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31.12.2024 | (rsn) - Nils Politt kann auf eine erfolgreiche erste Saison beim UAE Team Emirates zurückblicken, es war vielleicht sogar die beste in seiner gesamten Karriere. Der Allrounder wurde Zweiter beim Omloop Het Nieuwsblad, Dritter der Flandern-Rundfahrt und belegte Platz vier bei Paris - Roubaix. Außerdem brillierte der Hürther bei der Tour de France, führte dort etwa den UAE-Bergzug über den kompletten Tourmalet und bereitete so Pogacars ersten Tagessieg im Gelben Trikot vor.
“Ich fühle mich super wohl hier im Team. Auch die Mentalität ist super“, sagte ein strahlender Politt in Benidorm im Trainingslager seines Teams, das in Zukunft UAE Emirates XRG heißen wird, dann auch zu RSN. Für seine Freude gibt es einige Gründe. “Vieles ist ein Stück einfacher, wenn man im erfolgreichsten Team der Welt fährt. Und umso früher die Erfolge in der Saison kommen, umso einfacher ist es für die Fahrer natürlich auch, umso lockerer werden sie und umso lockerer ist das Management“, blickte der 30-Jährige auf die Kettenreaktion der Endorphine am Saisonanfang zurück und betonte noch einmal: “Alle sind glücklich. Und wenn man dann weiter von Sieg zu Sieg fährt, macht das Ganze natürlich extrem viel Spaß.“
___STEADY_PAYWALL___Schon zum Saisonauftakt bei der Mallorca Challenge lief es rund. Bei den belgischen Klassikern setzte sich das fort. Der Höhepunkt, sowohl in Sachen Performance als auch das Resultat betreffend, war natürlich die Flandern-Rundfahrt. “Ich denke, ich bin auch in Roubaix ein gutes und offensives Rennen gefahren. Aber Flandern, dort auf dem Podium zu stehen, das war einfach sehr schön. Ich glaube, da war jeder so angeknockt von dem harten Tag und jeder hat für jeden Tritt extrem viel aus seinem Körper rausgeholt“, erinnerte er sich.
Aus einem erfolgreichen Frühjahr ragte Platz drei bei der Flandern-Rundfahrt heraus: Nils Politt (UAE Team Emirates, re.) auf dem Podium neben Luca Mozzato (Arkéa – B&B Hotels, li.) und Mathieu van der Poel (Alpecin – Deceuninck). | Foto: Cor Vos
Politt verpasste im Sprint um Platz zwei hinter dem überlegenen Sieger Mathieu van der Poel (Alpecin – Deceuninck) zunächst das Podium, rutschte aber aufgrund der Disqualifikation von Michael Matthews (Jayco – AlUla) noch auf Platz drei vor. Allerdings hatte Matthews ihn auch abgedrängt, und Politt damit die Aussicht auf Platz zwei, der aufgrund seiner Positionierung im Sprint möglich gewesen wäre, zunichte gemacht. Wie auch immer, in Politts Palmares steht nun das Ronde-Podium.
Plagt sich Politt jetzt sogar mit dem Gedanken, wie man an Flandern- und Roubaix-Sieger van der Poel vorbeikommen kann? “Boah. Gute Frage. Ich weiß es nicht“, sagte er - und konterte mit der Gegenfrage: “Mathieu wird sich vielleicht fragen: ‘Wie kann man an Tadej vorbeikommen?‘“ Genau, Politts Teamkollege Tadej Pogacar will in der nächsten Saison ja auch wieder ein größeres Wörtchen bei den Klassikermonumenten mitsprechen.
Dass der Weltmeister, wenn er bei den Klassikern an den Start geht, als Kapitän bei UAE gesetzt ist, ist für Politt nicht nur selbstverständlich. “Es muss nicht mal ein Nachteil sein“, sagte er. Zum einen fahre er selber dann noch fokussierter und konzentrierter für seinen Kapitän. Zum anderen erhielte er durch dessen Attacken auch wieder Zeit zum Durchschnaufen, weil eben die Konkurrenz reagieren müsse. “Ich weiß selber, dass der Flandern-Sieg für mich extrem schwer zu erreichen ist, gerade wenn Mathieu oder Wout van Aert noch mit am Start stehen. Von daher ist es für uns alle, die quasi dahinter fahren, klar, dass wir unsere Aufgaben supergut erledigen müssen. Wie man Tadej kennt, macht er gerne mal seine eigenen Sachen. Und das ist dann auch für uns eine kleine Entlastung“, fasste Politt die Lage aus seiner Sicht zusammen.
Besonders gut verstand sich UEA-Neuzugang Politt (Mi.) mit dem Belgier Tim Wellens (li.) – hier bei der Tour de France. | Foto: Cor Vos
Überhaupt sieht er die Leistungsdichte im Team und die große Anzahl potenzieller Kapitäne für jedes Rennen als unbedingten Vorteil an. “Das ist der größte Luxus, dass wir so viele starke und gute Fahrer haben. Ich merke auch, dass es für mich persönlich einfach besser ist, wenn der Druck nicht auf mir alleine lastet, sondern auf das Team verteilt ist. Dann ist bei mir der Kopf ein bisschen freier“, erzählte er und stellte vor allem die harmonische und produktive Zusammenarbeit mit Tim Wellens bei den Klassikern heraus.
Der Belgier bereitete erst Politts zweiten Platz beim Omloop Het Nieuwsblad mit vor. Tags darauf revanchierte sich Politt und Wellens wurde seinerseits Zweiter bei Kuurne-Brüssel-Kuurne. Bei der E3 Saxo Classic kamen beide gemeinsam in die Top 10, beim Pfeil von Brabant war Wellens dann Dritter. Die kleine UAE-Klassiker-Doppelspitze - in Abwesenheit der großen Harpune Pogacar - funktioniert also.
Die nächste Saison geht wieder mit der Mallorca Challenge los. “Danach kommen die Algarve-Rundfahrt und das Openingsweekend, dann Paris - Nizza. Über San Remo geht es zu den Klassikern und dann über Eschborn - Frankfurt Richtung Tour“, skizzierte Politt die erste Saisonhälfte.
Bei der Tour baut das Team natürlich wieder auf den “Tourmalet-Politt“. Das war in der abgelaufenen Saison die wohl überraschendste Performance, wie der Deutsche Zeitfahrmeister das gesamte Peloton nicht nur über den mythischen Pyrenäengipfel zog, sondern sogar noch Körner genug hatte, in den nächsten Anstieg von vorn mit reinzufahren.
Damals erlöste Politt übrigens seinen Klassikerkumpel Wellens. “Es war an dem Tag natürlich nicht geplant, dass ich einen kompletten Tourmalet von vorne fahre. Von daher musste man für Tim, der keinen guten Tag hatte, ein bisschen in die Bresche springen“, erinnerte sich Politt an die legendäre Situation und betonte: “Wir verstehen uns im Team perfekt und wissen genau, wenn einer einen schlechten Tag hat, dann übernimmt der andere eine bisschen mehr.“
Bei der Tour de France imponierte Politt (re.) als Helfer von Tadej Pogacar (in Gelb) sogar in den Bergen. | Foto: Cor Vos
Aus dem Teamfahrzeug kam dann auch noch die Anweisung, dass Politt nur sein Tempo fahren und bloß nicht vorzeitig explodieren solle. Wie gesagt, er zog das durch und blieb als Lokomotive sogar weiter vorn. Als Grund dafür nannte er auch das Höhentraining bei UAE sowie der Fokus auf die Ernährung. “Wir haben extrem hart auch mit unserem Ernährungsberater zusammengearbeitet und haben auch im Höhentrainingslager sehr gute Fortschritte gemacht“, erklärte Politt.
Darauf baut er auch in diesem Winter auf. “Mein Trainer und ich suchen immer nach Möglichkeiten, wie ich besser werden kann. Wir werden jetzt nicht viele Sachen verändern, aber zwei, drei Dinge bestimmt nachjustieren“, kündigte Politt an. Für die Klassiker wird der Fokus zunächst auf Spritzigkeit gelegt. “Da machen wir etwas für die Schnellkraft, gerade für die kurzen knackigen Anstiege, diese drei, vier Minuten-Dinger. Für die Tour werden wir das natürlich wieder ändern mit längeren Efforts, mit längeren Intervallen“, fügte er an.
Mit dem spezifischen Training, dem frei gewordenen Kopf und auch dem neuen Aerobike von Ausrüster Colnago, das auch bei den Klassikern Sinn machen könnte, sollte einer weiteren herausragenden Saison – es ist Politts zehnte bei den Profis – nichts entgegenstehen.
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