste den Scheldeprijs vorzeitig beenden. | Foto: Cor Vos

05.04.2018  |  (rsn) – So klar Fabio Jakobsen (Quick-Step Floors) den Zielsprint beim 106. Scheldeprijs (1.HC) für sich entschied, so chaotisch war das Rennen zuvor. Im Zentrum der Diskussion stand schon während, aber vor allem nach dem Rennen, die Disqualifikation von knapp 35 Fahrern, die einen Bahnübergang passiert hatten, obwohl dort schon rote Warnlichter leuchteten und sich kurz darauf auch die Schranke schloss.

Das Chaos nahm seinen Lauf, als sich kurz vor dem Bahnübergang ein Sturz ereignet hatte, der das Feld teilte und kurz darauf auch noch auf der Windkante gefahren wurde. So schaffte es eine erste Gruppe – möglicherweise gerade noch so vor dem Warnsignal - über den Bahnübergang, während eine zweite Gruppe, die kurz dahinter folgte, bei Rot auf der Ampel über die Gleise fuhr.

"Bei uns in der Gruppe war richtig Tempo drin, wir wollten den Anschluss nach vorne schaffen. Ich muss zugeben, dass ich im Renntempo gar nicht auf die Ampel geachtet habe. Und wenn ich es gesehen hätte, wäre eine Vollbremsung nötig gewesen und ich wäre dann vielleicht auf den Gleisen zum Stehen gekommen", erklärte Rüdiger Selig (Bora-hansgrohe), einer der Betroffenen, gegenüber radsport-news.com.

Die Gruppe, in der mit Arnaud Demare (Groupama-FDJ) und Dylan Groenewegen (LottoNL-Jumbo) auch zwei Favoriten auf den Tagessieg saßen, wurde kurz darauf von den Kommissären zur Seite und aus dem Rennen genommen. Allerdings seien auch Fahrer völlig zu Unrecht bestraft worden.

Tony Martin (Katusha-Alpecin) etwa war bei der Überquerung in der vorderen Gruppe, hatte kurz danach allerdings Defekt und war, als die Jury der Selig-Gruppe die Disqualifikation mitteilte, eben in jene zweite Gruppe zurückgefallen. "Da es keine Helikopteraufnahmen gab, konnte die Jury nicht genau ausmachen, wer genau alles bei Rot über die Gleise fuhr, und sie hat unsere gesamte Gruppe dann aus dem Rennen genommen. Auch wenn dabei einige Fahrer waren, die gegen keine Regel verstoßen haben", so Selig weiter.

Groenewegen konnte die Jury-Entscheidung wie Selig zwar auch nachvollziehen. "Wenn die Lampen auf Rot schalten, dann darf man nicht weiterfahren", zeigte sich der Niederländer einsichtig. "Allerdings war aus meiner Sicht bei der Gruppe vor uns die Ampel auch gerade auf Rot umgeschaltet", so Groenewegen, der wie Selig auch um Verständnis für die unerlaubte Aktion bat. "Wir sind mit 60km/h gefahren, geht man dann voll in die Eisen, dann besteht die Gefahr, dass es schief geht."

Die Disqualifikation bemängelte indes Frederic Guesdon, der Sportliche Leiter von Demare. "Ich denke, das war die falsche Entscheidung. Ich denke, man hätte beide Gruppen wieder zusammenfügen und das Rennen fortsetzen sollen. Zumal auch nicht klar war, ob nicht auch schon am Ende der ersten Gruppe die Ampel auf Rot gesprungen war", meinte der Franzose. Auch Demare selbst zeigte sich auf Twitter kritisch: "Ich unterstütze die Entscheidung der Jury überhaupt nicht. Man hat in Renngeschwindigkeit einfach nicht sehen können, dass die Ampel auf Rot schaltete", meinte er.

Da die UCI in diesem Winter das Strafmaß für ein unerlaubtes Überqueren eines Bahnübergangs drastisch erhöht hat, droht den disqualifizierten Fahrern nun sogar eine saftige Geldstrafe sowie eine einmonatige Sperre. Selig geht allerdings nicht davon aus, dass es zu einer Bestrafung kommen wird. "Dafür war die Situation einfach zu chaotisch. Für uns war es Strafe genug, dass wir ausgeschlossen wurden. Falls doch etwas kommen sollte, denn werden wir sicher dagegen vorgehen", so der Bora-hansgrohe-Profi.

Für die Zukunft schlug Groenewegen vor, dass an geschlossenen Bahnübergängen Zeitabstände zwischen Gruppen festgehalten werden sollten, die dann nach Öffnen der Bahnschranke wieder hergestellt werden. "Somit würde man auch dem verbotenen Fahren über Bahnübergänge die Attraktivität rauben", so der Sprinter. Das wird zwar bereits getan, allerdings nur bei Abständen von mehr als einer halben Minute. Alles darunter "verfällt".

Mehr Informationen zu diesem Thema

05.04.2018Jakobsen setzt Beutezug des “Wolfsrudels“ fort: 24 Saisonerfolge

(rsn) - Das Heulen des "Wolfpacks" ist in dieser Saison ständig zu hören. Quick-Step Floors sammelt ein Siegerfoto nach dem anderen für seine Sponsoren und hat besonders in seiner belgischen Heimat

04.04.2018Der dritte Plattfuß versetzte Kittel den K.O.

(rsn) - Der dritte Defekt war einer zuviel. Nachdem Titelverteidiger Marcel Kittel (Katusha-Alpecin) beim 106. Scheldeprijs die turbulente Anfangsphase des Rennens einschließlich zweier Plattfüße Ã

04.04.2018Finale des 106. Scheldeprijs im Video

(rsn) - Rekordsieger Marcel Kittel (Katusha-Alpecin) spielte nach einem Defekt im Finale des 106. Scheldeprijs keine Rolle mehr, dafür hätte Pascal Ackermann (Bora-hansgrohe) fast für den dritten d

04.04.2018200 actionreiche Kilometer und am Ende jubelt wieder Quick-Step

(rsn) - Wie von den Organisatoren erhofft, war die 106. Austragung des Scheledprijs (1.HC) besonders actionreich. Dazu trug aber in erster Linie nicht die Streckenänderung mit Start in den Niederland

04.04.2018Kittel hat Respekt vor den Quick-Step-Wölfen

(rsn) - Bei seinen letzten fünf Teilnahmen war Marcel Kittel (Katusha-Alpecin) nicht zu stoppen. Am Mittwoch geht es für den 29-Jährigen beim 106. Scheldeprijs darum, seine beeindruckende Siegesser

04.04.2018Vorschau auf die Rennen des Tages / 4. April

(rsn) - Welche Rennen stehen heute auf dem Programm, wie sieht die Streckenführung aus und wer sind die Favoriten? Ab sofort gibt Ihnen radsport-news.com kurz und kompakt eine tägliche Vorschau auf

03.04.2018Walscheid: “Hektik pur, das liegt mir“

rsn) – Zu Saisonbeginn hat Max Walscheid (Sunweb) die erste April-Woche als für ihn "sehr wichtig“ bezeichnet. Mit dem Scheldeprijs am Mittwoch und Paris-Roubaix am Sonntag stehen zwei wichtige R

25.01.2018Page mit erstem Saisonsieg, Scheldeprijs mit Zeeland-Schleife

(rsn) - Dylan Page hat einen Traumeinstand bei seinem neuen Team Sapura Cycling gefeiert. Der Schweizer gewann zum Auftakt der Tour of Indonesia (2.1) das 127 Kilometer lange Teilstück von Yogyakart

Weitere Radsportnachrichten

15.11.2024Fährt Cavalli künftig für dsm-firmenich – PostNL?

(rsn) - In unserem ständig aktualisierten Transferticker informieren wir Sie regelmäßig über Personalien aus der Welt des Radsports. Ob es sich um Teamwechsel, Vertragsverlängerungen oder Rücktr

15.11.2024Im Schatten von Behrens und Teutenberg voll überzeugt

(rsn) – Auch wenn er in seiner ersten U23-Saison im Schatten seiner Teamkollegen Niklas Behrens und Tim-Torn Teutenberg stand, die beide den Sprung zu den Profis schafften, kann Louis Leidert (Lidl

15.11.2024Die Radsport-News-Jahresrangliste 2024

(rsn) - Auch diesmal starten wir am 1. November mit unserer Jahresrangliste. Wir haben alle UCI-Rennen der vergangenen zwölf Monate (1. November 2023 bis 31. Oktober 2024) ausgewertet - nach unserem

14.11.2024Bardet: “Sinnlos, an ethischen Radsport zu glauben“

(rsn) - Es war ein durchaus ungewöhnlicher Zeitpunkt, als Romain Bardet im Sommer, kurz vor der Tour de France, sein Karriereende ankündigte. Mindestens genauso ungewöhnlich ist das Rennen, das sei

14.11.2024Rhodos-Prolog-Experte mit Sturzpech im stärksten Rennen

(rsn) – Seine elfte Saison auf KT-Niveau ragt zwar nicht als seine beste heraus, dennoch zeigte Lukas Meiler (Team Vorarlberg) auch 2024, was er drauf hat. Seine beste Platzierung gelang ihm dabei

14.11.2024Schädlich übernimmt die deutschen Ausdauer-Spezialisten

(rsn) – Der Bund Deutscher Radfahrer hat einen neuen Nationaltrainer auf der Bahn für den Bereich Ausdauer. Lucas Schädlich, der seit 2019 die deutschen Juniorinnen unter seinen Fittichen hatte, Ã

14.11.2024Im Überblick: Die Transfers der Männer-Profiteams für 2025

(rsn) – Nachdem zahlreiche Transfergerüchte seit Monaten in der Radsportwelt zirkulieren, dürfen die Profimannschaften seit dem 1. August ihre Zu- und Abgänge offiziell bekanntgeben. Radsport

14.11.2024Schär wird Schweizer Nationaltrainer

(rsn) – Marc Hirschi, Stefan Küng und Co. haben einen neuen Nationaltrainer. Michael Schär wird mit Jahresbeginn 2025 die Verantwortung für die Schweizer Männer in den Bereichen Elite und U23 ü

14.11.2024Lotto Kern - Haus wird Development-Team von Ineos Grenadiers

(rsn) – In den vergangenen beiden Jahren war das deutsche Kontinental-Team Lotto Kern - Haus PSD Bank sogenannter Development-Partner von Red Bull – Bora – hansgrohe. Ab der kommenden Saison wi

14.11.2024Meisen kündigt baldiges Karriereende an

(rsn) – “Spätestens im Januar ist Schluss“, kündigte Marcel Meisen (Stevens) gegenüber RSN an. Der 35-Jährige ist in seine letzte Cross-Saison gestartet und will diese nicht mehr ganz zu End

14.11.2024Traumszenario mit kurzem Anfangsschock

(rsn) – Unverhofft kommt oft – dieser Spruch traf in dieser Saison auch auf Meo Amann zu. Mit dem Elite-Team Embrace The World in die Saison gestartet, bewarb er sich im Sommer auf einen Platz bei

13.11.2024Auch ein kurioser erster UCI-Sieg reichte nicht zum Profivertrag

(rsn) – Auch wenn er in dieser Saison seinen ersten UCI-Sieg einfahren konnte, so gelang Roman Duckert (Storck – Metropol) am Ende seiner U23-Zeit nicht der Sprung in ein Profiteam. Deshalb wird e

RADRENNEN HEUTE
  • Keine Termine