Kolumbianer greift nach Gelb

Uran: Tour-Favorit "unter dem Radar"

Foto zu dem Text "Uran: Tour-Favorit
Rigoberto Uran (Cannondale-Drapac) auf der gestrigen 15. Tour-Etappe | Foto: Cor Vos

17.07.2017  |  (rsn) - Chris Froome (Sky), Fabio Aru (Astana) und Romain Bardet (Ag2R) sind in aller Munde. Die drei bestplatzierten Fahrer der 104. Tour de France sind im Gesamtklassement durch ganze 23 Sekunden getrennt. Titelverteidiger Froome ist als Spitzenreiter erster Kandidat auf den Gesamtsieg - es wäre sein vierter insgesamt und der dritte in Folge.

Aru war zwei Tage lang im Besitz des Gelben Trikots und unterbrach damit als einziger die Dominanz des Sky-Teams, das vom Grand Départ in Düsseldorf an das maillot jaune in seinen Reihen hatte: Vier Tage lang trug es der mittlerweile ausgeschiedene Geraint Thomas, ehe nach der 5. Etappe Kapitän Froome übernahm.

Bardet ist die große Hoffnung der Franzosen, die auf den ersten Tour-Sieg eines heimischen Fahrers seit 1985 (Bernard Hinault) hoffen. Der Trubel um den 26-jährigen Kapitän der Ag2R-Kapitän nimmt kaum erwartete Dimensionen an und steht in krassem Gegensatz zur Aufmerksamkeit, die einem Fahrer zuteil wird, der gerade mal drei Sekunden hinter Bardet auf Rang vier des Gesamtklassements liegt.

Dabei wurde Rigoberto Uran (Cannondale-Drapac) von Froome am heutigen zweiten Ruhetag bereits als „Geheimfavorit“ bezeichnet. Und auch der Brite war sich darüber bewusst, dass offensichtlich niemand den 30 Jahre alten Kolumbianer so richtig auf der Rechnung zu haben scheint. „Rigoberto Uran ist eher der, der etwas unter dem Radar fährt“, befand der Sky-Kapitän, der den Olympiazweiten von London 2012 allerdings durchaus als aussichtsreichen Konkurrenten einschätzt. „Er ist vielleicht der stärkste Zeitfahrer dieser Gruppe von GrandTour-Fahrern“, sagte Froome mit Blick auf die besten Fünf der Gesamtwertung. „Und wenn man Marseille (das Zeitfahren am vorletzten Tag) im Hinterkopf hat, ist er ebenfalls eine große Gefahr.“

Möglicherweise rührt die Unterschätzung von Uran daher, dass der bei seinen bisherigen drei Teilnahmen an der Frankreich-Rundfahrt (2009, 2011, 2015) nie unter den besten 20 landete. Bei seiner bisher letzten Tour - damals noch im Trikot von Quick-Step - kam er nicht über einen enttäuschenden 42. Platz hinaus. Zum Saisonende verließ Uran den belgischen Rennstall und wechselte zum Team von Manager Jonathan Vaughters, bei dem er wieder aufzublühen scheint.

Im vergangenen Herbst holte er bei den italienischen Klassikern Giro dell’Emilia, Mailand-Turin und Il Lombardia jeweils dritte Plätze, im Mai hatte er die Italien-Rundfahrt bereits auf Rang sieben beendet. Überhaupt lag der Giro dem Allrounder bisher weitaus besser als die Tour, bei bisher sechs Starts landete Uran fünf Mal unter in den Top 15, 2013 und 2014 wurde er sogar jeweils Zweiter des Schlussklassements. Vielleicht auch deshalb fuhr er bei dieser Tour „unter dem Radar“ - selbst nach seinem Etappensieg von Chambéry, mit dem er sich vom elften auf den vierten Rang verbesserte.

Damit will sich der Cannondale-Kapitän aber nicht begnügen. „Ich fühle mich gut und das Team ist sehr stark. Ich will mich weiter verbessern, da ich nahe dran bin am Podium und nur 29 Sekunden hinter dem Gelben Trikot. Das ist nicht viel…“, sagte Uran am zweiten Ruhetag im Teamhotel in Le Puy-en-Velay, an dem er großes Selbstvertrauen ausstrahlte. „Man kann ziemlich entspannt sein, wenn man sich gut fühlt und mit den Besten mitfährt in den Bergen“, erklärte der Kolumbianer und betonte: „Ich bin in einer sehr guten Verfassung.“

Auch vor den an Mittwoch anstehenden Alpenetappen hat Uran zwar Respekt, aber keine Angst. „Alles ist möglich. Das Wichtigste ist, dass ich mich gut fühle und das ich in einem guten Team fahre“, sagte er und deutete damit ein Erfolgsgeheimnis an - nämlich eine Mannschaft, die zwar nicht so stark besetzt ist wie Sky oder Ag2R, aber deutlich homogener wirkt als die Teams von Aru und Daniel Martin (Quick-Step Floors), dem Gesamtfünften.

Dennoch machte Urans Sportdirektor Andreas Klier einen deutlichen Nachteil gegenüber den besten Mannschaften aus und gab sich deshalb vergangene Woche gegenüber radsport-news.com noch skeptisch, was die Chancen seines Kapitäns anbelangte: "Wir sind als Team nicht so breit aufgestellt wie andere Mannschaften. Das macht mich für die Zukunft weniger optimistisch. Andere Teams sind einfach stärker“, erklärte der ehemalige T-Mobile-Profi da.

Doch auch in der zweiten Tour-Woche zeigte Uran keine Schwäche und verkürzte seinen Rückstand gegenüber Rang 1 sogar auf 29 Sekunden - und das, obwohl sein wohl wichtigster Berghelfer Pierre Rolland krank wurde und sich deshalb jeden Tag im Feld verstecken musste. Doch Uran kommt bei dieser Tour auch ohne Helfer blendend über die Runden, wie er zuletzt am Sonntag bewies, als er in der Froome-Gruppe das Ziel erreichte. Und deshalb sagte er am Montag mit breiter Brust: „Alles kann passieren. Ich glaube, das wichtigste ist meine Verfassung.“ Und an der herrschen derzeit keinerlei Zweifel.

Mehr Informationen zu diesem Thema

20.07.2020Video-Rückblick: Matthews erobert das Grüne Trikot der Tour 2017

(rsn) - Als Michael Matthews (Sunweb) 2017 erstmals in seiner Karriere das Grüne Trikot der Tour de France eroberte, beendete er eine glanzvolle Frankreich-Rundfahrt, in deren Verlauf er auch zwei Et

01.07.2020Video-Rückblick: Valverdes Tour-Sturz von Düsseldorf

(rsn) - Vor genau drei Jahren stürzte Alejandro Valverde (Movistar) beim Auftakt der Tour de France in Düsseldorf im Zeitfahren auf regennasser Straße so schwer, dass dem Spanier sogar das Karriere

30.10.2019Düsseldorf muss Tour de France-Vertrag offenlegen

(rsn) - Die Stadt Düsseldorf muss den Vertrag, der zwischen der Landeshauptstadt Nordrhein-Westfalens und der französischen Amaury Sport Organisation im Zuge es Tour de France-Starts 2017 geschloss

06.12.2017Fall Sagan: Dimension Data kritisiert Vorgehensweise der UCI

(rsn) - Mark Cavendishs Dimension Data-Team fühlt sich bei der Entscheidungsfindung im Fall Sagan übergangen. Wie Manager Douglas Ryder in einer Pressemitteilung erklärte, sei man davon ausgegangen

05.12.2017Sagans Tour-Ausschluss beruhte auf einem Fehlurteil

(rsn) - Peter Sagans Disqualifikation nach der 4. Etappe der Tour de France war nicht Folge eines Fehlverhaltens des Weltmeisters, der in einem hart umkämpften Sprint in Vittel den Sturz seines Konku

13.11.2017Sagans Tour-Disqualifikation wird vor dem CAS verhandelt

(rsn) - Peter Sagans umstrittene Disqualifikation nach der 4. Etappe der Tour de France wird am 5. Dezember vor dem Internationalen Sportgerichtshof CAS verhandelt. Das geht aus CAS-Terminkalender her

06.09.2017Düsseldorf macht mit Grand Depart 7,8 Millionen Euro Verlust

Düsseldorf (dpa) - Die Stadt Düsseldorf hat mit dem Start der Tour de France 2017 einen Verlust von 7,8 Millionen Euro gemacht. Diese Zahl nannte Oberbürgermeister Thomas Geisel (SPD) bei de

28.07.2017Denk: "Das Material gibt es ja, man muss es nur verwenden"

(rsn) - Ralph Denk hat mit Verwunderung auf die Forderung von Philippe Mariën, Chef der Jury der Tour de France, reagiert, künftig bei Radrennen auf den Video-Beweis zu setzen. Hintergrund ist der A

28.07.2017Barguil fährt lieber ohne Powermeter

(rsn) – Auch in diesem Jahr brodelt nach der Tour de France in Sachen Teamwechsel die Gerüchteküche, vor allem bei denjenigen Fahrern, deren Verträge auslaufen. Letzeres gilt zwar nicht für Warr

28.07.2017Martens: "Roglic und Groenewegen können Weltstars werden"

(rsn) - Paul Martens (LottoNL-Jumbo) hatte bei seiner dritten Tour de France allen Grund zum Jubeln. Sein Team kehrte mit zwei Etappensiegen durch Primoz Roglic und Dylan Groenewegen aus Frankreich zu

28.07.2017Jury-Chef der Tour fordert Video-Beweis für Sprints

(rsn) - Philippe Mariën, Chef der Jury der Tour de France, die Peter Sagan nach der 4. Etappe in einer heftig kritisierten Entscheidung wegen dessen vermeintlichem Ellbogencheck gegen Mark Cavendish

28.07.2017Dan Martin fuhr die Tour mit zwei gebrochenen Wirbeln zu Ende

(rsn) - Daniel Martin (Quick-Step Floors) hat sich bei seinem Sturz auf der 9. Etappe der Tour de France zwei Wirbel gebrochen. Die Verletzung allerdings wurde erst in dieser Woche bei einer Computert

Weitere Radsportnachrichten

10.10.2025Radsport live im TV und im Ticker: Die Rennen des Tages

(rsn) – Welche Radrennen finden heute statt? Wo und wann kann man sie live im Fernsehen oder Stream verfolgen? Und wo geht´s zum Live-Ticker? In unserer Tagesvorschau informieren wir über die w

10.10.2025Wer schlägt die niederländische Gravel-Übermacht?

(rsn) – Am 11. und 12. Oktober finden in der niederländischen Provinz Limburg die Gravel-Weltmeisterschaften 2025 statt. Den Anfang machen die Damen, für die es am Samstag im Elite-Rennen um Gold

10.10.2025Belgische Behörde stoppt Testlauf für Übersetzungsbeschränkung

(rsn) - Die kommende Tour of Guangxi hätte eigentlich als Testlauf für die von der UCI geplante Übersetzungsbeschränkung dienen sollen. Um die Geschwindigkeit der Rennen zu reduzieren und damit di

10.10.2025Die Aufgebote für das 119. Il Lombardia

(rsn) – Zum 119. Mal steht Il Lombardia im Rennkalender. Das der fünf Monumente des Radsports führt diesmal über 241 Kilometer von Como nach Bergamo, wobei die Strecke fast identisch mit der von

10.10.2025Transfer-Großkampftag mit Planckaert-Rückzieher

(rsn) - In unserem ständig aktualisierten Transferticker informieren wir Sie regelmäßig über Personalien aus der Welt des Radsports. Ob es sich um Teamwechsel, Vertragsverlängerungen oder Rücktr

10.10.2025Viviani nimmt gleich zweimal Abschied

(rsn) – Nach Alexander Kristoff (Uno-X Mobility) und Arnaud Démare (Arkea – B&B Hotels) nimmt auch ein dritter Topsprinter früherer Jahre Abschied: Elia Viviani. Der Lotto-Profi sagt sogar gleic

10.10.2025“Es ist soweit“ für Démare

(rsn) – Mit einem Posting auf Instagram kündete Arnaud Démare (Arkea – B&B Hotels) sein Karriereende nach Paris–Tours (1.Pro), das er 2022 noch gewann, an. “Es ist soweit“, schrieb der 34-

10.10.2025Gee: “Stehe vor einer Schadensersatzklage von über 30 Millionen Euro“

(rsn) – Ende August bestätigte Derek Gee, dass er seinen Vertrag bei Israel – Premier Tech mit sofortiger Wirkung gekündigt habe. Das Team gab seinerseits bekannt, dass die Kündigung eingegange

10.10.2025Es kann nur einen geben

(rsn) – Am Samstag wird die 119. Ausgabe von Il Lombardia (1.UWT) ausgetragen und es macht wenig Sinn, künstlich Spannung aufbauen zu wollen. Nach den Eindrücken der vergangenen Wochen von der WM

09.10.2025Israel - Premier Tech auch nicht am Start von Il Lombardia

(rsn) – Israel - Premier Tech wird auch nicht am Samstag bei Il Lombardia (2.UWT) starten. Wie die Organisatoren des letzten Monuments der Saison mitteilten, sei die Entscheidung “im gegenseitigen

09.10.2025Hirschi: “Das Maximum, das ich heute leisten konnte“

(rsn) – Kein Zweifel: Die italienischen Herbstklassiker sind in diesem Jahr das Metier von Isaac Del Toro (UAE – Team – Emirates – XRG). Der Giro-Zweite sicherte sich mit einem 20-Kilometer-So

09.10.2025Del Toro im Pogacar-Stil zum 15. Saisonsieg

(rsn) – Isaac Del Toro (UAE – Team – Emirates – XRG) hat bei der 109. Ausgabe von Gran Piemonte (1.Pro) seinen 15. Saisonsieg eingefahren. Der 21-jährige Mexikaner setzte sich über 179 Kilom

RADRENNEN HEUTE
  • Keine Termine