Interview mit Jan Dieteren

“Ich habe das Feld zu oft von hinten gesehen“

Von Christoph Adamietz

Foto zu dem Text "“Ich habe das Feld zu oft von hinten gesehen“"
Jan Dieteren (Leopard) | Foto: Kristof Ramon

02.11.2017  |  (rsn) - Anfang 2016 wurde bei Jan Dieteren (Leopard) Hodenkrebs diagnostiziert. Mittlerweile hat der Bensheimer die Krankheit überwunden und sitzt wieder im Rennsattel. Im Interview mit radsport-news.com spricht der 24-Jährige über seinen steinigen Weg zurück zum alten Leistungsniveau, seine Teamsuche für 2018 und seine langfristigen Ziele.

Nach Ihrer Erkrankung liegt ein langer und steiniger Weg hinter Ihnen. Bei wie viel Prozent Ihres ursprünglichen Leistungsvermögens liegen Sie wieder?
Jan Dieteren: Ja, ganz einfach war der Weg nicht, das ist richtig. In Prozent ist es schwer auszudrücken, weil ich schwer sagen kann, was wirklich in den Spitzen fehlt. Aber vom Grundlagen-Niveau war ich gegen Ende der Saison schon wirklich wieder gut und auch die Schwelle hat sich sehr deutlich zu Saisonbeginn gesteigert. Nur in den wettkampfspezifischen Bereichen fehlt noch einiges.

Wie schwer war es, in den ersten Rennen die viele DNFs und hintere Platzierungen wegzustecken?
Jan Dieteren: Das erste Rennen in Schönaich war schon schwer, als ich zur Hälfte aufgeben musste. Oder bei der DM in Chemnitz, als ich nur eine Runde im Feld mithalten konnte. Allerdings konnte ich von Rennen zu Rennen Verbesserungen in den Wattwerten erkennen und habe versucht, mich damit zu motivieren anstatt mich mit Ergebnissen und DNF's zu beschäftigen. 

Wie ist Ihre Gemütslage? Verfluchen Sie die Erkrankung, weil sie wohl die Profikarriere gekostet hat, oder sind Sie einfach nur glücklich, den Krebs besiegt zu haben?
Dieteren: Naja, verfluchen bringt ja nichts. Natürlich ist es schwer, wenn man seine früheren Mannschaftskollegen und Konkurrenten sieht, wie sie im Profibereich Fuß fassen und wo man ohne Erkrankung womöglich auch hätte sein können. Aber ich habe mir nichts vorzuwerfen, es ist einfach Schicksal, dass es mich erwischt hat. Es ist einfach unglücklich gewesen. Aber ich kann es eh nicht mehr ändern und versuche, möglichst auf mein altes Niveau zurück zu kommen. Und dann wird man sehen, ob das klappt und wohin das führt.

Ihr aktueller Arbeitgeber Team Leopard hatte Ihnen für 2017 die Möglichkeit zum Comeback gegeben, sich nun aber dagegen entschieden, Ihnen einen neuen Vertrag für 2018 zu geben. Wie bewerten Sie das?
Dieteren: Ich bin auf alle Fälle sehr dankbar über die Unterstützung, die ich die letzten zwei Jahre von Leopard bekommen habe. Ich habe mich immer sehr wohl gefühlt und wurde gut unterstützt. Ich konnte die Rennen immer ohne Druck fahren und habe über das ganze Jahr die Möglichkeit bekommen, immer wieder UCI-Rennen zu fahren, um mich weiter zu entwickeln. Es liegt an der Dynamik des Sports, dass Fahrer, die keine Leistung zeigen, auch nicht weiter verpflichtet werden. Nur muss ich auch sagen, dass es einfach nicht fair war, mir das telefonisch Mitte Oktober im Urlaub mitzuteilen. Wenn ich zwei Monate früher zumindest informiert worden wäre, dass es nicht so läuft, wie sie sich das vorstellen und dass ich mich nach Alternativen umsehen sollte, dann wären meine Chancen noch deutlich besser gewesen als jetzt, wo 95 Prozent der Teams ihre Kaderplanungen für 2018 schon beendet haben.

Sie haben sich nach dem Entschluss von Leopard noch sehr skeptisch gezeigt, ob Sie noch bei einem anderem Team unterkommen können. Wie sieht es jetzt aus?
Dieteren: Der Zeitpunkt war so unheimlich spät, dass meine Position einfach extrem schlecht war. Ich habe aber von allen Seiten wirklich gute Unterstützung bei der Teamsuche erhalten, stehe in guten Gesprächen und hoffe, den Namen meines neuen Teams bald verkünden zu können.

Wie sieht Ihr nächster Schritt für 2018 aus - welche Ziele haben Sie sich gesetzt?
Dieteren: Ich möchte weiter näher an mein altes Niveau herankommen. Mein erstes Ziel wird die Cross-DM in meiner Heimatstadt Bensheim sein, und ich hoffe, durch die Crossrennen schnellere Fortschritte im Training zu machen.

Gibt es jemanden, der Ihnen die Trainingspläne schreibt, was galt und gilt es dabei zu beachten?
Dieteren: Ja, ich arbeite schon seit Jugendzeiten mit meinem Heimtrainer Henning Jaecks zusammen und das Radlabor Frankfurt ermöglicht mir regelmäßig, meinen Leistungsstand zu überprüfen. So konnten wir gut die Trainingsfortschritte feststellen. Es gibt drei große Baustellen: Grundlage, Schwellenleistung und Spitzenbereiche, und die darf weder vernachlässigen noch zu viel dabei machen. Es gibt einfach keine Erfahrungswerte, von daher gilt es vor allem auf das Körpergefühl zu achten und möglichst flexibel das Training anzupassen.

Müssen Sie sich selbst im Training manchmal bremsen, weil der Ehrgeiz zu groß ist?
Dieteren: Mittlerweile habe ich ein gutes Grundniveau erreicht, so dass ich eigentlich mit jeder Trainingsgruppe auch normal mit trainieren kann. Allerdings habe ich im letzten Winter schon viel über meinen Bereichen trainiert, weil ich einfach mit einer Gruppe fahren wollte.

Fahren Sie nach der Krankheit Rad, weil es Ihnen einfach Spaß macht oder glauben Sie noch immer daran, es noch in die WorldTour zu schaffen?
Dieteren: Ich habe zum einen die Motivation, auf mein altes Level zurück zu kommen, und es macht mir einfach, Spaß Rennen zu fahren. Realistisch gesehen, wird es sehr schwer in der WorldTour oder selbst im ProContinental-Bereich noch einen Vertrag zu bekommen, aber das lasse ich auf mich zu kommen. Ich will einfach an mir arbeiten und möglichst wieder auf meinem alten Niveau Rennen fahren. Ich habe das Feld jetzt zu oft von hinten gesehen und möchte definitiv wieder aktiv in die Rennen eingreifen.

 

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