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Tim Krabbé: »Die vierzehnte Etappe«

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| Foto: Covadonga Verlag

06.12.2016  |  Ja is' scho' wieder Weihnachten? Nein, noch nicht - aber in gut zwei Wochen! Schon eine Idee, was man einem/r passionierten Radsportler/in so schenkt? Warme Radsocken? Eine lange Hose? Nicht schlecht... Wir hätten da noch ein paar Vorschläge mehr:

»Steuerkopfschilder sammeln, Gesamtwertungen aller Zeiten berechnen, zu allen Weltmeisterschaften fahren, nach jeder Fahrt zwei Stunden putzen«  - in einem seiner Essays zählt Tim Krabb é eine Reihe von Möglichkeiten auf, die Passion für Rennräder und Radrennen auszuleben. Der Text endet so: »Schreiben über Radsport ist eine Art, ihn zu besitzen.«

Tim Krabbé und den Radrennsport verbindet
eine Jahrzehnte währende, überaus leidenschaftliche Beziehung: Der Amsterdamer Schriftsteller gilt – längst weit über seine niederländische Heimat hinaus – als der Radsport-Autor. Im Jahr 1978 hat er mit » De Renner« (dt. » Das Rennen« ) eine stark autobiografisch geprägte Novelle über ein Eintagesrennen durch die Cevennen veröffentlicht, die vielen Fans und Kritikern als Klassiker unter den Sport-Romanen gilt.

Nun legt Tim Krabbé mit » Die vierzehnte Etappe« im Covadonga Verlag einen Band vor, der eine Auswahl der schönsten kurzen Texte versammelt, die er in den vergangenen knapp 35 Jahren über den Radsport geschrieben hat. Der Tour de France und Paris–Roubaix, Coppi, Merckx und Armstrong widmet sich Tim Krabbé ebenso in seinen Geschichten und Kolumnen, mit denen er die Mysterien und die Magie des Radsports ergründet, wie seinem eigenen Rennfahrerleben, das aus mehr als tausend Starts bei Amateur-Rennen besteht.

Ob es um die Angst vor dem Hungerast
und vor Massenstürzen geht, um die Sekundenbruchteile, in denen sich Sprints entscheiden, um das Ringen mit dem Mont Ventoux und die eigene Bestzeit von einst, oder um einen Nachruf auf einen früheren Trainingskollegen, den Weltmeister Gerrie Knetemann: Stets verblüfft Krabbé mit einem ganz eigenen, unverwechselbaren Blick auf den Radsport, der von einer intimen Kenntnis des Metiers kündet.

Tim Krabbé versteht es wie kaum ein anderer Autor, sich in Radsportler hineinzuversetzen, ihnen buchstäblich in den Kopf zu kriechen – seien es Profis oder ambitionierte Hobbyfahrer. »Krabbé besitzt Humor und eine unvergleichliche Fähigkeit, dieses Gefühl, das der Radrennsport bei so vielen M nschen hervorruft, zu Papier zu bringen«, so eine Rezensentin im Kultur-Magazins "8-Weekly" .

Aus vielen legendären oder vergessenen Geschichten

über große Rennfahrer, Rundfahrten und Klassiker und aus seinen eigenen Erfahrungen und Erinnerungen entwirft Krabbé in » Die vierzehnte Etappe « unprätentiöse, fein beobachtete Skizzen und kleine Sittengemälde der Radsport-Wirklichkeit. So beschert er Kennern zahllose Momente, in denen sie sich wiedererkennen und womöglich ertappt fühlen, und den Uneingeweihten erstaunliche Einblicke in ein faszinierendes Milieu mit ganz eigenen Ritualen und Wertvorstellungen.

Außer Frage steht, dass Tim Krabbé als Radsport-Autor genau weiß, wovon er spricht: Weit mehr als ein Dutzend Saisons lang bestritt er selbst Radrennen – zunächst von 1973 bis 1980 als Amateur, mit einer Sportklasse- und Senioren-Lizenz, nach einem Vierteljahrhundert Pause dann im Peloton der über 60-Jährigen.

Auch heute noch, inzwischen über siebzig, unternimmt Krabbé

mindestens drei Mal wöchentlich eine lange Ausfahrt mit dem Rennrad. Kein Wunder, dass er etliche Radsport-Weisheiten von zeitloser Allgemeingültigkeit zu zitieren weiß: »Fahrer, die nie stürzen, gibt es nicht, und Vorsicht lohnt sich nicht«, heißt es in einer Kolumne, und in einer anderen: »Kinder, Trunkenbolde und der Ventoux sagen die Wahrheit.«

Aus Erfahrung am eigenen Leib vermag der Rennfahrer Tim Krabbé lebhaft und präzise zu beschreiben, welche Gesetze – und welche Gesetzlosigkeit – im Peloton herrschen: »Attackierte ein Fahrer, und sah ich zufällig im Vorbeifahren, dass er unrasierte Beine hatte, war nach meinem Befinden die Wahrscheinlichkeit, dass er sofort wieder eingeholt werden würde, größer als bei einem Fahrer, der sich nach allen Regeln der Kunst gepflegt hatte.

Wer würde jemandem, der sich so betont außerhalb der Regeln
bewegen wollte, den Sieg gönnen? ... Sport verlangt nun mal Konformismus, dafür ist es Sport: Es gibt eine genau beschriebene Art und Weise, sich zu unterscheiden, also müssen alle anderen unterbleiben«, bringt er das Wirken der internen Sittenpolizei im Peloton auf den Punkt.

An anderer Stelle schildert er seine allererste und womöglich prägendste Radrenn-Erfahrung: »In einem meiner ersten Rennen hörte ich zwei Geräusche, kurz nacheinander. Das erste hinter mir: das Geknirsche, Geschramme, Gefluche eines Sturzes. Das zweite vor mir: eine Stimme, die s hrie: Fahren, Männer, wir haben eine Lücke!«

Unkonventionell, oft unbequem, immer wieder erfrischend
– so ist der ureigene Krabbé-Blick auf die Radsportwelt, der sich in » Die vierzehnte Etappe « offenbart. Überaus kritisch und bissig setzt er sich mehrfach auch mit der Wirklichkeit des Anti-Doping-Kampfs auseinander: »Die Prohibition in Amerika, die Kriminalität schuf, und das Trinken nicht beendete, wurde 1933 nach dreizehn Jahren aufgegeben – die Radsport-Prohibition hält nach fast einem halben Jahrhundert allgemeinen Scheiterns noch tapfer durch«, schreibt er.

Und er klagt: »Alle sprechen von Doping-Sündern. Ich kann das Wort nicht mehr hören. Es klingt mir zu rechtschaffen, es erinnert mich an Missionare, die Völker ›Wilde‹ nannten, wenn sie ihre Sitten nicht gegen unsere, viel besseren, eintauschen wollten.«

Die 71 Radsportgeschichten, die Tim Krabbé
für » Die vierzehnte Etappe « ausgewählt hat, erscheinen im Covadonga Verlag allesamt erstmals in einer deutschen Übersetzung. Der Untertitel der niederländischen Original ausgabe (»71 wielerverhalen, waarin opgenomen 43 wielerverhalen«) deutet die Zweiteilung des Buches an: Der erste Teil umfasst 43 ursprünglich für das "NRC Handelsblad" verfasste Kolumnen, die in den Niederlanden bereits 1984 zum ersten Mal als Sammelband veröffentlicht wurden.

Größtenteils entstanden diese Texte, kurz nachdem Tim Krabbé 1980 seine »erste« Karriere als Radrennfahrer beendet hatte. Jahrelang schrieb Krabbé anschließend kaum über Radsport; doch 2005 kehrte er zurück ins Renngeschehen – und so entstanden auch wieder neue Radsport-Texte: erneut für das "NRC Handelsblad", aber auch für das "Elsevier Magazine" und die "Nieuwe Revu" sowie für die Radsport-Magazine "Wieler Revue", "De Muur" und "Soigneur".

Eigens für die aktuelle Veröffentlichung hat Tim Krabbé  viele der ausgewählten Kolumnen und Geschichten nochmals überarbeitet, aktualisiert und ergänzt.

Der Autor:
Tim Krabbé, geboren 1943 in Amsterdam, wuchs in einer Künstlerfamilie auf. Sein Vater und der Großvater waren bekannte Maler, die Mutter Schriftstellerin und Übersetzerin, sein Bruder Jeroen ist Schauspieler und Film-Regisseur. Krabbé studierte zunächst Psychologie, und arbeitete als Journalist. Im Jahr 1967 debütierte er als Schriftsteller mit der Novelle »De werkelijke moord op Kitty Duisenberg«.
Es folgten zahlreiche weitere Romane, die in beinahe zwanzig Sprachen übersetzt wurden, daneben Gedichtbände, Kurzgeschichten und Erzählungen. Mehrere seiner Bücher wurden auch für das Kino verfilmt.
In deutscher Übersetzung erschienen von Tim Krabbé unter anderem die Romane »Spurlos/ Das goldene Ei«, »Die Grotte«, »Kathys Tochter«, »Drei auf dem Eis« und »Das Rennen«.
Tim Krabbés Leidenschaft gilt zwei auf den ersten Blick völlig gegensätzlichen Sportarten, über die er jeweils auch international viel beachtete Bücher geschrieben hat: Er blickt auf eine achtbare Karriere al s Amateur-Radrennfahrer zurück, und gehörte zeitweise zu den zwanzig besten Schachspielern der Niederlande. Tim Krabbé lebt in Amsterdam.

Tim Krabbé: »Die vierzehnte Etappe«; Radsport-Geschichten. Aus dem Niederländischen von Ulrike Nagel, Covadonga Verlag, 2016; ISBN 978-3-95726-009-3, Broschur; 320 Seiten, Format 21 cm x 14,8 cm, Ladenpreis 14,80 Euro [D]; auch als E-Book erhältlich (ISBN 978-3-95726-015-4)

 
Weitere Informationen

Covadonga Verlag
Rainer Sprehe
Spindelstr. 58
33604 Bielefeld

Fon: 0521/ 522 17 92

E-Mail: info@covadonga.de
Internet: covadonga.de

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