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05.07.2017 | (rsn) - Um 23:07 Uhr war die Odyssee des Mark Cavendish (Dimension Data) mit trauriger Gewissheit beendet: Der Brite von der Isle of Man erreichte knapp sechs Stunden nach Ende der 4. Tour-Etappe in Vittel endlich das Teamhotel von Dimension Data und hatte seinen rechten Arm in eine schwarze Schlinge gelegt. Langsam stieg er die Treppe in die Lobby hinauf.
"Geht es Dir besser?", fragte radsport-news.com den 30-fachen Tour-Etappensieger. Cavendish lächelte freundlich und zuckte mit der nicht verbundenen rechten Achsel. "Aber keine schlechteren Neuigkeiten als vorhin?" Cavendish antwortete gewohnt leise, ging dem Gespräch aber nicht mit grimmigem Blick aus dem Weg, wie er es sonst tut, wenn es im Rennen schlecht gelaufen ist oder er sich angegriffen fühlt. Er wirkte diesmal einfach nur bedrückt, enttäuscht und seelisch genau wie körperlich verletzt.
"Ich möchte nicht viel dazu sagen. Aber in ein paar Minuten bekommst Du unsere Pressemitteilung", erklärte er, bevor er sich für den Team-Fotograf kurz vor eine Wand stellte und jenes Foto schießen ließ, das 15 Minuten später von Pressesprecher Damien Murphy um die Welt geschickt werden sollte. Mit dem Verweis auf die bald veröffentlichte Pressemitteilung war genug gesagt: Die Tour ist vorbei für den 'Manxman'. "Okay, verstanden. Eine bestmögliche Nacht und komm bald zurück", wünschten wir ihm. "Danke, das ist sehr nett", antwortete Cavendish, nickte und ging zum Aufzug.
Kurz darauf erschien auch Pressesprecher Murphy in der Lobby und gab alle nötigen Auskünfte. Auch wenn die Röntgenaufnahmen unmittelbar nach dem Rennen in Vittel keine Brüche zeigten, war Cavendish zu weiteren Untersuchungen ins Krankenhaus von Nancy gebracht worden. Dort unterzog er sich einer Magnetresonanztomographie (MRT) und einer Computertomographie (CT), wobei letztere schließlich den Bruch des rechten Schulterblatts offenbarte. "Er muss nicht operiert werden, aber er kann eben auch nicht weiterfahren", erklärte Murphy radsport-news.com in aller Ruhe, da keine anderen Medienvertreter mehr auf Cavendishs Rückker gewartet hatten.
In seiner Pressemitteilung zitierte Murphy den britischen Sprinter dann wie folgt: "Ich bin natürlich massiv enttäuscht, von der Fraktur zu erfahren. Das Team war heute unglaublich. Sie haben perfekt umgesetzt, was wir heute Morgen besprochen hatten. Ich glaube ich war in einer guten Position, um zu gewinnen - und das dann zu verlieren und dann auch noch die Tour verlassen zu müssen, ein Rennen um das herum ich meine ganze Karriere aufgebaut habe, ist wirklich traurig."
Besonders tragisch ist Cavendishs Aus, weil beim Brite im April Pfeiffersches Drüsenfieber diagnostiziert worden war und er bis Ende Juni ausfiel. Gerade rechtzeitig zur Tour wurde er wieder fit, konnte in Düsseldorf starten und schien in den Sprints sogar konkurrenzfähig zu sein - auch wenn zur absoluten Top-Form des Vorjahres, als er in Frankreich vier Etappen gewann, selbstverständlich noch einiges fehlte.
Schon am frühen Abend, als er im medizinischen Truck der Tour de France geröntgt wurde und zunächst kein Bruch festgestellt werden konnte, war Cavendish ob einer Fortsetzung des Rennens nicht besonders optimistisch. "Wenn sich im Krankenhaus nichts zeigt, werde ich es versuchen. Aber von den Schmerzen her - ich habe mir meine Schultern ja schon zwei Mal kaputt gemacht und ich habe jetzt mehr Schmerzen als damals. Das macht mich nicht allzu optimistisch", hatte er da gesagt, und an den schweren Sturz in Harrogate erinnert, als er 2014 beim Heimstart der Frankreich-Rundfahrt in England ebenfalls im Massensprint zu Boden ging und ebenfalls wegen einer verletzten rechten Schulter aufgeben musste.
Nun hat es also wieder die Harrogate-Schulter erwischt, und diesmal sogar noch schwerer als vor drei Jahren. Schuld ist ein Hochgeschwindigkeitssturz, für den die Jury Peter Sagan (Bora-hansgrohe) und dessen fragwürdige Ellbogenbewegung verantwortlich gemacht und den Slowaken vom weiteren Rennen ausgeschlossen hat. Der Weltmeister war direkt nach dem Rennen zu Cavendish an den Mannschaftsbus gekommen. "Ich war beeindruckt, dass er direkt nach dem Ziel zu mir kam, um nach mir zu schauen. Wir haben ein gutes Verhältnis", versicherte Cavendish bereits am Nachmittag.
Dass Sagan im Sprint nach rechts gezogen und Cavendish die Tür vor der Nase zugehauen hatte, nahm ihm der Brite auch gar nicht übel. "Seine Bewegung nach rechts, da würde ich nichts sagen. Das ist Rennfahren", erklärte der Brite. "Aber ich bin etwas verwirrt, wegen des Ellbogens. Darüber möchte ich mit ihm reden. Was die Disqualifikation angeht, das ist Sache der Jury. Ich möchte einfach nur mit ihm reden. Ich bin nicht sauer, nur eben verwirrt, was das mit dem Ellbogen war."
Cavendish und Sagan - nun sind zwei der charismatischsten Charaktere des Pelotons beide raus aus der Tour. Zeit, um über den Vorfall zu sprechen, haben sie in den kommenden Tagen und Wochen also leider genug.
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