Sechs Federsattelstützen von 49 bis 159 Euro im rsn-Praxis-Test
Gut gedämpft ist besser gefahren
Von Wolfgang Preß

| Foto: pressBureau.eu
05.06.2018 | Immer mehr Rennrad-Fans sind auf Schotter- und Natur-Pisten mit Gravelbikes unterwegs (siehe dazu auch den großen rsn-test/ mehr dazu unter diesem Link) - allerdings nicht immer besonders komfortabel. Wer gern auf holprigen
Pisten fährt, kann für mehr
Komfort auf eine gefederte
Sattelstütze setzen. Die
lassen
sich
problemlos
in nahezu jedes Rad einbauen, zu
einem vergleichsweise günstigen Preis, und
mit wenig Mehrgewicht steigt der Fahrkomfort
deutlich.
Nicht nur der Komfort steigt: Wer Probleme
mit dem Rücken hat,
so der Rat von
Orthopäden, sollte auf jeden Fall gefedert radfahren. Eine
Federsattelstütze
ist
dabei der
einfachste,
schnellste und preiswerteste Weg zum
rückenfreundlichen Fahrrad. Nach einer Untersuchung
der Sporthochschule Köln können
die gefederten Stützen bis zu 30 Prozent der
Vibrationen dämpfen, die der Rücken sonst
ungefiltert abbekommt.
Heute gibt es zwei unterschiedliche Technologien,
einer Sattelstütze zu Beweglichkeit zu
verhelfen: per Teleskop- oder Parallelogramm-Prinzip.
Am
Markt
stärker
verbreitet,
und
meist
auch
preiswerter
sind Teleskop-Stützen.
Beide Systeme
haben
Vor-
und
Nachteile.
Parallelogramm-Stützen bestehen aus,
wie der
Name vermuten lässt, zwei parallel angeordneten Elementen,
die
sich
mittels
unterschiedlicher Techniken
bewegen
können
–
und
zwar
stets
nach
hinten.
Das
ist
einer
der
großen
Vorteile
der Parallelo-Stützen: sie bewegen sich
in Richtung des zu dämpfenden Stoßes und
sprechen daher besser an. Das sogenannte
Losbrech-Moment, bis die Stütze funktioniert,
ist durch weniger Reibung geringer.
Die eigentlich positive Bewegung nach hinten
ist gleichzeitig der Nachteil der Parallelogramm-Stützen, denn das ist nicht nur gewöhnungsbedürftig.
Orthopäden raten bei
Bandscheiben-Problemen, diese Stützen-Technologie
vorher ausführlich zu testen.
„In der Theorie ist die Belastung für die
Bandscheibe höher, weil der Unterkörper gewissermaßen
nach hinten wegfedert“, sagt
der Münchner Orthopäde Dr. Franz Hunger:
„Aber das sollte man ausprobieren. Eine Viertelstunde
auf einem richtig schlechten Feldweg rauf und runter – da meldet der Körper
dann schon, ob ihm die Stütze gut tut.“
Anders als die eher hoch bauenden Parallelo-Federstützen
funktionieren die schlanken Teleskop-Stützen: Sie bewegen sich in der
Achse des Sattelrohrs. Da die Stöße in diesem
Bereich von hinten kommen, verkanten Stand-
und Tauchrohr, die Reibung ist so größer, und
die Stütze reagiert stets mit einer kleinen Verzögerung,
oder
weniger
sensibel.
Diesen konstruktionsbedingten Nachteil gleichen
die Hersteller von Teleskop-Stützen mit
unterschiedlichen Maßnahmen zur Reibungsminderung
aus: In den einfacheren Modellen
übernehmen das Kunststoffbuchsen mit Führungsrillen, hochwertigere Stützen arbeiten mit
Kugellagern.
Auch hier Vor- und Nachteile:
Kunststoff
verschleißt
schneller,
Kugellager
sind
teurer
und
schwerer. Soviel vorweg: Vielfahrer sollten
eher zu den teureren Stützen mit hochwertigen
Kugellagern greifen; Gelegenheits-Radler können
auch mit den preiswerten Nur-Kunststofflager-Modellen
einigermaßen
glücklich
werden.
Und so hat rsn getestet:
Die sechs Federsattelstützen
– drei Parallelogramm- und drei Teleskop-Stützen (Schulz, Suntour, Procraft, Humpert,
Crane Creek, Airwings)
– wurden nicht im Labor geprüft, sondern
ausführlich auf zwei verschiedenen Rädern Probe
gefahren: einem
sportlichen
Gravel-Bike
(Marin
4Corners)
und
einem
eher
bequemen Trekking-Bike (Radon Urban). Beide
Räder haben eine Starrgabel und einen Alu-Rahmen.
Unsere diversen Testfahrten gingen durch Schlaglöcher,
über Bordsteine, auf dutzendfach
geflickte Asphalt-Pisten, wurzelige Waldwege,
feinen und groben Schotter.
Die finale Testrunde führte dann über die vermutlich
schlechteste Teerstraße
Deutschlands,
in
der
Nähe
des Starnberger Sees
in
Oberbayern:
eine
asphaltierte, 300 Meter lange Feldzufahrt, eher
eine Achterbahn als eine Straße – aber ideal, um
alle Stützen nochmal direkt zu vergleichen.
Das Fazit:
Der Standard der von uns getesteten Stützen ist
erstaunlich hoch, was den Komfort betrifft. Die
Preisunterschiede wirken sich in erster Linie bei
der Qualität aus: Wenigfahrer sind auch mit den
preiswerteren Teleskop-Stützen gut unterwegs,
Alltags-Radler profitieren von den robusten
Parallelogramm-Sattelstützen.
Soviel vorab: Den Testsieg trägt die „Expleto“-Sattelstütze von
Airwings davon – allerdings auch das teuerste Stück im Test.
Preis-Leistungs-Sieger ist eine Parallelogramm-Stütze:
die "SP12"
von Suntour.
Hier können Sie die Test-Ergebnisse lesen (Links):
Weitere Informationen